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Wehrkirche

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Wehrkirche in Kleinbreitenbach
Notre-Dame de La Souterraine, Westansicht, allseitig Wehrattiken

Als Wehrkirche werden Kirchen bezeichnet, die mit Vorrichtungen zur Abwehr von Feinden, wie z. B. Zinnen, Wehrerkern, Maschikulis oder Schießscharten, versehen bzw. von Wehrbauten umgeben sind.

Ist die Kirche von einer massiven, für Verteidigungszwecke geeigneten Mauer umgeben, spricht man meistens von Kirchenburgen.

Häufig wurden Kirchen erst im 15. oder 16. Jahrhundert teilweise befestigt oder nur symbolhaft mit Wehrelementen versehen.

Bei jüngeren archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass zahlreiche vermeintliche „Wehrkirchen“ keine baulichen Elemente besitzen, die für eine echte wehrtechnische Befestigung bzw. eine aktive Verteidigungsfähigkeit sprechen. Es wurden auch Elemente, die mit Wehrfunktionen in Verbindung gebracht werden, als nicht zum originalen Baubestand gehörig oder als dafür unbrauchbar erkannt, wie z. B. die vermeintlich Gusserker, bei denen es sich zumeist lediglich um Aborterker handelt, oder Schießscharten, die oftmals lediglich Schlitzfenster sind.

Die Fehlinterpretation von massiven Feldsteinkirchen als „Wehrkirchen“ führt, vor allem im Bereich der sog. „Ostkolonisation“, gelegentlich zu problematischen heimatkundlichen Vorstellungen.

Frankreich

Südfrankreich

Im Süden Frankreichs existieren sogenannte Kirchenburgen mit Kastellen, Wehrgängen, Zwinger und Torturm. In Südfrankreich sind heute noch rund 350 Wehrkirchen aus der Zeit der Religionskriege erhalten.

Nordfrankreich

Im Norden des Landes wurden in der Thiérache zahlreiche mittelalterlichen Kirchen zur Zeit des Achtzigjährigen Krieges als „église fortifiée“ mit Backsteintürmen befestigt. Diese boten durchaus der Dorfbevölkerung Schutz vor marodierenden Söldnertruppen.

Ostfrankreich

Im Elsass sind die gadenbefestigten Wehrkirchen von Dossenheim-sur-Zinsel als „refuge fortifié“ (Niederelsass) oder von Hunawihr (Oberelsass) sehr bekannt. Sie schließen sich an die deutsche Tradition der Wehrkirchen an, da das Elsass im Mittelalter zum deutschen Reich gehörte.

Ansonsten im Département der Meuse (Maas) in der Region Lorraine (Lothringen), im Mittelalter ebenfalls im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation, wurden zahlreiche Wehrkirchen gebaut, unter denen man Folgende erwähnen kann:

Deutschland

In Deutschland erhielten die immer noch diesem Typus verhafteten Kirchen während des Dreißigjährigen Krieges eine letzte Bedeutung als Refugium gegen die marodierende Soldateska. In Oberfranken, Mittelfranken, Südthüringen und in der Rhön haben sich einige dieser Anlagen erhalten (z. B. Grafengehaig, Dörrenbach, Kraftshof, Großgründlach, Veitsbronn, Vach, Bonese). Sogenannte gadenbefestigte Wehrkirchen waren von Gaden umgeben, die die Außenmauer bildeten. Auch die angrenzenden Kirchhöfe wurden bisweilen zum Wehrfriedhof ausgebaut. Im Erzgebirge findet man Kirchen vor, die im 3. Viertel des 15. Jahrhunderts mit einem Wehrgeschoss[1] versehen worden waren, einem auf ein Bauwerk aufgesetzten Geschoss, das ausschließlich oder überwiegend zur Verteidigung dienen sollte. Kirchen dieser Art stehen in Großrückerswalde, Lauterbach, Dörnthal, Mittelsaida. Eine ähnliche Bauweise findet man in Dörrenbach/Pfalz und in Bad Steben.[2]

Die meisten Wehrkirchen liegen in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Die nördliche Grenze bilden die Mittelgebirge in Thüringen und Sachsen (Schwerpunkt Erzgebirge). In der norddeutschen Tiefebene, geprägt von den Eiszeiten und ihren Granitfindlingen, die zur heimatkundlichen Interpretation der Feldsteinquaderkirchen zu „Wehrkirchen“ geführt haben, gibt es kein einziges, nach wissenschaftlichen Kriterien anerkanntes Beispiel für Wehrkirchen.

Österreich

Wehrkirchen sind vor allem in Kärnten und in der Steiermark zu finden, die im 15. Jahrhundert am meisten unter dem Einfall von osmanischen Plünderern zu leiden hatten. Dort befinden sich auch einige Rundkirchen, die ebenfalls diesem Typus zuzurechnen sind. In der Wachau befindet sich die berühmte Wehrkirche St. Michael.

Rumänien

In Siebenbürgen wurden 150 Kirchen aus der Zeit des Kampfes gegen die Türken bewahrt.

Siehe auch Liste von Orten in Siebenbürgen mit Kirchenburg oder Wehrkirche.

Sieben Kirchenburgen wurden zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt.

Andere Regionen

In der Schweiz ist die Wehrkirche St. Arbogast in Muttenz bei Basel eines der wenigen Gotteshäuser des Landes, welches von einer fast kreisförmigen Ringmauer ganz umschlossen ist. Unvollständig ist die Wehrmauer der Kirchen von Boswil (Kt. Aargau) und Weiach (Kt. Zürich).

In Polen ist die Wehrkirche von Brochów (St. Rocco) als bekanntester Vertreter ihrer Art zu nennen. Sie besteht aus drei mächtigen Türmen und einer rechteckigen Umfriedung. In ihr wurde unter anderem Frédéric Chopin getauft.

In Estland gibt es eine Reihe von Wehrkirchen aus dem Spätmittelalter, die im Verlauf der Christianisierung des nördlichen Baltikum durch den Livländischen Orden entstanden. Besonders viele Wehrkirchen finden sich auf der Insel Saaremaa.

Unter den skandinavischen Rundkirchen befinden sich auch einige Wehrkirchen.

Siehe auch

Literatur

  • Dirk Höhne und Christine Kratzke (Hrsg.): Die mittelalterliche Dorfkirche in den neuen Bundesländern II. Form – Funktion – Bedeutung = Hallesche Beiträge zur Kunstgeschichte, Heft 8, 2006 (darin ausschließlich Beiträge zur Wehrhaftigkeit von Dorfkirchen).
  • Yves Hoffmann und Stan Lindner: Zur Sanierung und zu baugeschichtlichen Untersuchungen an der Wehrkirche von Mittelsaida im Erzgebirge. In: Burgenforschung aus Sachsen 18/2 (2005), S. 92–122.
  • Dirk Höhne: Bemerkungen zur sogenannten Wehrhaftigkeit mittelalterlicher Dorfkirchen. In: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 12 (2003), S. 119–149.
  • Reinhard Schmitt: Zum Westbau des Havelberger Domes: Bergfried, Wehrturm oder Kirchturm? In: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 6 (1997), S. 6–40.
  • Reinhard Schmitt: „Wehrhafte Kirchen“ und der „befestigte Kirchhof“ von Walldorf, Kreis Schmalkalden-Meiningen. In: Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt 9 (2000), S. 127–149.
  • Joachim Zeune: Neue Forschungen an fränkischen Kirchenburgen. In: Burgenforschung aus Sachsen 5/6 (1995), S. 226–239.
  • Udo Hopf: Die St. Crucis Kirche zu Espenfeld. Untersuchungen zur Baugeschichte und Befestigung. In: Burgen und Schlösser in Thüringen 1996, S. 85–92.
  • Udo Hopf: Baugeschichtliche Untersuchung der sogenannten Wehrkirche zu Schaala. In: Burgen und Schlösser in Thüringen 1997, S. 110–118.
  • Karl Kafka: Wehrkirchen Niederösterreichs I; Wien 1969.
  • Karl Kafka: Wehrkirchen Niederösterreichs II; Wien 1970.
  • Karl Kafka: Wehrkirchen Kärntens I; Wien 1971.
  • Karl Kafka: Wehrkirchen Kärntens II; Wien 1972.
  • Karl Kafka: Wehrkirchen Steiermarks; Wien 1974.
  • Marek Ober: Wehrbaukostüm und Konnotationen der Wehrhaftigkeit bei den pommerschen und neumärkischen Stadt- und Dorfkirchen. In: Echte Wehrhaftigkeit oder martialische Wirkung. Zur praktischen Funktion und zum Symbolcharakter von Wehrelementen profaner und sakraler Bauten im Deutschordensland Preußen und im Ostseeraum. Kunsthistorische Arbeiten der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen 3, Köln 2000, S. 139–149.
  • Werner Spickenreuther: Erzgebirgische Wehrgangkirchen. Schnell und Steiner, Regensburg 1996, ISBN 3-7954-4053-X.

Anmerkungen

  1. Anschauung eines Wehrgeschoss hier
  2. Bei diesen Kirchen wurde irrtümlich angenommen, dass sie einen Wehrgang haben, daher auch die für die genannten Bauten umstrittene Bezeichnung Wehrgangkirche.

Weblinks

 Commons: Wehrkirchen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Siehe auch

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wehrkirche aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.