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Frank Elbe
Frank Elbe (* 9. Mai 1941 in Iserlohn; † 15. Juni 2022 in Bonn) war ein deutscher Jurist und Botschafter. Elbe war Bürochef von Hans-Dietrich Genscher und Leiter des Planungsstabes des Auswärtigen Amtes.
Leben und berufliche Karriere
Elbe wuchs in der Iserlohner Altstadt auf. Nach Abschluss der Realschule machte er sein Abitur am Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasium in Hemer. Ab 1962 studierte er Rechts- und Politikwissenschaften in Innsbruck und Bonn.
Von 1972 bis 1976 war er Konsularreferent in der Botschaft in Warschau. Von 1980 bis 1983 war er Botschaftsrat für politische Angelegenheiten in London. Von 1986 bis 1987 war er stellvertretender Leiter des Referates für Fragen der nuklearen Abrüstung im Auswärtigen Amt.
Elbe war von 1987 bis 1992 Bürochef und Redenschreiber von Hans-Dietrich Genscher.[1] Robert Zoellick bezeichnete Elbe als einen „Schlüsseldiplomaten im Prozess der deutschen Wiedervereinigung“.[2]
Von 1991 bis 1992 war er Botschafter zur besonderen Verwendung und Leiter des Leitungsstabes.
Im Jahr 1992 wurde er Leiter des Planungsstabes des Auswärtigen Amtes.[3]
Der Diplomat war langjähriger deutscher Botschafter in Indien (1993–1997), Japan (1997–1999), Polen (1999–2003) und der Schweiz (2003–2005).
Nach seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand war Elbe ab 2006 in Bonn als Rechtsanwalt mit Kubicki & Schöler tätig. Außerdem nahm er eine Beratertätigkeit für VW in Indien an.[4]
Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen warb Elbe 2018 in einer E-Mail an Politiker und Think Tanks für das von dem russischen Monopolisten Gazprom vorangetriebene Projekt Nord Stream II.[5]
Abberufung nach Kritik an Außenminister Fischer
Im Sommer 2005 kritisierte er die Amtsführung des damaligen Außenministers Joschka Fischer und wurde von Bundespräsident Horst Köhler auf Ersuchen Fischers hin nach Paragraph 36 des Beamtengesetzes in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
In einem Brief warf Elbe dem Minister schlechtes Krisenmanagement, eine Spaltung des Auswärtigen Amtes, bürokratische Schlampigkeit und einen Mangel an politischer Empfindsamkeit der Ministeriumsführung vor.[6] Er trat in der Gedenkpraxis für einen differenzierten Umgang im Nachruf von Beamten des Auswärtigen Amtes ein, die Mitglied der NSDAP gewesen waren.[7] Er lehne „moralischen Rigorismus“ ab.[8]
Der Brief war in der Bild-Zeitung veröffentlicht worden. Elbe hatte ihn nach eigenem Bekunden aber nicht an die Zeitung gegeben. Er könne nicht ausschließen, dass er aus dem Auswärtigen Amt kam.[9] Die Veröffentlichung geschah, bevor Fischer das Schreiben erhielt.[10]
Zur Frage der Illoyalität äußerte er, die Frage zeige, „dass Kritik an der Obrigkeit noch nicht zu unserem Staatsverständnis gehört. Ein Beamter, ob Botschafter oder Registrator, kann seinen Dienstherrn kritisieren, wenn dies in der gehörigen Form geschieht.“[11]
Fischer interpretierte Elbes Kritik auch parteipolitisch, Elbe war Mitglied der FDP.[12] Der Außenminister wurde als arrogant, hochmütig, anmaßend und überheblich beschrieben.[13] Ein Disziplinarverfahren wurde nicht eingeleitet.[14]
Elbe war nach dem ehemaligen Botschafter in Madrid, Joachim Bitterlich, der zweite hochrangige Diplomat, der von Fischer in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde.[15]
Positionen
Elbe konstatierte 2016 im Rückblick eine katastrophale Entwicklung, die Anfang der 90er Jahre nicht vorherzusehen gewesen sei. Elbe beunruhigte die angebliche Abkehr Europas und der NATO vom bisherigen erfolgreichen Paradigma der Außenpolitik, das davon bestimmt gewesen sei, Ost und West gegenseitig als Partner zu definieren, nach gemeinsamen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu suchen, die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen, und anzuerkennen, dass die Sicherheit eines Partners untrennbar mit der aller anderen verbunden sei. Er sehe eine schwere Krise der Politik und die Gefahr eines Krieges in Europa: „Wir sind von allen guten Geistern verlassen. Wir haben eine Lage, in der Bedrohung und absurdes, gefährliches Theater nahe beieinander liegen.“
„Die Politik hat nicht aufgepasst und ihre Rolle als politischer Souverän der Nato nicht mehr wirklich wahrgenommen. Die Folge ist, dass Europa in eine Krise hineingerutscht ist, die in Wirklichkeit keine europäische ist, sondern eine machtpolitische Auseinandersetzung zwischen zwei nuklearen Großmächten, um ihre Einflusssphären auszudehnen. Obamas Auffassung, Russland sei nur eine ‚Regionalmacht‘, darf nicht auf dem Rücken Europas durchgesetzt werden.“[16]
Elbe vertrat die Ansicht, dass die Amerikaner das Geschäft mit Europa lieben würden. Die Europäische Union sei aber auch ein großer Wettbewerber geworden, viel stärker, als es sich die Amerikaner jemals gewünscht hätten.
Nach Auffassung des Diplomaten gehe es zwischen der USA und Russland nicht um das Völkerrecht, die Ukraine oder die Krim, sondern um eine machtpolitische Rangelei, die dazu dienen solle, alte Einfluss-Sphären in Europa zu behaupten. Außerdem konstatierte er eine „heftige innenpolitische Auseinandersetzung in den USA über die grundsätzliche Ausrichtung der amerikanischen Politik gegenüber Russland und Europa, bei der die Europäer bestenfalls die Rolle von Zaungästen haben“ würden.[17]
Ehrungen
- 1997 bekam er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland.
- Verdienstmedaille des polnischen Verbandes der Geschädigten des Dritten Reiches[18]
Privates
Elbe war verheiratet und wohnte in Bonn. Er starb am 15. Juni 2022 wenige Wochen nach seinem 81. Geburtstag.[19]
Weblinks
- Website von Frank Elbe
- Talkshow Phönixrunde 7. Juli 2016
- Frank Elbe in der Internet Movie Database (englisch)
Publikationen
- mit Richard Kiessler: Ein runder Tisch mit scharfen Ecken: Der diplomatische Weg zur deutschen Einheit. Nomos 1993. ISBN 978-3-7890-3105-2.[20]
- engl. A Round Table with Sharp Corners: The Diplomatic Path to German Unity. Nomos 1996. ISBN 978-3-7890-4211-9.
- Elbe, Frank: The diplomatic path to German unity: a tribute to American friends. In: Bulletin of the German Historical Institute. 46, 2010, S. 33–44.
- in: Meinrad Maria Grewenig (Hrsg.): 25 Jahre Deutsche Wiedervereinigung. Fotografien von Helmut R. Schulze. Das Wunderhorn, Mai 2014, ISBN 978-3-88423-476-1.
- in: Hubert Thielicke (Hrsg.): Berlin und Moskau – wie weiter? WeltTrends, 2016, ISBN 978-3-945878-26-2.
Einzelnachweise
- ↑ Botschafter Elbe soll abberufen werden. In: sueddeutsche.de. ISSN 0174-4917 (http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-kritik-an-fischer-botschafter-elbe-soll-abberufen-werden-1.884570).
- ↑ Beleuchtet von Cornelia Merkel (Text) und Josef Wronski (Foto): Frank Elbe. Abgerufen am 3. April 2017.
- ↑ Referentenliste mit Legende von einer Tagung in der Schweiz (Link nicht mehr abrufbar)
- ↑ Peter Sürken, Johannes Wamser, Mike Batra: Indien: ein Reiseführer für die "Business-Class". local global, 2007, ISBN 978-3-9810156-9-0 (https://books.google.de/books?id=aCkQkWlbd1AC&pg=PA9&dq=Frank+Elbe&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi6i-2EronTAhXM0xoKHVe2DwU4ChDoAQgZMAA#v=onepage&q=Frank%20Elbe&f=false).
- ↑ Des Kremls beste Freunde faz.de, 20. März 2018.
- ↑ Botschafter Elbe soll abberufen werden. In: sueddeutsche.de. ISSN 0174-4917 (http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-kritik-an-fischer-botschafter-elbe-soll-abberufen-werden-1.884570).
- ↑ "Fischer will die Moral fallbeilartig exekutieren". Abgerufen am 3. April 2017.
- ↑ SPIEGEL ONLINE, Hamburg Germany: Ex-Botschafter Elbe: "Fischer hat viele Kollegen tief verletzt" – SPIEGEL ONLINE – Politik. Abgerufen am 3. April 2017.
- ↑ FOCUS Online: „Fischer verträgt keine Kritik“. In: FOCUS Online. (http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-fischer-vertraegt-keine-kritik_aid_212063.html).
- ↑ Auswärtiges Amt: Botschafter Elbe in den Ruhestand versetzt. (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/auswaertiges-amt-botschafter-elbe-in-den-ruhestand-versetzt/2494100.html).
- ↑ "Fischer will die Moral fallbeilartig exekutieren". Abgerufen am 3. April 2017.
- ↑ Auswärtiges Amt: Fischer schickt Botschafter in Ruhestand. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 2005-04-14 ISSN 0174-4909 (http://www.faz.net/aktuell/politik/auswaertiges-amt-fischer-schickt-botschafter-in-ruhestand-1233752.html).
- ↑ FOCUS Online: „Fischer verträgt keine Kritik“. In: FOCUS Online. (http://www.focus.de/politik/deutschland/deutschland-fischer-vertraegt-keine-kritik_aid_212063.html).
- ↑ Fischer weist Kritik der Botschafter zurück. (http://www.tagesspiegel.de/politik/fischer-weist-kritik-der-botschafter-zurueck/597062.html).
- ↑ Botschafter Elbe soll abberufen werden. In: sueddeutsche.de. ISSN 0174-4917 (http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-kritik-an-fischer-botschafter-elbe-soll-abberufen-werden-1.884570).
- ↑ „Säbelrasseln“ gegen Russland – Herr Steinmeier, danke für dieses klare Wort. In: Cicero Online. (http://cicero.de/weltbuehne/saebelrasseln-gegen-russland-herr-steinmeier-danke-fuer-dieses-klare-wort).
- ↑ Thomas Reunert: Botschafter a. D. Frank Elbe: „Die Amerikaner lieben Europa nicht“. (http://www.derwesten.de/botschafter-a-d-frank-elbe-die-amerikaner-lieben-europa-nicht-id10830599.html).
- ↑ "Fischer will die Moral fallbeilartig exekutieren". Abgerufen am 3. April 2017.
- ↑ Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung vom 18. Juni 2022
- ↑ Frankfurter Allgemeine Archiv: Einigkeit und Recht und Freiheit? 25 Jahre Wiedervereinigung – eine Bilanz. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, 2015, ISBN 978-3-89843-413-3 (https://books.google.de/books?id=Ovl9DAAAQBAJ&pg=PT250&dq=Frank+Elbe&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiz06O-rYnTAhXC2RoKHZ14AeYQ6AEISDAI#v=onepage&q=Frank%20Elbe&f=false).
Gesandte und Botschafter des Deutschen Reichs
Max August Scipio von Brandt (1862–1875) |
Eduard Zappe (1875) |
Theodor von Holleben (1875) |
Karl von Eisendecher (1875) |
Felix Freiherr von Gutschmid (1875–1880) |
Otto Graf von Dönhoff (1880) |
Karl von Eisendecher (1880–1886) |
Theodor von Holleben (1886–1892) |
Felix Freiherr von Gutschmid (1892–1897) |
Karl Georg von Treutler (1897–1898, Geschäftsträger) |
Kasimir Graf von Leyden (1898–1900) |
Botho von Wedel (1900–1901, Geschäftsträger) |
Emmerich von Arco-Valley (1901–1906) |
Friedrich Carl von Erckert (1906, Geschäftsträger) |
Alfons Mumm von Schwarzenstein (1906–1911) |
Arthur Alexander Kaspar von Rex (1911–1914) |
Wilhelm Solf (1920, Geschäftsträger & 1921–1928) |
Wilhelm Albrecht von Schoen (1928, Geschäftsträger) |
Ernst Arthur Voretzsch (1929–1933) |
Willy Noebel (1933, Geschäftsträger) |
Herbert von Dirksen (1933–1938) |
Willy Noebel (1938, Geschäftsträger) |
Eugen Ott (1938–1942) |
Heinrich Georg Stahmer (1943–1945)
Botschafter der Bundesrepublik Deutschland
Heinrich Northe (1952–1955, Geschäftsträger) |
Hans Kroll (1955–1958) |
Wilhelm Haas (1958–1961) |
Fritz van Briessen (1961–1962, Geschäftsträger) |
Herbert Dittmann (1962–1965) |
Walter Boss (1965–1966, Geschäftsträger) |
Franz Krapf (1966–1971) |
Heinrich Röhreke (1971, Geschäftsträger) |
Wilhelm Grewe (1971–1976) |
Hartmut Schulze-Boysen (1976–1977, Geschäftsträger) |
Günter Diehl (1977–1981) |
Klaus Blech (1981–1984) |
Walter Boss (1984–1986) |
Hans-Joachim Hallier (1986–1989) |
Wilhelm Haas (1990–1994) |
Heinrich-Dietrich Dieckmann (1994–1997) |
Frank Elbe (1997–1999) |
Uwe Kaestner (1999–2001) |
Henrik Schmiegelow (2001–2006) |
Hans-Joachim Daerr (2006–2010) |
Volker Stanzel (2010–2014) |
Hans Carl Freiherr von Werthern (2014–2019) |
Ina Ruth Luise Lepel (2019–2021) |
Clemens von Goetze (2021–2024) |
Petra Sigmund (seit 2024)
Botschafter der Deutschen Demokratischen Republik
Siegfried Fischer (1973–1974, Geschäftsträger) |
Horst Brie (1974–1982) |
Hans-Dieter Jäger (1982–1988) |
Manfred Schmidt (1988–1990)
Personendaten | |
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NAME | Elbe, Frank |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Jurist und Diplomat |
GEBURTSDATUM | 9. Mai 1941 |
GEBURTSORT | Iserlohn |
STERBEDATUM | 15. Juni 2022 |
STERBEORT | Bonn |
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