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Erzelternerzählung
Erzelternerzählung oder traditionell Vätergeschichte bezeichnet die gesammelten Erzählungen über die Stammväter und Stammmütter der Israeliten im 1. Buch Mose (Bereschit bzw. Genesis) der Bibel (Kapitel 12–50). Diese Texteinheit erzählt die Anfänge des Volkes Israel als Familien- und Sippengeschichte über drei bis vier Generationen: von den Erzeltern Abraham und Sara über ihren Sohn Isaak und seine Frau Rebekka, den Konflikt zwischen deren Zwillingssöhnen Jakob und Esau bis zu Streit und Versöhnung der zwölf Söhne Jakobs in der Josefsgeschichte.
Text in den Kapiteln des Buches Genesis |
Thema |
---|---|
12–23 | Abraham und Sarah |
24–28,9 | Isaak und Rebekka |
28,10–36 | Jakob mit Lea und Rachel |
37–50 | Josef und seine Brüder |
Die zwölf Jakobssöhne, Abrahams Urenkel, sind biblisch die Stammväter der Zwölf Stämme Israels, also des Gesamtvolkes, dessen Geschichte ab dem 2. Buch Mose erzählt wird. Die Entstehung dieses Volkes hatte Israels Gott JHWH dem Abraham zu Beginn der Erzelternerzählung versprochen (Gen 12,1–3); am Schluss bekräftigt er diese Segenszusage (Gen 50,24ff.). Die Versöhnung der Söhne Jakobs nach dessen Tod bildet somit das „politische Lebensprogramm für Israel“. Die gesamte Erzählung umfasst nach dem Eigenkontext einen riesigen Zeitraum seit dem Noachbund nach der Sintflut (Gen 9) bis zur Sklaverei der Israeliten im Alten Ägypten (Ex 1). Tatsächlich spiegelt sie jedoch schon die spätere Besiedlung des gelobten Landes Kanaan, von der die weiteren biblischen Bücher erzählen.[1] Der Entstehungsprozess der Erzählung von ersten Einzeltexten bis zur Endkomposition der Tora (des Pentateuch) ist sehr komplex und umstritten. Konsens besteht heute darin, dass die Endredaktion, die die Erzelternerzählung mit der vorangehenden Urgeschichte (Gen 1–11) und der folgenden Exoduserzählung verknüpfte, um 450–400 v. Chr. geschah.[2]
Die „abrahamitischen Religionen“ Judentum, Christentum und Islam führen sich je auf ihre Weise auf die Erzelternerzählung zurück.
Bezeichnung
Die biblische Exegese betonte traditionell die Rolle der drei Stammväter Abraham, Isaak und Jakob, auch in der Bezeichnung Vätergeschichte. Heute setzt sich allmählich die Terminologie ‚Erzeltern‘ bzw. ‚Erzeltern-Erzählungen‘ durch, weil „Frauen (Sara, Rebekka, Rahel und Lea) als ‚Erzmütter‘ bzw. ‚Ahnmütter‘ […] in diesen Erzählungen trotz deren patriarchalischer Prägung von wesentlicher Bedeutung sind“. „Selbst dort, wo Männer scheinbar die Handlung tragen, nehmen Frauen entscheidende Rollen ein.“[3] Die Vorsilbe Erz- stammt vom griechischen arch- „Erster-, Höchster-“ und bezieht sich auf die Reihen- und zugleich Rangfolge dieser Personen in der biblischen Gesamtgeschichte Israels.[4]
Literatur
- Uwe Zerbst, Peter van der Veen: Volk ohne Ahnen? Auf den Spuren der Erzväter und des frühen Israel. SCM Hänssler, 2017, ISBN 3775154671.
- Irmtraud Fischer: Die Erzeltern Israels. Feministisch-theologische Studien zu Genesis 12–36. (1994) De Gruyter, Berlin 2011, ISBN 3110142325.
- Anselm C. Hagedorn, Henrik Pfeiffer (Hrsg.): Die Erzväter in der biblischen Tradition: Festschrift für Matthias Köckert. De Gruyter, Berlin 2009, ISBN 3110209780.
- Horst Seebass: Vätergeschichte. Neukirchener Verlag, Neukirchen-Vluyn
- Genesis, 3 Bände in vier Teilbänden, Band 2/1. 1997, ISBN 378871526X
- Genesis, 3 Bände in vier Teilbänden, Band 2/2. 1999, ISBN 3788715839
- Claus Westermann: Die Verheißungen an die Väter. Studien zur Vätergeschichte. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1997, ISBN 3525532733
Einzelnachweise
- ↑ Erich Zenger: Einleitung in das Alte Testament. 6. Auflage, Kohlhammer, Stuttgart 2006, S. 63
- ↑ Erich Zenger: Einleitung in das Alte Testament. Stuttgart 2006, S. 68–135, hier S. 127
- ↑ Anke Mühling: Erzeltern. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff. Artikel vom Juli 2009; Matthias Millard: Genesis – 3.1.3. Die Eigenständigkeit der Erzelternerzählung. WiBiLex, März 2006
- ↑ Erz- (Erzengel, Erzhirte, Erzvater). In: Michaela Bauks und andere (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex). Stuttgart 2006ff.
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