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Gewürz
Unter Gewürzen werden Teile von Pflanzen verstanden, die wegen ihres natürlichen Gehaltes an Geschmacks- und Geruchsstoffen als würzende oder geschmacksgebende Zutaten bei der Zubereitung von Speisen und Getränken aller Art eingesetzt werden. Darüber hinaus werden je nach Definition auch sämtliche Stoffe, die der Geschmacksverbesserung dienen oder die Bekömmlichkeit verbessern, als Gewürz bezeichnet.
Gewürze spielten im Europa des Mittelalters und der frühen Neuzeit eine ebenso bedeutende wirtschaftliche und politische Rolle wie heute das Erdöl. Sie waren extrem wertvoll, weil sie nicht nur zum Würzen verwendet wurden, sondern auch als Konservierungsstoffe und Grundlage für Arzneimittel. Zudem waren einige Gewürze, wie Muskatnuss und Gewürznelken bedeutende Statussymbole.
Der Gewürzhandel, speziell aus Asien, war daher ein einträgliches Geschäft, durch das zunächst vor allem arabische Staaten und die italienischen Stadtstaaten, später auch die Kolonialmächte, reich wurden, weshalb sie ihre Monopolstellung auch mit Waffengewalt verteidigten. Die Erschließung des Seewegs um Afrika von Europa zu den Inseln Hinterindiens ab dem 15. Jahrhundert war der Beginn der europäischen Expansion. Auf die Heilkraft von Gewürzen wies schon im 12. Jahrhundert die "erste deutsche Ärztin" Hildegard von Bingen in Abhandlungen hin. Die teuersten Gewürze heute sind: Safran, gefolgt von Vanille und Kardamom. Früher war Pfeffer so wertvoll, dass er mit Gold aufgewogen wurde. Die abschätzige Bezeichnung Pfeffersack für einen reichen Menschen stammt aus dieser Epoche. Zimt war ebenfalls sehr kostbar: 1530 soll der Kaufmann Anton Fugger die Schuldscheine Karls V. vor dessen Augen in einem Feuer aus Zimtstangen verbrannt haben, um seinen Reichtum zu demonstrieren.
Etymologie
Das Wort 'Gewürz' hat seinen Ursprung im mittelhochdeutschen 'wurz' (ahd. wurz und wurza, mhd. wurz(e), nhd. wurz;) und bedeutete in seinen Ursprungsformen einfach 'Wurzel'. Erhalten ist diese Bedeutung z.B. noch in den Wörtern 'Haselwurz' und 'Nieswurz'.
Klassifizierung nach Herkunft
Sie lassen sich gliedern in:
- Anorganische Stoffe: Kochsalz
- Raucharomen, wie sie beim Räuchern entstehen
- Pflanzen oder Pflanzenteile frisch, getrocknet oder bearbeitet, hier verwendet man
- Blätter, beispielsweise Küchenkräuter, Lorbeerblätter
- Blüten oder Blütenteile, beispielsweise Safran, Gewürznelken, Kapern
- Rinde, gemahlen wie bei Zimt
- Pflanzenwurzeln und auch Rhizome wie Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer oder Meerrettich
- Früchte oder Samen der Pflanzen, beispielsweise Muskatnuss, Pfeffer, Paprika, Wacholderbeeren, Vanille, Kümmel, Anis, Kakao
- Saft von Pflanzen, beispielsweise Zucker, Wein, Essig, Kokosmilch, Lakritze
- Wässerige, saure, ölige oder alkoholische Auszüge der Aromen von Pflanzen, als Beispiele seien Rosenwasser, Mandelöl, Nelkenöl, Vanilleöl und Knoblauchöl erwähnt
- Bei vielen Pflanzen, wie z. B. Kümmel, können mehrere Bestandteile der Pflanze verwendet werden.
- Tierische Substanzen: Honig, Schmalz, Butter, Fleischextrakt, Trockenfisch, Fischsauce, Anchovis (Sardellen), Garnelenpaste, etc.
- Ferner benutzen wir ganz selbstverständlich Gewürzzubereitungen, als ob es sich um ein einzelnes Gewürz handelt, erwähnt seien hier Senf, Currypulver, Chutney, Sojasauce und Wasabi
- In der Lebensmitteltechnologie werden zunehmend auch synthetisch hergestellte Aromen eingesetzt und kommen zum Verkauf, beispielsweise Vanillin.
Wirkung
Die geschmacksverbessernde Wirkung der Gewürze beruht auf leicht flüchtigen Verbindungen, den ätherischen Ölen. Aufgrund ihrer leichten Flüchtigkeit geben sie der Speise nicht nur einen angenehmen Geruch, sondern auch einen angenehmen Geschmack, da das Gesamtgeschmacksempfinden sich zum größten Teil in der Nase abspielt.
Je nach Absicht kann man mit Gewürzen einer Speise ein komplett anderes Aroma geben und damit vielleicht ein unerwünschtes Aroma überdecken oder den ureigenen Geschmack der Speisen hervorheben, ergänzen und verstärken.
Da die in den Gewürzen enthaltenen ätherischen Öle auch physiologische Wirkung entfalten können, kann man mit verschiedenen Gewürzen auch durchaus medizinische Zwecke erfüllen.
Die wichtigsten Funktionen von Gewürzen sind:
- Konservierung der gewürzten Lebensmittel (Salz, Chili, Rosmarin)
- Anregung des Appetits durch Bitterstoffe (Bitterliköre, Rosmarin, Pomeranzenschale)
- Anregung der Verdauung durch Förderung der Magentätigkeit (Pfeffer, Salz, Essig)
- Hilfe bei Darmkrämpfen und Verhinderung von Blähungen (Fenchel, Anis, Kümmel)
- Verbesserung des Geschmacks von verdorbenen oder faden Lebensmitteln (Rosenwasser, Orangenblüten)
- Ergänzung und Verstärkung des Geschmacks von wenig aromaintensiven Gerichten (Glutamat, Vanille, Butter)
Weiterhin gibt es einzelne Wirkungen, die über die genannten Gruppen hinausgehen. So werden viele Gewürze und Kräuter seit alters her für gesundheitliche Zwecke eingesetzt. Dabei lässt sich unterscheiden in kurzfristige Wirkung und längerfristige Effekte auf den menschlichen Organismus. Zum Beispiel:
- Anregung der Bildung von Gallenflüssigkeit, Förderung der Fettverdauung (Zwiebel, Knoblauch)
- Günstige Wirkungen auf die Darmflora (Ingwer, Knoblauch)
- Aphrodisierende Wirkung, Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems (Nelken, Chillies, Ingwer, Kakaobohnen)
- Förderung der Konzentration, aufmunternd (Kakaobohnen, Kaffeebohnen, Guarana, Colanuss)
- Entspannung, Beruhigung, Einschlafförderung (Salbei, Muskat)
Bis zur beginnenden Kolonisation waren viele Gewürze in Europa selten und entsprechend teuer, ihre Verwendung erfolgte teilweise in Hinblick auf einen gewissen Statuscharakter unnötig reichlich.
Verwendung
Die pflanzlichen Gewürze werden meist zerstoßen, gerebelt oder gemahlen verwendet, sofern sie nicht als Essenz oder Extrakt vorliegen.
Um die aromatisierende Wirkung besser kontrollieren zu können, können bei längeren Garverfahren wie Dünsten oder Schmoren die Gewürze in eine Gewürzkugel, ähnlich einem Tee-Ei, gefüllt werden und so leicht wieder ohne Rückstände entnommen werden.
Die Lebensmitteltechnologie benötigt immer mehr bearbeitete Gewürze und bevorzugt Gewürzpräparationen, welche nur noch aus ätherischen Ölen bestehen.
Gewürzmischungen
- Advieh
- Baharat
- Bouquet garni
- Chmeli Suneli
- Currypaste
- Currypulver
- Fines herbes
- Fünf-Gewürze-Pulver
- Garam masala
- Harissa
- Kräuter der Provence, Herbes de Provence
- Lebkuchengewürz
- Panch Phoron
- Ras el-Hanout
- Sambal Oelek
- Suppengrün
- Tabascosauce
- Tanduri Masala
- Worcestershiresauce
Siehe auch
- Nutzpflanzen oder dort direkt Abschnitt: Gewürzpflanzen nach Wirkstoffen
- Liste der Küchenkräuter und Gewürze nach botanischer Klassifikation
- Liste der Küchengewürze in alphabetischer Reihenfolge
- Fairer Handel
Literatur
- Ulrike Bültjer: Lexikon der Kräuter und Gewürze. Bassermann Verlag, München 2002, ISBN 3-8094-1283-X.
- Eberhard Teuscher, Ulrike Bauermann, Monika Werner: Gewürzdrogen. Ein Handbuch der Gewürze, Gewürzkräuter, Gewürzmischungen und ihrer ätherischen Öle. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003, ISBN 3-8047-1867-1.
- Frank Holl (Hrsg.): Gewürze – sinnlicher Genuss, lebendige Geschichte. Begleitbuch zur Ausstellung im Ausstellungszentrum Lokschuppen Rosenheim. Veranstaltungs- und Kongress GmbH, Rosenheim 2010, ISBN 978-3-00-030589-4.
- Rita Kopp: Edelsüß und Rosenscharf - Die Welt der alten Gewürze. Thorbecke, Ostfildern 2005, ISBN 3-7995-3515-2.
- Hansjörg Küster: Kleine Kulturgeschichte der Gewürze - ein Lexikon von Anis bis Zimt. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49492-7
- Marie von der Brück: Von Absinth bis Zichorie. Kräuter & Gewürze. Verbreitung, Anbau und Verwendung. Honos Verlagsgesellschaft, Zug 1985, ISBN 3-829-95519-7.
- Alfred Klement: Gewürzkräuter-Fibel von A - Z. Kneipp-Verl., Wien 2008, ISBN 978-3-7088-0429-3
- James A. Duke et al.: CRC handbook of medicinal spices. CRC, Boca Raton 2003, ISBN 0-8493-1279-5
- Jeanne D'Andrea: Ancient herbs. J. Paul Getty Trust Publ., Malibu 1989, ISBN 0-89236-035-6
- V. A. Parthasarathy: Chemistry of spices. CABI Publ., Wallingford 2008, ISBN 978-1-84593-405-7
Weblinks
- Definition und Leitsätze des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) für Gewürze und andere würzende Zutaten (.pdf) (55 kB)
- Internetseite des Fachverbandes der Gewürzindustrie e.V. mit Informationen zu Gewürzen und den "Leitsätzen für Gewürze und andere würzende Zutaten"
- Gernot Katzers Lexikon mit informativen und ausführlichen Informationen über Kräuter und Gewürze (dt. und engl.)
- scienceticker.info - Über die Entdeckung der Sensorzellen für Gewürze im Magen-Darm-Trakt
- Indian Institute of Spices Research (eng.) - Sehr informative und einfach organisierte Seite zum Thema
- Fachzeitschrift Lebensmittel Praxis - Gewürzmischungen aus fernen Ländern
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gewürz aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |