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Stadtstaat
Ein Stadtstaat ist im Gegensatz zum Flächenstaat ein Staat, der nur das Gebiet einer Stadt (und gegebenenfalls ihr engeres Umland) umfasst. Es kann sich dabei um einen souveränen Staat oder um einen Gliedstaat innerhalb eines föderalen Staates handeln. Städte in Einheitsstaaten sind jedoch in keinem Fall Stadtstaaten, auch wenn sie Verwaltungseinheiten oberhalb der kommunalen Ebene gleichgestellt sind, da in Einheitsstaaten per definitionem keine Gliedstaaten existieren. Ebenfalls keine Stadtstaaten sind Städte, die in föderativen Staaten keinem der Gliedstaaten angehören, sondern den Status von Bundesterritorien haben wie z. B. Washington, D.C. oder die indische Stadt Chandigarh.
Geschichte
Historische Stadtstaaten stehen am Anfang der Zivilisation in Mesopotamien. Diese Form fand in der Folge Ausbreitung unter anderem in Phönizien und nach Griechenland. Die griechische Polis wurde zum klassischen Begriff für den antiken Stadtstaat. Rom wuchs von einem Stadtstaat zum Weltreich. Auch die indianischen Hochkulturen der Maya und Azteken in Mittelamerika organisierten sich in Stadtstaaten.
Stadtstaaten im Mittelalter waren etwa die großen Stadtrepubliken im heutigen Italien und Russland (unter anderem Florenz und die Seerepubliken Venedig, Pisa und Genua in Italien und Nowgorod und Pskow in Russland). Auch viele Schweizer Kantone gingen aus Stadtstaaten hervor. Mit der Eroberung der Waadt 1539 wurde z. B. die Stadt und Republik Bern zum größten Stadtstaat nördlich der Alpen.
Nach dem Wiener Kongress 1815 gab es im Deutschen Bund vier Stadtstaaten: Bremen, Freie Stadt Frankfurt (am Main), Hamburg und Lübeck sowie, direkt angrenzend zum Deutschen Bund, die polnischsprachige Republik Krakau, die 31 Jahre später durch Österreich annektiert wurde. Frankfurt wurde 1866 von Preußen annektiert, Lübeck verlor 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz seine mehr als 700-jährige Eigenstaatlichkeit als Freie und Hansestadt und kam zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein.[1] Dazu war von 1807 bis 1815 und von 1920 bis 1939 auch die Freie Stadt Danzig ein souveräner Stadtstaat.
Berlin war nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wiedervereinigung 1990 geteilt, Berlin (West) war somit von der DDR umgeben und hatte als Stadtstaat einen Sonderstatus. Es war nicht offizieller Bestandteil der Bundesrepublik, wurde aber weitgehend so behandelt. Berlin als Ganzes stand eigentlich bis 1990 unter dem sogenannten Viermächte-Status und war in der Rechtsprechung beeinflusst durch die Besatzungsmächte.
→Siehe auch: Berlin-Frage
Gegenwärtige Lage in Deutschland
In Deutschland werden heute üblicherweise drei Bundesländer als Stadtstaaten bezeichnet, von denen zwei nur aus Städten bestehen: Berlin und Hamburg. Die Freie Hansestadt Bremen wird ebenfalls zu den Stadtstaaten gezählt, gelegentlich aber auch als „Zwei-Städte-Staat“ bezeichnet, da sie aus zwei räumlich voneinander getrennten Städten (Bremen und Bremerhaven) besteht; insoweit ist sie nicht nur Stadt, sondern auch „Land“. Die Stadtstaaten (inklusive Bremen) sind als Länder auch im Bundesrat vertreten und nehmen am Finanzausgleich des Bundes und der Länder teil, wo sie das sogenannte Stadtstaatenprivileg genießen, das besagt, dass Stadtstaaten aufgrund ihrer höheren Ausgaben pro Einwohner mehr Geld pro Einwohner aus dem Länderfinanzausgleich erhalten als die Flächenstaaten. Die Stadtstaaten Berlin und Hamburg sind verwaltungstechnisch sowohl als kreisfreie Städte als auch als Land anzusehen, die Freie Hansestadt Bremen umfasst die beiden kreisfreien Städte Bremen und Bremerhaven.
Für die deutschen Stadtstaaten wurde in der Vergangenheit immer wieder die Möglichkeit einer Fusion mit angrenzenden Ländern diskutiert, z. B. Bremen mit Niedersachsen, Hamburg mit Schleswig-Holstein und Berlin mit Brandenburg. Für Berlin und Brandenburg wird diese erneut diskutiert, obwohl ein Fusionsvertrag beim Volksentscheid 1996 in Brandenburg die Mindestbeteiligung von 25 % der Wahlberechtigten (Quorum) erreichte (von der Mehrheit der Berliner angenommen, aber 62,7 % der abstimmenden Brandenburger lehnten ihn ab).[2]
Souveräne Stadtstaaten
Souveräne Stadtstaaten und auch Zwergstaaten sind Monaco, Singapur und die Vatikanstadt.
Nichtsouveräne Stadtstaaten
Die österreichische Bundeshauptstadt Wien und die belgische Region Brüssel-Hauptstadt sind ebenfalls Stadtstaaten, wobei letztere aus mehreren selbständigen Gemeinden besteht.
In der Schweiz wird der Kanton Basel-Stadt oft als Stadtstaat angesehen. Es bestehen jedoch neben dem namensgebenden Kantonshauptort – der Stadt Basel – noch zwei weitere kleinere Gemeinden.
Auch im Kolonialismus/Imperialismus existierten eine Reihe Stadtstaaten, vor allem in China richteten europäische Mächte Stützpunkte ein, so standen Macao, Hongkong und Tsingtau unter der Verwaltung Portugals bzw. des Vereinigten Königreichs und des Deutschen Reichs. Bis heute gibt es koloniale Stadtstaaten, so wird beispielsweise das an der spanischen Küste gelegene Gibraltar nach wie vor als britische Kronkolonie verwaltet.
Der brasilianische Bundesstaat Guanabara (1960–1975) umfasste nur die Stadt Rio de Janeiro.
Weitere Stadtstaaten in föderalen Staaten sind unter anderem
Literatur
- Konrad Hummler, Franz Jaeger (Hrsg.): Stadtstaat – Utopie oder realistisches Modell? Zürich 2011, ISBN 978-3-03823-708-2.
- Daniel Waley: Die italienischen Stadtstaaten. München 1969.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der Freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen. Verlag Schmidt-Römhild, Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7.
- ↑ Ute Wachendorfer-Schmidt: Politikverflechtung im vereinigten Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, ISBN 3-531-33865-X, 2005.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Stadtstaat aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |