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Geiselnahmen der Hamas während des Terrorangriffs auf Israel 2023

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Eine helle Wand mit verschiedenen Plakat mit Fotos von Vermissten.
Plakate, auf denen die Rückkehr der nach Gaza verschleppten Geiseln gefordert wird

Während des Terrorangriffs auf Israel durch die Hamas am 7. Oktober 2023 erfolgten großangelegte Geiselnahmen. Dabei entführten Hamas-Terroristen mehr als 220 Personen aus Israel in den Gazastreifen. Die Geiseln setzen sich größtenteils aus israelischen Zivilisten zusammen, aber es befinden sich auch Soldaten, Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft und ausländische Staatsangehörige unter ihnen.

Hintergründe

Der Umgang mit entführten Staatsbürgern ist in Israels umstritten: Der Fall des entführten Soldaten Gilad Schalit gilt als Blaupause für den Umgang mit entführten Staatsbürgern. Nach Schalits Entführung im Jahr 2006 und seiner fünfjährigen Gefangenschaft im Gazastreifen stimmte Israel einem Gefangenenaustausch zu, bei dem über tausend palästinensische Häftlinge freigelassen wurden. Dies signalisierte das bis dahin unbedingte Bemühen um den Schutz israelischen Lebens. Es gibt Bedenken, dass dieser Ansatz die Regierung erpressbar gemacht hat. Außerdem nahmen einige der freigelassenen Palästinenser später Schlüsselrollen in der Hamas ein, darunter auch Yahya Sinwar, der die Hamas im Gazastreifen leitet.[1]

Geiselnahme und Schicksal der Enttführten

Nach Angaben der israelischen Regierung wurden mehr als 220 Geiseln genommen, von denen 138 einen ausländischen Pass besaßen. Unter den ausländischen Geiseln befanden sich zwölf deutsche Staatsbürger. Angehörige deutscher Geiseln sprachen bei einer Protestaktion in Tel Aviv von 14 Personen. Des Weiteren sind 54 Thailänder betroffen, die als Arbeiter auf israelischen Feldern in der Region um den Gazastreifen tätig waren.[2] Die Liste der ausländischen Geiseln umfasste auch 15 Argentinier, zwölf US-Bürger, sechs Franzosen und sechs Russen. In vielen Fällen wurde angenommen, dass diese Personen zusätzlich zur ausländischen Staatsbürgerschaft auch die israelische Staatsbürgerschaft besitzen.[3] Die Lage war zudem unübersichtlich, da nicht nur die Hamas Geiseln genommen hat, sondern auch andere Terrororganisationen, darunter der Islamische Dschihad, während des Durchbruchs aus Gaza Menschen verschleppt haben sollen.[1]

Zahlreiche internationale Regierungen bemühten sich in Krisengesprächen um die Freilassung der Geiseln. US-Präsident Joe Biden verurteilte die Aktionen der Hamas in Israel als „reines, unverfälschtes Böses“ und betonte die Unterstützung der USA für Israel. Der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan erklärte vor Reportern, dass die genaue Anzahl und der Zustand der amerikanischen Geiseln in der Gewalt der Hamas unbekannt sei. Es gibt mehr als 20 vermisste amerikanische Staatsbürger in Israel, von denen jedoch unklar war, wie viele von ihnen von der Hamas festgehalten wurden.[4][5] Nach Angaben des israelischen Militärs wurden 239 Familien darüber informiert, dass ihre Angehörigen vermutlich in den Gazastreifen verschleppt worden waren.[6]

Namentlich bekannte Geiseln

Unter den Entführten ist Yotam Haim, der Schlagzeuger der Heavy-Metal-Band Persephore.[7]

Unter den Geiseln befand sich auch die 22-Jährige Shani Louk; sie hatte die deutsche und israelische Staatsangehörigkeit. Medien, die sich auf das israelische Außenministerium beriefen, meldeten am 30. Oktober ihren Tod.[8] Die Hamas hatte sie am 7. Oktober bei dem Supernova-Musikfestival in der Nähe des Kibbuz Reʿim verschleppt, wahrscheinlich wurde sie schon zu diesem Zeitpunkt ermordet. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, für den Mord gebe es keine Rechtfertigung. Die Hamas müsse dafür zur Rechenschaft gezogen werden.[9]

Die israelisch-kanadische Friedensaktivistin Vivian Silver gilt als vermisst und wurde vermutlich entführt.[10]

Zu den namentlich bekannten Geiseln der Hamas gehört der israelische Historiker der Gedenkstätte Yad Vashem, Alex Dancyg.[11] Er wurde 1948 als Sohn von Überlebenden des Holocaust in Warschau geboren und kam mit seiner Familie 1957 nach Israel. Zum Zeitpunkt des Terrorangriffs lebte er im Kibuzz Nir Oz.[12][13]

Freilassungen

Die Hamas ließ am 21. Oktober 2023 zwei US-amerikanische Geiseln – eine Mutter und ihre Tochter – frei und übergab sie dem Roten Kreuz.[14] Diese Freilassung erfolgte nach erfolgreichen Verhandlungen zwischen den USA und dem Emirat Katar mit der Hamas. Zwei weitere Frauen im Alter von 79 und 85 Jahren aus dem Kibbuz Nir Oz, das von der Hamas am 7. Oktober überfallen worden war, wurden aus „humanitären Gründen“ freigelassen. Ihre Ehemänner blieben in Gefangenschaft. Die Freilassung erfolgte nach Vermittlung durch Katar und Ägypten und wurde von der israelischen Regierung sowie dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes bestätigt. Die Frauen wurden über den Grenzübergang Rafah vom Gazastreifen nach Ägypten gebracht und von dort in Krankenwagen weitergeleitet.[15] Nach Medienberichten vom 29. Oktober bemühte sich die Regierung von Katar weiterhin um die Freilassung weiterer Hamas-Geiseln.[16]

Befreiungen

Premierminister Benjamin Netanyahu ernannte General Gal Hirsch zum Koordinator für Vermisste und Geiseln. Hirsch wurde beauftragt, alle Geiseln zu befreien und vermisste Personen zu finden. Die Entscheidung des Premierministers, diese Aufgabe einem umstrittenen General zu übertragen, führte zu erheblichen Kontroversen. General Hirsch führte militärische Operationen während des Libanonkriegs 2006 durch, bei denen zahlreiche israelische Soldaten ihr Leben verloren. Dies führte zum vorläufigen Ende seiner militärischen Laufbahn, da er nicht weiter befördert wurde und 2012 aus dem Dienst ausschied.[17]

Die israelische Armee und der Inlandsgeheimdienst Schin Bet teilten am 30. Oktober mit, dass es der israelischen Armee bei einem Bodeneinsatz gelungen sei, die als Geisel gehaltene Soldatin Ori Magedisch, die am 7. Oktober entführt worden war, zu befreien. Sie befinde sich bei guter Gesundheit und im Kreise ihrer Familie.[18][19]

Strafverfolgung

In Deutschland leitete nach Medienberichten der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen noch unbekannte Mitglieder der Terrororganisation Hamas ein. Gegenstand der Ermittlungen ist u. a. Geiselnahme zu Lasten deutscher Staatsangehöriger.[20] Ein Offener Brief von israelischen und internationalen Rechtswissenschaftlern und Rechtswissenschaftlerinnen, vorwiegend mit dem Schwerpunkt Völkerrecht, stufte das absichtliche Töten von hunderten Zivilisten und die Geiselnahme von mindestens mehreren Dutzend weiteren Zivilisten in den Gaza-Streifen als eine grobe Verletzung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts, als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.[21]

Symbolische Handlungen

Eine festlich gedeckte Tafel, mit weißen Tischtuch und weißen Porzellan füllt das Bild aus. An leeren Stühlen sind Plakate mit schwarzen Schemen angebracht.
Ein für Schabbat gedeckter Tisch auf dem Platz des Kunstmuseums in Tel Aviv mit mehr als 200 leeren Sitzen, die für die Geiseln und Vermissten im Gazastreifen stehen
Im Hintergrund ist ein großer runder Brunnen zu sehen, an dem Wasser herunterläuft. Fokus des Bildes bilden zahlreiche Teddybären in weiß und braun. Die Teddybären haben schwarze Augenbinden und einige sind mit roter Farbe bemalt. Jedes Stofftier hält ein Foto mit dem Bild eines Kindes.
Teddybären erinnern an die Kinder, die von Hamas-Terroristen entführt wurden

In Tel Aviv wurde symbolisch an die von der Hamas entführten Geiseln erinnert. Auf dem Platz vor dem Tel Aviv Museum of Art wurde ein Tisch für 200 Personen gedeckt, um Schabbat zu feiern. Auch in deutschen Städten (Berlin, München, Frankfurt, Düsseldorf) sowie in Österreich (Wien) und in der Schweiz (Zürich, Bern) erinnerten öffentliche Schabbat-Tafeln an die Geiseln.[22][23][24][25][26][27][28][29]

Die israelische Künstlerin Nitzan Mintz entwarf mit ihrem Partner Dede Bandaid „Kidnapped“-Poster in verschiedenen Sprachen mit Fotos der Entführten,[30] die Familien und Angehörige in verschiedenen Städten weltweit verteilten[31] und bei Solidaritätsaktionen unter dem Motto „Bring them home“ mitführten[32]

Unter dem Hashtag „Bring them home now!“ drehte ein private Initiative israelischer Filmschaffender, darunter Yael Reuveny und Ari Folman, kurze Videos von Interviews mit Angehörigen der Verschleppten und richteten diese als Appell an die Hamas.[33]

Vor einem Brunnen in Tel Aviv (Dizengoff Square) wurde eine Installation mit Stofftieren in Form von Teddybären mit verbundenen Augen und roter Farbe initiiert. An jedem Teddybären ist ein Foto eines Kindes angebracht. Diese Installation soll an die Kinder unter den Geiseln erinnern.[34]

Ein Animationsfilm von Yoni Goodman, in dem eine Mutter von der Geiselnahme ihrer beiden Söhne, 12 und 16 Jahre alt, aus dem Kibuzz Nir Oz erzählt, sollte helfen, die Jungen zurückzubringen.[35]

Weblinks

 Commons: Geiselnahmen der Hamas während des Angriffs auf Israel 2023 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Paul Middelhoff: Geiseln aus Israel: Freiheit für die Geiseln – oder kompromissloser Gegenschlag? In: Die Zeit. 26. Oktober 2023, abgerufen am 26. Oktober 2023.
  2. Maria Stöhr (Bangkok): Verschleppt nach Gaza. Viele Hamas-Geiseln kommen aus Thailand – wie geht es ihren Familien? Spiegel, 2. November 2023
  3. News aus Israel: Zwölf Deutsche als Geiseln im Gazastreifen. In: Süddeutsche Zeitung. 26. Oktober 2023, abgerufen am 26. Oktober 2023.
  4. Brian Bennett: Biden Faces Hard Choices on American Hostages in Gaza. In: Time. 10. Oktober 2023, abgerufen am 26. Oktober 2023 (en-US).
  5. Cassandra Vinograd, Isabel Kershner: Israel’s Attackers Took More Than 200 Hostages. Here’s What We Know About Them. In: The New York Times. 26. Oktober 2023, abgerufen am 26. Oktober 2023 (en-US).
  6. https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-10/shani-louk-israel-hamas-tot-mutter. In: Zeit.de. 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  7. ToI Staff: Unaccounted for: Heavy-metal drummer Yotam Haim, from Kfar Aza. Abgerufen am 28. Oktober 2023 (en-US).
  8. Deutsche Hamas-Geisel Shani Louk ist tot, Tagesschau.de, 30. Oktober 2023
  9. Verschleppte Deutsche Shani Louk ist tot, ZDF heute (dpa), 30. Oktober 2023
  10. In Israel als „Verräterin“ beschimpft: Pro-Palästina-Aktivistin wurde wohl Opfer der Hamas. In: fr.de. 13. Oktober 2023, abgerufen am 7. November 2023.
  11. Maria Ossowski: Yad-Vashem-Historiker Alex Dancyg (auch: Danzig) ist Geisel der Hamas, RbbKultur, 7. November 2023
  12. Toi Staff: Taken captive: Alex Dancyg, murals painted for Holocaust educator, The Times of Israel, 22. Oktober 2023
  13. Benjamin Lassiwe: Ein Monat Ungewissheit: Partner der Berliner Holocaust-Gedenkstätte ist jetzt Geisel der Hamas, Tagesspiegel, 7. November 2023
  14. Von Hamas entführte Frauen. Erleichterung nach Freilassung von zwei US-Geiseln, Tagesschau.de, 21. Oktober 2023
  15. Heather Chen, Amir Tal, Sophie Jeong, Lauren Said-Moorhouse: 'I went through hell:' Released Hamas hostage describes being kidnapped and taken into tunnel system. In: CNN. 24. Oktober 2023, abgerufen am 26. Oktober 2023 (en-US).
  16. Christoph Ehrhardt: Qatar bemüht sich weiterhin um die Freilassung von Hamas-Geiseln, FAZ, 29. Oktober 2023
  17. Dominik Peters: (S+) Gal Hirsch: Dieser Mann soll alle israelischen Geiseln aus dem Gazastreifen retten. In: Der Spiegel. 2023-10-24 ISSN 2195-1349 (https://www.spiegel.de/ausland/gal-hirsch-dieser-mann-soll-alle-israelischen-geiseln-aus-dem-gazastreifen-retten-a-057ba747-2dac-4ed9-ad4d-90aa8ff09173).
  18. Israelische Armee befreit Geisel aus Hamas-Gewalt. In: www.n-tv.de. 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  19. Juri Auel, Leila Al-Serori, Nadja Lissok, Oliver Klasen, Katja Guttmann, Martin Tofern, Leopold Zaak, Julia Hippert, Dimitri Taube, Dominik Fürst: News aus Israel: Israelische Armee befreit Soldatin. In: www.sueddeutsche.de. 30. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  20. Verfahren gegen Hamas-Kämpfer. Warum der Generalbundesanwalt ermittelt, ZDF, 10. Oktober 2023
  21. Bun­des­an­walt­schaft ermit­telt gegen Hamas, LTO, 10. Oktober 2023
  22. Jüdische Gemeinde erinnert mit leerem Schabbat-Tisch an Geiseln der Hamas, rbb 24, 25. Oktober 2023
  23. Christine Schmitt: Leere Stühle, verwaiste Schuhe, Jüdische Allgemeine, 2. November 2023
  24. „Bringt sie heim“: Gedenken auf Römerberg für Hamas-Geiseln, Frankfurter Rundschau, 27. Oktober 2023
  25. Anna Strobel: Leerer Schabbat-Tisch in Wien soll israelischen Geiseln ein Gesicht geben, Kurier.at, 27. Oktober 2023
  26. Bernd Kastner: 240 Stühle warten auf dem Münchner Marienplatz auf die Entführten, Süddeutsche Zeitung, 3. November 2023
  27. Mahnwache in Bern. Etwa 100 Personen fordern die Freilassung der Hamas-Geiseln, Der Bund.ch, 27. Oktober 2023
  28. Vor dem Düsseldorfer Schauspielhaus. 240 leere Stühle als Mahnmal für die Geiseln der Hamas, Rheinische Post, 10. November 2023
  29. In Zürich symbolisieren 240 leere Stühle die entführten Israeli, SRF, 9. November 2023
  30. Lisa-Marie Eckardt: Poster von Hamas-Geiseln. "Sie reißen die Poster direkt vor meinen Augen ab", Zeit Online, 10. November 2023
  31. 200-seat empty Shabbat tables set for hostages held by Hamas - The Times of Israel. Abgerufen am 27. Oktober 2023.
  32. „Bring them home“ – Solidaritätsaktion für israelische Geiseln, FAZ, 27. Oktober 2023
  33. Christhard Läpple: Appell an Menschlichkeit: "Bring Them Home", ZDF Heute Journal, 22. Oktober 2023
  34. VIDEO : Teddybären in Tel Aviv erinnern an von der Hamas nach Gaza verschleppte Kinder. In: .euronews.com. 29. Oktober 2023, abgerufen am 30. Oktober 2023.
  35. Kinder als Hamas-Geiseln. »Nehmt nicht mich, ich bin zu jung«. Video von Benjamin Eckert und Luana Partimo, Spiegel online, 1. November 2023
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