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Freie Stadt
Mit Freistadt oder Freie Stadt werden Städte bezeichnet, die sich selbst verwalteten, und zwar unabhängig von der föderalen Struktur des Umlandes, in dessen bestimmte politische Ordnung sie eingebettet sind.
Mittelalter
Ursprünglich wurden so die Städte bezeichnet, die sich im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts von der Stadtherrschaft ihrer (Erz-)Bischöfe in oft langwierigen Kämpfen hatten befreien können. Sie besaßen fast alle Rechte der öffentlichen Gewalt, Selbstbesteuerung, Heerbann, meist auch die Gerichtshoheit. Beispiele sind Köln, Soest, Mainz (bis 1462), Augsburg, Worms, Speyer, Straßburg und Basel.
Im Gegensatz zu den Reichsstädten waren die Freien Städte dem Kaiser weder Steuern noch Gefolgszwang schuldig und durften vom Reich nicht verpfändet werden. Nur zur Verteidigung der Stadt und zu Kreuzzügen konnten sie herangezogen werden.
Königliche Freistädte in Ungarn sind Städte mit dem Recht auf Selbstverwaltung, ab 1405 auf Teilnahme am Reichstag privilegierter Städte. Beispiele sind: Eisenstadt und Rust (heute beide in Österreich), sowie Sopron (dt. Ödenburg, heute in Ungarn).
Frühe Neuzeit
Da die Freien Städte auf dem Immerwährenden Reichstag bzw. im Städtekolleg des Reichstags zusammen mit den Reichsstädten eine Gruppe bildeten, wurden sie unter dem Oberbegriff Freie und Reichsstädte zusammengefasst. Im Zuge einer sprachlichen Verwischung entstand daraus der Begriff Freie Reichsstadt.
Diejenigen Freien Städte und Reichsstädte, die zwischen dem 14. und 16. Jahrhunderts vom Heiligen Römischen Reich an die Alte Eidgenossenschaft kamen (beispielsweise Zürich, Bern, Solothurn, Basel; de jure 1648), bildeten innerhalb der Schweiz in der Regel schweizerische Stadtorte. Sie bildeten nahezu unabhängige Stadtrepubliken mit teils umfangreichen eigenen Staatsgebieten (aus denen heutige Kantone erwuchsen).
Diejenigen Freien Städte und Reichsstädte, die im Verlauf des 18. Jahrhunderts vom Heiligen Römischen Reich deutscher Nation an Frankreich kamen (beispielsweise Colmar 1648, Straßburg 1681; vgl. Zehnstädtebund, aber auch zahlreiche Reichsdörfer im nördlichen Elsass), wurden in Frankreich als Freistädte bezeichnet. Sie hatten zahlreiche ihrer Rechte behalten, wurden aber in die französische Verwaltungsorganisation eingebettet (Behörden der französischen Provinz Elsass, Behörden der Zentralregierung in Paris).
19. Jahrhundert
Von diesen mittelalterlichen Stadtrepubliken sind die nach dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 übrig gebliebenen freien Reichsstädte zu unterscheiden, von denen Augsburg und Nürnberg jedoch bereits 1805 bzw. 1806 vom Königreich Bayern annektiert wurden.
Die Freien und Hansestädte Hamburg und Lübeck und die Freie Hansestadt Bremen wurden 1810 von Napoleon I. zur Stärkung der Kontinentalsperre aus dem Rheinbund ins Kernland des Kaiserreichs Frankreich integriert, wurden aber nebst Frankfurt am Main vom Wiener Kongress als Freie Städte anerkannt. Als völkerrechtlich souveräne Stadtstaaten traten sie am 8. Juni 1815 dem Deutschen Bund bei. Außerdem wurde durch den Wiener Kongress auch Krakau als Freie Stadt erklärt, jedoch nach dem polnischen Aufstand von 1846 dem österreichischen Galizien einverleibt.
Die Freie Stadt Frankfurt fiel infolge des Deutschen Krieges 1866 an Preußen, während Hamburg, Bremen und Lübeck als Gliedstaaten dem Norddeutschen Bund beitraten und schließlich 1871 als Bundesstaaten Teil des Deutschen Reiches wurden. Im Gegensatz zu Lübeck, das bereits 1868 dem Deutschen Zollverein beigetreten war, blieben Bremen und Hamburg bis zur Schaffung eigener Freihafengebiete 1888 zollrechtliches Ausland.
20. Jahrhundert
Mit der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten 1933 wurden zunächst auch die Landesparlamente der drei Freien Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck entmachtet. Nach der Einsetzung von Reichsstatthaltern und dem „Gesetz über den Neuaufbau des Reichs“ 1934 wurde der Föderalismus im Deutschen Reich und damit auch die Eigenstaatlichkeit der Stadtstaaten beendet. Lübeck wurde 1937 im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes unter Verlust sämtlicher Exklaven in die preußische Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert und trug nun, ebenso wie die beiden anderen Freien Städte, nur noch den Titel Hansestadt Lübeck.
Ein Sonderfall ist die Bezeichnung Freie Stadt für Danzig, als diese von 1920 bis 1939 der Oberhoheit des Völkerbundes unterstand.
Nach Kriegsende bildeten sich unter den alten Namen die Freie Hansestadt Bremen und die Freie und Hansestadt Hamburg als Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland neu. Auch die Hansestadt Lübeck wollte wieder ihre 1937/38 verlorene Eigenstaatlichkeit als Bundesland Freie und Hansestadt Lübeck zurückerlangen. Trotz eines fürsprechenden Volksbegehrens in der Region scheiterte dieses Vorhaben der Wiedergründung; es wurde durch das Lübeck-Urteil 1956 abgewiesen.
Die Verwendung der Bezeichnung Freie bzw. Freistadt reichte in Vergangenheit und Gegenwart auch über den rein politisch-geografischen Sinn hinaus. Zum Beispiel forderte am 27. November 1958 die Sowjetunion unter Nikita Chruschtschow in einer Note an die Westmächte, dem so genannten Chruschtschow-Ultimatum, West-Berlin in eine „(entmilitarisierte) Freie Stadt Westberlin“ umzuwandeln, die unabhängig von der Bundesrepublik und den westlichen Siegermächten sein sollte. Diese lehnten ab (→ Drei-Staaten-Theorie).
Weiterhin nennt sich ein Kopenhagener Stadtteil Freistadt Christiania ohne einen entsprechenden historischen Hintergrund.
Literatur
- Marion Gräfin Dönhoff: Was ist eine „freie Stadt“? Danzig und Triest – keine Modellfälle für Berlin. In: Die Zeit, Nr. 40/1961.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Freie Stadt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |