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Beruf
Unter dem Beruf versteht man diejenige institutionalisierte Tätigkeit, die ein Mensch für finanzielle oder herkömmliche Gegenleistungen oder im Dienste Dritter regelmäßig ausübt bzw. für die er ausgebildet, erzogen oder berufen ist. Eine interne Arbeitsgruppe der deutschen Bundesagentur für Arbeit zur Vorbereitung einer neuen Klassifikation der Berufe 2010 hat eine Definition entwickelt, nach der ein Beruf ein Bündel von Tätigkeiten ist, die fachspezifische Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern.[1]
Hintergründe
Im Allgemeinen dient die Ausübung eines Berufes der Sicherung des Lebensunterhaltes. Vor der Einführung des stark ausgebauten Geld- und (kapitalistischen) Wirtschaftssystems sowie der Gründung von Städten musste der Lebensunterhalt innerhalb der Sippe oder Großfamilie bestritten werden, die das Individuum zurückstellte, aber sozial absicherte. Die erwirtschafteten Geld-, Sach- oder Tauschleistungen dienen der Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse oder denen der sozialen Gemeinschaft (z. B. der Familie), der der Ausübende angehört. Dazu gehören in erster Linie die Ernährung, die Bekleidung, der (häusliche) Schutz vor Gefahr und Krankheit und die Vorratsbildung. Darüber hinaus üben viele Menschen berufsähnliche Tätigkeiten aus, die nicht oder nur indirekt entlohnt werden (durch soziale Anerkennung oder persönliche Befriedigung). Ehrenämter, amateurhaft ausgeübte Tätigkeiten (z. B. Kunst oder Sport) und intensiv betriebene Hobbys bilden daher Schnittmengen zum „Beruf“.
Beispielhaft für eine allgemeingültige Definition des Berufs kann der dem Grundrecht der Berufsfreiheit des deutschen Grundgesetzes (Art. 12 Abs. 1 GG) zugrunde liegende Berufsbegriff dienen: Ein Beruf ist danach eine auf Dauer angelegte Erwerbstätigkeit, die zur Sicherung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient. Der Begriff des Berufs ist dabei nicht auf bestimmte traditionelle oder rechtlich fixierte Berufsbilder beschränkt, sondern umfasst jede frei gewählte Form der (erlaubten) Erwerbstätigkeit und ist daher für die Entwicklung neuer Berufsbilder offen[2].
Sozialgeschichtliches
Die zur Ausübung eines Berufs erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse werden durch Ausbildung, Praxis oder Selbststudium erworben. Die Aufnahme in einen Berufsstand kann aber auch erfolgen durch Zuschreibung (adscription), etwa bei Erbfolge (z. B. als Bauer, zünftiger Handwerker), durch Gelöbnisse, Diensteide (Beamte) oder durch Ordination (Geistlicher).
Die meisten Berufe sind das Ergebnis fortschreitender Differenzierung der Arbeit. Sie haben häufig eine jahrhundertelange Tradition, da viele von der Gesellschaft benötigte oder gewünschte Leistungen im Wesentlichen konstant sind. Daher rührt auch die auffällige soziale Erscheinung der Berufsvererbung.
Zu den ältesten, frühgeschichtlichen Berufen gehören Schmied, Zimmermann, Heiler, Priester, Wandererzähler und -sänger und Wächter. Seit dem Mittelalter fanden sich viele Berufsgruppen in Zünften und Gilden zusammen, die auch die Ausbildung des beruflichen Nachwuchses übernahmen. Auch „unehrliche Berufe“ bildeten eigene Organisationen.
In einigen Berufen wird auf die sogenannte Berufung des/der Einzelnen besonderen Wert gelegt (zum Beispiel Pfarrer, Priester, aber auch Arzt, Lehrer, Apotheker, Richter). Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die Pflicht zur Arbeit im Rahmen des Ordo Socialis.
Der fortschreitende, mit der Industrialisierung einhergehende soziale und technische Wandel ließ neue Berufe entstehen und alte, zumeist handwerkliche Berufe aussterben. Mit der durchdringenden Verbreitung der Informationstechnologie in allen gesellschaftlichen Bereichen setzt sich dieser Trend fort.
Reglementierung der Berufsausübung
Heute wird die Berufsausbildung (Inhalte, Dauer) in den meisten europäischen Ländern staatlich festgelegt. Die staatliche Reglementierung der Berufswahl findet aber in Deutschland und den meisten anderen Ländern ihre Grenzen im Grundrecht der Berufsfreiheit.
Wer welchen Beruf ausüben darf, wurde und wird in verschiedenen Kulturkreisen unterschiedlich gehandhabt. In Europa gilt prinzipiell das Recht der freien Berufsausübung, das jedoch einigen Einschränkungen unterliegt. Bei sogenannten reglementierten Berufen ist für die Ausübung eine entsprechende Ausbildung und Qualifikation erforderlich: Als Arzt oder Rechtsanwalt darf beispielsweise nur tätig sein, wer ein medizinisches bzw. juristisches Hochschulstudium erfolgreich abgeschlossen und entsprechende Praxiserfahrung (Referendariat) nachweisen kann.
Ebenfalls unterliegt die Ausübung handwerklicher Berufe bestimmten Einschränkungen: So ist beispielsweise zur selbstständigen Ausübung eines Handwerks in Deutschland ein Meisterbrief erforderlich.
Erfolgreich sozial herausgebildete Berufe entwickeln eine mehr oder minder ausgeprägte Arbeitsethik.
Image/Prestige
Nach der Forsa-Studie "Bürgerbefragung öffentlicher Dienst 2011" genießen folgende Berufe in Deutschland das höchste Ansehen (in absteigender Reihenfolge): Feuerwehrmänner, Alten- oder Krankenpfleger, Ärzte, Polizisten und Kindergartenmitarbeiter.[3]
Stärkste Berufsordnungen in Deutschland
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes[4] werden die Berufe in 369 so genannte Berufsordnungen unterschieden, in der alle existierenden Berufe eingruppiert sind, wodurch eine Klassifizierung der Berufe entsteht. Vgl. Frauenanteile in der Berufswelt.
Erwerbstätige Männer in den am stärksten besetzten Berufsordnungen (2006)
- Berufskraftfahrer, 882.000
- Bürofachkräfte, kaufmännische Angestellte, 499.000
- Unternehmer, Geschäftsführer, 460.000
- Soldaten, Bundesgrenzschutz, Polizeibedienstete, 458.000
- Kraftfahrzeugmechaniker, Zweiradmechaniker, 376.000
- Hilfsarbeiter ohne nähere Tätigkeitsangabe, 357.000
- Elektriker, Elektroinstallateure, 334.000
- Verwaltungsfachleute (mittlerer Dienst), 328.000
- Lager- und Transportarbeiter, 317.000
- Konstruktionsmechaniker und zugeh. Metallbauer, 280.000
Erwerbstätige Frauen in den am stärksten besetzten Berufsordnungen (2006)
- Bürofachkräfte, kaufmännische Angestellte, 1.368.000
- Gebäudereinigerinnen und Raumpflegerinnen, 779.000
- Verwaltungsfachleute (mittlerer Dienst), 696.000
- Krankenschwestern und Hebammen, 677.000
- Sprechstundenhelferinnen (Arzthelferinnen), 552.000
- Verkäuferinnen, 541.000
- Nahrungs- und Genussmittelverkäuferinnen, 467.000
- Erzieherinnen, 445.000
- Büro- und kaufmännische Sachbearbeiterinnen, 406.000
- Altenpflegerinnen, 370.000
Gefahrgeneigte Berufe
Die britische Versicherung Churchill Insurance hat im Jahr 2004 eine Liste der zehn risikoreichsten Berufe in Großbritannien veröffentlicht. Bei Ausübung seiner Tätigkeit verunglückt danach (in absteigender Reihe) am häufigsten tödlich, wer tätig ist als:[5]
- Fensterputzer
- Soldat
- Feuerwehrmann
- Hochseefischer
- Pilot
- Polizeibeamter
- Dachdecker
- Gerüstarbeiter
- Holzfäller
- Artist
Siehe auch
- Tätigkeit, Berufsbezeichnung, Berufsbeschreibung, Berufsberatung, Berufsleben, Ausbildungsberuf
- Berufsethik, Arbeitsethik
- Berufssoziologie, Arbeit (Sozialwissenschaften)
- Berufsgruppe
- Bundesinstitut für Berufsbildung
- Lernen
- Arbeitslosigkeit
- Ausbildung
- Weiterbildung
- Berufswahlreife
- Berufswissenschaft
- Job
- Profi, Freier Beruf (Deutschland), Freier Beruf (Österreich), Unehrlicher Beruf, Verdienst, Zunft
- Sozialstruktur, Soziale Rolle
- Museum der Arbeit
- Professionalisierung
- Männerdomäne, Frauendomäne
- Schwerarbeit, Österreichische Schwerarbeitsverordnung
Literatur
- Günter Lanczkowski, Gustaf Wingren, Heinz-Horst Schrey: Art. Beruf I. Religionsgeschichtlich II. Historische und ethische Aspekte III. Protestantismus und Katholizismus der Neuzeit. In: Theologische Realenzyklopädie 5 (1980), S. 654–676 (zur Kultur- und Begriffsgeschichte)
Weblinks
Deutschland:
- Berufe im Spiegel der Statistik. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2010, abgerufen am 17. Januar 2012 (Umfangreiche, jährlich aktualisierte statistische Informationen zu den einzelnen Berufen und Berufsgruppen).
- Auszubildende 2010 in den 20 am stärksten besetzten Ausbildungsberufen. (Excel, 3,3 MB) In: Bildung und Kultur – Berufliche Bildung. Statistisches Bundesamt, 2010, abgerufen am 14. November 2011 (Tabelle: Tab_1_04_1).
- Ich mach's! Bayerischer Rundfunk, abgerufen am 17. Januar 2012: „Mehr als 300 Berufe im Dualen System, dazu kommen Lehrstellen bei Behörden und der Bahn, außerdem locken Fachschulen mit ihren Abschlüssen: Doch welche Ausbildung ist für wen richtig? Dazu die Fragen zum lieben Geld und zu den Stellenchancen.“
- Homepage: Bundesinstitut für Berufsbildung. Bundesinstitut für Berufsbildung, abgerufen am 17. Januar 2012.
- Berufe und Berufsinformationen in Deutschland. Bundesagentur für Arbeit, abgerufen am 22. November 2012 (BERUFENET).
- Christine Leube: Berufe-Lexikon. Abgerufen am 17. Januar 2012.
- JAAU – Das Portal für Jugend, Arbeit und Ausbildung in Nordrhein-Westfalen. Abgerufen am 17. Januar 2012.
Österreich:
- Berufslexikon. Arbeitsmarktservice, 2010, abgerufen am 17. Dezember 2012 (Umfangreiche, jährlich aktualisierte statistische Informationen zu den einzelnen Berufen und Berufsgruppen sowie Ausbildungseinkommen).
- Die 10 häufigsten Lehrberufe bei Mädchen 2010. (PDF) Wirtschaftskammer Österreich, 2010, abgerufen am 13. November 2011: „Nach wie vor wählen Mädchen bevorzugt typische „Frauenberufe“. Fast die Hälfte aller weiblichen Lehrlinge besuchen eine Ausbildung in den Berufen Einzelhandel gefolgt von Bürokauffrau und Friseurin.“
- Die 10 häufigsten Lehrberufe bei Burschen 2010. (PDF; 709 kB) Wirtschaftskammer Österreich, 2010, abgerufen am 13. November 2011: „Die drei beliebtesten Lehrberufe bei den Burschen sind Elektrotechnik mit 9.062 gefolgt von Kraftfahrzeugtechnik mit 7.813 und Installations- und Gebäudetechnik mit 5.215 männlichen Lehrlingen.“
Sonstiges:
- Berufe im Mittelalter. Abgerufen am 17. Januar 2012.
Einzelnachweise
- ↑ Bundesargentur für Arbeit: Das Berufsverständnis der KldB 2010 (PDF)
- ↑ Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, S. 377, 397 (online)
- ↑ Berufsprestige, spiegel online, 20. Oktober 2011
- ↑ www.destatis.de Datenreport 2008 Arbeitsmarkt (PDF)
- ↑ Window Cleaning Ranked the Most Dangerous Job in UK. (Word-Datei, 84kB) Churchill Insurance Company, 16. Oktober 2004, abgerufen am 17. Januar 2012.
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