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Edward Witten
Edward Witten (* 26. August 1951 in Baltimore, Maryland) ist ein US-amerikanischer Mathematiker und Physiker.
Leben und Wirken
Witten, der Sohn des Physikers Louis Witten, machte seinen Bachelor-Abschluss 1971 an der Brandeis University, wobei er zunächst Geschichte studierte, ging dann an die Princeton University, wo er 1974 seinen Master-Abschluss in Physik machte und 1976 promovierte mit der Dissertation Some problems in the short distance analysis of gauge theories. 1976 ging er als Post-Doc an die Harvard University, wo er 1977 bis 1980 Junior Fellow war. 1980 wurde er Professor in Princeton und 1987 Charles-Simonyi-Professor für Mathematische Physik am Institute for Advanced Study in Princeton.
Edward Witten hat viele bedeutende Beiträge zur Physik und Mathematik geleistet. Am bekanntesten sind seine grundlegenden Arbeiten zur Stringtheorie der 1980er Jahre (er ist mit Michael Green und John Schwarz Autor des zweibändigen Standardwerks Superstrings von 1986), doch er war auch maßgeblich an der „Zweiten Superstring-Revolution“ in den 1990er Jahren beteiligt, der Entdeckung von Dualitäts-Zusammenhängen zwischen den verschiedenen damals bekannten Superstring-Theorien und ihrer Lösungen. Die Liste seiner wichtigen Arbeiten auf diesem Gebiet ist sehr lang.
Den letzten Schritt zu einer Vereinheitlichung der fünf verschiedenen Superstringtheorien und der elfdimensionalen Supergravitation in der M-Theorie (M wahlweise für „magisch“, „rätselhaft“ [Original:„mystery“] oder „Membrane“, wie Witten einst scherzhaft schrieb[1], ursprünglich aber „Membrane“ meinend[2]) legte er 1995 in einer Vorlesung an der University of Southern California dar. Die M-Theorie, die zurzeit noch nicht experimentell überprüft werden kann, wird von Stringtheoretikern als derzeit aussichtsreichster Kandidat für eine vereinheitlichende Theorie angesehen, welche die Quantenmechanik und die allgemeine Relativitätstheorie vereinen könnte.
Die Mathematiker beeindruckte Witten in den 1980er-Jahren durch neue Ideen für Knoteninvarianten (aus der Integration von Chern-Simons-Formen in den entsprechenden Quantenfeldtheorien)[3] und andere neue topologische Strukturen, die sich aus der Übertragung von Ideen der Quantenfeldtheorie ergeben (topologische Quantenfeldtheorien[4] und andere). Auch die Invarianten von Simon K. Donaldson und Andreas Floer werden so neu interpretiert. Er erhielt dafür 1990 als bisher einziger Physiker die Fields-Medaille, den bedeutendsten Mathematik-Preis. Insbesondere untersuchte er auch exakt lösbare Modelle von Yang-Mills-Theorien mit Nathan Seiberg (Seiberg-Witten-Theorie). In „Supersymmetry and Morse theory“[5] leitete er 1982 die Morse-Ungleichungen aus der supersymmetrischen Quantenmechanik ab (diese Ideen führten kurze Zeit später auch zu neuen Beweisen des Atiyah-Singer-Indextheorems). 2007 brachte er mit Anton Kapustin das geometrische Langlands-Programm mit S-Dualität in Verbindung.[6]
1981 gab er einen vereinfachten Beweis der Positivität der Energie in der Allgemeinen Relativitätstheorie (ursprünglich 1979 von Shing-Tung Yau und Richard Schoen bewiesen).[7]
Laut XStructure ist Witten der mit großem Abstand meistzitierte Autor der Publikationen auf dem Preprintserver ArXiv im Bereich „Black hole; Field theory; Magnetic field; Phase transition“ („Schwarzes Loch; Feldtheorie; Magnetisches Feld; Phasenübergang“).[8]
Im Oktober 2016 veröffentlichte Witten gemeinsam mit Todd Gitlin, Peter Beinart, Michael Walzer, Adam Hochschild u. a. einen offenen Brief im New York Review of Books, der zu einem gezielten Boykott israelischer Siedlungen in den besetzten Gebieten auffordert.[9]
Witten ist seit 1979 mit der italienischen Physikerin Chiara Nappi verheiratet. Sein Bruder Matt Witten ist TV-Drehbuchschreiber und Produzent (u. a. Dr. House).
Sein Hobby ist das Tennis-Spiel.
Auszeichnungen
1982 war Witten MacArthur Fellow. Im Jahre 1985 wurde er mit der Dirac-Medaille (ICTP) und der Albert-Einstein-Medaille ausgezeichnet; 1990 erhielt er als bisher einziger Physiker die Fields-Medaille, 2000 den Nemmers-Preis für Mathematik, 2001 den Clay Research Award und 2004 die National Medal of Science. 2006 erhielt er den Henri-Poincaré-Preis. 2002 hielt er einen Plenarvortrag auf dem Internationalen Mathematikerkongress in Peking (Singularities in String Theory) und 1986 war er Invited Speaker auf dem ICM in Berkeley (Physics and Geometry). 2010 wurde er mit der Lorentz-Medaille und der Isaac-Newton-Medaille ausgezeichnet. 2012 erhielt er den Fundamental Physics Prize, 2014 den Kyoto-Preis und 2016 den Albert Einstein World Award of Science.
Witten ist Fellow der American Mathematical Society und Mitglied der American Academy of Arts and Sciences (1984), der National Academy of Sciences (1988), der American Philosophical Society (1993), der Royal Society (1999), der Académie des sciences und der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften.
Namensgebungen
Nach Michail Gromow und Edward Witten wurde die Gromov-Witten-Invariante bezeichnet. Der Asteroid des inneren Hauptgürtels (11349) Witten wurde am 26. Juli 2000 nach Edward Witten benannt.
Bücher
- mit Michael Boris Green, John Schwarz: Superstring Theory (2 Bände), Cambridge University Press, 1987
- 1. Introduction. Cambridge [u. a.], ISBN 0-521-32384-3, ISBN 0-521-35752-7.
- 2. Loop amplitudes, anomalies and phenomenology. Cambridge [u. a.], ISBN 0-521-32999-X, ISBN 0-521-35753-5.
- mit Pierre Deligne und anderen: Quantum Fields and Strings: A Course for Mathematicians, 2 Bände, American Mathematical Society 1999
- Herausgeber mit Bruno Zumino, Sam Treiman, Roman Jackiw: Current Algebra and Anomalies, World Scientific 1985
Literatur
- Ludwig Faddejew, Michael Atiyah: On the Work of Edward Witten in Ichirō Satake (Hrsg.): Proceedings of the International Congress of Mathematicians, August 21–29, 1990, Kyoto, Japan, Springer, 1991 (englisch; Laudatio für Fields-Medaille 1990; online)
- Ich bevorzuge Einsteins Vision. Interview mit Rüdiger Vaas in bild der wissenschaft Nr. 5 (2013), S. 58–60.
- Edward Witten, in: Internationales Biographisches Archiv 35/1998 vom 17. August 1998, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Weblinks
- Homepage von Edward Witten am Institute for Advanced Study, mit einigen seiner populäreren Arbeiten
- Veröffentlichungen von Edward Witten bei SPIRES
- Vorlage:ArXiv-Suche
- Hier finden sich auch einige ältere Preprints vor 1990
- Edward Witten. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch)
- Laudatio von Jaffe anlässlich der Verleihung des Poincare Preises 2006
- Interview mit Hirosi Ooguri anlässlich des Kyoto Preises, Notices AMS 2015, Nr.5, pdf
- Natalie Wolchover, A Physicist’s Physicist Ponders the Nature of Reality, Interview mit Witten, Quanta Magazine, 28. November 2017
Einzelnachweise
- ↑ Edward Witten, Five-branes and M-Theory On An Orbifold, Nucl. Phys. B, Band 463, 1996, S. 383–397, Arxiv.
- ↑ John Schwarz: The Power of M Theory, Phys. Lett. B, Band 367, 1996, S. 97–103, Arxiv
- ↑ E. Witten: Quantum Field Theory and the Jones Polynomial. Comm. Math. Phys., Band 121, 1989, S. 351, Project Euclid
- ↑ Witten, Topological Quantum Field Theory. Comm. Math. Phys., Band 117, 1988, S. 353–386, Project Euclid
- ↑ Witten, Supersymmetry and Morse Theory. J. Diff. Geom., Band 17, 1982, S. 661–692, Project Euclid
- ↑ Kapustin, Witten, Electric-magnetic duality and the geometric Langlands program, Communications in Number Theory and Physics, Band 1, 2007, S. 1–236, Arxiv
- ↑ Witten A simple proof of the positive energy theorem, Commun. Math. Phys., Bd. 80, 1981, S. 381–402
- ↑ Summe der Zitationen eines Autors auf dem ArXiv
- ↑ For an Economic Boycott and Political Nonrecognition of the Israeli Settlements in the Occupied Territories, New York Review of Books, 13. Oktober 2016; Over 70 American Intellectuals Call for 'Targeted Boycott' of Israeli Settlements, Haaretz, 25. September 2016.
1936: Lars Valerian Ahlfors, Jesse Douglas | 1950: Laurent Schwartz, Atle Selberg | 1954: Kodaira Kunihiko, Jean-Pierre Serre | 1958: Klaus Friedrich Roth, René Thom | 1962: Lars Hörmander, John Milnor | 1966: Michael Atiyah, Paul Cohen, Alexander Grothendieck, Stephen Smale | 1970: Alan Baker, Heisuke Hironaka, Sergei Nowikow, John G. Thompson | 1974: Enrico Bombieri, David Mumford | 1978: Pierre Deligne, Charles Fefferman, Grigori Margulis, Daniel Quillen | 1982: Alain Connes, William Thurston, Shing-Tung Yau | 1986: Simon Donaldson, Gerd Faltings, Michael Freedman | 1990: Vladimir Drinfeld, Vaughan F. R. Jones, Shigefumi Mori, Edward Witten | 1994: Jean Bourgain, Pierre-Louis Lions, Jean-Christophe Yoccoz, Efim Zelmanov | 1998: Richard Borcherds, Timothy Gowers, Maxim Konzewitsch, Curtis McMullen | 2002: Laurent Lafforgue, Wladimir Wojewodski | 2006: Andrei Okunkow, Grigori Perelman, Terence Tao, Wendelin Werner | 2010: Elon Lindenstrauss, Ngô Bảo Châu, Stanislaw Smirnow, Cédric Villani
Personendaten | |
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NAME | Witten, Edward |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Mathematiker und Physiker |
GEBURTSDATUM | 26. August 1951 |
GEBURTSORT | Baltimore, Maryland, USA |
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- Physiker (20. Jahrhundert)
- Mathematiker (20. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Princeton University)
- Hochschullehrer (Institute for Advanced Study)
- MacArthur Fellow
- Fellow der American Physical Society
- Mitglied der Académie des sciences
- Mitglied der American Academy of Arts and Sciences
- Mitglied der American Philosophical Society
- Mitglied der National Academy of Sciences
- Mitglied der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften
- Auswärtiges Mitglied der Royal Society
- Fellow der American Mathematical Society
- Kyoto-Preisträger
- Person als Namensgeber für einen Asteroiden
- Träger der National Medal of Science
- Träger der Fields-Medaille
- US-Amerikaner
- Geboren 1951
- Mann