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Bethmann (Familie)
Die Familie Bethmann ist eine seit dem 18. Jahrhundert in Frankfurt am Main ansässige Familie von Bankiers.
Geschichte
Die Familie Bethmann stammte aus Goslar, wo sie seit 1416 nachweisbar ist und zur städtischen Oberschicht der ratsfähigen und wappenführenden Geschlechter zählte.
Der Großvater der Firmengründer, Konrad Bethmann (1652–1701), wurde 1683 Münzmeister der Fürstin von Nassau-Holzappel in Cramberg an der Lahn, 1687 Münzmeister des Deutschen Ordens in Friedberg und 1692 kurmainzischer Münzmeister in Aschaffenburg. Bei seinem Tod vererbte er ein beträchtliches Vermögen an seine Witwe Anna Elisabeth (1654–1727). Anna Elisabeth Bethmann stammte aus Minden und stand in besonderer Beziehung zum dortigen Simeon- und Mauritiusstift. Darin mag der Grund liegen, dass in den folgenden Generationen immer einer der Söhne die Vornamen Simon Moritz erhielt.
Anna Elisabeth zog als Protestantin mit ihren Kindern in das lutherische Frankfurt am Main, wo sie Verwandte hatte. Drei ihrer Töchter verheirateten sich mit Frankfurter Bürgern. Ihr Sohn Simon Moritz Bethmann (1687–1725) wurde Amtmann in Bergnassau an der Lahn.
Simon Moritz hatte drei Söhne:
- Johann Philipp (1715–1793),
- Johann Jakob (1717–1792) und
- Simon Moritz (1721–1782)
Als er starb, kehrte seine Witwe Elisabeth, geb. Thielen (1680–1757) nach Frankfurt zurück und wurde Haushälterin in der Familie ihres Schwagers, des Kaufmanns Jakob Adami (1670–1745). Nach dessen Tod vermachte er seinen Neffen die Hälfte seines Vermögens. Johann Philipp und Simon Moritz übernahmen das Handelsgeschäft Jacob Adami, aus dem 1748 das Bankhaus Gebrüder Bethmann, die spätere Bethmann Bank, entstand. Der dritte Bruder Johann Jakob gründete eine Handelsniederlassung in Bordeaux. Er wurde später kaiserlicher Konsul in Bordeaux und begründete den noch heute bestehenden Bordelaiser Familienzweig.
Das Bankhaus Bethmann entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem der führenden Häuser Deutschlands, vor allem durch den Handel mit Staatsanleihen, das nur mit dem später entstandenen Haus Rothschild zu vergleichen war.
Während Simon Moritz kinderlos starb, hatte sein älterer Bruder Johann Philipp aus der 1762 geschlossenen Ehe mit Katharina Margarethe Schaaf (1741–1822), der Tochter des Frankfurter Schöffen und Kaiserlichen Rates Anton Schaaf, sechs Kinder, von denen vier überlebten:
- Susanne Elisabeth (1763–1833), heiratete 1780 den Frankfurter Kaufmann Johann Jakob Hollweg (1748–1808), der nach der Heirat den Namen Bethmann-Hollweg führte. Ihr Sohn Moritz August wurde später preußischer Staatsminister, dessen Enkel Theobald von Bethmann Hollweg deutscher Reichskanzler von 1909 bis 1917.
- Simon Moritz (1768–1826) wurde einer der bedeutendsten Frankfurter Bankiers, Staatsmänner und Philanthropen.
- Maria Elisabeth (1772–1847) heiratete 1790 den Bankier Johann Jakob Bußmann (1756–1791). Dieser Ehe entstammte Auguste Bußmann. Johann Jakob starb bereits im Jahr darauf. 1797 heiratete Maria Elisabeth den emigrierten französischen Aristokraten Alexandre Victor Francois Vicomte de Flavigny (1770–1819). Ihre Tochter aus zweiter Ehe war Marie d'Agoult (1805–1876), die wiederum mehrere Kinder hatte, darunter – aus der Verbindung Maries mit Franz Liszt – auch Cosima Wagner (1837–1930).
- Sophie Elisabeth (1774–1862).
Nach dem Tod Johann Philipp Bethmanns 1793 übernahm sein Sohn Simon Moritz die Leitung des Bankhauses. Er galt seinen Zeitgenossen als Erster Bürger Frankfurts, in Frankreich wurde er auch le roi de Francfort genannt. Durch seine Finanzgeschäfte erhielt er Kontakte zu fast allen europäischen Herrscherhäusern, die er in zahlreichen diplomatischen Missionen für seine Vaterstadt nutzte. 1802 gelang es ihm, die französischen Kontributionsforderungen zu reduzieren. Durch sein Auftreten bei den Verhandlungen zum Reichsdeputationshauptschluss erreichte er die Säkularisation der auf Frankfurter Staatsgebiet befindlichen kirchlichen Vermögenswerte zugunsten des reichsstädtischen Fiskus. 1807 wurde er russischer Generalkonsul, 1808 von Kaiser Franz I. in den österreichischen Adelsstand erhoben. Am 31. Oktober 1813 übernachtete Kaiser Napoleon in seinem Gartenhaus. Bethmann erreichte durch Verhandlungen den friedlichen Abzug der französischen Armee aus Frankfurt.
Simon Moritz von Bethmann setzte sich für Kultur, Kunst, Wirtschaft und Wissenschaften Frankfurts in vielfältiger Weise ein. Weihnachten 1826 erlitt er in einer Loge des von ihm geförderten städtischen Theaters einen Schlaganfall, an dem er zwei Tage darauf starb. Bethmann wurde auf dem Peterskirchhof bestattet, wo sein Grab bis heute erhalten ist. Zu seinem 100. Geburtstag schuf der Bildhauer Eduard Schmidt von der Launitz ein Denkmal in der Friedberger Anlage.
Simon Moritz von Bethmann war seit 1810 mit der in Britisch-Guayana geborenen Niederländerin Louise Friederike geb. Boode (1792–1869) verheiratet. Nach Louise von Bethmann ist der Louisapark an der Mörfelder Landstraße in Frankfurt benannt.
Das Paar hatte vier Söhne:
- Moritz (1811–1877)
- Karl
- Alexander
- Heinrich († 1845)
Da Bethmanns Söhne beim Tod des Vaters noch minderjährig waren, übernahmen zunächst seine Teilhaber die Leitung des Bankhauses. 1828 verheiratete sich seine Witwe mit Matthias Franz Borgnis (1798–1867).
1833 trat Moritz von Bethmann in die Leitung des Bankhauses ein. Er finanzierte den Bau zahlreicher Eisenbahnen in Deutschland, wurde 1854 preußischer Generalkonsul in der Freien Stadt Frankfurt und in den badischen Freiherrnstand erhoben. 1863 beherbergte er die Teilnehmer des Frankfurter Fürstentages in seinem Gartenhaus. Wie sein Vater war er ein großzügiger Mäzen und Förderer des Frankfurter Kunst- und Kulturlebens.
An die Familie Bethmann erinnern die Bethmannstraße in der Frankfurter Altstadt, der Bethmannpark im Nordend, der Louisapark und die Bethmannschule, eine kaufmännische Berufsschule.
Wappen
Das bethmannsche Wappen lässt sich bis in das Jahr 1530 zurückverfolgen. Es zeigt im gespaltenen Schild rechts in Gold einen halben schwarzen Adler, links in Silber zwei rote Schrägbalken. Auf dem bekrönten Helm mit rot-silbernen Decken ein schwarzer Adlerflug. Später kam noch eine Devise tuebor (lat. Ich werde schützen) hinzu.
Bethmännchen
Einer Legende nach sollen die Bethmännchen, ein Konfekt aus Marzipan, im Jahr 1838 von dem Pariser Konditor Jean Jacques Gautenier erfunden worden sein, der damals Küchenchef im Hause Bethmann war. Ursprünglich seien die Bethmännchen mit vier Mandelhälften bestückt gewesen, eine für jeden der vier Söhne. Nach dem Tode Heinrichs im Jahr 1845 sei fortan eine Mandelhälfte weggelassen worden. Diese Legende ist allerdings umstritten, zumal Simon Moritz schon 1826 verstorben war. Wahrscheinlich sind die Bethmännchen daher schon älter.
Literatur
- Claus Helbing: Die Bethmanns. Aus der Geschichte eines alten Handelshauses zu Frankfurt am Main. Gericke, Wiesbaden 1948.
- Frankfurter Biographie. Personengeschichtliches Lexikon. Erster Band. A–L. Waldemar Kramer, Frankfurt am Main, ISBN 3-7829-0444-3.
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