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Friedrich Delitzsch

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Friedrich Delitzsch (geb. 3. September 1850 in Erlangen; gest. 19. Dezember 1922 in Langenschwalbach bei Wiesbaden) war ein deutscher Assyriologe.

Leben

Delitzsch wurde als Sohn des lutherischen Alttestamentlers und Hebraisten Franz Delitzsch geboren. Er studierte ab 1868 zunächst in Leipzig bei Franz Delitzsch, Heinrich Leberecht Fleischer und Ludolf Krehl orientalische und bei Herrmann Brockhaus, Georg Curtius und Ernst Windisch indogermanische Sprachen, ab 1871 in Berlin Äthiopisch bei August Dillmann und Sanskrit bei Albrecht Weber und schloss das Studium mit Studien über indogermanisch-semitische Wurzelverwandtschaft ab. Den Plan, sich für Sanskrit zu habilitieren, gab er nach einer schicksalhaften Begegnung mit dem Alttestamentler Eberhard Schrader in Jena, der ihn in das kurz zuvor neu erschlossene Assyrische einführte, auf und habilitierte sich kurz darauf (1874) für semitischen Sprachen und Assyriologie in Leipzig, wo er 1877 außerordentlicher, 1885 ordentlicher Professor wurde. 1893 wurde er als ordentlicher Professor nach Breslau und 1899 als Nachfolger seines einstigen assyriologischen Lehrers nach Berlin an die Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin berufen.

Er war Mitbegründer und Förderer der Deutschen Orientgesellschaft und seit 1899 Direktor der Vorderasiatischen Abteilung der Königlichen Museen. Seine besonderen Verdienste liegen in der Erforschung der alten vorderasiatischen Sprachen (Assyrisch/Akkadisch, wofür er im Laufe seines Lebens eine Reihe grundlegender Hilfsmittel schuf, und der Förderung der alttestamentlichen Textkritik. Weiteren Kreisen wurde er bekannt durch seine in zahlreichen veränderten Fassungen und Übersetzungen erschienenen Vorträge über 'Babel und Bibel'[1] (1902–1905), die den Babel-Bibel-Streit auslösten.

In der Folge des Babel-Bibel-Streites nahm er im Laufe seines Lebens zunehmend eine kritische Haltung gegenüber dem alten Testament ein. Sehr weit in dieser Hinsicht geht sein Werk Die große Täuschung (s.u.), in dem er unter anderem fordert, das Alte Testament aus dem christlichen Kanon zu entfernen, und schließlich im Anschluss an Paul Haupt und andere sogar eine arische Herkunft Jesu Christi vermutete. Dabei verwendete er in der Auseinandersetzung mit seinen Gegnern im Babel-Bibel-Streit ab 1903 zunehmend Argumentationsmuster, die auch in der antijüdischen Polemik seiner Zeit Verwendung fanden. Jedoch bestritt Delitzsch selber bis zu seinem Tod mit Vehemenz jede antisemitische Haltung.[2][3] Tatsächlich zeigt die biographisch-wissenschaftliche Aufarbeitung seiner Aussagen zum Alten Testament,[4] dass bei ihm subjektiv kein rassistischer Antisemitismus vorlag, sondern ein zunehmender theologischer Antijudaismus. Seine Ablehnung des Alten Testaments beruhte wesentlich auf seinem (biographisch bedingten) theologischen Unvermögen, historische Textforschung und Theologie konstruktiv miteinander zu verbinden, was ihn trotz seiner unbestrittenen Bedeutung als Assyriologe und trotz grundlegender Beiträge zur Alttestamentlichen Textkritik theologisch nachhaltig diskreditierte.[5]

Delitzsch war Vater von vier Söhnen und zwei Töchtern. Ein Sohn war der Jurist Kurt Delitzsch.[6]

Schriften

  • Studien über indogermanisch-semitische Wurzelverwandtschaft. 1873. Reprint 1884.
  • Assyriologische Studien. 1874.
  • Assyriologische Lesestücke. 1904.
  • Wo lag das Paradies? 1881.
  • Hebrew language viewed in the light of Assyrian research. 1883.
  • Sprache der Kossäer. 1884.
  • Prolegomena eines neuen hebräisch-aramäischen Wörterbuches zum Alten Testament. 1886.
  • Assyrische Wörterbuch zur gesamten bisher veröffentlichten Keilschriftliteratur unter Berücksichtigung zahlreicher unveröffentlichter Texte. 1887.
  • Assyrische Grammatik. 1889.
  • Geschichte Babyloniens und Assyriens. 1891.
  • Entzifferung der kappadokischen Keilschrift-Tafeln. 1893.
  • Assyrisches Handwörterbuch. 1894–1896. Reprint 1968.
  • Das babylonische Weltschöpfungs-Epos. 1897.
  • Die Entstehung des ältesten Schriftsystems oder Ursprung der Keilschriftzeichen. 1897.
  • Ex Oriente Lux! Ein Wort zur Förderung der Deutschen Orient-Gesellschaft. 1898.
  • Das Buch Hiob neu übersetzt und kurz erklärt. 1902.
  • Babel und Bibel. 1902. Rede von Delitzsch am 13. Januar vor der Deutschen Orientgesellschaft in Berlin. Neubearbeitungen 1903, 1905 und 1921.
  • Zweiter Vortrag über Babel und Bibel. 1903 und 1904 in Neubearbeitungen erschienen.
  • Babel und Bbel. Ein Rückblick und Ausblick. 1904.
  • Babel und Bibel. Dritter (Schluss-) Vortrag. 1905.
  • Im Lande des einstigen Paradieses. 1903.
  • Mehr Licht. Die bedeutsamste Ergebnisse der babylonisch-assyrischen Grabungen für Geschichte Kultur und Religion. 1907.
  • Zur Weiterbildung der Religion. 1908.
  • Palasttore Salmanassars II. 1908.
  • Handel und Wandel in Altbabylonien. 1909.
  • Das land ohne Heimkehr. Die Gedanken der Babylonier-Assyrer über Tod und Jenseits. 1911.
  • Assyrische Lesestücke mit Elementen der Grammatik und vollständigem Glossar. 5. Auflage 1912.
  • Sumerische Grammatik. 1914.
  • Sumerisches Glossar. 1914.
  • Die Lese- und Schreibfehler im Alten Testament nebst den dem Schrifttexte einverleibten Randnoten klassifiziert. Ein Hilfsbuch für Lexikon und Grammatik, Exegese und Lektüre. 1920.
  • Die große Täuschung. Kritische Betrachtungen zu den alttestamentlichen Berichten über Israels Eindringen in Kanaan, die Gottesoffenbarung vom Sinai und die Wirksamkeit der Propheten. 1920/1921. Reprint 1934.
  • Die große Täuschung. Zweiter (Schluss-) Teil. Fortgesetzte kritische Betrachtungen zum Alten Testament, vornehmlich den Prophetenschriften und Psalmen, nebst Schlußfolgerungen. 1921. Reprint 1926.

Literatur

Anmerkungen

  1. Reinhard G. Lehmann: Friedrich Delitzsch und der Babel-Bibel-Streit. 1994, S. 50–55, 80–103, 170–191, 250–256, 280–281.
  2. Friedrich Delitzsch: Mein Lebenslauf. Reclams Universum, 36, Heft 47, 1920, S. 241–246.
  3. Auf den Trümmern des Panbabylonismus
  4. Reinhard G. Lehmann: Friedrich Delitzsch und der Babel-Bibel-Streit. 1994, S. 59–79
  5. Reinhard G. Lehmann: Friedrich Delitzsch und der Babel-Bibel-Streit. 1994, S. 256–271.
  6. Enno Littmann: Delitzsch, Friedrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 582 (Onlinefassung).

Weblinks

 Wikisource: Friedrich Delitzsch – Quellen und Volltexte
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