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Cahal Pech
Cahal Pech ist eine Ruinenstätte der Maya-Kultur am südlichen Stadtrand von San Ignacio in Belize. Sie ist von mittlerer Größe und umfasst über 30 Bauten in 7 Plätzen, darunter öffentliche, zeremonielle und Wohngebäude, die bisher nur teilweise freigelegt wurden. Cahal Pech war über rund 1800 Jahre bewohnt, von ca. 900 v.u.Z. bis ca. 850, darunter mehrere Jahrhunderte lang als Wohnsitz einer königlichen Familie.
Geschichte
Cahal Pech war nie ein politisches oder administratives Zentrum für einen größeren Raum. Der Ort selbst war dem lokalen Zentrum in Buenavista del Cayo unterstellt, seine administrative Bedeutung reichte auch zu seiner Blütezeit und als Wohnsitz einer königlichen Familie nicht über die Siedlung selbst hinaus.[1]
Wissenschaftlich entdeckt und erstmals beschrieben wurde der Ort 1950 durch Linton Satterthwaite, der in Cahal Pech archäologische Pionierarbeit leistete.
Formative Periode
Die Zeit der Genese des Ortes und seiner Kultur wird als „Formative Periode“ bezeichnet und in mehrere ortsspezifische Phasen unterteilt.
Cunil-Phase (1000 – 850 v.u.Z.)
Die frühesten Funde weisen darauf hin, dass der Ort bereits um 1200 v.u.Z. durch Angehörige keramischer Kulturen genutzt wurde,[2] damit ist Cahal Pech der älteste Fundort von Keramiken im westlichen Belize. Seit ca. 1000 v.u.Z., dem Ende der frühen Präklassik, lässt sich in Cahal Pech ein kleines Dorf nachweisen. Mit diesem Nachweis beginnt die älteste Phase der Geschichte Cahal Pechs, die Cunil-Phase. In ihr lebten die Siedler in einer Mischung aus Subsistenzwirtschaft, ergänzt um Jagen, Fischen und Sammeln. Sie produzierten Keramik und Steinwerkzeuge und trieben Handel mit exotischen Waren, deren Ursprung bis zum guatemaltekischen Hochland und der Karibikküste reichte.[3]
Zu dieser Zeit war die Architektur des Ortes noch recht einfach, das Dorf bestand aus Hütten mit grob verputztem Flechtwerk, die Oberflächen aus gestampftem Mergel. Nachweise größerer Bauten oder Bauten zu zeremoniellen oder gemeinschaftlichen Zwecken fehlen, vermutlich haben alle Gebäude nur als Wohnräume, Küchen und Lagerstätten gedient. Alle Funde weisen daraufhin, das es zu dieser Zeit wenn überhaupt nur wenige hierarchisch höhergestellte Instanzen in diesen Dörfern gegeben hat und die soziale Struktur die einer egalitären Gesellschaft war. Vermutlich haben in der Folge Gastgeber bei Gemeinschaftsritualen eine zunehmende Verpflichtung zur Reziprozität etabliert, die nach und nach zu Ungleichheiten in den sozialen Beziehungen führte.[4] Eine soziale Hierarchie scheint es bereits vor dem Ende der Cunil-Phase gegeben zu haben.[3]
Kanluk-Phase (800 – 350 v.u.Z.)
Das Ende der Cunil- und der Beginn der Kanluk-Phase ist durch bedeutende Veränderungen gekennzeichnet. Die Bevölkerung nahm zu,[3] besondere Keramikfunde wie Schokoladengefäße oder Steigbügelgefäße treten erstmals auf und belegen, welcher Wert auf die Zurschaustellung und den demonstrativen Verzehr besonders begehrenswerter Speisen durch den Einzelnen gelegt wurde.[4] Dies macht ebenso wie die differenziertere Verteilung von Statuetten und exotischen Handelswaren in der Bevölkerung deutlich, dass mit der späten Kanluk-Phase ab 650 v.u.Z. die Gemeinschaft von Cahal Pech ein recht hohes Niveau sozialer Komplexität erreicht hatte.[3]
Spätestens seit 850 v.u.Z. finden sich Siedlungsreste von Bauernhöfen. Für die frühe Kanluk-Phase zwischen ca. 800 und 650 v.u.Z. zu Anfang der mittleren Präklassik werden komplexe Familienschreine als erste spezielle Funktionsbauten und zeremonielle Architektur angenommen. Seit 400 v.u.Z. entstanden die ersten Monumentalbauten.[1]
Xakal-Phase (350 v.u.Z. – 250)
In seiner letzten formativen Epoche, der Xakal-Phase, welche die gesamte späte Präklassik und den Beginn der Klassik umfasst, wurde Cahal Pech ein regionales Zentrum des Belize-Tals. Fortgeschrittene Monumentalarchitektur kennzeichnen die Phase neben der Einführung polychromer Töpfereien und einem weitreichenden und komplexen Tauschsystem.[3] Durch die sozialen Veränderungen dieser Zeit bildete sich zum Ende der Xakal-Phase ein Königtum heraus und die Akropolis wurde zum Wohnsitz der königlichen Familie, was sie bis zum Ende des Ortes um 900 bleiben sollte.[1]
Klassische Periode
Die klassische Periode beginnt um ca. 200 und endet mit dem Verfall Cahal Pechs in der Terminalen Klassik. In einem Text auf einem Jadeschmuckstück aus dem Jahr 650 wird erwähnt, das die Mutter des damaligen Herrschers der Siedlung Nim Li Punit im äußersten Süden Belizes, Janaab' Ohl K'inich, aus Cahal Pech stammte. Forscher sehen diesen Fund als Beleg dafür, das die Stadtstaaten der Maya weitreichender dynastisch verschränkt waren als bisher angenommen.[5]
Terminale Klassik (~800 – ?)
Am Ende der Besiedlung von Cahal Pech steht die Phase der Terminalen Klassik. Sie kann zeitlich nur ungefähr als um 800 (± 25-30 Jahre) beginnend bestimmt werden. Ihrer Definition nach markiert sie im Belize Valley die Endphase der Späten Klassik, ist von dieser jedoch anhand ihrer architektonisch und handwerklich deutlich geringeren Standards nach Gordon Willey als Kennzeichen „des Verfalls, Zusammenbruchs oder Beendigung der hierarchischen Aktivitäten der Maya“ unterschieden. In der Praxis wurde dies erkennbar in niedrigen Bauten aus meist unbehauenem Stein und fehlenden Decken.[6]
Toponym
Der Name entstammt der yukatekischen Mayasprache und bedeutet so viel wie „Ort der Zecke“. Den Namen erhielt der Ort 1950 durch Satterthwaite, der ursprüngliche Name der Stadt ist nicht bekannt.[1]
Lage
Cahal Pech liegt im Süden der Stadt San Ignacio auf der Spitze eines Kalksteinhügels in einer Höhenlage zwischen 160 und 180 Metern, rund einen Kilometer westlich des Macal River.[7] Lange lag die Anlage am Stadtrand, durch das Wachstum der Stadt wird sie jedoch zunehmend von ihr eingeschlossen, zur Abfederung der räumlichen Nähe ist sie von einem Grüngürtel umgeben.[1]
Die heute als Cahal Pech bezeichnete Stätte umfasst ausschließlich den Kern der Siedlung. Er wird definiert als der Ort, der a) die stärkste Dichte großer Wälle und Plätze aufweist, b) höher gelegen ist als das umgebende Areal und c) von Strukturen umgeben wird, die das Areal als Akropolis bzw. zentralen Bereich abgrenzen.[7]
Die dazugehörige Siedlung lag vor allem im Süden, Westen und Osten der Akropolis an beiden Ufern des Macal River. Der nördliche Raum war kaum besiedelt, dies wird angesichts der fruchtbaren Böden und regelmäßiger Überflutungen auf agrarische Nutzung zurückgeführt. Archäologisch sind die Siedlungsräume um die Akropolis bisher kaum erschlossen.[7]
Ruinenstätte
Die Stätte ist annähernd rechteckig und etwas über 10.000 Quadratmeter groß. Entlang ihrer West-Ost-Achse erstreckt sie sich über rund 250 Meter, entlang ihrer Nord-Süd-Achse über rund 160 Meter. Sie umfasst mindestens 34 sogenannte Strukturen, die in 7 sogenannten Plazas (span.: Platz) angeordnet sind. Die Strukturen funktionierten als öffentliche, als zeremonielle und als Wohngebäude, die höchste ist 25 Meter hoch. Neben den Strukturen umfasst das Gelände noch 1 Ballspielplatz, 9 Stelen, 1 Altar und eventuell ein Schwitzbad. Die gesamte Anlage ist von Wällen eingefasst und nur am östlichen Ende offen. Außerhalb der Anlage, jedoch noch zu ihr gehörig, liegen im Westen 1 Ballspielplatz, im Südwesten eine eingefasste Quelle sowie im Norden eine Tränke. In ihrer gesamten Konzeption gilt die Anlage als in vielen Punkten typisch für eine Siedlung der Tiefland-Maya.[8]
Die Plazas werden durch die lateinischen Buchstaben A bis H gekennzeichnet; die Strukturen durch eine Kombination aus dem Buchstaben der Plaza, der sie zugeordnet werden und einer laufenden Nummer. Die Stelen und der Altar tragen keine speziellen Bezeichner, die Stelen sind jedoch laufend nummeriert.[7]
Die beiden Eingänge zu den Plazas lagen im Süd- bzw. Nordosten des Geländes, der nördliche Eingang bereits innerhalb der Akropolis. Seit dem 6. bis 7. Jahrhundert wurden die Plazas auch entlang ihrer Funktion stärker voneinander getrennt. Die östlichen Plazas B, C, F, G und H waren halböffentlich, die westlichen A, D, und E hingegen nur begrenzt zugänglich. In diesen baulichen Veränderungen bildete sich die zunehmende Stratifikation der Gesellschaft von Cahal Pech ab. Es wird angenommen, dass auf den östlichen Plazas weniger bedeutende Personen lebten und wichtige öffentliche Ereignisse wie Zeremonien, Feste oder auch Märkte stattfanden, die westlichen Bereiche hingegen die privaten Wohnbereiche der königlichen Familie und anderer höhergestellter Persönlichkeiten darstellten.[7]
Die halb öffentlichen Plazas
Gruppe H
Die Plaza H ist im äußersten Nordosten der Akropolis gelegen, unmittelbar am nördlichen Tor. Gemeinsam mit der im Süden angrenzende Plaza C bildet sie das östliche Ende des Burgbergs. Sie ist die späteste freigelegte Plaza der gesamten Anlage, erste Grabungen fanden hier erst 2006 statt, weitere 2012 bis 2013.[6] Auf älteren Plänen in der Literatur ist sie daher nicht verzeichnet, manche unter ihnen (so auch die Tafeln vor Ort) weisen stattdessen die Strukturen des westlichen Ballspielplatzes als "H1" und "H2" aus.
Die Plaza selbst war terrassiert. Auf ihr sind drei Strukturen, H1 bis H3, als Plattformen freigelegt worden, ihre Umrisse wurden bis 2015 jedoch nur ungefähr zur Hälfte gesichert. Diese Strukturen entstammen der Terminalen Klassik unmittelbar vor dem Ende von Cahal Pech als bewohnte Siedlung. Teile der Ausgrabungen auf der Plaza führen zwar zurück bis in die Späte Klassik, deren Strukturen wurden aber im Rahmen späterer Bautätigkeit demontiert und überbaut. Als charakteristische Bauten der Terminalen Klassik sind sie von architektonisch und handwerklich deutlich geringerer Qualität, so sind die Bauten niedrig und aus meist unbehauenem Stein.[6]
Es wird angenommen, dass die Plaza ursprünglich ein "normaler" Wohnbereich war mit strohgedeckten Wohnbauten. Erst mit der Errichtung des Königsgrabes in H1 wurde die Plaza radikal umgebaut und funktionell umgewidmet. Dies wird als Zeichen dafür gedeutet, dass die hierarchische Trennung zwischen der Führungselite und dem gemeinen Volk zu dieser Zeit verfiel.[6]
H1
Die Struktur H1 liegt in der äußersten nordöstlichen Ecke der Plaza. Sie ist grob L-förmig und die größte der derzeit drei bekannten Strukturen. Sie weist Kennzeichen zweier Phasen von Bautätigkeit auf. In der ursprünglicheren wurde die Plattform für eine bisher unbekannte Struktur angelegt, die Umrisse der Plattform wurden dazu durch eine Reihe von Felsbrocken markiert, Höhe im Inneren gewann man, in dem längliche Steine aufrecht platziert wurden.[6]
In einer zweiten Bauphase wurde die bestehende Struktur niedergelegt und die Plattform aufwendig umgebaut (unter anderem durch Verwendung behauener Steine) um ein Grab zu errichten. Das Grab war vermutlich für den letzten Herrscher von Cahal Pech bestimmt, mit seiner Grablegung endet auch die Geschichte von Cahal Pech als bewohntem Ort.[6]
Nachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 A Short Tour of Cahal Pech Park in: Joseph W. Ball: Cahal Pech, the Ancient Maya, and Modern Belize: The Story of an Archaeological Park, 1994, ISBN 1-879691-17-5, S. 38-51
- ↑ Jon C. Lohse, Jaime Awe, Cameron Griffith, Robert M. Rosenswig, and Fred Valdez, Jr., Preceramic Occupations in Belize: Updating The Paleoindian and Archaic Record. Latin American Antiquity, 17(2), 2006, pp. 209-226
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Jaime J. Awe: Dawn In The Land Between The Rivers: Formative Occupation At Cahal Pech, Belize And Its Implications For Preclassic Development In The Maya Lowlands, Thesis, http://ethos.bl.uk/OrderDetails.do?uin=uk.bl.ethos.339260
- ↑ 4,0 4,1 M. Kathryn Brown: Establishing Hierarchies In The Middle Preclassic Belize River Valley In: Research Reports in Belizean Archaeology, Vol. 5, 2008, S. 175-183.
- ↑ Prager, C.M. and Braswell, G.E. (2016) ‘MAYA POLITICS AND RITUAL: AN IMPORTANT NEW HIEROGLYPHIC TEXT ON A CARVED JADE FROM BELIZE’, Ancient Mesoamerica, 27(2), pp. 267–278. doi:10.1017/S095653611600033X
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 John E. Douglas, Linda J. Brown, Jaime J. Awe: The Final Occupation: The Terminal Classic Evidence From Plaza H, Cahal Pech, Belize In: Research Reports in Belizean Archaeology, Vol. 12, 2015, S. 217-225.
- ↑ 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Jaime J. Awe, Mark D. Campbell, Jim Conlon: Preliminary Analysis of the Spatial Configuration of the Site Core at Cahal Pech, Belize and its Implications for Lowland Maya Social Organization, In: Mexicon, Vol. 13, No. 2 (März 1991), S. 25-30
- ↑ Jaime J. Awe: Architectural Manifestations of Power and Prestige: Examples from Classic Period Monumental Architecture at Cahal Pech, Xunantunich and Caracol, Belize In: Research Reports in Belizean Archaeology, Vol. 5, 2008, S. 159-173.
Weblinks
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