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Chalid Scheich Mohammed
Chalid Scheich Mohammed (arabisch خالد شيخ محمد, DMG Ḫālid Šaiḫ Muḥammad, andere Transkriptionen: Khalid Scheich Mohammed, Khalid Sheikh Mohammed, Khalid Shaikh Mohammed, bekannt auch unter mindestens 27 weiteren Pseudonymen;[1] * 1. März 1964 oder 14. April 1965) ist ein hochrangiges Mitglied der Terrororganisation al-Qaida und gilt als Chefplaner der Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA.
Leben
Chalid wurde in Belutschistan, einer pakistanischen Provinz, geboren und lebte in seiner Jugend einige Jahre in Kuwait. Er trat im Alter von 16 Jahren der islamistisch-fundamentalistischen Moslembruderschaft bei. Bald darauf kehrte er nach Pakistan zurück.
Von 1983 bis 1987 lebte Chalid in den USA. Zunächst besuchte er das Chowan College, eine kleine baptistische Schule in Murfreesboro im US-Bundesstaat North Carolina. Später wechselte er an die North Carolina Agricultural and Technical State University, an der er Ingenieurwissenschaften studierte und 1986 graduierte. Danach arbeitete er bei Elektronik- und Kommunikationsfirmen.
1987 ging er nach Afghanistan, um mit seinen Brüdern Zahed, Abed und Aref gegen die sowjetische Invasion und Besatzung zu kämpfen. In Afghanistan begegnete er Abdul Rasul Sayyaf, dem Führer der Islamischen Union zur Befreiung Afghanistans (heute: Islamic Dawah Organisation of Afghanistan), mit dem er in den folgenden Jahren zusammenarbeitete.
1992 kämpfte er mit muslimischen Kämpfern in Bosnien und Herzegowina gegen die Serben und Kroaten und organisierte die finanzielle Unterstützung der Kämpfer. Danach zog Chalid nach Katar, wo er eine Regierungsstelle als Projektingenieur im Ministerium für Elektrizität und Wasser erhielt. Neben seiner Tätigkeit für das Ministerium unterstützte er verdeckt weiterhin islamistische Bestrebungen.
Ende 1994/Anfang 1995 hielt sich Chalid auf den Philippinen auf. Dort verwendete er die Alias-Namen Abdul Madschid und Salim Ali und gab sich als saudi-arabischer oder katarischer Holz-Exporteur aus. Tatsächlich plante er aber gemeinsam mit Ramzi Yousef die Operation Bojinka. Die Untersuchungskommission zu den Anschlägen des 11. September schrieb später in ihrem Bericht, dass Chalids Unternehmungen auf den Philippinen der erste Fall gewesen seien, in denen er aktiv an der Planung eines Terroranschlags beteiligt gewesen sei.
Um einer Festnahme durch US-Behörden zu entgehen, zog Chalid 1996 erneut nach Pakistan.
Im August 2001 wurde Chalid auf die Terroristen-Beobachtungsliste des FBI aufgenommen[2].
Festnahme und Geständnisse
Chalid Scheich Mohammed wurde am 1. März 2003 von pakistanischen Sicherheitskräften in Rawalpindi festgenommen.[3] In einem im Juni 2007 veröffentlichten Bericht[4] vermutete der Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, dass Chalid möglicherweise am 7. März 2003 in einem geheimen CIA-Flug von Kabul nach Szymany in Polen transportiert wurde. Diese Vermutung wird durch einen Artikel[5] der New York Times vom 22. Juni 2008 gestützt, in dem über die Vernehmungen Chalids berichtet wird.
Im April 2009 wurden von US-Präsident Barack Obama interne Papiere des Geheimdienstes CIA veröffentlicht, die die Existenz eines polnischen Geheimgefängnisses bestätigen und die belegen, dass Mohammed allein im März 2003 183 Mal dem Waterboarding unterzogen wurde, im Schnitt acht mal pro Tag.[6]
Im Verlauf der Verhöre gab Chalid an, bei einem Treffen um die Jahreswende 1999/2000 in Afghanistan mit Mohammed Atta, Ziad Jarrah und Marwan Alshehhi, drei der mutmaßlichen Piloten der Terroranschläge vom 11. September, und Osama bin Laden dabei gewesen zu sein.
Vermutlich befindet sich Chalid Scheich Mohammed derzeit im US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay, wo die USA das Lager Guantanamo für feindliche Kämpfer betreiben. Chalid hat im März 2007 vor dem Militärtribunal in Guantánamo die Verantwortung für die Anschläge am 11. September 2001 übernommen – sowie für Dutzende andere Attentate und bisher teils unbekannte Terrorpläne. Er wirft der CIA Folter vor.[7]
Chalid Scheich Mohammed hat auch gestanden, „mit seiner gesegneten rechten Hand“ den amerikanischen Juden Daniel Pearl in Karatschi eigenhändig enthauptet zu haben.[8] Dieses Geständnis ist vor Gericht jedoch wohl kaum verwendbar, weil es unter Anwendung von Waterboarding zustande kam.
Eine Studie der Georgetown University im Januar 2011 belegt, dass Chalid Scheich Mohammed der Mörder von Pearl ist. Durch einen Abgleich verglichen sie die Hände des Mörders mit jenen von Chalid Scheich Mohammed und kamen anhand der Venen zum Schluss, dass es sich um die gleiche Person handeln muss. Der Untersuchung zufolge waren sich die ursprünglichen Entführer nicht einig, was sie mit Pearl anstellen wollten. Zeitweise hätten sie an eine Freilassung nachgedacht. Da schaltete sich den Erkenntnissen zufolge die al-Qaida-Spitze ein. Khalid Scheich Mohammed und zwei weitere Mitglieder hätten den Entführungsfall in ihre Hände genommen, wie mehrere Zeugenaussagen berichteten. Mohammed schnitt Pearl die Kehle durch. Durch einen Fehler seines Komplizen bei der Bedienung der Kamera konnte kein Propagandafilm erstellt werden. Um doch noch an eine Aufnahme zu kommen, stellte Mohammed der Untersuchung zufolge den Mord nach und schnitt dabei Pearl den Kopf ab.
Gemäß der Georgetown University waren 27 Menschen in die Entführung und den Tod von Pearl involviert, 14 von ihnen sind bis heute auf freiem Fuß.[9][10]
Chalid hat insgesamt 31 Anschläge und Anschlagsversuche zugegeben.[11] Bei einem geplanten Anschlag sollte auch Papst Johannes Paul II., während einer Philippinenreise, ermordet werden (Operation Bojinka).[12] Weitere Pläne sahen die Ermordung der Ex-Präsidenten Carter und Clinton vor.[13] Die Geständnisse werden aber auch teilweise mit Skepsis gesehen. Es könnte sich auch um Prahlerei oder um unter Folter zustande gekommene Aussagen handeln.[14] Auch der russische Militärexperte Generalmajor Alexander Wladimirow bezweifelte den Wahrheitsgehalt der Aussagen von Chalid Mohammed. Er wies darauf hin, dass der Fall von einem Militärtribunal behandelt wurde, bei dem Chalid Mohammed sofort nach Urteilsverkündung hingerichtet werden konnte. In diesem Fall wäre eine unabhängige Überprüfung der Geständnisse unmöglich gewesen.
Der Mangel an öffentlicher Überprüfbarkeit der Verfahren war so hoch, dass selbst die Identität der Angeklagten im Militärtribunal begründet in Zweifel gezogen werden konnte. Von Scheich Mohammed hieß es, er sei gar nicht Anfang März 2003 verhaftet, sondern schon ein halbes Jahr zuvor mit Binalshibh gestellt und dabei erschossen worden. Nach einem Bericht der Asia Times Online wurde damals die Leiche von seiner Gattin identifiziert. Frau und Kind wurden vom pakistanischen Geheimdienst ISI in Gewahrsam genommen, ihr Verbleib heute ist unbekannt. Beim Prozess in Guantanamo durften die Medien keine Foto- und Filmaufnahmen machen.[15]
Strafverfahren
Am 11. Februar 2008 erhob die US-Regierung gegen Chalid und fünf andere Personen (Mohammed al-Kahtani, Ramzi Binalshibh, Ali Abdel Asis Ali, Mustafa Ahmed al-Hausaui und Walid bin Attasch) Anklage. Chalid wurde unter anderem beschuldigt, maßgeblich für die Anschläge vom 11. September 2001 verantwortlich zu sein. Das Verfahren sollte vor einem als Militärkommission bezeichneten Sondergericht am US-Gefangenenlager Guantanamo Bay stattfinden. Gegen Chalid und die anderen Angeklagten wurde die Verhängung der Todesstrafe beantragt.
Die Anklage stützte sich unter anderem auf Aussagen Chalids, die im Zusammenhang mit dem Waterboarding entstanden sind. Das Sondergericht sollte zunächst darüber entscheiden, inwiefern die so erhaltenen Aussagen im Verfahren verwertet werden dürfen.[16][17]
Das US-Verteidigungsministerium zog am 13. Mai 2008 seine Anklage gegen Mohammed al-Kahtani zurück. Die zuständige Militärjustiz behalte sich aber eine Neuauflage des Falls vor, sagte Pentagon-Sprecher Jeffrey Gordon am 13. Mai 2008 in Washington.[18]
Am 5. Juni 2008 begann in dem US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba der erste Prozess gegen die restlichen fünf Angeklagten, die auch als «Guantanamo Five» bezeichnet werden und als mutmaßliche Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 verdächtigt werden. Dort sollten sie sich vor einer so genannten Militärkommission, einem eigens eingerichteten Sondertribunal der US-Armee, wegen Terrorismus, Verschwörung, Mord und Sachbeschädigung verantworten.[19]
In einer gemeinsam mit vier Mitangeklagten abgegebenen Stellungnahme erklärte Chalid am 8. Dezember 2008 gegenüber dem Gericht, seine Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September zuzugeben und auf weitere Verteidigung verzichten zu wollen.[20][21] Der Prozess wurde jedoch unterbrochen, da US-Präsident Barack Obama die Fälle vor einem Zivil- statt vor einem Militärgericht verhandeln lassen wollte. Dies scheiterte jedoch am Widerstand des US-Kongress, der finanzielle Mittel und die Verlegung der Terrorverdächtigen wegen Sicherheitsbedenken ablehnte. 2011 erlaubte Obama neue Militärprozesse in Guantánamo und bemühte sich u. a. um eine Reform der Sondertribunale, um die Rechte der Angeklagten zu stärken. Erzwungene Aussagen, die durch brutale Verhörmethoden herrühren, sind nicht mehr zulässig.[22]
Mehr als drei Jahre nach Unterbrechung des Prozesses wird dieser am 5. Mai 2012 gegen Chalid sowie Ramzi Binalshibh, Mustafa Ahmed al-Hausaui, Ali Abdel Asis Ali und Walid bin Attasch formell mit der Verlesung der Anklage vor einem Militärtribunal in Guantánamo wiederaufgenommen.[22]
Weblinks
- Kapitel 5 (engl.) des 9/11 Commission Report
- Transkription (engl.) des 'Combatant Status Review Tribunal Hearing', Guantanamo, 10. März 2007 als pdf-Datei
Einzelnachweise
- ↑ unter anderem: Aschraf Refaat Nabith Henin, Chalid Adbul Wadud, Salim Ali, Abdul Madschid, Abdullah al-Fak'asi al-Ghamdior, Fahd bin Abdallah bin Chalid.
- ↑ August 23, 2001: 9/11 Hijackers Alhazmi and Almihdhar Are Finally Added to Terrorist Watch List
- ↑ laut BBC News vom 4. März 2003, Bush hails 'al-Qaeda killer' arrest
- ↑ Secret detentions and illegal transfers of detainees involving Council of Europe member states: second report; Explanatory memorandum (Englisch) (PDF-Datei), zu den hier erwähnten Aussagen, siehe Seite 37
- ↑ Scott Shane: Inside a 9/11 Mastermind’s Interrogation. In: New York Times, 22. Juni 2008.
- ↑ Folter in Masuren. In: Der Spiegel. Nr. 18, 2009, S. 106 (online).
- ↑ Früherer Qaida-Chefplaner bekennt sich zu Anschlägen am 11. September. Spiegel online. 15. März 2007
- ↑ Basler Zeitung: Scheich Mohammed gesteht Mord an US-Journalist Pearl; 15. März 2007
- ↑ Untersuchung bestätigt Mord durch Qaida-Führer; Spiegel Online vom 20. Januar 2011
- ↑ Hände entlarven Mörder von Daniel Pearl; in: 20 Minuten vom 20. Januar 2011
- ↑ Patrick Martin: Rotes Kreuz: Bush und CIA setzen Folter ein; World Socialist Web Site, 10. August 2007
- ↑ Kath.net: Al-Qaida plante Anschlag auf Papst Johannes Paul II. 15. März 2007
- ↑ Neue Zürcher Zeitung: Terror-Geständnis in Guantánamo; 15. März 2007
- ↑ Die Presse: Zweifel an 9/11-Geständnis: Prahlerei oder gefolterte Aussagen? 16. März 2007
- ↑ Jürgen Elsässer: Zwei Phantome auf der Anklagebank; Neues Deutschland, 14. Juni 2008
- ↑ Die Welt: Anklage will Todesstrafe für sechs Guantánamo-Häftlinge 11. Februar 2008
- ↑ Deutsche Welle: Pentagon will Todesstrafe für sechs 9/11-Angeklagte 11. Februar 2008
- ↑ AFP, 13. Mai 2008, 16:57 Uhr
- ↑ AFP, 2. Juni 2008, 06:26 Uhr
- ↑ 9/11-Prozess: Guantanamo-Gefangene wollen Geständnisse ablegen. In: Zeit online. 8. Dezember 2008, abgerufen am 9. Dezember 2008.
- ↑ Angeklagte im 9/11-Prozess wollen sich schuldig bekennen. In: Yahoo Nachrichten / AFP. 8. Dezember 2008, abgerufen am 9. Dezember 2008. (Link nicht mehr abrufbar)
- ↑ 22,0 22,1 Prozess in Guantánamo: Anklage gegen mutmaßliche 9/11-Hintermänner bei tagesschau.de, 5. Mai 2012 (abgerufen am 5. Mai 2012).
Personendaten | |
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NAME | Mohammed, Chalid Scheich |
ALTERNATIVNAMEN | خالد شيخ محمد (arabisch); Mohammed, Khalid Scheich; Mohammed, Khalid Sheikh; Mohammed, Khalid Shaikh |
KURZBESCHREIBUNG | kuwaitischer Terrorist |
GEBURTSDATUM | 1. März 1964 oder 14. April 1965 |
GEBURTSORT | Belutschistan |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Chalid Scheich Mohammed aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |