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Hans-Georg Neumann
Hans-Georg Neumann (* 14. September 1936 in Berlin) ist ein deutscher Strafgefangener, der sich wegen Mordes seit 1962 in Haft befindet; damit ist er der in Deutschland am längsten inhaftierte Strafgefangene. Im März 2021 wurde seine Freilassung auf Bewährung angeordnet.[1]
Vorgeschichte und Tat
Neumann kam als Sohn einer Prostituierten zur Welt und wuchs im städtischen Waisenhaus in Berlin-Kreuzberg sowie bei einer Pflegefamilie auf. Am 29. Dezember 1951 wurde er wegen verschiedener Diebstähle vom Jugendrichter in den Jugendhof Schlachtensee eingewiesen. Im Entlassungsbericht wurde der Junge ein Jahr später als „ruhig und nett, aufgeschlossen und liebesbedürftig“ bezeichnet. Nach dem Tode seiner Pflegemutter im Jahr 1953 fand er Anschluss in der Familie eines Handwerksmeisters, bei dem er eine Lehre zum Feinmechaniker machte. 1956 schiffte er sich nach Kanada ein, wurde aber 1961 nach Verurteilung wegen bewaffneter Banküberfälle nach Deutschland abgeschoben.
Am 13. Januar 1962 entführte er in Berlin ein in einem geparkten Auto sitzendes Liebespaar und erschoss es schließlich, nachdem die Frau sich gewehrt hatte,[2] mit einem Revolver der Marke Smith & Wesson, Kaliber .38, den er damals ständig bei sich führte. Er wurde wenige Tage später verhaftet und kam am 20. Januar 1962 in das Untersuchungsgefängnis Moabit. Der Mann hatte schwer verletzt überlebt und konnte Neumann identifizieren, starb aber kurz darauf.[3]
Verurteilung und Vollstreckung
Für den begangenen Doppelmord wurde Neumann am 30. Mai 1963 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Der Prozess erregte bundesweites Aufsehen. Der Maler Gerhard Richter basierte eines seiner Gemälde auf Fotos des Prozesses.[4]
Neumann verbüßte seine Strafe zunächst in der JVA Berlin-Tegel, ab 1991 in der JVA Bruchsal. In Tegel fiel er immer wieder durch Cannabis-Konsum auf und verbrachte längere Zeit auf einer „Abschirmstation für Dealer“. In Bruchsal galt er als ruhiger Gefangener; eine erste Ausführung fand im Jahre 1993 statt. Im März 1994 befand das Landgericht Karlsruhe, dass selbst die besondere Schwere der Schuld eine weitere Verbüßung nicht mehr gebiete. Anträge auf Aussetzung des Strafrests zur Bewährung (§ 57a StGB) wurden jedoch seither regelmäßig abgelehnt, weil Sachverständige ihm eine negative Sozialprognose bescheinigten. Ebenso abgelehnt wurden bislang Gnadengesuche.
In einem Gutachten vom 5. Juni 2012 schrieb der Chefarzt des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden: „Insgesamt ist festzustellen, dass Herr Neumann nach 50 Jahren Haft genauso bindungslos erscheint wie zu Beginn seiner Haft.“
Am 28. März 2014 hat das Oberlandesgericht Karlsruhe auf die sofortige Beschwerde des damaligen Verteidigers die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer am Landgericht Karlsruhe bestätigt, mit welcher dessen Antrag auf Reststrafenaussetzung erneut abgelehnt worden war. Gegen diese Entscheidung hat Neumanns neuer Verteidiger am 28. April 2014 vor dem Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde eingereicht. Diese wurde als unbegründet zurückgewiesen.[3]
Neumann stellte einen weiteren Antrag auf Strafaussetzung im Jahr 2016, zog ihn dann aber wieder zurück.[3] Letztmalig lehnte das Landgericht Karlsruhe im Mai 2020 einen Antrag auf Bewährung ab. Nach einer Beschwerde setzte das Oberlandesgericht Karlsruhe seine restliche Freiheitsstrafe im März 2021 zur Bewährung aus.[1][5] Das Bundesverfassungsgericht hatte 1977 entschieden, dass jeder Inhaftierte grundsätzlich die Chance haben muss, seine Freiheit wiederzubekommen. Ansonsten sei der Strafvollzug nicht menschenwürdig.[1]
Haftdauer
Nach dem Tod des Serienmörders Heinrich Pommerenke im Jahr 2008 wurde Hans-Georg Neumann zum am längsten einsitzenden Strafgefangenen Deutschlands. Neumann befand sich über 59 Jahre in Haft.
Literatur
- Roman Deininger: 18.628 Tage. Hans-Georg Neumann sitzt seit 51 Jahren im Gefängnis, länger als jeder andere Häftling in der Geschichte der Bundesrepublik. Besuch bei einem Mann, für den der Hofgang Freiheit ist. In: Süddeutsche Zeitung, Nr. 12, vom 15. Januar 2013, S. 3.
Weblinks
- Kai Schlieter: Längste Haftstrafe seit Bestehen der BRD: Fuffzig voll. In: taz.de. Die Tageszeitung, 9. Juli 2012, abgerufen am 23. März 2021.
- Hans-Georg Neumann – 52 Jahre im Knast und kein Ende in Sicht (Memento vom 21. April 2016 im Internet Archive)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Jens Witte: Hans-Georg Neumann: Gericht ordnet Haftentlassung nach 58 Jahren an. In: spiegel.de. Der Spiegel, 23. März 2021, abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ Katrin Bischoff: Bewährung nach 52 Jahren Haft abgelehnt: Keine Gnade für Berliner Häftling. In: berliner-zeitung.de. Berliner Zeitung, 28. März 2014, abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Katrin Bischoff: Seit 55 Jahren hinter Gittern: Das ist Deutschlands dienstältester Gefangener. In: berliner-zeitung.de. Berliner Zeitung, 2. Juni 2018, abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ Kai Schlieter: Der ewige Häftling. In: taz.de. Die Tageszeitung, 3. Dezember 2013, abgerufen am 23. März 2021.
- ↑ Haftentlassung nach mehr als 58 Jahren angeordnet. In: oberlandesgericht-karlsruhe.justiz-bw.de. Oberlandesgericht Karlsruhe, 23. März 2021, abgerufen am 23. März 2021.
Personendaten | |
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NAME | Neumann, Hans-Georg |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Strafgefangener, der sich seit über 50 Jahren in Haft befand |
GEBURTSDATUM | 14. September 1936 |
GEBURTSORT | Berlin |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Hans-Georg Neumann aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |