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Aegidius de Viterbo

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Aegidius de Viterbo, Fresko im Palazzo dei Priori in Viterbo, 17. Jahrhundert
Kardinalswappen

Aegidius de Viterbo, auch Egidio da Viterbo OESA, deutsch Aegidius von Viterbo (* um 1469 in Viterbo, Italien; † 12. November 1532 in Rom), war ein italienischer Geistlicher und Humanist. Er war Generalprior des Augustinerordens, Kardinal und Bischof sowie Lateinischer Patriarch von Konstantinopel.

Leben

Der aus bescheidenen Verhältnissen stammende Sohn von Lorenzo Antonini und Maria del Testa trat im Juni 1488 in den Augustinerorden ein. Nach seinen Studien bei den Augustinern in Viterbo wurde Aegidius Doktor der Theologie. 1506 wurde er nach dem Tod des Ordenspriors von Papst Julius II. zum Vikar der Augustiner ernannt. Aufgrund päpstlicher Förderung wurde er 1507, 1511 und 1515 zum Generalprior gewählt.

Aegidius nahm 1512 am Fünften Laterankonzil in Rom teil, auf dem er durch seine kühnen und ernsthaften Ausführungen bei der Eröffnung des Konzils in der Kirchengeschichte gerühmt wurde und später die Anliegen der Ordensleute vertrat. Papst Leo X. erhob ihn 1517 zum Kardinal und ernannte ihn kurz darauf zum Kardinalpriester mit der Titelkirche San Bartolomeo all’Isola. 1523 wurde Aegidius Bischof von Viterbo, zudem gab ihm der Papst im Jahr 1524 den Titel des Lateinischen Patriarchen von Konstantinopel, der allerdings bereits seit langer Zeit nur vergeben wurde, um den nach dem 4. Kreuzzug begründeten Anspruch auf das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel aufrechtzuerhalten. Leo X. sandte ihn als Legat zum spanischen König, der bald als Karl V. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches werden sollte.

Aegidius trat für eine echte Reform der kirchlichen Zustände ein und sandte Papst Hadrian ein Promemoria. Er war allgemein geschätzt im Kardinalskollegium und manche Zeitgenossen vermuteten, dass er Papst Clemens VII. nachfolgen werde.

Aegidius studierte Arabisch bei Leo Africanus.[1] Er baute eine umfangreiche arabische Bibliothek auf, gab eine Koranübersetzung bei Martín Garcia in Barcelona in Auftrag und erwarb dort auch arabische Manuskripte.[2]

Hebräisch lernte er bei Elijah Levita, der sich nach seinem Fortgang aus Padua mit seiner Familie zehn Jahre lang in seinem Haus aufhielt. In dieser Zeit wirkte Levita als Lehrer der römischen Notabeln für die Sitten und Lehren der Juden. Levitas in Rom im Jahr 1518 veröffentlichtes Werk Baḥur ist Aegidius gewidmet, ebenso sein Werk Concordancia aus dem Jahr 1521.

Von Aegidius’ Schriften, die fast alle Bereiche des damaligen Wissens umfassten, ist wenig erhalten, teils, weil er nur wenige drucken ließ, teils, weil ein großer Teil beim Sacco di Roma 1527 vernichtet wurde. In neuerer Zeit gehen zahlreiche Kunsthistoriker davon aus, dass das theologisch-philosophische Bildprogramm der Raffael-Fresken in der Stanza della Segnatura des Vatikan entscheidend von ihm inspiriert ist.[3]

Literatur

  • Friedrich Wilhelm BautzAegidius von Viterbo. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Hamm 1975, Sp. 43–44.
  • Germana Ernst, Simona Foà: Egidio da Viterbo. In: Fiorella Bartoccini (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 42 (Dugoni–Enza), Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1993 (italienisch).
  • Jacques Fabry: La Kabbale chrétienne en Italie au XVIe Siècle. In: Kabbalistes chrétiens. Paris 1979 (= Chahiers de l’Hermetisme), S. 57–59.
  • Francis X. Martin: Friar, Reformer and Renaissance Scholar. Life and Work of Giles of Viterbo 1469–1532. Villanova, 1992. ISBN 978-0-941491-51-8
  • François Secret: Les Kabbalistes chrétiens de la Renaissance. Paris 1964 (= Collection Sigma. Band 5), S. 106–123.
  • Anna Maria Voci-Roth: Aegidius von Viterbo als Ordens- und Kirchenreformer. In: Hartmut Boockmann, Bernd Moeller, Karl Stackmann (Hrsg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Politik – Bildung – Naturkunde – Theologie. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1983 bis 1987 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen: philologisch-historische Klasse. Folge III, Nr. 179). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989, ISBN 3-525-82463-7, S. 520–538.
  • Hartmut Bobzin: Über einige gedruckte und ungedruckte Grammatiken des Arabischen im frühen 16. Jahrhundert und ihre Verfasser. In: Konrad Schröder (Hrsg.): Fremdsprachenunterricht 1500-1800. Wiesbaden 1992, ISBN 3-447-03251-0, S. 7–9.

Weblinks

 Commons: Aegidius de Viterbo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hartmut Bobzin: Über einige gedruckte und ungedruckte Grammatiken des Arabischen im frühen 16. Jahrhundert und ihre Verfasser. In: Fremdsprachenunterricht 1500-1800: Vorträge gehalten anlässlich eines Arbeitsgesprächs vom 16. bis 19. Oktober 1988 in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Nr. 52, Harrassowitz, Wiesbaden 1992, ISBN 978-3-447-03251-3, S. 7-8.
  2. Xavier Casassas Canals, Felix Wiedemann: Cod.arab. 7 - Ein Koran auf der Reise von Valencia nach München. In: Bibliotheksmagazin. Nr. 3, 2022 ISSN 1861-8375, S. 43-44 (https://staatsbibliothek-berlin.de/fileadmin/user_upload/zentrale_Seiten/ueber_uns/Publikationen/Bibliotheksmagazin/Bibliotheksmagazin_2022_3.pdf).
  3. Heinrich Pfeiffer: Die Predigt des Egidio da Viterbo über das goldene Zeitalter und die Stanza della Segnatura. In: J. A. Schmoll gen. Eisenwerth, Marcell Restle, Herbert Weiermann (Hrsg.): Festschrift Luitpold Dussler. München-Berlin, Deutscher Kunstverlag, 1972, S. 237–254; Ders.: Zur Ikonographie von Raffaels Disputa: Egidio da Viterbo und die christlich-platonische Konzeption der Stanza della Segnatura. Rom, Università Gregoriana Editrice, 1975; Gavino Polo: Egidio da Viterbo e Raffaello. (PDF; 75 kB) In: Biblioteca e Società. Viterbo 1982, S. 21–22.
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