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Giacomo Casanova

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Casanova ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Siehe auch Casanova (Begriffsklärung).
Francesco Casanova: Porträt des Giacomo Casanova, (um 1750–1755)

Giacomo Girolamo Casanova (geb. 2. April 1725 in Venedig; gest. 4. Juni 1798 auf Schloss Duchcov (Dux) im Königreich Böhmen, heute Tschechien) war ein venezianischer Schriftsteller und Abenteurer des 18. Jahrhunderts, bekannt durch die Schilderungen zahlreicher Liebschaften. Schon im 19. Jahrhundert tauchte die Figur Casanova in künstlerischen Werken auf.

Leben

Familie

Seine Mutter war die Schauspielerin Giovanna Maria Farussi, genannt „Zanetta“ oder „La Burinella“, sein mutmaßlicher Vater der Schauspieler Gaetano Casanova. Giacomo war das älteste Kind von insgesamt fünf Geschwistern (Francesco, geb. 1727, Giovanni Battista, geb. 1730, Faustina Maddalena, geb. 1731, und Maria Maddalena, geb. 1732). Da seine Mutter viel auf Reisen war, wurde er von seiner Großmutter Marzia Farussi († 1743) erzogen. Als sein Vater starb, war er acht Jahre alt und er wurde ein Jahr später nach Padua in Pension zu Dr. Antonio Maria Gozzi gegeben. Giacomo soll bereits als Kind oft krank gewesen sein, nicht nur einmal lebensgefährlich. Er litt an Blutungen, vor allem an Nasenbluten, das nicht gestillt werden konnte und mit vielen, auch esoterischen Mitteln bekämpft wurde. Sein besonders starker Lebenswille soll aus diesen Gefährdungen entstanden sein. Später bezeichnete er sich bereits früh so oft dem Tode nah, näher als dem Leben, dass „er ihn später kaum noch fürchtete“. Der Wille, nicht aufzugeben, zeigte sich unter anderem in seiner spektakulären Flucht aus den Bleikammern.

Casanova als Kleriker

Orden vom Goldenen Sporn

Casanova erwarb mit 17 Jahren am 28. November 1742 an der Universität Padua einen Doktortitel beider Rechte, den Doctor iuris utriusque, (weltliches und kirchliches Recht). Auf Bitten seiner Großmutter beschloss er, eine kirchliche Laufbahn als Priester einzuschlagen. Als angehender Priester, nach Erhalt der vier niederen Weihen, fiel er am 19. März 1741 während einer Predigt in San Samuele betrunken von der Kanzel, gab aber erst drei Jahre später seine kirchliche Laufbahn endgültig auf. 1742 reiste er als Sekretär über Korfu nach Konstantinopel, wo er Claude Alexandre de Bonneval traf. Bei seiner Rückkehr nach Venedig ein Jahr später wurde er erstmals (wegen Erbstreitigkeiten) inhaftiert.

Canaletto: Dom, Dogenpalast, Piazza, Piazzetta, Bibliothek in Venedig, Ende 18. Jahrhundert

Anschließend reiste er nach Ancona und Rom, wo er Papst Benedikt XIV. kennenlernte. Als Dank für amüsante Plaudereien erlaubte ihm der Papst, verbotene Bücher zu lesen, und genehmigte ihm eine Ausnahme von der geltenden Fastenpflicht. Wegen seiner Verwicklung in eine Liebesaffäre musste er jedoch Rom verlassen. Casanova war nie verheiratet, hatte jedoch eine unbestimmte Zahl eigener Kinder, von denen er nur teilweise Kenntnis erhielt. Im Dezember 1760 ernannte ihn Papst Clemens XIII. zum „Apostolischen Protonotar extra urbem“ und zum „Ritter des goldenen Sporns“, woraus sich Casanovas Recht ableitete, sich Cavaliere (Ritter) nennen zu lassen.

Während seiner Tätigkeit als Hauslehrer in Neapel erfand er einen Marcantonio Casanova, als seinen Stammvater, der angeblich 1528 als Sekretär eines Kardinals in Rom gestorben sei. Die Fälschung wurde aber bald erkannt und er verschwand entlarvt – wie später oft aus gleichen Gründen.

Flucht aus den Bleikammern

Für die Zeit zwischen 1743 und 1745 ist der Lebenslauf Casanovas nur lückenhaft bekannt. Er war unter anderem auf Reisen und kam im Frühjahr 1753 nach Venedig zurück, wurde venezianischer Fähnrich, verdiente sich unter anderem als Orchestergeiger seinen Lebensunterhalt im Teatro San Samuele, an dem bereits seine Eltern Schauspieler gewesen waren und für das Carlo Goldoni arbeitete. Casanova schrieb Verse im Rahmen des sogenannten „1. venezianischen Theaterstreits“ zu dessen Gunsten und betätigte sich auch als Claqueur.

1755 wurde er wegen angeblicher „Schmähungen gegen die heilige Religion“ verhaftet, wobei die Hintergründe nicht klar sind. Casanova selbst stellte darüber verschiedene Spekulationen an, und venezianische Archivdokumente geben darüber keine befriedigende Auskunft. Belegt ist, dass um 1753/54 die venezianische Staatsinquisition auf Casanova aufmerksam wurde. Er verschwendete Geld seiner Gönner (insbesondere des einflussreichen Senators Matteo Giovanni Bragadin (1689–1767)), hatte ungenehmigten Umgang mit Ausländern und war 1750 in Lyon den Freimaurern beigetreten. Die Akten zu Casanovas Verhaftung gehören zu den frühesten Dokumenten, in denen die Freimaurer in Venedig erwähnt werden.

Fünfzehn Monate nach seiner Verhaftung gelang ihm beim zweiten Versuch die Flucht aus den Bleikammern Venedigs, was allgemeine Aufmerksamkeit erregte. Für den Zeitpunkt der erfolgreichen Flucht nutzte er das Buch L’Orlando Furioso von Ludovico Ariosto als Orakel (Stichomantie). Über seinen Ausbruch aus dem Verlies schrieb er ein Buch, das noch zu seinen Lebzeiten ins Deutsche übersetzt wurde.

Reisen durch Europa

In den folgenden Jahren reiste Casanova durch ganz Europa – beispielsweise besuchte er Holland, Deutschland, die Schweiz, England, Spanien und Russland –, wo er in den adligen Salons ein gern gesehener und prominenter Gast war. In Frankreich war er 1757 Mitbegründer der Nationallotterie. 1760 besuchte er Voltaire in Genf. Seit diesem Jahr nannte sich Casanova auch Chevalier de Seingalt, ein Name, den er bis an sein Lebensende immer wieder benutzte. Im selben Jahr traf er in Rom Papst Clemens XIII., Johann Joachim Winckelmann und Anton Raphael Mengs, bei dem er wohnte. Bei einem Aufenthalt in England verliebte er sich unsterblich in eine Achtzehnjährige namens Marie Charpillon, kam aber nicht zum Ziel, was ihn fast in den Suizid trieb. Über Brüssel, Aachen, Wesel, Braunschweig und Wolfenbüttel kam er im Sommer 1764 nach Sanssouci, wo er bei Friedrich dem Großen um eine Anstellung bat. Die ihm angebotene Position als Lehrmeister an der Schule für pommersche Landjunker lehnte er jedoch ab und reiste nach Russland, in der Hoffnung, eine Stellung am Zarenhof zu bekommen.

Neun Monate lang lebte Casanova 1765 in Sankt Petersburg und traf zweimal mit Katharina der Großen zusammen. Die Zarin sah keine Möglichkeit, Casanova in ihre Dienste zu nehmen; er reiste nach Polen, um sich dort um eine Anstellung am Königshof zu bemühen.

Giacomo Casanova, 1788

In Polen duellierte er sich 1766 mit dem Grafen Franciszek Ksawery Branicki, nachdem die beiden beim Werben um eine Sängerin miteinander in Streit geraten waren. Bei dem Pistolenduell wurden beide schwer verwundet. Daraufhin musste Casanova Polen verlassen und reiste über Wien nach Paris, wo er schon kurz darauf, auf Geheiß des Königs, Frankreich den Rücken kehren musste und nach Spanien flüchtete. In Madrid wurde er 1768 wegen unerlaubten Waffenbesitzes kurze Zeit gefangen gehalten, hatte in Barcelona eine Affäre mit der Geliebten des Gouverneurs und tötete bei einem von diesem inszenierten Überfall einen Angreifer, weswegen er einen Monat im Gefängnis saß.

1769 reiste er über Südfrankreich nach Norditalien und verfasste die Confutazione della Storia del Governo veneto d’Amelot de la Hussaie (8 Bde. Lyon 1769, 2. Auflage. 1786), eine Gegenschrift zur anti-venezianischen Geschichte Venedigs des Abraham Nicolas Amelot de la Houssaye (1634–1706), der 1669–71 Sekretär des französischen Gesandten in Venedig gewesen war. Casanova wollte mit diesem Werk die Serenissima versöhnlich stimmen. Ab 1772 setzten sich hochrangige Fürsprecher für eine Begnadigung ein (nach der Flucht war ein Verbannungsurteil ergangen), die 1774 erfolgte: Am 14. September 1774 traf Casanova wieder in Venedig ein. 1775 bis 1778 veröffentlichte er drei Bände einer Übersetzung der Ilias ins Italienische, die aber wenig Beachtung fand, so dass der abschließende 4. Band ungeschrieben blieb. 1779 erschien ein Buch Casanovas gegen Voltaire. 1781 stellte er ein Verzeichnis verbotener Bücher zusammen, die er jeweils selbst kommentierte.

Mit seiner Heimkehr brechen die Memoiren ab. Mangels anderer Möglichkeiten, Geld zu verdienen, ließ er sich als Spitzel der venezianischen Staatsinquisition gewinnen. Der Versuch, eine Zeitschrift zu gründen, ging ebenso schief wie seine Tätigkeit als Theaterdirektor. Ein Tiefpunkt war schließlich das 1782 edierte Pamphlet Né Amori, né Donne (Weder die Liebe noch die Frauen) gegen venezianische Nobili, insbesondere gegen Giovanni Carlo Grimani, bei dem er häufig zu Gast gewesen war. Casanova behauptete, Sohn Michele Grimanis zu sein, während jener gar nicht der Vater von Giovanni Carlo Grimani sei. Casanova wurde erneut aus Venedig verbannt. Im September 1782 reiste er nach Triest und passierte im Juni 1783 nur noch auf der Durchreise Venedig, ohne das Schiff zu verlassen. Nach Reisen über Paris, Dresden, Berlin, Prag kam er 1784 nach Wien, wo er Sekretär des venezianischen Gesandten Sebastiano Foscarini wurde und Graf Joseph Karl Emanuel von Waldstein kennenlernte.

Altersruhesitz

1784 traf Casanova in Wien den Grafen Joseph Karl von Waldstein, der ihm 1785 das Angebot machte, als Bibliothekar auf Schloss Dux zu arbeiten. Die letzten Jahre seines Lebens waren von Eintönigkeit und ständigem Streit mit den anderen Schlossbewohnern geprägt. Der Fürst de Ligne, ein Onkel des Grafen von Waldstein, beschrieb Casanovas Leben so:

„Es gab keinen Tag, an dem er sich nicht über seinen Kaffee, seine Milch oder den Teller Makkaroni beschwerte, den er täglich verlangte … Der Graf hatte ihm nicht als erster guten Morgen gewünscht. Die Suppe war ihm absichtlich zu heiß serviert worden. Ein Diener hatte ihn auf ein Getränk warten lassen. Er war einem berühmten Besucher nicht vorgestellt worden … Der Graf hatte ein Buch verliehen, ohne ihn davon zu verständigen. Ein Diener hatte nicht den Hut gezogen, als er an ihm vorüberging … Er hatte seine französischen Verse vorgezeigt, und jemand hatte gelacht. Er hatte gestikuliert, als er italienische Verse vortrug, und jemand hatte gelacht. Er hatte beim Betreten eines Raumes die Verbeugung gemacht, die ihm von dem berühmten Tanzlehrer Marcel vor sechzig Jahren beigebracht worden war, und jemand hatte gelacht.“

Charles de Ligne: Fragment sur Casanova[1]

Es wird vermutet, dass Casanova 1787 in Prag mit Mozart und dem Librettisten Lorenzo da Ponte zusammengetroffen ist, als sie dort die Uraufführung der Oper Don Giovanni vorbereiteten. Casanova war mit dem aus Venedig stammenden da Ponte befreundet und hat nach dessen Aussage sogar Textentwürfe beigesteuert, welche jedoch keine Verwendung in der Oper fanden. Die betreffenden Textpassagen sind überliefert. 1791 kam er zur Krönung Kaiser Leopolds II. nach Wien und traf dort 1792 zum letzten Mal Lorenzo da Ponte. Seine letzte Reise ging 1795 nach Berlin und Thüringen.

Eintrag des Todes Casanovas am 4. Juni 1798 im Archiv des Schlosses Dux

Der einzige Trost für Casanova war das Schreiben: 1787 beendete er die Niederschrift der Histoire de ma fuite (deutsch: Geschichte meiner Flucht). 1788 erschien in Prag sein fünfbändiger utopischen Roman Icosaméron ou Histoire d’Edouard et d’Elisabeth. 1790 fing er mit der Niederschrift seiner Mémoires an, wobei er sich auf Capitulaires und Briefe stützte. Neun Stunden pro Tag arbeitete er durchschnittlich an seinen Erinnerungen. Nachdem er 1793 eine erste Fassung beendet hatte, widmete er sich bis zu seinem Tod am 4. Juni 1798 der Überarbeitung des Textes.[2] Er wurde in Dux bestattet. Der Ort, an dem sich sein Grab auf dem Friedhof von Dux befand, ist heute nicht mehr bekannt.

Werke

  • 1752 – Zoroastro, tragedia tradotta dal Francese, da rappresentarsi nel Regio Elettoral Teatro di Dresda, dalla compagnia de' comici italiani in attuale servizio di Sua Maestà nel carnevale dell’anno MDCCLII. Dresden
  • 1753 – La Moluccheide, o sia i gemelli rivali. Dresden
  • 1769 – Confutazione della Storia del Governo Veneto d’Amelot de la Houssaie. Amsterdam & Lugano
  • 1772 – Lana caprina. Epistola di un licantropo. Bologna
  • 1774 – Istoria delle turbolenze della Polonia. Görz
  • 1775 – Dell’Iliade di Omero tradotta in ottava rima. Venezia
  • 1779 – Scrutinio del libro „Eloges de M. de Voltaire par différents auteurs“. Venedig
  • 1780 – Opuscoli miscellanei – Il duello – Lettere della nobil donna Silvia Belegno alla nobildonzella Laura Gussoni. Venedig
  • 1781 – Le messager de Thalie. Venedig
  • 1782 – Di aneddoti viniziani militari ed amorosi del secolo decimoquarto sotto i dogadi di Giovanni Gradenigo e di Giovanni Dolfin. Venedig
  • 1782 – Né amori né donne ovvero la stalla ripulita. Venedig
  • 1786 – Soliloque d’un penseur. Prague chez Jean Ferdinande noble de Shonfeld imprimeur et libraire
  • 1788 – Histoire de ma fuite des prisons de la République de Venise qu’on appelle les Plombs. Ecrite a Dux en Boheme l’année 1787. Leipzig mit dem Edlen von Schonfeld
  • 1788 – Icosameron ou histoire d’Edouard, et d’Elisabeth qui passèrent quatre vingts un ans chez les Mégamicres habitans aborigènes du Protocosme dans l’intérieur de notre globe, traduite de l’anglois par Jacques Casanova de Seingalt Vénitien Docteur ès loix Bibliothécaire de Monsieur le Comte de Waldstein seigneur de Dux Chambellan de S.M.I.R.A. Prague à l’imprimerie de l’école normale (Digitalisat der dt. Ausgabe von Heinrich Conrad, 1922 (PDF; 21,3 MB))
  • 1790 – Solution du probleme deliaque démontrée par Jacques Casanova de Seingalt, Bibliothécaire de Monsieur le Comte de Waldstein, segneur de Dux en Boheme e c.. Dresden, De l’imprimerie de C.C. Meinhold
  • 1790 – Corollaire a la duplication de l’Hexaedre donée a Dux en Boheme, par Jacques Casanova de Seingalt. Dresden
  • 1790 – Demonstration geometrique de la duplication du cube. Corollaire second. Dresden
  • 1797 – A Leonard Snetlage, Docteur en droit de l’Université de Gottingue, Jacques Casanova, docteur en droit de l’Université de Padoue
  • 1960–1961 – Histoire de ma vie. F. A. Brockhaus, Wiesbaden & Plon, Paris (zuerst 1789, Digitalisat der ersten beiden Kapitel bei Gallica)
    • deutsch 1983–1988 Geschichte meines Lebens. Kiepenheuer, Leipzig, (rev. und erg. nach Histoire de ma vie. Wiesbaden & Paris.)

Bedeutung der Memoiren

Die Memoiren Casanovas mit dem Titel Geschichte meines Lebens zählen zur Weltliteratur und wurden in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt.

Das Werk ist vor allem kulturhistorisch interessant: Das gesamteuropäische 18. Jahrhundert breitet sich darin vor unseren Augen aus: Durch seine Reisen, bei denen er europäische Höfe und Metropolen besuchte, hatte er Kontakt zu bedeutenden Personen seiner Zeit. Er kannte die Päpste Benedikt XIV. und Clemens XIII., sprach mit Friedrich dem Großen und der Zarin Katharina II.. Neben den Herrschern war ihm auch die geistige Elite Europas vertraut: da Ponte, Voltaire, Crébillon, von Haller, Winckelmann und Mengs zählten zu seinen Bekannten. Doch auch die soziale Unterschicht kommt in seinen Erinnerungen vor.

Hermann Kesten beschrieb dieses Pandämonium so: „Das ganze 18. Jahrhundert tummelt sich in seinen Memoiren und lacht, und räsoniert, und hurt, in keinem anderen Buch ist es so lebendig, so deutlich, so zum Riechen, Fühlen, Schmecken nah.“[3]

Editionsgeschichte der Memoiren

Seite 1 von Casanovas Memoirenmanuskript

Das Manuskript der Memoiren vererbte Casanova seinem Neffen Carlo Angiolini, der es[4] 1820 dem Verlag F. A. Brockhaus in Leipzig anbot und 1821 verkaufte. Im Auftrag des Verlages übersetzte Wilhelm von Schütz das französische Original ins Deutsche. Bereits Ende des Jahres 1821 wurde der erste Band in deutscher Sprache veröffentlicht: „Aus den Memoiren des Venetianers Jacob Casanova de Seingalt, oder sein Leben, wie er es zu Dux in Böhmen niederschrieb. Nach dem Original-Manuscript bearbeitet von Wilhelm Schütz“. Weil dieser Band reißenden Absatz fand, gab der Verlag zwischen 1822 und 1828 eine zwölfbändige, gereinigte Ausgabe heraus.[4]

Aus Angst davor, bei der Zensur oder einem breiten Publikum mit offener Erotik auf Ablehnung zu stoßen, bearbeitete Schütz das Original. Gerd Forsch analysierte in seiner Dissertation diese Bearbeitung und stellte fest, dass „Anrüchige sexuelle Praktiken und dunkle Punkte der Biographie - Onanie, Homoerotik und Päderastie, Abtreibungen und Geschlechtskrankheiten“[5] getilgt wurden.

Bald darauf wurde in Frankreich ein Raubdruck, eine Rückübersetzung der deutschen Übersetzung von Schütz ins Französische, veröffentlicht, worauf der Verlag Brockhaus den Dresdner Romanisten Jean Laforgue beauftragte, das französische Original zu veröffentlichen (1826–1838).[6] Laforgues Bearbeitung griff noch tiefer in den Text ein, als jene von Schütz: „Die im Original eher nüchtern gehaltenen erotischen Passagen erhielten eine Tendenz zum Wollüstigen und kamen so dem Wunsch einer vorwiegend männlichen Leserschaft nach Stimulation sexueller Phantasien entgegen.“[7]

Diese Edition blieb über ein Jahrhundert lang die einzige Textbasis: Die Familie Brockhaus schreckte nämlich vor der Veröffentlichung zurück, weil sie fürchtete, der Unmoral beschuldigt zu werden. Nachdrucke und Auswahlausgaben entstanden, die so tendenziös gestaltet waren, dass Casanova nur noch als Verführer erschien. Dies trug ungeheuer zum Erfolg dieser Ausgaben bei: Laut Childs gab es bis 1956 104 deutsche und 91 französische Editionen.[8]

Erst 1960 wurde erstmals der Originaltext der Memoiren durch F. A. Brockhaus, Wiesbaden, und Plon, Paris, veröffentlicht. Diese zwölfbändige Ausgabe wurde 1962 abgeschlossen (Nachdruck 1985 in 6 Bänden) und kommentiert von Günter und Barbara Albrecht neu herausgegeben (Leipzig 1992). Im Februar 2010 wurde das Manuskript vom französischen Staat erworben. Mit über 7 Millionen Euro ist es der höchste jemals für ein Manuskript erzielte Preis.

Casanova als Gestalt in der Kunst

Literatur

Die folgende Liste basiert auf: Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 325 ff.[9]

  • Jörg-Uwe Albig: Casanova. In: Geo Epoche. Nr. 28/2007
  • Richard Alwewyn: Casanova. In: Neue Rundschau. Berlin 1959, S. 100–116.
  • P. Auernheimer: Casanova in Wien. 1924.
  • F. W. Barthold: Die geschichtlichen Persönlichkeiten in Jacob Casanova’s Memoiren. Beiträge zur Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts. 2 Bde., Berlin 1946.
  • Franz Blei: Casanova. In: Pan 20. Berlin 16. August 1911, S. 656–660; Ders.: Die Memoiren des Casanova. In: Der Amethyst. Blätter für seltsame Literatur und Kunst. Hg. v. Franz Blei. Wien 8/Juli 1906, S. 247–253; Ders.: Die zwei unveröffentlichten Kapitel aus Casanovas Memoiren. In: Der Amethyst. Oktober/November 1906, S. 327–3421; Ders.: Giacomo Casanova. In: Franz Blei (Hrsg.): Der Geist des Rokoko. München 1923, S. 142–147.
  • Bernhard Bröckerhoff: Casanova - ein gelehrter Gauner. Frankfurt 1993.
  • Ruth Bombosch: Casanova a la carte. Eine kulinarische Biographie. 1998.
  • Henri de Régnier: Casanova chez Voltaire. Paris 1929.
  • Lydia Flem: Casanova-Biographie oder die Einübung ins Glück. Frankfurt am Main 1998.
  • Gerd J. Forsch: Casanova und seine Leser. Die Rezeption von Casanovas ‚Historie de ma vie’ in Deutschland, Frankreich und Italien. Rheinbach-Merzbach 1988.
  • Leo Friedländer: Aus Casanovas Briefwechsel mit Frauen. Zum ersten Mal mitgeteilt von Gustav Gugitz. In: Ders. (Hrsg.): Frauenzimmer-Almanach auf das Jahr 1922. Wien 1921, S. 79–96.
  • H. Gall: Casanova. 1915.
  • H. W. Geisler: Casanova in Venedig. 1942.
  • Manfred Georg: Der lebendige Casanova. Zum 200jährigen Geburtstage am 2. April. In: Neue Freie Presse. Wien, 27. März 1923.
  • Roberto Gervasio: Giacomo Casanova. Verführer und Weltmann. München 1977; ders.: Giacomo Casanova und seine Zeit. München 1978.
  • Hugo Glaser: Der Fall Casanova. Wien 1946.
  • L. Glockentreter: Casanova des Zweiten (genannt Graf Alphons) Liebschaften und Abenteuer in Frankreich und Italien. 1833.
  • M. Grengg: Die letzte Liebe des Giacomo Casanova. 1948.
  • Gustav Gugitz: Giacomo Casanova und sein Lebensroman. Historische Studien zu seinen Memoiren. Wien/ Prag/ Leipzig 1921.
  • Hermann Hesse: Gedanken über Casanova. In: Wissen und Leben. Zürich 1930, S. 209–220.
  • Ludwig Hillenbrandt: Bei Casanova zu Gast. Amouren und Menüs des großen Verführers. 1966.
  • F. Walter Ilges: Casanova in Köln. Köln 1926.
  • Hermann Kesten: Giacomo Casanova. In: ders.: Die Lust am Leben. Boccacio, Aretino, Casanova. New York 1968, S. 151–174; Ders.: Casanova. Frankfurt/ Berlin/ Wien 1981.
  • Eckart Kleßmann: Ein Fest der Sinne. Casanova und sein Zeitalter. Düsseldorf/ Zürich 1998.
  • Thilo Koch: Casanova - ein Versuch. München 1959.
  • Otto Krötz, Helga Merlin: Casanova, Liebhaber der Wissenschaften. München 1995.
  • Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. Über die Mythisierung der Casanova-Figur in der deutschsprachigen Literatur zwischen 1899 und 1933. Paderborn 1995.
  • Félicien Marceau: Casanova. Sein Leben, seine Abenteuer. 1985.
  • Alfred Meissner: Rococo-Bilder. Nach den Aufzeichnungen meines Großvaters. Gumbinnen 1871.
  • Herrmann Meister: Casanova im Schlafwagen. Heidelberg 1913.
  • J. Mühlberger: Casanovas letztes Abenteuer. 1931.
  • Lothar Müller: Casanovas Venedig. Ein Reisebuch. Berlin 1998.
  • Paul Nettl: Da Ponte, Casanova und Böhmen. In: Alt-Prager-Almanach. Prag 1926, S. 139–148; Ders.: Casanova und seine Zeit. Zur Kultur und Musikgeschichte des 18. Jahrhunderts. Eßlingen 1949.
  • Prof. v. Notthafft: Sexuelles und Geschlechtskrankheiten in Casanovas Memoiren. In: Dermatologische Wochenschrift. Nr. 46/47 v. 15. November 1913, S. 1339–1351, 1366–1383.
  • Victor Ottmann: Jacob Casanova von Seingalt. Sein Leben und seine Werke. Nebst Casanovas Tragikkomödie 'Das Polemoskop'. Stuttgart 1900.
  • Derek Parker: Casanova. Sutton Publishing 2002.
  • Felix Poppenberg: Casanova. In: Ders.: Taschenbuch für die Damen. Leipzig 1913, S. 119–138.
  • J. Pollio: Bibliographie anecdotique et critique des œuvres de Jacques Casanova. Paris 1926.
  • Aldo Ravà, Gustav Gugitz (Hrsg.): Frauenbriefe an Casanova. München/ Leipzig 1912.
  • Ned Rival: Casanova - La vie à plaisir. Paris 1977.
  • James Rives Childs: Giacomo Casanova de Seingalt. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt. Reinbek 1960; Ders.: Casanova. Die große Biographie. Frankfurt am Main 1977, Frankfurt/ Wien/ Zürich 1978. (zuerst Englisch New York 1988); Ders.: Casanova. Reinbek 1996.
  • Walter Rode: Jakob Zweig gegen Stefan Casanova. In: Die Weltbühne. 24. Jg. Nr. 19 vom 8. Mai 1928, S. 714–716.
  • Felix Salten : Der Meister des Lebens. In: Pester Lloyd. 57. Jg. Nr. 264 vom 6. November 1910, S. 1f.
  • Charles Samaran: Jacques Casanova. Paris 1931.
  • Heinz von Sauter: Der wirkliche Casanova. Engelhorn, Stuttgart 1987.
  • Thomas Schäfer: Casanova. Magier, Gelehrter, Abenteurer. Leipzig 1998, 2000.
  • Hartmut Scheible: Mythos Casanova. Texte von Heine bis Bruel. Leipzig 2003.
  • Edgar von Schmidt-Pauli (Hrsg.): Der andere Casanova - unveröffentlichte Dokumente aus dem Duxer Archiv. Berlin 1930.
  • Oscar A.H. Schmitz: Don Juan, Casanova und andere erotische Charaktere. Ein Versuch. München/ Leipzig 1913.
  • Werner Wolf Schrader: Leben, Werk und Wirkung des Giacomo Casanova de Seingalt in kultursoziologischer Interpretation. Dissertation. Heidelberg 1956.
  • Hermann Schreiber: Casanova. Eine Biographie. 1998.
  • Marita Slavuljica: Giacomo Casanova. Die Geschichte seines Lebens. 2006.
  • Philippe Sollers: Casanova. Münster 2000.
  • Karl Toth: Casanova de Seingalt. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift. V/1913, S. 989–997.
  • Jakob Wassermann: Jacques Casanova. In: Neue Deutsche Rundschau. (Freie Bühne) XII/1901, S. 989–997.
  • H. Weill: Der große Zauberer in Rom. 1927.
  • Stefan Zweig: Casanova. In: Drei Dichter ihres Lebens. Casanova – Stendhal – Tolstoi. (= Die Baumeister der Welt, Band 3). Insel, Leipzig 1928. (E-Text)
  • Ludwig Osten (d.i. Carl Fr. Ludwig Litzmann): Casanova im Fort Saint-André. Lustspiel in 3 Acten. 1837.
  • Carl August Lebrün: Casanova im Fort Saint-André. Intrigenlustspiel in drei Aufzügen. 1839.
  • Lucian Herbert (d.i. Julius Gundling): Casanova, Chevalier von Seingalt. 1874.
  • Karl Ferdinand Fröhlich: Ein deutscher Casanova. 1848-50.
  • Hugo von Hofmannsthal: Der Abenteurer und die Sängerin. (Drama)1899
  • Anton Wildgans: Casanova. (Gedicht) 1905.
  • Hermann Hesse: Casanovas Bekehrung. (Erzählung) 1906.
  • Hugo von Hofmannsthal: Cristinas Heimreise (Drama) 1910.
  • Kurt Münzer: Casanovas letzte Liebe 1913.
  • Arthur Schnitzler: Casanovas Heimfahrt 1918.
  • Arthur Schnitzler: Die Schwestern oder Casanova in Spa. 1919.
  • Ernst Lissauer: Casanova in Dux 1920.
  • Herbert Eulenberg: Casanovas letztes Abenteuer 1928.
  • Josef Mühlberger: Casanovas letztes Abenteuer 1931.
  • Gert Hofmann: Casanova und die Figurantin 1981.
  • Hanns-Josef Ortheil: Die Nacht des Don Juan 2000.
  • Klaus Seehafer: Casanovas späte Liebe 2009.

Musik

  • Ballett:
    • Casanova in London. von Werner Egk, am 28. November 1969 an der Bayerischen Staatsoper München uraufgeführt.
    • Giacomo Casanova. von Stefano Gianetti, am 17. März 2007 im Pfalztheater Kaiserslautern uraufgeführt.
  • Konzert:
    • Casanova. Konzert für Violoncello und Blasorchester von Johan de Meij
    • Casanova - Giacomo brennt! von Paulus Hochgatterer (Text) und Matthias Bauer (Musik), Uraufführung im August 2008 bei den Sommerspielen Melk

Film

  • 1918 – Ungarn – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1927 – Frankreich – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1928 – Deutsches Reich – „Casanova“ (Stummfilm)
  • 1934 – Frankreich – „Casanova“
  • 1947 – Frankreich – „Les Aventures de Casanova“
  • 1971 – Vereinigtes Königreich|GB – „Casanova“ (sechsteilige Fernsehserie)
  • 1976 – Deutschland|BRD/Italien/Österreich – „Casanova und Co.“ (Spielfilm mit Tony Curtis)
  • 1976 – Italien – „Fellinis Casanova
  • 1981 – DDR – „Casanova auf Schloss Dux“ (DFF-TV-Produktion)
  • 1987 - England - „Casanova“ , Regie: Simon Langton
  • 1992 - Frankreich – „Casanovas Rückkehr“ (Spielfilm mit Alain Delon)
  • 2001 – Deutschland – „Casanova – ich liebe alle Frauen“ (Zwei Teile)
  • 2003 – Deutschland – „Giacomo Casanova“ (Spielfilm) Regie: Richard Blank
  • 2004 – Deutschland – „Casanova“ (TV-Produktion)
  • 2005 – GB – „Casanova“ (dreiteilige BBC Fernsehserie) Regie: Sheree Folkson
  • 2005 – USA – „Casanova

Literatur

Biographien

Rezeption

  • Ludwig Hillenbrandt: Bei Casanova zu Gast. Amouren und Menüs des großen Verführers. Heyne, München 1966, DNB 456990305.
  • Ruth Bombosch: Casanova a la carte. Eine kulinarische Biographie Campus, 1998, ISBN 3-593-36007-1.
  • Lothar Müller: Casanovas Venedig. Wagenbach, 1998, ISBN 3-8031-1170-6.
  • Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder: Internationales Freimaurerlexikon. 5., überarb. und erw. Auflage. Herbig, München 2006, ISBN 3-7766-2478-7.
  • Julius Nisle: Casanova Galerie. 48 Szenen aus den Memoiren des Chevalier de Seingalt. Deutscher Kunstverlag, Paris 1850. (Nachdruck: Harenberg Kalender, Dortmund 1988, sowie Buchclubs, zB Bertelsmann 1981; Europäische Bildungsgemeinschaft 1981)
  • Jules Adolphe Chauvet: Casanova in Bildern. Heyne, 1976, ISBN 3-453-42031-4.
  • Felix Bartels: Faulheit wird durch Langeweile schon bestraft. Casanova heute Neues Leben, 2008, ISBN 978-3-355-01746-6. (Zitatensammlung Casanovas)
  • Hartmut Scheible (Hrsg.): Mythos Casanova. Texte von Heinrich Heine bis Buñuel. Anthologie. Reclam, Leipzig 2003, ISBN 3-379-20066-2. (Inhaltsverzeichnis)
  • Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. Über die Mythisierung der Casanova-Figur in der deutschsprachigen Literatur zwischen 1899 und 1933. Igel Verlag, Paderborn 1995, ISBN 3-89621-007-6.
  • Hermann Kesten: Giacomo Casanova. In: ders.: Die Lust am Leben. Boccaccio. Aretino. Casanova. München 1968, DNB 457198494, S. 151–174.
  • Gerd J. Forsch: Casanova und seine Leser. Die Rezeption von Casanovas 'Histoire de ma vie' in Deutschland, Frankreich und Italien. (Bonner Untersuchungen zur vergleichenden Literaturwissenschaft. Hg. von Erwin Koppen. Bd. 1.) Rheinbach-Merzbach 1988, ISBN 3-922584-51-9.

Belletristik

Weblinks

 Commons: Giacomo Casanova – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Casanova – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Charles de Ligne: Oeuvres melées en prose et en vers. Vol. 15. Wien 1807. Zitiert nach Childs: Casanova. 1960, S. 160 ff.
  2. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 21 f.
  3. Hermann Kesten: Giacomo Casanova. In: ders.: Die Lust am Leben. Boccaccio. Aretino. Casanova. New York 1968, S. 169.
  4. 4,0 4,1 Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 23.
  5. Gerd J. Forsch: Casanova und seine Leser. Die Rezeption von Casanovas 'Histoire de ma vie' in Deutschland, Frankreich und Italien. (Bonner Untersuchungen zur vergleichenden Literaturwissenschaft. Hg. von Erwin Koppen. Bd. 1.) Rheinbach-Merzbach 1988, S. 16., zitiert nach Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 24.
  6. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 24.
  7. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 25.
  8. James Rives Childs: Casanoviana. An annotated world bibliography of Jacques Casanova de Seingalt and of works concerning him. Wien 1956, S. 33, zitiert nach Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 25.
  9. Carina Lehnen: Das Lob des Verführers. 1995, S. 325 ff.
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