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Elgin Marbles
Als Elgin Marbles werden jene Skulpturen und Fragmente bezeichnet, die Lord Elgin von Bauten der Akropolis von Athen herausbrechen ließ und später an das British Museum verkaufte. Sie umfassen Teile des Panathenäen-Frieses, einige Metopen sowie Stücke vom Ost- und Westgiebel des Parthenon, außerdem eine der Mädchenfiguren aus der Korenhalle des Erechtheion.
Geschichte
Lord Elgin, damals Botschafter im Osmanischen Reich, besorgte sich von Abdullah Kaimacan eine Erlaubnis mit dem Inhalt "to remove some stones".[1]
„...dafür zu sorgen, dass sie...[gemeint sind Elgins Leute]...keine Hindernisse antreffen mögen beim Zutritt, bei der Untersuchung und beim Studium der Bilder und Gebäude, die sie aufzeichnen wollen. Auch dürfen sie Gerüste aufstellen und ihre Instrumente benützen. Des Weiteren dürfen sie mit ihren Leitern von allen Dingen Abdrücke mit Mörtel machen. Sie dürfen die Fragmente und alle Ruinen vermessen. Sie dürfen Grabungen an den Fundamenten vornehmen, um auf beschriftete Steinblöcke zu stoßen. Und wenn sie einige Steinblöcke mit Inschriften oder Figuren darauf, mitnehmen wollen, ist dem nicht zu widersprechen.“
Anschließend ließ er die Stücke aus den Bauten herausbrechen und brachte sie 1801 in Begleitung des badisch-russischen Malers Feodor Iwanowitsch Kalmück nach Großbritannien, wo er sie 1816 an das British Museum verkaufte. Angeblich hätte Elgin ursprünglich nur Gipsabdrücke anfertigen lassen wollen.
Die Tat löste bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine große Welle der Empörung aus, die sich in der Einsicht konstantierte, dass es sich um Diebstahl handelt. August Kuhn schrieb 1823 über die Kuriosität, dass „Elgin durch den Raub griechischer Kunstwerke seinem Namen eine Art von Unsterblichkeit gesichert hat“.[3] Ähnlich berichtete auch Maximilian Löwenthal (1825)[4], der die Entnahme ebenfalls als Raub bezeichnete. 1840 schrieb Hermann von Pückler-Muskau über die Beschädigungen am Bauwerk durch Elgins Mitarbeiter und spricht von einer „Schändung des Parthenon“, er stellt auch die Frage der Rückgabe.[5]
Seit 1939 werden die Elgin Marbles im British Museum in einem eigenen Raum präsentiert; sie gehören zu den berühmtesten Exponaten des British Museum. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Elgin Marbles in der U-Bahn-Station Aldwych aufbewahrt, um sie vor Luftangriffen zu schützen.[6]
Frage der Restitution
Die Elgin Marbles gehören zu den ältesten Debatten um Restitution. Erste Diskussionen gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. Anders als bei der Frage der Rückgabe anderer Objekte, wie beispielsweise der Büste der Nofretete an Ägypten, handelt es sich im konkreten Fall um herausgebrochene Teile von Gesamtkunstwerken, die noch dazu auf dem Weg der Täuschung entwendet wurden.
In der griechischen und in großen Teilen der britischen Öffentlichkeit besteht die Einsicht, dass die Fragmente an deren Schöpfungsort permanent zusammengeführt werden sollten. Über rechtliche Möglichkeiten verfügt der griechische Staat jedoch nicht, so dass nur Appelle an die Vernunft und persönliches Engagement bleiben.
Nachdem sich die damalige griechische Kulturministerin Melina Mercouri verstärkt mit der Fragestellung der Restitution an die Öffentlichkeit gewandt hatte, wurde von dem Altertumsforscher Robert Browning und der Filmemacherin Eleni Cubitt im Jahr 1983 in London das British Committee for the Restitution of the Parthenon Marbles (BCRPM) gegründet, das inzwischen Teil der International Association for the Reunification of the Parthenon Sculptures ist.
Die Argumente von Seiten des British Museum variieren, ohne dass sich in der Fragestellung etwas ändert. Die Zweifel des British Museum, in Athen gäbe es keinen würdigen Platz die Elgin Marbles auszustellen, wurden durch die Eröffnung des Neubaus des Akropolismuseums wesentlich entkräftet. In diesem wird bewusst Platz für die fehlenden Teile des Skulpturenschmucks freigehalten.
Auch ohne Fortschritte gelangt die Thematik der Restitution immer wieder in die tagesaktuelle Berichterstattung, beispielsweise:
- 2006 durch eine Aktion der Universität Heidelberg erneut in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt: Die Universität übergab im September 2006 ein kleines Bruchstück aus dem Parthenon, 8 x 11 cm groß, dem Neuen Akropolismuseum in Athen. Das Bruchstück war vermutlich 1871 als Mitbringsel eines Reisenden in die Heidelberger Sammlung gekommen.
- Während einer Pressekonferenz in London zum Film Monuments Men – Ungewöhnliche Helden, sprach sich George Clooney 2014 für eine Rückgabe der Elgin Marbles aus. Von Londons Bürgermeister Boris Johnson wurde er daraufhin bezichtigt, eine "Agenda der Beutekunst wie einst Hitler" zu verfolgen. Die Aussage kommentierte Clooney wiederum nur ironisch.[7][8]
Zustand und Erforschung
Die Bauwerksfragmente wurden 1937–1938 auf Wunsch von Lord Duveen – Kunsthändler und Sponsor des British Museum – poliert, damit sie ohne die Patina der Jahrhunderte erneut eine weiße Farbe erhalten.[9] Verloren gingen dabei ein Teil der Bearbeitungsspuren und Details, wie beispielsweise die Sehnen am Pferdekopf.
2009 konnten mit Hilfe einer hochempfindlichen Methode auf manchen Skulpturen Spuren des Pigments Ägyptisch Blau nachgewiesen werden. Seit längerem vermuteten Forscher, dass der heute in reinweißem Marmor erstrahlende Parthenon ursprünglich zumindest teilweise bemalt war (so wie die meisten antiken Skulpturen und Bauwerke), was durch diesen Fund nun als gesichert angesehen werden kann.[10][11]
Literatur
- Christopher Hitchens: The Elgin marbles. Should they be returned to Greece? With Essays by Robert Browning and Graham Binns. Chatto & Windus, London 1987, ISBN 0-701-13163-2, (Neuauflage unter dem Titel: The Parthenon marbles. The case for reunification. Preface by Nadine Gordimer. With essays by Robert Browning and Charalambos Bouras. Verso, London 2008, ISBN 978-1-84467-252-3).
- Ian Jenkins: Die Parthenonskulpturen. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2008. ISBN 978-3-8053-3905-6.
- Klaus-Dieter Linsmeier: Stein des Anstoßes. In: Abenteuer Archäologie. (Spektrum der Wissenschaft Verl.-Ges., Heidelberg, ISSN 1612-9954), 2, 2006, S. 46–47, (PDF; 88 kB).
- Amir Sobati: The Parthenon marbles and Lord Elgin. Amir Sobati, Greece 2002, ISBN 960-92071-0-3, (Comic-Geschichte für Kinder).
- William St. Clair: Lord Elgin and the marbles. Oxford University Press, London 1967, (3rd revised edition: ebenda 1998, ISBN 0-19-288053-5).
Weblinks
- Die Elgin Marbles auf der Seite des Britischen Museums (engl.)
- Webcast des Britischen Museums
- Restore the Parthenon Marbles, durch Nicolas Mottas, OpEdNews.com (englisch)
- Das ganze Parthenonfries als digitale Repräsentation, eine Website des griechischen Kulturministeriums
- Homepage der International Association for the Reunification of the Parthenon Sculptures
Einzelnachweise
- ↑ Hannes Hartung: Kunstraub in Krieg und Verfolgung. Walter de Gruyter, 2005, ISBN 9783110925395, S. 18. Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche
- ↑ Der klassische Klau Das British Museum und der Parthenonfries (Memento vom 22. November 2012 im Internet Archive) In: br.de
- ↑ August Kuhn: Der Freimüthige, S. 420 1823
- ↑ Maximilian Löwenthal: Skizzen aus dem Tagebuche einer Reise durch Frankreich, S.30 1825
- ↑ Hermann Pückler-Muskau: Südöstlicher Bildersaal, S. 312 1840
- ↑ J. E. Connor: London's Disused Underground Stations. Capital Transport, London 2001, ISBN 1-85414-250-X. S. 98–99.
- ↑ Clooney-Kritik von Londons Bürgermeister: Lehrstunde für Mister Johnson. In: Spiegel Online. 16. Februar 2014, abgerufen am 1. Januar 2015.
- ↑ George Clooney gerät mit Londons Bürgermeister aneinander. In: tt.com. 16. Februar 2014, abgerufen am 1. Januar 2015.
- ↑ BBC NEWS – UK – Magazine – What's been said about the Marbles. In: news.bbc.co.uk. 23. März 2004, abgerufen am 1. Januar 2015.
- ↑ Alison Abbott: Traces of paint confirmed on Parthenon sculptures vom 15. Juni 2009 doi:10.1038/news.2009.574; siehe auch: Ilka Lehnen-Beyel: Parthenon in Farbe - bild der wissenschaft. In: wissenschaft.de. 17. Juni 2009, abgerufen am 1. Januar 2015.
- ↑ wissenschaft.de: Parthenon in Farbe
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Elgin Marbles aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |