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Beschäftigung (Kostenrechnung)
Beschäftigung (oder Kapazitätsauslastung, Ausbringungsmenge; engl. capacity utilization) ist in der Kosten- und Erlösrechnung von Unternehmen eine Kosteneinflussgröße, die den Umfang der genutzten Kapazität in einem bestimmten Zeitraum angibt
Allgemeines
Ein Unternehmer muss messen können, wie seine Produktionsfaktoren durch die tatsächliche Produktion ausgelastet werden. Das betrifft insbesondere die Faktoren Arbeit und die Produktionsmaschinen. Bei der Beschäftigung handelt es sich um eine unternehmensinterne betriebswirtschaftliche Kennzahl, die meist nicht veröffentlicht wird. Mit Hilfe des Beschäftigungsgrades könnte man auslastungsbezogene Betriebsvergleiche durchführen. Bezugsgrößen der Beschäftigung können die Anzahl der hergestellten Produkte pro Zeiteinheit, der Ausstoß an Getränken oder die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden sein.
Konrad Mellerowicz unterschied 1954 noch zwischen Beschäftigungsgrad und Kapazitätsauslastungsgrad, weil ersterer zeitbezogen und letzterer leistungsbezogen sei.[1] Daraus folge, dass sich Schwankungen der Intensität auf den Beschäftigungsgrad, nicht aber auf den Kapazitätsauslastungsgrad auswirkten. Zudem ist er der Auffassung, dass sich der Kapazitätsauslastungsgrad nur auf „produktive“ Abteilungen eines Unternehmens beziehe, während der Beschäftigungsgrad für das Gesamtunternehmen ermittelt werden könne.
Der Kapazitätsauslastungsgrad ergibt sich nach Mellerowicz mithin aus
Im Leistungsgrad werden die quantitativen Intensitätsschwankungen berücksichtigt.
Beschäftigungsgrad
Heute wird nicht mehr zwischen Beschäftigungs- und Kapazitätsauslastungsgrad unterschieden. Der Beschäftigungsgrad ist das Produkt aus Zeitgrad und Lastgrad. Der Zeitgrad gibt an, wie lange während der theoretisch möglichen Produktionszeit tatsächlich produziert worden ist:
Der Lastgrad ist das Verhältnis zwischen der Ist-Leistung je Zeiteinheit zur Soll-Leistung je Zeiteinheit:
Daraus ergibt sich die Formel für den Beschäftigungsgrad:
oder vereinfacht:
Der Beschäftigungsgrad drückt die relative Kapazitätsauslastung eines Unternehmens in einem bestimmten Zeitraum aus.[2]
Unterbeschäftigung und Vollbeschäftigung
Die relative Kapazitätsauslastung ermöglicht eine Aussage darüber, ob ein Unternehmen unterausgelastet, normal ausgelastet oder vollausgelastet ist. Die entsprechenden Begriffe Unterbeschäftigung oder Vollbeschäftigung haben in der Volkswirtschaftslehre (Arbeitsmarktpolitik) einen identischen Inhalt und werden dort häufiger verwendet. Unterbeschäftigung ist ein Beschäftigungsgrad, bei dem das vorhandene Arbeitnehmerpotenzial nicht voll beschäftigt ist;[3] das gilt auch für Maschinen. Kurzarbeit ist ein typisches Merkmal unterbeschäftigter Betriebe. Ein Beschäftigungsgrad von 100 % ist nur bei einem völlig störungsfreien Produktionsprozess möglich;[4] doch ist zu bedenken, dass betriebliche Engpässe meist einen 100%igen Beschäftigungsgrad verhindern. Eine Unterauslastung liegt bei <50 % der Kapazität vor, eine Normalauslastung liegt zwischen >50 % und <80 %, während von einer Vollauslastung bei >80 % der Kapazität gesprochen werden kann.
Beschäftigungsschwankungen und Kostenverlauf
Die betriebliche Kapazitätsausnutzung ist nicht immer konstant, sondern nachfrage- und produktionsbedingten Schwankungen unterworfen. Erich Gutenberg verdeutlichte, dass es Kostenarten gibt, die mit der Beschäftigung des Betriebes variieren und Kosten, die sich Beschäftigungsschwankungen gegenüber indifferent verhalten.[5] Beschäftigungsabhängige Kosten heißen entsprechend variable Kosten, die bei Beschäftigungsschwankungen unverändert bleibenden Kosten sind die Fixkosten.
Nicht in jeder betrieblichen Beschäftigungsphase werden Gewinne erwirtschaftet; verlustbringend ist meist die Unterbeschäftigung. Steigt der Beschäftigungsgrad weiter an, wird die Gewinnschwelle erreicht. Dieser kritische Beschäftigungsgrad (break even-Punkt; „kritische Menge“) ist jener Beschäftigungsgrad, bei dem erstmals Gewinne erzielt werden.[6] Die Höhe des kritischen Beschäftigungsgrads hängt insbesondere von der Unternehmensart, seiner Produktionstiefe und seiner Finanzierungsstruktur ab. Fixkostenintensive oder kapitalintensive Unternehmen weisen meist einen hohen kritischen Beschäftigungsgrad auf, während vorratsintensive oder eigenkapitalintensive Unternehmen einen vergleichsweise niedriger liegenden kritischen Beschäftigungsgrad besitzen. Die erstere Gruppe benötigt zur Erreichung des Break-even-Punkts eine stets hohe Kapazitätsauslastung und besitzt deshalb mehr Beschäftigungsrisiken als die zweite Gruppe; das ist die Hebelwirkung des „operating leverage“. Durch Überschreiten der Gewinnschwelle verteilen sich die Fixkosten auf eine größere Stückzahl, wodurch die Stückkosten sinken und die Gewinne steigen (Fixkostendegression).
Bei rückläufiger Beschäftigung ergibt sich hingegen das Problem, dass die konstant bleibenden fixen Gemeinkosten bei der Verteilung auf die Kostenträger überhöht sind, so dass nur die einer durchschnittlichen Beschäftigung entsprechenden Teile der Gemeinkosten verrechnet werden dürfen.[7] Hiermit verbunden ist ein Verhalten der Kosten, das Kostenremanenz genannt wird. Remanente Kosten gehen bei einem Beschäftigungsrückgang nicht proportional mit diesem zurück.
Die in Höhe der Unterbeschäftigung anfallenden Gemeinkosten heißen innerhalb der Prozesskostenrechnung Leerkosten, während die auf die Beschäftigung entfallenden Gemeinkosten als Nutzkosten bezeichnet werden. Ein unter Unterbeschäftigung leidendes Unternehmen wird geneigt sein, seine Leistungen am Markt unter Preis anzubieten, solange dadurch noch Deckungsbeiträge der Fixkosten erwirtschaftet werden.[8]
Reagibilitätsgrad
Der Reagibilitätsgrad gibt das Verhältnis einer prozentualen Kostenänderung zur prozentualen Beschäftigungsänderung an:
Der ermittelte Reagibilitätsgrad gibt Auskunft über die Eigenschaften des Kostenverlaufs. Ein Reagibilitätsgrad R = 1 zeigt einen proportionalen Kostenverlauf an, denn Kosten und Beschäftigung ändern sich im selben Verhältnis zueinander. R < 1 zeigt einen degressiven Kostenverlauf, R > 1 einen progressiven Kostenverlauf.
Literatur
- Haberstock, L., Breithecker, V.: Kostenrechnung 1, 13. Aufl., Berlin 2008.
- Hoitsch, H.J., Lingnau, V.: Kosten- und Erlösrechnung. Eine controllingorientierte Einführung. 3. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-540-66296-0.
- Kugler, G., u.a.:Betriebswirtschaftslehre der Unternehmung. 11 Kosten- und Leistungsrechnung des Industriebetriebes. 21. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2005. ISBN 3-8085-9227-3.
- Olfert, K.: Kostenrechnung, 16. Aufl., Herne 2010.
Einzelnachweise
- ↑ Konrad Mellerowicz, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Band 2, 1954, S. 44 f.
- ↑ Carl-Christian Freidank/Sven Fischbach, Übungen zur Kostenrechnung, 2002, S. 107
- ↑ Hans Kasten, Arbeitselastizität und Beschäftigungsverlauf, 1959, S. 62
- ↑ Carl-Christian Freidank/Sven Fischbach, a.a.O., S. 108
- ↑ Erich Gutenberg, Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 1958, S. 67
- ↑ Heinz J. Aubeck, Wirtschaftsmathematik für Schule und Ausbildung, 2009, S. 224
- ↑ Wilhelm Frick, Bilanzierung nach dem Unternehmensgesetz, 2007, S. 80
- ↑ Jürgen Kagelmacher, Dienstleistungsverträge und Funktionsausgleich im Versicherungsaufsichtsrecht, 1989, S. 56
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Beschäftigung (Kostenrechnung) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |