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Eduard Schulte
Eduard Reinhold Karl Schulte (geb. 4. Januar 1891 in Düsseldorf; gest. 6. Januar 1966 in Zürich) war ein deutscher Industrieller. Er war Generaldirektor des größten deutschen Zinkproduzenten Georg von Giesches Erben und Gegner des Nationalsozialismus.
Ausbildung und berufliche Entwicklung
Eduard Schulte studierte nach dem Abitur in Bonn, Köln und Erlangen Rechtswissenschaft, promovierte 1912 und begann seinen beruflichen Werdegang 1913 als Wirtschaftsjurist in der Berliner Handels-Gesellschaft, die mehr als Bank fungierte. Im Ersten Weltkrieg war er 1916 im Kriegsministerium zuständig für die deutsche Seifenproduktion. Diese Kontakte waren Schulte nützlich, um 1921 Geschäftsführer der Sunlicht-Seifenfabrik AG in Mannheim zu werden, einer Vorläuferin des Unilever-Konzerns.
1925 übernahm Schulte in Breslau die Aufgabe eines Generaldirektors der „Bergwerksgesellschaft Georg von Giesche's Erben“[1], an der ab 1926 US-amerikanische Investoren maßgeblich beteiligt waren. Hauptgeschäft der polnischen Niederlassungen von Giesche's Erben war die Gewinnung von Zink, einem später kriegswichtigen Rohstoff. 1933 traf Schulte erstmals mit Führern des nationalsozialistischen Deutschland, unter anderem mit Adolf Hitler, zusammen und wandte sich, zumindest innerlich, von dieser Politik ab. Er war Teilnehmer beim Geheimtreffen vom 20. Februar 1933. Seine Rolle in der Produktion kriegswichtiger Güter sorgte für die Ernennung Schultes zum Wehrwirtschaftsführer. Seit 1925 beteiligte US-amerikanische Investoren um die Anaconda Copper Mine und Brown Brothers Harriman & Co. hatten bis zum Kriegseintritt der USA finanziellen Einfluss auf „Giesche“, insbesondere auf die auf polnischer Seite gelegenen Produktionsstätten.
Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Beruflich reiste Eduard Schulte viel zwischen dem Firmensitz Breslau und Zürich, wo Finanzgeschäfte, unter anderem auch an der polnischen Regierung vorbei, abgewickelt wurden. Aus seiner Tätigkeit heraus dürfte ihm die Struktur der deutschen Kriegswirtschaft inklusive des Zwangsarbeitersystems und der Konzentrationslager bekannt gewesen sein. Ab 1939 wurde er dann über einen polnischen Agenten zu einem wichtigen Informanten für jüdische Organisationen, die Schweiz und Geheimdienste der Alliierten.
1942 erfuhr Eduard Schulte von der beabsichtigten „Endlösung der Judenfrage“, wie sie im Januar dieses Jahres auf der Wannsee-Konferenz initiiert wurde. Über einen Geschäftspartner, Isidor Koppelmann, und Benjamin Sagalowitz, einen jüdischen Journalisten, der in der Schweiz die Informations- und Pressestelle der Jüdischen Nachrichten aufgebaut hatte, gab Eduard Schulte im Juli 1942 die Information über den Beginn der systematischen Vernichtung der Juden in Deutschland an Gerhart M. Riegner weiter, damals Vertreter des Jüdischen Weltkongresses in der Schweiz.
Riegner leitete die Nachricht an die zuständigen Stellen der Alliierten weiter. Im amerikanischen State Department und dem britischen Außenministerium traf die Nachricht jedoch zunächst auf Unglauben (und wie eine spätere Untersuchung ergab, auch auf uninteressierte und antisemitische Beamte). Erst im Dezember 1942 veröffentlichten die Alliierten eine Erklärung gegen die deutsche Politik der Judenvernichtung.
Darüber hinaus unternahm es Schulte, einen befreundeten jüdischen Unternehmer rechtzeitig zu warnen und ihn zu unterstützen, so dass dieser sich und seine Familie in Sicherheit bringen konnte. Im Dezember 1943 kehrte Schulte selbst von einer Reise in die Schweiz nicht mehr nach Breslau zurück, nachdem ihn Warnungen erreicht hatten. Er blieb in Zürich, auch finanziell unterstützt von dortigen Geschäftsfreunden und Bankiers. Er arbeitete hier mit Allen Dulles zusammen, der für das OSS tätig war und entwarf Pläne für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands nach dem Krieg.
Nach dem Krieg
Trotz seiner Verdienste wurde Eduard Schulte von den Alliierten nach Kriegsende nicht in die engeren Entscheidungskreise beim Wiederaufbau Deutschlands mit einbezogen. Daher verließ er Deutschland 1946 wieder und ging in die Schweiz zurück. Ein Lastenausgleich für seine Verluste an der Gesellschaft Georg von Giesches Erben blieb ihm als Wehrwirtschaftsführer verwehrt. In der Folge lebte er zurückgezogen in der Schweiz und starb 1966 in Zürich. Als seine Witwe für die Verluste im Osten staatliche Entschädigungsleistungen beantragte, verweigerten die Richter das unter Hinweis auf die von ihnen als Straftat gewertete Weitergabe von Informationen an die Alliierten, also als Verrat.
Er wurde auf dem Nordfriedhof in Düsseldorf beigesetzt.
Ehrung
In Schultes Geburtsstadt Düsseldorf trägt eine kleine Straße seinen Namen. Die örtliche VVN hatte eine solche Ehrung beantragt; die Namensgebung erfolgte am 18. Mai 1993.
Siehe auch
Literatur
- Walter Laqueur, Richard Breitman: Breaking the silence. The Story of Eduard Schulte, the German industrialist who risked everything to oppose the Nazis. Simon & Schuster, New York 1986, ISBN 0-671-54694-5.
- deutsch: Der Mann, der das Schweigen brach. Wie die Welt vom Holocaust erfuhr. Ullstein, Frankfurt 1986, ISBN 3-550-06408-X; ebd. 1988 ISBN 3-54833092-4.
- Gerhart M. Riegner: Ne jamais désespérer. Soixante années au service du peuple juif et des droits de l'homme. Les Éditions du Cerf, Paris 1998, ISBN 2-204-06133-6.
- deutsch: Niemals verzweifeln. 60 Jahre für das jüdische Volk und die Menschenrechte. Bleicher, Gerlingen 2001, ISBN 3-88350-669-9
- Günter Schubert: Der Fleck auf Uncle Sams weißer Weste. Amerika und die jüdischen Flüchtlinge 1938–1945. Campus, Frankfurt 2003, ISBN 3-593-37275-4.
- Angela Genger: „Das Schweigen brechen.“ Eduard Schultes Beispiel und die Gegenwart. In Zs. „Augenblick.“ Berichte, Informationen und Dokumente der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Verlag wie Hg.; Nr. 7, 1995 ISSN 1434-3606 S. 1 - 5 (ausführlicher Lebenslauf; mit Fotos)
- Robert Melvin Spector: World without Civilization. Mass Murder and the Holocaust. History and Analysis. UP of America Rowman & Littlefield, Lanham MD (Maryland) 2004 ISBN 0-76182963-6 (online lesbar, google oder Internet-Handel) S. 474f.
Weblinks
- Literatur von und über Eduard Schulte im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Paul Stauffer: „WJC-Vorwürfe: Das sollten Sie wissen, Herr Singer“, in: Die Weltwoche, 12/05.
- Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus – pdf-Datei (2,15 MB)
- Riegner im Interview Der Spiegel Nr. 44, 29. Oktober 2001, über Schultes Rolle
- Monty N. Penkower Januar 1984 [2]
Einzelnachweise
- ↑ auch: Giesches Erben Zink- und Bergbaubetrieb; oder Giesches Mining
- ↑ Der New Yorker Historiker reklamiert für sich in diesem Leserbrief an „Commentary“, schon Ende der 70er Jahre bei Archivstudien auf Schulte als den entscheidenden Informanten gestoßen zu sein und dies 1983 an mehreren Stellen veröffentlicht zu haben, was später von Breitman u.a. in ihrem Buch aufgegriffen wurde (in Englisch)
Personendaten | |
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NAME | Schulte, Eduard |
ALTERNATIVNAMEN | Schulte, Eduard Reinhold Karl (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Industrieller |
GEBURTSDATUM | 4. Januar 1891 |
GEBURTSORT | Düsseldorf |
STERBEDATUM | 6. Januar 1966 |
STERBEORT | Zürich |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Eduard Schulte aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |