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Gerlef Gleiss

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Gerlef Gleiss (geb. 31. Dezember 1954 in Hamburg; gest. 5. Februar 2014 ebenda) war ein Aktivist der deutschen Behindertenbewegung und Politiker der Linkspartei. Er gilt als Mitbegründer der radikalen Behindertenbewegung, in der er mehr als 30 Jahre als Organisator von Demonstrationen und Aktionen aktiv war. Als überzeugter Trotzkist war er Mitglied der 4. Internationalen (Vereinigtes Sekretariat), später trat er der Partei Die Linke bei.[1][2]

Leben

Gleiss wuchs im Hamburger Stadtteil Billstedt mit fünf Geschwistern auf. Er und sein Zwillingsbruder Thies nahmen an den Schülerprotesten von 1969 teil. Im Alter von 16 Jahren traten sie der Revolutionären Kommunistischen Jugend bei, die der Vierten Internationale angehörte. Als Gerlef Gleiss 17 Jahre alt war, stürzte er während eines Frankreichurlaubs in einen Bach und brach sich die Halswirbelsäule, die Folge war eine Querschnittlähmung. Gleiss konnte die Schule nicht abschließen, da keine Hamburger Schule ihn aufnahm.

Ab 1981 engagierte Gleiss sich in der Behindertenbewegung, die sich anfangs Krüppelbewegung nannte. 1984 gründete er zusammen mit anderen Hamburger Mitgliedern der Behindertenbewegung den Verein Autonom Leben und 1993 die Hamburger Assistenzgenossenschaft. Beide Vereine wurden fast ausschließlich von behinderten Menschen geleitet. In der Beratungsstelle von Autonom Leben unterstützte Gleiss behinderte Menschen darin, ihr Recht auf Selbstbestimmung durchzusetzen und außerhalb von Einrichtungen möglichst selbstständig zu leben. Er war ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Hamburger Assistenzgenossenschaft.[3]

Positionen

Gleiss kam durch Proteste gegen das UNO-Jahr der Behinderten 1981 zur Behindertenbewegung. Die Aktiven der linken Krüppelbewegung waren der Meinung, dass das Jahr der Behinderten kaum positive Veränderungen bringen würde, sondern lediglich an den guten Willen aller appellieren würde. Sie sorgten sich um die Anfänge ihrer Selbstorganisation. Gleiss nahm am Krüppeltribunal teil, das Menschenrechtsverletzungen in der Behindertenhilfe offenlegte.

Das Recht auf Selbstbestimmung und Assistenz war Gleiss’ wichtigstes Thema, er bezog aber auch Stellung zu Euthanasie- oder Bioethik-Diskussionen. Er warnte vor einer „Selektion nach Nützlichkeit“ und sah in der Debatte um Sterbehilfe ein Einfallstor für die Infragestellung des Lebensrechts behinderter Menschen. Er forderte, das Thema auch in der Linken zu diskutieren und es nicht den Kirchen zu überlassen.[4]

Innerhalb der Krüppelbewegung gab es Diskussionen um Gleiss, da er sich dafür aussprach, Nicht-Behinderte in die Krüppelgruppen aufzunehmen. Er schrieb 1981 in der Krüppelzeitung, es sei schwer, Behinderte von Nicht-Behinderten zu unterscheiden, da "diese kapitalistische Gesellschaft alle behindert".[5] Kritiker warfen ihm vor, damit die besonderen Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen nicht zu berücksichtigen. Gleiss lehnte es ab, Geld für Selbstbestimmt leben-Projekte von der Aktion Sorgenkind (heute Aktion Mensch) anzunehmen, da er die Unabhängigkeit gefährdet sah und sich gegen eine von ihm so genannte „Kopfstreichlermentalität“ wehrte.

Als Mitglied der Linkspartei kandidierte Gleiss 2008 erfolglos für die Hamburger Bürgerschaft, er befasste sich unter anderem mit der Hartz-IV-Gesetzgebung.[6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ein Mutiger, taz-Artikel vom 12. Februar 2014, abgerufen am 8. März 2014
  2. Gegen die Kopfstreichler, Jungle World-Artikel vom 20. Februar 2014, abgerufen am 8. März 2014
  3. "Ein ziemlich bestes Leben", Artikel von Oliver Tolmein in Konkret, 3/2014
  4. Nachruf der Sozialistischen Zeitung, abgerufen am 8. März 2014
  5. Mürmer, Christian und Sierck, Udo: Krüppelzeitung: Brisanz der Behindertenbewegung, AG SPAK Bücher, 2009, ISBN 978-3-940865-57-1, Seite 55f
  6. Eintrag bei Abgeordnetenwatch, abgerufen am 8. März 2014
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gerlef Gleiss aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.