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Andrei Romanowitsch Tschikatilo

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Andrei Romanowitsch Tschikatilo (russisch Андрей Романович Чикатило, wiss. Transliteration Andrej Romanovič Čikatilo; geb. 16. Oktober 1936 in Jablotschnoje, Oblast Sumy, Sowjetunion; hingerichtet 14. Februar 1994 in Nowotscherkassk, Russland), auch bekannt unter dem Synonym Der Ripper von Rostow bzw. Bestie von Rostow, war ein sowjetischer Serienmörder, dem 53 Opfer nachgewiesen werden konnten. Er selbst gab an, dass es mindestens 56 Opfer gegeben habe.

Vorgeschichte

Andrei Tschikatilo wurde 1936 in Jablutschne (Rajon Welyka Pyssariwka), einem kleinen Dorf in der Ukrainischen SSR geboren. Drei Jahre zuvor herrschte in der Ukraine eine Hungersnot (Holodomor), die zu Kannibalismus unter der Bevölkerung geführt haben soll. Nach Erzählung seiner Mutter wurde auch sein Bruder entführt und zum Verzehr von hungernden Menschen getötet. Sein Vater war in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und wurde daher nach seiner Rückkehr als Deserteur verurteilt und in ein Arbeitslager geschickt.

Andrei war ein schwächliches Kind mit einer schweren Sehstörung und daraus resultierenden Schulproblemen. Er wurde von den anderen Kindern gehänselt, ohne sich in irgendeiner Form zur Wehr setzen zu können. Bis zu seinem zwölften Lebensjahr war er Bettnässer. Mit zunehmendem Erwachsenwerden stellte er fest, dass er impotent war. Er wusste nicht, dass seine Leiden einen organischen Ursprung hatten. Seine Reiz- und Erregungsschwelle war derart hoch, dass sie, verbunden mit einer chronischen Erektionsschwäche, einen normalen Verkehr beinahe unmöglich machte. Sein Lebensgefühl beschrieb er dann auch als „ohne Genitalien und Augen geboren worden zu sein“.

Um den Verlust des Vaters und dessen schlechte Reputation als Vaterlandsverräter wettzumachen, versuchte er, seinem Heimatland eifrig zu dienen. Er bewarb sich zum Studium der Rechtswissenschaften, wurde jedoch als Sohn eines Deserteurs abgelehnt. Später erhielt er einen Studienplatz in Slawistik und trat der KPdSU bei. Er schrieb patriotische Artikel für Zeitungen und ließ sich als Informant für die Polizei anwerben. Nach seinem Militärdienst von 1957 bis 1960 zog er in das Umland von Rostow, seine Mutter und Schwester kamen wenig später nach.

1963 erfolgte die Hochzeit mit seiner Frau Fiana, die er durch seine Schwester Tatjana kennengelernt hatte. 1965 wurde seine Tochter und 1969 sein Sohn geboren. Es wird behauptet, dass die Zeugung seiner beiden Kinder wohl die einzigen sexuellen Handlungen mit seiner Frau während der gesamten Ehe waren. Seine Frau hatte sich wohl damit abgefunden und blieb bei ihm, um dem eigenen Ansehen nicht zu schaden. Auch mit der Erziehung seines Sohnes war Tschikatilo offenbar überfordert.

1971, nach Abschluss des Studiums an der Uni Rostow am Don, nahm Tschikatilo eine Lehramtsstelle in Nowoschachtinsk auf – einer Stadt mit damals etwa 200.000 Einwohnern nördlich von Rostow.

Tschikatilo war Russisch- und Sportlehrer. Er mochte den Kontakt zu jungen Leuten, reiste nicht selten mit ihnen zu Wettkämpfen. Es zeigte sich aber schnell, dass er für seine Schüler keine Respektperson war. Er konnte sich nicht richtig durchsetzen und war somit deren Spott ausgesetzt. Dies führte dazu, dass er mehrmals seine Stelle als Lehrer verlor. Er zog schließlich in die Nachbarstadt Schachty. Dort erging es ihm als Lehrer an einer Bergwerksschule nicht besser. Letzten Endes gab er seinen Beruf als Lehrer auf, auch weil immer mehr von seinen sexuellen Übergriffen auf Schüler bekannt wurde. Er fand eine neue Stelle in einer Versorgungsabteilung einer Fabrik in Schachty. Aber auch in diesem neuen Job versagte Tschikatilo, wurde jedoch nicht entlassen.

Da ihm seine Frau die gewünschte Befriedigung nicht verschaffen konnte, kaufte er sich ein halbverfallenes Häuschen, wo er sexuelle Kontakte zu Prostituierten, obdachlosen Frauen und Streunerinnen pflegte. In diesem Haus beging er seinen ersten Mord.

Chronik über Tschikatilos Morde von 1978 bis 1990

1978

  • 22. Dezember: Nachdem ihn einige Schüler offen misshandelt, getreten und geschlagen hatten, ging Tschikatilo in ein Kaufhaus und kaufte sich ein Klappmesser – seine erste Mordwaffe. Er selbst gab an, er brauche es zur Selbstverteidigung. Die Schüler konnten den schwächlichen Tschikatilo ungehindert misshandeln und verhöhnen, da dieser sich erpressbar gemacht hatte, weil er nachts in den Schlafsaal der Schüler eingedrungen und einem Jungen gegenüber zudringlich geworden war. Er nahm sich vor zu trinken, sich mit einer Frau zu vergnügen und so seinen Ärger abzureagieren. Er kaufte Alkohol und machte sich auf den Weg in seine Datscha. Auf dem Weg dahin traf er die neun Jahre alte Elena Sakotnowa. Er sprach Elena an und lockte das Mädchen in seine Laube, wo er ihr die Kleidung herunterriss, sich an dem Mädchen verging und es anschließend durch mehrere Messerstiche in den Unterleib tötete. Anschließend kleidete er das Kind wieder an und warf es in einen nahegelegenen Fluss. Für den Mord an Elena Sakotnowa wurde Tschikatilo zwar mehrmals verhört, jedoch nicht dafür angeklagt. Stattdessen wurde der vorbestrafte Besitzer von Tschikatilos Datscha dafür verurteilt und 1983 wegen Mordes hingerichtet.

1981

  • 3. September: Tschikatilo traf sein Opfer, die 17-jährige Larisa Tkatschenko an einer Bushaltestelle vor der Bibliothek in Rostow und tötete sie in einem nahe gelegenen verlassenen Waldstück. Sie wurde am 4. September am Ufer des Don gefunden.

1982

  • 6. Juni: Sein nächstes Opfer war die 13-jährige Ljuba Birjuk (Die Leiche wurde am 27. Juni auf einem Waldweg im Rostower Umland gefunden).
  • 25. Juli: Ljuba Wolobujewa tötete er während einer Reise nach Krasnodar (Die Leiche wurde am 7. August gefunden).
  • 13. August: Tschikatilo tötete den neunjährigen Oleg Poschidjew (sein Leichnam wurde bis heute nicht gefunden).
  • 16. August: An jenem Tag wurde die 16-jährige Olga Kuprina ermordet (Die Leiche wurde am 27. Oktober entdeckt).
  • 8. September: Er ermordete die 19-jährige Ira Krarabelnikowa (Die Leiche wurde am 20. September auf dem Land in der Nähe von Schachty gefunden).
  • 15. September: Tschikatilo tötete den 15-jährigen Sergej Kusmin (Die Leiche wurde am 12. Januar 1983 gefunden).
  • 11. Dezember: Er tötete die zehnjährige Olja Stalmatschenok in Nowotscherkassk (ihre Überreste wurden fünf Monate nach der Tat, am 11. April 1983 gefunden).

1983

  • Zwischen dem 15. und 20. Juni ermordete Tschikatilo die 15-jährige Laura Sarkisjan (man fand ihre Leiche bis zum heutigen Tag nicht).
  • Im Juli tötete er 2 weitere Menschen, an die genauen Daten konnte sich Tschikatilo jedoch nicht mehr erinnern.
Zuerst starb die 13-jährige Ira Dunenkowa, deren ältere Schwester Tschikatilos kurzzeitige Geliebte war (man fand sie in der Nähe des Flughafens Rostow im Park des Fliegers am 8. August).
Später tötete er auch die 24-jährige Ljuda Kutsjuba (ihre sterblichen Überreste fand man am 12. März 1984 außerhalb von Schachty).
  • 8. August: Sein nächstes Opfer war der siebenjährige Igor Gudkow (die Leiche wurde 20 Tage später ebenfalls im Park des Fliegers in Rostow entdeckt).
  • 19. September: Er tötete die 22-jährige Walja Tschutschulina (ihre Überreste fand man am 27. November außerhalb von Schachty).
  • Sommer/Herbst: Tschikatilo ermordet eine 18- bis 25-jährige Frau, deren Identität nie eindeutig geklärt werden konnte (ihre Leiche fand man im Oktober in der Nähe von Nowotscherkassk).
  • 27. Oktober: In einer Bergbaustadt nahe Schachty brachte er Vera Shevkun (19) um. Die Leiche wurde am 30. Oktober gefunden.
  • 27. Dezember: Auf seinem Heimweg verschwand Sergei Markov (14). Sein toter Körper wurde am 4. Januar 1984 gefunden.

1984

  • 9. Januar: Die 17-jährige Natalja Schalapinina wurde ermordet (Fund der Leiche am 10. Januar im Park des Fliegers in Rostow).
  • 21. Februar: Marta Rjabjenko wurde in Schachty ermordet und am selben Tag gefunden.
  • 24. März: Dima Ptaschnikow (13) wurde ermordet (Die Leiche wurde am 27. März in dem Nowoschachtinsker Vorort Atx gefunden).
  • 25. Mai: Tschikatilo brachte zwei Menschen an einem Tag um, Tanja Petosjan (32 Jahre alt, gefunden am 27. Juni) und ihre elfjährige Tochter Sweta (gefunden am 5. Juni).
  • Juni/Juli: Jelena Bakulina (27) wurde ermordet – das genaue Todesdatum lässt sich nicht feststellen.
  • 10. Juli: Der 13-jährige Dima Illarionow wurde in Rostow getötet (am 12. August gefunden).
  • 19. Juli: Anna Lemeschewa (19) wurde ermordet (6 Tage später in der Nähe von Schachty gefunden).
  • Ende Juli: Tschikatilo ermordete die 20-jährige Swetlana Tschana.
  • 2. August: Die 16-jährige Natascha Golosowskaja wurde im Park des Fliegers in Rostow ermordet.
  • 7. August: Die 17-jährige Ljudmila Aleksejewa wurde umgebracht (Fundort der Leiche am 10. August am linken Ufer des Don).
  • 8.-11. August: Auf Geschäftsreise in Usbekistan ermordete Tschikatilo eine unbekannte Frau.
  • 13. August: Immer noch in Usbekistan tötet er die 12-jährige Akmarala Sejdaliewa.
  • 28. August: Nachdem er zurück zu Hause war, tötete er Alexander Tschepel (11). Der Tatort lag nahe dem des Aleksejewa-Mordes drei Wochen zuvor.
  • 6. September: Die 24-jährige Irina Lutschinskaja wurde im Park des Fliegers in Rostow ermordet (Leichenfund einen Tag später).

1985

Am 13. September 1984 wurde Tschikatilo von einem Zivilpolizisten beobachtet, wie er an einer Bushaltestelle versuchte, junge Frauen wegzulocken. Er wurde verhaftet, es konnte ihm die Mordserie aber nicht nachgewiesen werden. Stattdessen wurde er wegen Diebstahls bei seinem Arbeitgeber zu einem Jahr verurteilt, aber bereits nach drei Monaten, am 12. Dezember 1984 wieder entlassen. Er nahm eine neue Arbeit in Nowotscherkassk an und hielt sich von nun an mit weiteren Taten zurück. 1985 gab es zwei nachgewiesene Taten, 1986 gar keine.

  • 31. Juli: Natalja Pokhlistova (18) wurde aus einem Zug nahe dem Flughafen Moskau-Domodedowo gelockt. Ihre Leiche fand man am 3. August.
  • 27. August: In einer Baumgruppe nahe einer Bushaltestelle in Schachty wurde Irina Guljaewa (18) umgebracht. Am folgenden Tag fand man ihren toten Körper.

1987

  • 16. Mai: Oleg Makarenkow (13) wurde in Swerdlowsk in der heutigen Ukraine Opfer von Tschikatilo. Dieser führte die Ermittler nach seiner Festnahme zu den sterblichen Überresten des Jungen.
  • 29. Juli: Während einer Geschäftsreise tötete er Iwan Bilowetschki (12) in Saporischschja. Die Leiche wurde am folgenden Tag gefunden.
  • 15. September: In der Oblast Leningrad wurde Juri Tereschonok (16) aus einem Zug gelockt. Auch sein Körper konnte erst durch Tschikatilo nach dessen Festnahme gefunden werden.

1988

  • 1.-4. April: Nahe dem Bahnhof von Krasny Sulin wurde eine unbekannte Frau umgebracht, deren Leiche am 6. April gefunden wird. Ihr Alter wurde auf 18-25 geschätzt.
  • 15. Mai: Der 9-jährige Aleksei Woronko wurde in der Nähe des Bahnhofes von Ilowajsk (heutige Ukraine) getötet.
  • 14. Juli: Erstmals seit 1985 gab es wieder ein Opfer im Umkreis von Rostow. Die Leiche von Jewgeni Muratow (15) wurde neun Monate später, am 10. April 1989 gefunden.

1989

  • 8. März: Die 16-jährige Ausreißerin Tatjana Ruzhova aus Krasny Sulin wurde in der Wohnung von Tschikatilos eigener Tochter ermordet.
  • 11. Mai: Einen Tag nach seinem achten Geburtstag wurde Alexander Dyakonov im Stadtzentrum von Rostow ermordet. Seine Leiche wurde am 14. Juli gefunden.
  • 20. Juni: Östlich von Moskau, in der Oblast Wladimir, wurde Aleksei Moiseew (10) umgebracht. Tschikatilo gab diesen Mord später zu.
  • 19. August: Die ungarische Studentin Elena Warga (19), die zu diesem Zeitpunkt bereits Mutter war, wurde aus einem Bus gelockt und in einem Dorf nahe Rostow getötet.
  • 28. August: Aleksei Khobotow (10) wurde außerhalb eines Theaters in Schachty letztmals gesehen. Tschikatilo führte die Polizei später zu seinen Überresten.

1990

  • 14. Januar: Andrei Krawtschenko (11) wurde aus einem Kino gelockt und in Schachty ermordet. Seine Leiche wurde am 19. Februar gefunden.
  • 7. März: Der junge Jaroslow Makarow (10) wird vom Rostower Bahnhof weggelockt und im örtlichen Botanischen Garten umgebracht.
  • 4. April: Von einem Bahnhof nahe Schachty wurde Ljubow Zujewa (31) weggelockt. Ihre sterblichen Überreste wurden am 24. August gefunden.
  • 28. Juli: Wenige Meter von der Stelle im Botanischen Garten von Rostow entfernt, an der bereits im März Jaroslow Makarow getötet worden war, starb nun auch Wiktor Petrow (13).
  • 14. August: Am Strand von Nowotscherkassk wurde Iwan Fomin (11) ermordet. Seine Leiche wurde drei Tage später gefunden.
  • 16. Oktober: Wadim Gromow (16) kam aus Schachty und verschwand während einer Zugfahrt nach Taganrog.
  • 30. Oktober: Sein vorletztes Opfer Viktor Tischenko (16) tötete Tschikatilo in Schachty nahe einem kleinen Bahnhof. Während des Kampfes biss Tischenko Tschikatilo in den Finger. Diese Verletzung konnte nach der Festnahme festgestellt und zugeordnet werden.
  • 6. November: Swetlana Korostik (22) war das letzte Opfer der Mordserie. Ihre Leiche wurde am 13. November in einem Waldgebiet nahe einem Bahnhof gefunden.

Ermittlungen vor 1990

Im Fall der Tschikatilo-Morde ermittelte die Polizei bereits seit dem ersten Mord 1978 mit zunehmender Intensität. Jedoch wurde von der Miliz erst spät erkannt, dass die Taten einem Einzeltäter zuzuordnen waren, da Tschikatilo entgegen der üblichen Vorgehensweise von Serientätern nicht auf einen speziellen Opfertyp fixiert war. Er tötete Mädchen, Jungen, Frauen und auch Mütter, sogar einmal eine Mutter mit ihrer Tochter zusammen – lediglich Männer ließ er aus. Entweder entsprachen sie nicht seiner Sexualpräferenz, oder er hatte zu viel Angst vor möglicher Gegenwehr.

1984 wurde zeitweise sogar daran gedacht, Schachty komplett zu evakuieren und die 200.000 Bewohner in der ganzen UdSSR zu verteilen. Die Pläne scheiterten jedoch daran, dass auch der Mörder mit umgezogen wäre und wahrscheinlich an anderer Stelle weiter gemordet hätte.

Tschikatilo wurde vor seiner Verhaftung zweimal verdächtigt und sogar in Gewahrsam genommen und verhört. Das erste Mal nach dem Mord an Elena Sakotnowa 1978, dann nochmals während des Jahres 1984. Dennoch konnte man ihn nicht mit den Morden in Verbindung bringen.

Entlarvung und Verhaftung

In den Zeiten von Perestroika und Glasnost wurden die Medien in der UdSSR immer unabhängiger. Die Fahndung nach dem Mörder, der inzwischen schon mehr als 40 Menschen umgebracht hatte, wurde zunehmend öffentlich gemacht. Es gab große Aufklärungskampagnen in Schulen und auf der Straße, die laut Miliz in allen Schulen in Rostow und Schachty durchgeführt wurden. An jeder Eisenbahnstrecke um Rostow patrouillierten insgesamt mehr als 600 Milizbeamte rund um die Uhr.

An einer kleinen Station entdeckte ein wachhabender Beamter Tschikatilo, der 200 Meter weiter vom Bahnhof aus dem Wald kam. Er war von oben bis unten mit Schlamm bedeckt und hatte rote Flecken, welche er mit Wasser aus einem Hydranten abzuwaschen versuchte. Der Befehl lautete, von jedem am Bahnhof die Personalien festzustellen. Seine Papiere waren in Ordnung, und er konnte wenig später in den einfahrenden Zug einsteigen. Darüber wurde aber ein Bericht erstellt, der später bei der Polizei in Rostow landete.

Durch Zufall entdeckten zwei hochrangige Kommissare Kleidungsreste an derselben Stelle, an der Tschikatilo aus dem Wald gekommen war. Einige Monate zuvor war hier schon einmal eine Leiche gefunden worden, wobei alles durchsucht worden war und die Kleidungsreste hätten entdeckt werden müssen. Es fand eine groß angelegte Suche mit 40 Beamten und Hunden statt, bei der man wenig später eine Kinderleiche fand. So geriet Tschikatilo immer mehr ins Fadenkreuz der Ermittler.

Danach wurde er rund um die Uhr von Fahndern des KGB beobachtet – sein Weg zur Arbeit, sein Verhalten im Zug, sein Privatleben. Am 20. November 1990 griff die Polizei dann zu und drei Beamte in Zivil nahmen Tschikatilo fest. Weder wehrte er sich, noch fragte er nach dem Grund für die Verhaftung. Die Ermittler hatten Bedenken, Tschikatilo könnte einen Nervenzusammenbruch oder einen Herzinfarkt bei der Festnahme erleiden, da er das Lebensalter von 50 Jahren bereits überschritten hatte.

Verhör

Tschikatilo wurde in das Miliz-Hauptquartier nach Rostow gebracht und mit seinem Mantel, seiner Ledermütze und seiner großen Aktentasche abgelichtet. Ordnungsgemäß wurden eine Haar- und eine Blutprobe genommen. Der Zweifel, ob man wirklich den richtigen Mann festgenommen hatte, schwand immer mehr dahin, als man einen ersten Blick in die Aktentasche geworfen hat, welche er bei sich trug. Es befanden sich weder Papiere noch Akten darin, sondern zwei Stricke, ein Taschenspiegel und ein Küchenmesser mit einer fast 30 cm langen Klinge.

In den Verhören selbst saß Tschikatilo den Beamten immer schweigend gegenüber. Er behauptete, dass er nur von den Behörden festgehalten und drangsaliert werde, weil er des Öfteren Beschwerdeschreiben über korrupte Beamte verschickte.

23. November

An jenem Tag wurde Tschikatilos Haltung zu Prostituierten und Landstreichern durch folgende Aussage deutlich:

„Ich habe oft meine Zeit auf Bahnhöfen verbracht, in Fern- und Nahverkehrszügen und in Bussen. Es halten sich dort immer eine Menge unterschiedlicher Landstreicher auf, sowohl junge als auch alte. Sie betteln, fordern und stehlen. […] Ich habe in Bahnhöfen Szenen aus dem Sexualleben dieser Landstreicher beobachtet. Und dabei kam mir zu Bewußtsein, wie demütigend es ist, dass ich nie fähig war, mich als richtigen Mann zu empfinden. Es stelle sich die Frage, ob diese degenerierten Elemente überhaupt das Recht besitzen, zu existieren.“ (Auszug aus dem Verhörprotokoll der Miliz Rostow)

Später sagte er, er sei dankbar, dass man ihn gefasst habe. Er beteuerte zwar nicht mehr seine Unschuld, sprach jedoch nicht über die Morde. Sein übertriebenes Schamgefühl machte es ihm kaum möglich, mit einem anderen Mann über die Morde und seine sexuellen Handlungen zu sprechen.

29. November

Die Zeit für die Beamten wurde knapp, zehn Tage durfte man einen Verdächtigen nach sowjetischem Recht festhalten, länger nur, wenn eine Anklage gegen ihn erhoben wird. Am 30. hätte man Tschikatilo wieder laufen lassen müssen.

Die Ermittler machten einen Kurswechsel, kein Milizbeamter sollte Tschikatilo zum Sprechen bringen, sondern Alexander Buchanowski – ein ortsansässiger Psychiater, welcher gemeinsam mit Tschikatilo eine detaillierte Liste der Morde erstellen sollte. Buchanowski willigte nur unter drei Bedingungen ein:

  • Er steht ihm als Arzt und nicht als Ermittler gegenüber;
  • Er will seine eigenen Aufzeichnungen machen, statt eine Aussage aufzunehmen;
  • Sollte Tschikatilo tatsächlich gestehen, sollte nichts, was er mit Tschikatilo besprochen hat, gegen diesen verwendet werden. Die Behörden willigten ein.

Zwischen Tschikatilo und Buchanowski entstand eine gute Verbindung. Tschikatilo erzählte von seiner Kindheit und fuhr in seiner Lebensgeschichte fort. Am Abend des 29. November gab Tschikatilo zum ersten Mal zu, getötet zu haben.

30. November

Gegen Tschikatilo wurde formell Anklage erhoben, in der er beschuldigt wurde, in der Zeit von 1982 bis 1990 36 Morde verübt zu haben.

Die folgenden Wochen

Tschikatilo erzählte genau das, was die Behörden hören wollten. 34 Morde gestand er, jedoch bestritt er zwei aus dem Jahre 1986 und leugnete, mit den Opfern sexuellen Verkehr gehabt zu haben, da dies aufgrund seiner Impotenz nicht möglich war. Selten sprach er bei Vernehmungen lauter als im Flüsterton. Er gestand im Nachhinein sogar den Mord an der neunjährigen Lena aus dem Jahre 1978.

Seine Aussagen waren vage, jedoch muss man bedenken, dass sein erster Mord schon mehr als zwölf Jahre zurücklag und er sich an Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte.

Letztlich gestand er auch Morde außerhalb der Region Rostow, wie 1987 in Moskau, welche mit ihm nicht in Verbindung gebracht worden waren. Er berichtete auch von Morden, welche der Miliz noch gar nicht bekannt waren. Erst als man mit Tschikatilo die von ihm beschriebenen Orte aufsuchte, fand man eine Leiche. Bei zwei seiner Geständnisse konnte die Polizei trotz Beschreibung von Tschikatilo die Leichen nicht finden und somit auch nicht deren Identität feststellen. Die Geständnisse wurden somit für nichtig erklärt.

Am Ende wurden somit über 50 Morde aufgeklärt.

Verurteilung

Jedem war klar, dass Tschikatilo für seine Morde die Todesstrafe bekommen würde. Sein einziger Ausweg wäre gewesen, für geisteskrank befunden zu werden – dafür war es jedoch schon zu spät.

Im April 1992 begann der Prozess gegen Tschikatilo im Bezirksgericht Rostow. Man hatte zu seinem eigenen Schutz vor den Gerichtszuschauern einen Käfig für ihn aufgestellt. Bisher kannte die Bevölkerung, auch die Angehörigen der Opfer, Tschikatilo weder vom Namen noch von Fotos. Es wurde nur ein Phantombild veröffentlicht, und Tschikatilo wurde mit „Bürger T.“ umschrieben. Die Menge war sehr wütend auf ihn, auch im Gerichtssaal, so dass der Richter Leonid Akubschanow alle Mühe hatte, Ruhe in den Saal zu bringen.

Schließlich wurde am 14. Oktober 1992 Andrei Romanowitsch Tschikatilo nach dem geltenden Recht in drei Schritten verurteilt:

  • Todesstrafe und 56 Jahre Haft für die Morde in Russland
  • Todesstrafe und 5 Jahre Haft für die Morde in der Ukraine
  • Todesstrafe und 25 Jahre Haft für die Morde in Usbekistan
  • Gesamt: Dreifache Todesstrafe und 86 Jahre Haft.

Nach dem russischen Gesetz hatte er sieben Tage Zeit, vor dem Obersten Gericht in Revision zu gehen, ein Antrag hätte jedoch kaum Erfolgsaussichten gehabt. Nach dem Urteil wurde er in den Todestrakt des Gefängnisses von Nowotscherkassk gebracht und dort am 14. Februar 1994 durch Genickschuss hingerichtet.

Film und Musik

Andrei Tschikatilos Lebensgeschichte bildet die Basis für den 1995 erschienenen Film Citizen X. Der Film beschreibt die Geschehnisse und Suche nach dem Serienmörder aus der Sicht der Ermittler. Das Drehbuch greift eine andere These für die jahrelange Suche nach dem Täter auf. So wurde angeblich aus politischen Gründen lange Zeit ein aufwändiger und imageschädigender Großeinsatz verhindert. Nachdem die Blutuntersuchung bei der ersten Verhaftung Tschikatilos eine andere als die gesuchte Blutgruppe ergeben hatte, wurde er auf politischen Druck wieder freigelassen. Dies wird mit der Mitgliedschaft des Mörders in der KPdSU begründet. Der Film scheint eine kritische Stellung zur Möglichkeit der unterschiedlichen Blutgruppen einzunehmen. Es wird im Abspann darauf hingewiesen, dass diese These von Wissenschaftlern in aller Welt belächelt wird. Er bezieht jedoch nicht explizit Stellung zu dieser Kontroverse.

Ein weiterer Film, Evilenko (2004), basiert ebenfalls auf diesem Fall, jedoch wurden einige Fakten geändert. Die Figur von Tschikatilo wurde Andrei Evilenko genannt. Malcolm McDowell spielt die Rolle des psychopathischen Killers.

2002 veröffentlichte die deutsche Deathgrind-Band Kadath das zweite Album Chasing the Devil, ein Konzeptalbum, das Leben und Handeln von Andrei Romanowitsch Tschikatilo thematisiert.
2004 veröffentlichte die deutsche Metal-Band Eisregen auf ihrem Album Wundwasser das Lied Ripper von Rostow, welches den Mord Tschikatilos an Sweta Tschana (1984) sowie seine Festnahme behandelt, wobei sich die Gruppe jedoch nicht exakt an die historischen Vorgaben gehalten hatte.
2009 veröffentlichte die kalifornische Thrash-Metal-Band Slayer auf ihrem zehnten Album World Painted Blood das Lied Psychopathy Red, welches von den Taten Tschikatilos handelt.

Literatur

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