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Edith Mendelssohn Bartholdy

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Edith Louise Ida Mendelssohn Bartholdy geb. Speyer (geb. 6. Januar 1882 in Berlin; gest. 9. Juli 1969 in Köln) war eine deutsche Sozial- und Kulturpolitikerin.

Leben und Wirken

Edith Speyer wuchs in gut situierten familiären Verhältnissen auf. Ihr fünf Jahre jüngere Bruder war der Schriftsteller Wilhelm Speyer. Edith erhielt die damals übliche Ausbildung für Mädchen ihres Standes. Nach Absolvierung der Höheren Töchterschule entschied sie sich, gegen den Willen des Vaters, für den Lehrerinnenberuf. Im Alter von 19 Jahren legte Edith Speyer erfolgreich das Lehrerinnen-Examen für Höhere Töchterschulen in ihrer Heimatstadt ab. Folgend unterrichtete sie an der Berliner Königin-Luisen Stiftung. Am 6. November 1905, im Alter von 23 Jahren, heiratete Edith Speyer den um vier Jahre älteren Bankier Ludwig Mendelssohn Bartholdy (1878–1918), einen Sohn des Chemikers Paul Mendelssohn Bartholdy. Die Ehe blieb kinderlos.

1908 begab sich Edith Mendelssohn Bartholdy auf eine ausgedehnte Weltreise. Über fünf Monate verbrachte sie in China, Japan und auch in Nordamerika. Von ihrer Reise nach ca. zwei Jahren zurückgekehrt, übersiedelte das Ehepaar Mendelssohn Bartholdy nach Leipzig. Dort übernahm Ludwig Mendelssohn Bartholdy die Leitung einer Bank, seine Frau engagierte sich ehrenamtlich in der Sozial- und Kulturpolitik der Stadt. Sie und ihr Mann wurden „Mitglied im Leipziger Kunstverein, im Verein der Leipziger Jahresausstellungen (LJA) und in der Gesellschaft der Freunde des Kunstgewerbemuseums (GFKGM), dem Edith Mendelssohn Bartholdy einige wertvolle Stücke aus China und Japan schenkte“.[1]

Ein besonderes Anliegen war ihr die Kleinstkinderfürsorge, zumal Edith Mendelssohn Bartholdy der damaligen hohen Säuglingssterblichkeit entgegenwirken wollte. Demzufolge gründete sie 1912 den Leipziger Krippen Verein e. V., „der sich das Ziel setzte, in dieser Stadt der stärksten industriellen Frauenarbeit, die bis dahin noch fehlenden Krippen zu schaffen“[2] und wurde Mitglied im Verein für Mutterschutz, zu dessen Vorsitzenden man sie 1916 wählte. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete sie als Sachverständige für das Krippenwesen bei der Frauenarbeitszentrale in Berlin und hatte in dieser verantwortlichen Position „Kriegskrippen“, „Fabrikkrippen“ und insbesondere „Stillkrippen und -stuben“, innherhalb oder in nächster Nähe von Betrieben, in ganz Deutschland ins Leben gerufen[3]:

„Das Kriegsamt Frauenarbeitszentrale ist bereit, in jedem Teile des Reiches erfahrene und geeignete Persönlichkeiten zur Beratung bei Neueinrichtung, zur Leitung und zur Überwachung des Betriebes namhaft zu machen, auch geeignetes Pflegepersonal nachzuweisen.“[4]

Die Bedarfslage solcher Einrichtungen war sehr unheitlich, „auch in den Großstädten mit anscheinend ähnlichen Existenzbedingungen war das Berdürfnis selten gleichzeitig das gleiche: jede Industriestadt machte hier andere Erfahrungen“.[5]

Gerade während des Krieges unterstützte Edith Mendelssohn Bartholdy als Schaverständige der Frauenzentrale, in Übereinstimmung mit dem „Deutschen Krippenverband“, den Ausbau des Krippenwesens. Dabei stand der nationalökonomische Aspekt im Focus des Interesses, nämlich die Freisetzung der weiblichen Arbeitskraft. Diese konnte sich nur vollständig entfalten, wenn die arbeitenden Mütter davon ausgehen konnten, dass ihre Kinder in der Krippe gut versorgt sind. Denn nur dann arbeitet die Mutter „ohne nervöse Erregung und mütterliche Sorge und konzentriert ihre Kraft auf ihre Leistung“.[6]

Am 14. Oktober 1918 kam ihr Ehemann bei Bolowsk ums Leben.

„Nun war sie allein mit allen Problemen und Sorgen. Trotzdem stellte sie sich 1919 als eine der ersten Frauen zur Wahl ins Leipziger Stadtparlament und arbeitete als Abgeordnete der Deutschen Demokratischen Partei bis 1927 im Verfassungsausschuß, auf dem Gebiet der Sozialfürsorge, spezielle der Jugendfürsorge, und zu kulturellen Problemen. Zahlreiche Anträge zu sozialen Belangen, von ihr 'gestellt' und vom Rat zunächst stark bekämpft, sind seit 1919 fast sämtlich verwirklicht worden.“[7]

1930 übernahm Edith Mendelssohn Bartholdy den Vorsitz der 1930 entstanden Leipziger Ortsgruppe der Gemeinschaft Deutscher und Oesterreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen. Bereits ein Jahr später fand die erste Künstlerinnen-Ausstellung in Leipzig statt. 1932 wurde sie zur Ehrenvorsitzenden der Leipziger GEDOK ernannt, da Edith Mendelsohn Bartholdy inzwischen Vorsitzende der GEDOK-Ortsgruppe Berlin war. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, musste sie, protestantisch getauft aber jüdischer Abstammung, all ihre Ämter aufgeben und emigrierte 1936 nach England. Dort erhielt sie eine Anstellung an der von Hilde Lion gegründeten und geleiteten Stoatley Rough School.

Mitte der 1950er Jahre kehrte Edith Mendelssohn Bartholdy wieder in ihre alte Heimat zurück. Sie lebte in Köln, wo sie die letzten Lebensjahre in den Riehler Heimstätten, heute ein Altenwohnstift, das 1926 auf Initiative von Hertha Kraus erbaut wurde, verbrachte. Bis zuletzt galt ihr Interesse der alten Generation, von deren „oft traurigen Lage“[8] sie erschüttert war. Sie setzte sich dafür ein, dass der Mensch im Alter nicht ohne Arbeit dasteht, „denn nichts macht schneller alt und krank als Untätigkeit“.[9]

Werke

  • Krippen im Kriege, in: Krippenzeitung 1917, S. 33 ff.
  • Industrie und Kinderfürsorge, in: Krippenzeitung 1917, S. 72 ff.
  • Neugründungen von Krippen. Voranschlag für Einrichtung und Betrieb einer Krippe, in: Krippenzeitung 1918, S. 7 ff.
  • Die deutsche Künstlerin. Ein Gedenkbuch, Leipzig 1933
  • Der Lebensabend, Gütersloh 1959

Literatur

  • Rita Jorek: Edith Mendelssohn Bartholdy (1882–1969). Sozial- und Kulturpolitikerin; in: Louise-Otto-Peters- Gesellschaft e.V. Leipzig (Hrsg.): Leipziger Lerchen. Frauen erinnern, 2. Folge; Leipzig 2000, S. 32 ff.
  • Marie-Luise Nissen: Edith Mendelssohn Bartholdy (1882–1969) – Ihr Beitrag zur Entstehung und Entwicklung der Kinderkrippe in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts; München 1999 (unveröffentlichte Diplomarbeit)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jorek 2000, S. 33
  2. Zitiert nach Jorek 2000, S. 33
  3. vgl. Nissen 1999
  4. Mendelssohn Bartholdy 1917, S. 74
  5. Mendelssohn Bartholdy 1917, S. 33
  6. Mendelssohn Bartholdy 1917, S. 72
  7. Jorek 2000, S. 35
  8. Mendelssohn Bartholdy 1959, S. 11
  9. Mendelssohn Bartholdy 1959, S. 192
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