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Hans Bergel
Hans Bergel (* 26. Juli 1925 in Râșnov, Rumänien; † 26. Februar 2022 in Starnberg[1]) war ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Er gehörte der deutschsprachigen Minderheit der Siebenbürger Sachsen an.
Leben
Der Vater Erich Bergel war Grundschullehrer, während der Zeit des Nationalsozialismus „Kreisdienststellenleiter Burzenland“ und „verdientes KdF-Mitglied“.[2] Zusammen mit drei Geschwistern hatte Hans Bergel – nach eigener Schilderung – eine unbeschwerte Kindheit in Siebenbürgen. Der Vater wurde nach dem Einmarsch der Roten Armee nach Rumänien im Jahre 1944 inhaftiert. Hans Bergel sollte 1945 zum Arbeitseinsatz im sowjetischen Gulag deportiert werden. Es gelang ihm jedoch, aus dem Sammellager zu fliehen. 1946 bis 1947 war er als Lehrer tätig. 1947 floh er aus dem kommunistischen Rumänien, wurde in Budapest festgenommen, an die rumänischen Behörden ausgeliefert und verurteilt. 1948 gelang Bergel die Flucht aus dem Gefängnis, er wurde erneut festgenommen und 1948 zum Militär eingezogen. Von 1949 bis 1956 war er Leistungssportler, Mitglied in der rumänischen Ski-Nationalmannschaft. Nach eigenen Angaben absolvierte Bergel 1951 bis 1954 ein Fernstudium der Kunstgeschichte und Philosophie in Bukarest. 1957/58 war er Kulturredakteur bei der deutschsprachigen Volkszeitung – Organ des Regionalparteikomitees und des Regionsvolksrates Stalin in Brașov/Kronstadt. 1959 wurde Bergel verhaftet und im Kronstädter Schriftstellerprozess, der gegen eine Gruppe deutschsprachiger Schriftsteller gerichtet war, zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.
Aufgrund einer Generalamnestie für politische Häftlinge wurde Bergel 1964 entlassen. 1968 gestattete man ihm, dank der Fürsprache von Günter Grass, die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland.[3] Bergel übte dann verschiedene Tätigkeiten aus, unter anderem als Außenmitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. 1970 bis 1989 war er Schriftleiter der Siebenbürgischen Zeitung in München. Ab 1991 war Bergel Mitherausgeber der Südostdeutschen Vierteljahresblätter.
Bergel war nach eigenem Bekunden 1968 entsetzt über die mit kommunistischen Parolen demonstrierenden Studenten in Westdeutschland und später über deren Etablierung in Verlagen, Redaktionen, Gerichten und Schulen. Bergel kritisierte die Situation der Menschenrechte im kommunistischen Rumänien, besonders die deutsche Minderheit betreffend. Dafür wurde er in Westdeutschland des Nationalismus bezichtigt. Vom rumänischen Geheimdienst Securitate wurde er nach seiner Emigration nach Deutschland als angeblicher Staatsfeind beschattet. Bei der Verleihung des Ehrendoktors der Universität Bukarest stand in seiner Urkunde: „Für standhafte Bekämpfung der Diktatur auch nach Ihrer Emigration“. Der Rektor der Universität fügte hinzu, dass Bergels Interviews in Radio Free Europe allen Menschen in Rumänien Mut gemacht hätten.[4]
Bergel sah in der jetzigen Bundesrepublik Deutschland eine „Ruinierung der Grundpositionen, deren eine Gemeinschaft – für die Zukunft bedarf“ und verantwortlich dafür eine „Maßlosigkeit von ideologischer Arroganz“. Er sieht hier „eine Gesellschaft, die aus ihrer Kulturdefinition die Grundwerte Familie und Kind strich und sich damit ad acta legt“. Er lebte in Gröbenzell, zog sich aber oft in sein Refugium in Italien, seine „Costermano-Einsamkeit“ zurück.[4]
Hans Bergel war ein Bruder des Dirigenten Erich Bergel d. J.
Werke
- Fürst und Lautenschläger (1956)
- Die Abenteuer des Japps (1958)
- Rumänien – Porträt einer Nation (1968)
- Die Rennfüchse (1969)
- Im Feuerkreis, 10 Erzählungen (1972)
- Würfelspiele des Lebens : Vier Portraits bedeutender Siebenbürger, Conrad Haas, Johann Martin Honigberger, Paul Richter, Arthur Phleps. München: Meschendörfer, 1972
- Die Sachsen in Siebenbürgen nach dreißig Jahren Kommunismus, Studie (1975)
- Der Tanz in Ketten, Roman (1977)
- Siebenbürgen, Bilder einer europäischen Landschaft (1980)
- Gestalten und Gewalten, Essays, Aufsätze, Vorträge (1982)
- Der Tod des Hirten oder Die frühen Lehrmeister(1985)
- Das Venusherz (1987)
- … und Weihnacht ist überall (1988)
- Das Motiv der Freiheit (1988)
- Zuwendung und Beunruhigung. Anmerkungen eines Unbequemen (1994)
- Prosa – Lyrik (1995)
- Erkundungen und Erkennungen. Notizen eines Neugierigen. Essays (1995)
- Un poem de Radu Gyr şi opt eseuri (Ein Poem von Radu Gyr und acht Essays). Vorwort von Peter Motzan, Übersetzung ins Rumänische von Mariana Lăzărescu (1995)
- Wenn die Adler kommen, Roman (Trilogie) (1996), handelt von einer Familie in Siebenbürgen.
- Bukowiner Spuren. Von Dichtern und bildenden Künstlern. Aachen: Rimbaud 2002. ISBN 3-89086-747-2
- Die Wiederkehr der Wölfe. Langen-Müller, 2006. ISBN 978-3784430522
- Wegkreuzungen. Dreizehn Lebensbilder. Bamberg: Johannis Reeg Verlag 2009. ISBN 978-3-937320-38-0
- Am Vorabend des Taifuns. Geschichten aus einem abenteuerlichen Leben. Berlin: Edition Noack & Block 2010. ISBN 978-3-86813-002-7
- Der schwarze Tänzer. Ausgewählte Gedichte. Berlin: Edition Noack & Block 2012. ISBN 978-3-86813-008-9
- Das Spiel und das Chaos. Essays und Vorträge. Berlin: Edition Noack & Block 2012. ISBN 978-3-86813-013-3
- Von Palmen, Wüsten und Basaren. Reisenotizen aus Israel. Berlin: Edition Noack & Block 2013. ISBN 978-3-86813-019-5
- Europäische Impressionen. Reisebeobachtungen zwischen Klausenburg und Rom. Berlin: Edition Noack & Block 2014. ISBN 978-3-86813-022-5
- Notizen eines Ruhelosen. Tagesaufzeichnungen 1995 bis 2000. Berlin: Frank & Timme 2014. ISBN 978-3-7329-0088-6
- Der Tanz in Ketten. Roman. (Neuauflage) Berlin: Edition Noack & Block 2015. ISBN 978-3-86813-026-3
- Wenn die Adler kommen. Roman. (Neuauflage) Berlin: Edition Noack & Block 2015. ISBN 978-3-86813-028-7
- Die Wiederkehr der Wölfe. Roman. (Neuauflage) Berlin: Edition Noack & Block 2015. ISBN 978-3-86813-029-4
Ehrungen
- Georg-Dehio-Preis für Kultur- und Geisteswissenschaften, Esslingen (1972)
- Erzählerpreis des Ostdeutschen Kulturrats, Bonn (1972)
- Stipendiatenpreis der Goethe-Stiftung, Innsbruck/Basel (1972)
- Bundesverdienstkreuz am Bande (29. November 1986)[5]
- Kulturpreis der Siebenbürger Sachsen, München (1987)
- Andreas-Gryphius-Preis, Düsseldorf (1990)
- A.-Müller-Guttenbrunn-Kulturplakette, München (1995)
- Ehrenbürger von Brașov/Kronstadt
- Ehrendoktorwürde der Universität Bukarest
- Ehrenbürger von Râșnov/Rosenau[6]
- Andreas-Gryphius-Preis 2013[7]
Literatur
- Renate Windisch-Middendorf: Der Mann ohne Vaterland: Hans Bergel - Leben und Werk. In: Thede Kahl und Larisa Schippel (Hrsg.): Forum: Rumänien. 5, Frank & Timme, Berlin 2010, ISBN 978-3-86596-275-1.
- Techniken der Manipulation – tehnici de manipulare. In: Halbjahresschrift – hjs-online, 1. Februar 2013.
- Georg Herbstritt: Der Kronstädter Schriftstellerprozess 1959 in den Akten der DDR-Staatssicherheit. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 23. Jg., Heft 1–2, 2011, S. 204–208.
- Michaela Nowotnick: „95 Jahre Haft“. Kronstädter Schriftstellerprozess 1959: Darstellungsformen und Deutungsmuster der Aufarbeitung. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik, 24. Jg., Heft 1–2, 2012, S. 173–181.
- Michaela Nowotnick: Die Unentrinnbarkeit der Biographie. Der Roman „Rote Handschuhe“ von Eginald Schlattner als Fallstudie zur rumäniendeutschen Literatur. Böhlau, Köln 2016, ISBN 978-3-412-50344-4.
- William Totok: Empathie für alle Opfer. Eginald Schlattner, ein Leben in Zeiten diktatorischer Herrschaft. In: Halbjahresschrift für südosteuropäische Geschichte, Literatur und Politik. 24. Jg., Heft 1–2, 2012, S. 181–198.
- Götz Kubitschek: Die zweifach verlorene Heimat – Ein Briefwechsel mit Hans Bergel. Sezession 56, Oktober 2013, S. 36–41.
- Klaus Popa: Völkisches Handbuch Südosteuropa. Online-Lexikon völkisch-deutsches Südosteuropa. Buchstabe B. S. 28–40 (online).
- Raluca Radulescu: Das literarische Werk Hans Bergels. Frank & Timme, Berlin 2015.
- Laura Laza: Baumeister war die Angst. Die politischen Prozesse rumänischer und deutschsprachiger Schriftsteller aus Rumänien nach dem Ungarnaufstand von 1956. Cluj-Napoca 2017. ISBN 978-606-17-1118-5.
Weblinks
- Literatur von und über Hans Bergel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Internetpräsenz von Hans Bergel
- Nina May: Homepage von Hans Bergel: Informationen aus erster Hand. Siebenbürger Zeitung, 25. März 2017, abgerufen am 27. März 2017
- Foto von Hans Bergel
- Techniken der Manipulation - tehnici de manipulare. In: Halbjahresschrift - hjs-online, 1. Februar 2013
Einzelnachweise
- ↑ Bedeutender Schriftsteller und Publizist Hans Bergel gestorben
- ↑ Klaus Popa: Völkisches Handbuch Südosteuropa, Eintrag Bergel Hans
- ↑ „Holen Sie mich da raus …“: Wie Günter Grass Hans Bergel bei der Emigration aus Rumänien half. Siebenbürgische Zeitung, 12. März 2021, abgerufen am 30. September 2021.
- ↑ 4,0 4,1 Götz Kubitschek: Die zweifach verlorene Heimat - Ein Briefwechsel mit Hans Bergel. Sezession 56, Oktober 2013, S. 36–41 (online)
- ↑ Auskunft des Bundespräsidialamtes
- ↑ adz.ro, ADZ, Ralf Sudrigian: Hans Bergel – Ehrenbürger von Rosenau, 16. Oktober 2012
- ↑ Andreas Gryphius-Preis an Hans Bergel. Siebenbürgische Zeitung, 10. Oktober 2013, abgerufen am 30. September 2021.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Bergel, Hans |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller und Journalist |
GEBURTSDATUM | 26. Juli 1925 |
GEBURTSORT | Râșnov, Rumänien |
STERBEDATUM | 26. Februar 2022 |
STERBEORT | Starnberg |
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- Autor
- Literatur (20. Jahrhundert)
- Literatur (21. Jahrhundert)
- Literatur (Deutsch)
- Heimatliteratur
- Journalist (Deutschland)
- Opfer des Stalinismus
- Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
- Träger des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreises
- Ehrendoktor der Universität Bukarest
- Ehrenbürger von Brașov
- Ehrenbürger von Râșnov
- Person (Siebenbürgen)
- Rumäniendeutscher
- Deutscher
- Geboren 1925
- Gestorben 2022
- Mann