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Beatmungsgerät

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Notfallbeatmungsgerät „Medumat Standard“ mit Inhalationseinheit aus einem Mehrzweckfahrzeug des Rettungsdienstes
Beatmungssystem mit Endotrachealtubus, Detektor zur Kapnometrie, Beatmungsfilter, Expirations- und PEEP-Ventil

Ein Beatmungsgerät oder Respirator ist eine elektrisch, heute von Mikroprozessoren gesteuerte, elektromagnetisch oder pneumatisch angetriebene Maschine zur Beatmung von Personen mit unzureichender oder ausgesetzter Eigenatmung. Das Atemgas wird meist mit Sauerstoff angereichert.

Monitoring

Um Gefährdungen des Patienten zu vermeiden, ist bei der Anwendung ein Beatmungsmonitoring[1] mit Überwachung der Einstellungen erforderlich, das im Allgemeinen folgende Aspekte umfasst:

Die sich aus den Einstellgrößen (Druck, Volumen, Flow, exspiratorische Pausenzeit usw.) eines Respirators ergebenden Freiheitsgrade (Parameter, deren Größe sich aus den gewählten Einstellungen in Abhängigkeit vom Lungenzustand ergibt)[2] können sein:

  • Tidalvolumen (bei Drucksteuerung und druckkonstanter Zeitsteuerung)
  • Atemminutenvolumen (bei Drucksteuerung, druckkonstanter Zeitsteuerung und Volumensteuerung)
  • Atemwegsdruck (bei Volumensteuerung und volumenkonstanter Zeitsteuerung)
  • Atemfrequenz (bei Drucksteuerung und Volumensteuerung)
  • Atemzeitverhältnis (bei Drucksteuerung und Volumensteuerung), z. B. I:E-Ratio = 1:2
  • Plateaudauer (bei volumenkonstanter Zeitsteuerung), z. B. Plateau („Hold“) = 0,5 s.

Je nach Anwendungsbereich wird zwischen Notfall-, Intensiv- und Heimrespirator unterschieden. Auch Narkosegeräte sind spezialisierte Beatmungsgeräte. Seit etwa 1970[3] nahm die Zahl der möglichen Beatmungsverfahren (ursprünglich nur eines) und zusätzlicher Funktionen (ursprünglich nur der „Seufzer“, dann eine regulierbare Sauerstoffkonzentration und Druckbegrenzung) kontinuierlich zu.

Während frühere Respiratoren rein nach dem Prinzip der Balg­beatmung funktionierten, wurden zu Beginn der 1980er Jahre zunehmend, beginnend mit dem Beatmungsgerät EV-A der Firma Dräger, Mikroprozessoren zur Steuerung des Atemgasflusses (auch zur automatischen Kompensation von Leckagen) eingesetzt und die Funktion des Balges durch Ventile mit elektromagnetischem Antrieb (statt des vorherigen pneumatischen oder elektrisch betriebenen Mechanismus) ersetzt.[4]

Bei der Beatmung von Neugeborenen und Säuglingen kommen spezielle Beatmungsgeräte zum Einsatz, die vor allem vor zu hohen Atemwegsdrücken schützen. Das erste Beatmungsgerät für Kleinkinder war der sogenannte „Baby-Pulmotor“ der Drägerwerke, aus dem sich mit dem Babylog 1 1975 die Respirator-Serie Babylog entwickelte. Erste Beatmungsgeräte speziell für Neugeborene wurden Ende der 1980er Jahre entwickelt. Das erste ausschließlich für Kleinkinder und Frühgeborene konzipierte Beatmungsgerät war das 1989 eingeführte, mit digital angesteuerten Ventilen und genauer Flowmessung betriebene Babylog 8000, womit Frühgeborene erstmals schonend volumenorientiert beatmet werden konnten.[5]

Gesetzgebung und Normen

Als Medizinprodukte unterliegen Beatmungsgeräte den deutschen und österreichischen Medizinproduktegesetzen und den zugehörigen Betreiberverordnungen, die als Umsetzung der EWG-Richtlinie 93/42 eine Vereinheitlichung innerhalb der EU gewährleisten und, je nach Typ, den Normen EN 60601-2-12 sowie EN 60601-1-8, womit die Sicherheit für Anwender und Patient gewährleistet werden soll. Beatmungsgeräte als aktive Medizinprodukte dürfen nur von Personen angewendet werden, die hierfür qualifiziert und in die Handhabung des jeweiligen Gerätetyps eingewiesen sind.[6]

Arten von Beatmungsgeräten

Notfallbeatmungsgerät „Oxylog 3000“ aus einem Rettungswagen

Notfallrespiratoren (Transportbeatmungsgeräte)

Notfallrespiratoren, synonym Transportrespiratoren, kommen im Rettungsdienst zum Einsatz und werden daher robust konzipiert, sind tragbar und kompakt gebaut und verfügen über eine pneumatische (über Sauerstoffgasflaschen oder mit Umgebungsluft über einen Atemgasverdichter[7][8] betriebene) oder akkubetriebene (elektronisch gesteuerte) Mechanik. Auch in der Intensivmedizin werden sie für innerklinische Transporte beatmeter Patienten, etwa zum Operationssaal oder zu Röntgenuntersuchungen genutzt. Parameter wie etwa die Sauerstoffkonzentration oder das Atemzeitverhältnis sind einstellbar. Die ersten Transport- und Notfallbeatmungsgeräte waren lediglich mit der Möglichkeit zur rein kontrollierten Beatmung und einem Manometer zur Messung des Atemwegsdrucks ausgestattet.[9] Moderne Notfallrespiratoren (z. B. Oxylog 3000 (von Dräger), Medumat Transport) verfügen über vielfältige (druck- und volumengesteuerte) Beatmungsformen (z. B. auch BIPAP), so dass auch im präklinischen Bereich beim Transport und der Versorgung beatmungspflichtiger Intensivpatienten lungenprotektive Beatmungsmöglichkeiten gegeben sind.[10][11]

Intensivrespiratoren

Intensivbeatmungsgerät Typ „Evita 4“, 2011

Intensivrespiratoren kommen für längere und differenzierte Beatmungstherapien unter intensivmedizinischen Bedingungen zum Einsatz. Grundsätzlich sind alle Beatmungsformen, auch die seltenere Hochfrequenzbeatmung, möglich. Sie verfügen über zahlreiche Mess-, Dokumentations- und Alarmmöglichkeiten, sind besser an den Patienten oder an das Krankheitsbild anzupassen und können an ein Netzwerk angeschlossen werden.

Nur mit diesen Geräten ist ein Weaning, also die langsame Reduktion der Atemunterstützung durch das Gerät bei zunehmender Eigenatmung des Patienten und damit die Entwöhnung vom Gerät, möglich, da hierzu Beatmungsmuster (in der Beatmungstechnik die zeitlichen Verläufe von Druck und Volumen[12]) genutzt werden, die eine Eigenatmung zu jeder Zeit ermöglichen und auch, je nach Einstellung des Gerätes, unterstützen. Dies sind zumeist druckkontrollierte Beatmungsformen wie etwa die BiPAP-Beatmung mit einer Erkennung von selbstständigen Einatembemühungen des Patienten und deren Ermöglichung. Durch die Zusatzfunktion der automatischen Tubuskompensation ist es etwa möglich, die Atemanstrengung für den Patienten so zu reduzieren, dass dieser das Gefühl hat, er sei nicht intubiert.

Heimrespiratoren

Heimbeatmungsgerät „VS Ultra“

Heimbeatmungsgeräte werden bei Patienten verwendet, deren Eigenatmung durch zeitweise oder bleibende Störungen von Nervensystem oder Atemmuskulatur stark reduziert ist, die aber trotzdem aus der Klinik entlassen werden. Heimbeatmungsgeräte sind klein gebaut, so dass sie in der Wohnung des Patienten problemlos untergebracht werden können. Auch die Mobilität ist durch solch kleine Respiratoren wenig eingeschränkt, da die Patienten diese auch im Batteriebetrieb mit sich führen können. Da in Privatwohnungen oder Pflegeheimen Wandanschlüsse für Sauerstoff oder Druckluft meist nicht vorhanden sind, werden solche Respiratoren so gefertigt, dass sie davon unabhängig sind. Heimbeatmungsgeräte sind außerdem einfacher zu bedienen, so dass die Patienten selbst oder ihre Angehörigen sich leicht in die Technik einfinden können und notwendige Einstellungen selbst vornehmen können.

Tankrespiratoren

Eiserne Lunge

Die Eiserne Lunge war das erste Gerät zur maschinellen Beatmung. Eine Eiserne Lunge funktioniert nicht wie moderne Respiratoren, sondern der Patient liegt bis zum Hals in dem Gerät und wird von diesem luftdicht umschlossen. Nach Erzeugung eines Unterdruckes in der Kammer dehnt sich der Brustkorb aus, und Umgebungsluft strömt durch die Atemwege in die Lunge.

Auch heute werden noch in seltenen Fällen, und fast ausschließlich zur Heimbeatmung, Unterdruckrespiratoren verwendet, etwa der Kürass-Ventilator. Diese bestehen aus einer harten Kunststoffschale, die bei Brustkorbdeformitäten auch maßgefertigt werden kann. In der modernen klinischen Intensivmedizin werden Tankrespiratoren nicht mehr verwendet, da die Grunderkrankungen meist mit einer Erhöhung der mechanischen Atemarbeit (ables- und berechenbar aus Druck-Volumen-Diagrammen[13]) einhergehen, welche nicht kompensiert werden kann.

Sicherheitsmaßnahmen

Bei jedem Respirator ist die Möglichkeit eines Geräteausfalls gegeben, so dass bei einem beatmeten Patienten ein Beatmungsbeutel in der Nähe sein sollte, um auch bei einem Ausfall des Respirators den Patienten ununterbrochen weiterbeatmen zu können. Des Weiteren muss bei einem Patiententransfer mit Beatmungsgerät gewährleistet sein, dass vorhandene Vorräte in den Sauerstoffflaschen ausreichend sind und eine ununterbrochene Beatmung ermöglichen. Elektrisch betriebene Notfallrespiratoren verfügen über einen Akku und ein externes Ladegerät, Intensivrespiratoren häufig nur über einen Akku, der den Alarm bei Ausfall des Stromnetzes gewährleistet. Sie werden jedoch für diesen Fall und für Patiententransporte auch mit Akkumulatoren angeboten, die den netzunabhängigen Betrieb für eine gewisse Zeit gewährleisten.

Doppelbeatmungsvorrichtung

Hersteller

Open-Source- und Open-Hardware-Initiativen

Im Zuge der Coronavirus-Krise entstehen seit dem Frühjahr 2020 mehrere Community-Projekte mit dem Ansatz, ein offenes Design für ein (Low-End-)Beatmungsgerät bereitzustellen. Es soll möglich werden, solche Geräte auf eine einfache Weise schnell zu produzieren.

  • Open Source Ventilator Initiative[14]
  • Das Projekt DIY-Beatmungsgerät im Zuge des Hackathon der deutschen Bundesregierung #WirVsVirus[15]
  • Das Projekt Oxysphere entwickelt offene Baupläne für eine Beatmungsglocke.[16]
  • Weitere Projekte werden auf der Internetseite der Open Source Ventilator Initiative aufgelistet.[17]

Literatur

  • S. P. Stawicki et al. (2009): Analytic Reviews: High-Frequency Oscillatory (HFOV) and Airway Pressure Release Ventilation (APRV): A Practical Guide. Journal of Intensive Care Medicine 24.
  • W. Oczenski et al. (2006): Atmen-Atemhilfen: Atemphysiologie und Beatmungstechnik. Thieme Verlag, 7. Auflage: 497–498.
  • S. Derdak, S. Mehta et al. (2002): High-frequency oscillatory ventilation for acute respiratory distress syndrome in adults: a randomized, controlled trial. Am J Respir Crit Care Med 166(6): 801–808.
  • Y. Imai, S. Nakagawa et al. (2001): Comparison of lung protection strategies using conventional and high-frequency oscillatory ventilation. In: J Appl Physiol. 91(4): 1836–1844.
  • S. Metha, S. E. Lapinsky et al. (2001): Prospective trial of high-frequency oscillation in adults with acute respiratory distress syndrome. Crit Care Med 29(7): 1360–1369.
  • P. Fort, C. Farmer, et al. (1997): High-frequency oscillatory ventilation for adult respiratory distress syndrome--a pilot study. Crit Care Med 25(6): 937–947.
  • H. Benzer: Therapie der respiratorischen Insuffizienz. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 215–278; hier: S. 222–268.

Weblinks

 Commons: Beatmungsgeräte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dirk Weismann: Formen der Beatmung. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 201–211; hier: S. 209–211 (Beatmungsmonitoring).
  2. M. Baum: Technische Grundlagen der Beatmung. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 185–200; hier: S. 189–198.
  3. Ernst Bahns: Mit dem Pulmotor fing es an. Die Geschichte der maschinellen Beatmung. Drägerwerk, Lübeck 2014, S. 98 f.
  4. Ernst Bahns: Mit dem Pulmotor fing es an. Die Geschichte der maschinellen Beatmung. Drägerwerk, Lübeck 2014, S. 66 f. (Neue Beatmungstechnik mit EV-A).
  5. Ernst Bahns: Mit dem Pulmotor fing es an. Die Geschichte der maschinellen Beatmung. Drägerwerk, Lübeck 2014, S. 48–51.
  6. Dietmar Kirchberg: Das Medizinproduktegesetz: was Pflegende wissen müssen ; Bestimmungen, Beispiele, Konsequenzen. Schlütersche Verlagsanstalt, 2003, ISBN 978-3-877-06878-6, S. 58 ff. (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  7. Beispiel: Beatmungsgerät Savina der Firma Dräger
  8. Ernst Bahns: Mit dem Pulmotor fing es an. Die Geschichte der maschinellen Beatmung. 2014, S. 44 f.
  9. Ernst Bahns: Mit dem Pulmotor fing es an. Die Geschichte der maschinellen Beatmung. Drägerwerk, Lübeck 2014, S. 54 f. (Die Oxylog-Familie – Der Weg in die moderne Notfallbeatmung).
  10. Oxylog 3000 plus. Dräger, abgerufen am 23. Februar 2015.
  11. Walied Abdulla: Interdisziplinäre Intensivmedizin. Urban & Fischer, München u. a. 1999, ISBN 3-437-41410-0, S. 12 (Transportbeatmungsgeräte).
  12. Ernst Bahns (2014), S. 58 f. (Das Beatmungsgerät im klinischen Einsatz).
  13. Thomas Pasch, S. Krayer, H. R. Brunner: Definition und Meßgrößen der akuten respiratorischen Insuffizienz: Ventilation, Gasaustausch, Atemmechanik. In: J. Kilian, H. Benzer, F. W. Ahnefeld (Hrsg.): Grundzüge der Beatmung. Springer, Berlin u. a. 1991, ISBN 3-540-53078-9, 2., unveränderte Aufl. ebenda 1994, ISBN 3-540-57904-4, S. 95–108; hier: S. 102 ff.
  14. Open Source Ventilator initiatives and more. Website der Open Source Ventilator initiative. Abgerufen am 29. März
  15. WirVsVirus: Beatmungsgerät im Eigenbau Artikel auf heise.de Abgerufen am 29. März
  16. Oxysphere – OpenHardware Ventilation Project – Let us Stop Covid together. Abgerufen am 31. März 2020 (en-US).
  17. Liste verschiedener Projekte zur Herstellung eines Beatmungsgerätes. Website der Open Source Ventilator initiative. Abgerufen am 29. März
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