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Hofgericht
Das Hofgericht war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit das höchste landesherrliche Gericht. Es fungierte vor allem als Zivilgericht. Hofgerichte existierten sowohl an den Höfen der weltlichen und geistlichen Reichsfürsten als auch am Hof des Kaisers.
Ein sehr angesehenes Hofgericht befand sich in Rottweil, das Hofgericht Rottweil. Es wurde begründet zur Zeit, als Rottweil ein karolingischer Königshof war, bestand aber, von diesem losgelöst, bis in die Neuzeit fort. Formal waren die Grafen von Sulz mit dem Richteramt dort betraut.
Weil der König und später auch die Fürsten qua Amt oberste Richter ihrer Untertanen waren, konnten sie eigene Gerichte bilden. Das Hofgericht trat damit in Konkurrenz zum Landgericht der freien Leute (vor allem des Adels), die die Gerichtsgemeinde des Landes bildeten. Je nachdem, wie die Macht zwischen Ständen und Landesherren verteilt war, konnte das Landgericht dem Hofgericht untergeordnet werden oder beide bestanden nebeneinander.
Als „Hofgericht“ wird abweichend davon auch ein vom Landesherren eingesetztes regionales Gericht an einem herrschaftlichen Herrschaftsbezirk, oft auf einer Burg, bezeichnet.
Aufgaben
- Zunächst war das Hofgericht der Gerichtsstand für alle dem Hof zugehörigen Personen, denn der fürstliche Haushalt war gegenüber dem Landgericht exemt.
- Gläubiger konnten ihre Schulden eintreiben lassen. Das Hofgericht konnte Schuldner bestrafen und dem Gläubiger den Besitz des Schuldners zuweisen. Zum Teil wurden auch Städte geächtet.
- Das Hofgericht war in vielen Territorien Berufungsinstanz für Einsprüche aus Landgerichtsprozessen.
- Das Hofgericht hatte notarielle Funktion und beurkundete Verträge der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie Testamente, Erbverträge, Kaufverträge, Tauschverträge und Schenkungen. Besonders im 14. und 15. Jahrhundert stand das Hofgericht für seine notarielle Funktion in hohem Ansehen.
Wie die Könige der Franken, so übten auch die deutschen Kaiser das ihnen zustehende höchste Richteramt an ihrem Hofe aus. Hier führten sie selbst oder ein von ihnen bestimmter Vertreter den Vorsitz, während die das Urteil aussprechenden Mitglieder aus der jeweiligen Umgegend bestellt wurden.
Reichshofgericht
Das Reichshofgericht wanderte mit dem Kaiser und hatte keine feste Organisationsform, selbst nachdem Friedrich II. im Jahre 1235 mit der Einrichtung des Königlichen Hofgerichtes das Amt eines ständigen Hofrichters geschaffen hatte.
Das kaiserliche Hofgericht war prinzipiell zuständig für alle Streitigkeiten der Reichsunmittelbaren, die nicht vor ein Landgericht gerufen werden konnten.
Das königliche Hofgericht konnte jeden Rechtsstreit von den unteren Gerichten an sich ziehen und entscheiden. Es war dabei nur durch die Privilegia de non evocando eingeschränkt.
Bei Verhinderung oder beim Tod des Kaisers trat das Reichsvikariatsgericht an die Stelle des Reichshofgerichts. Seit 1415 trat das vom Kaiser aus Hofmeister und Räten gebildete Kammergericht an die Seite des Reichshofgerichts. Ab 1450 ersetzte das Kammergericht diese Einrichtung, bis zur Schaffung des Reichskammergerichts im Jahr 1495.
Die Urteilsverkündigungen des Hofgerichts fanden immer freitags statt, unter Geschützdonner und Trommelwirbel.
Hofgericht Rottweil
Das Kaiserliche Hofgericht Rottweil war das bedeutendste der Kaiserlichen Landgerichte im deutschen Südwesten des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Sein Name leitet sich von dem in Rottweil gelegenen Königshof ab, erlaubt aber keine Rückschlüsse auf seine gerichtsverfassungsrechtliche Stellung. Das Gericht war für Zivilverfahren (Acht und Anleite) sowie Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig.
Es übte in Schwaben und darüber hinaus kaiserliche Gerichtsbarkeit aus und stand damit in Konkurrenz zu der sich entwickelnden territorialen Gerichtsbarkeit der Landesherren. Es galt als ausgesprochen judenfreundlich. Insbesondere seit der Gründung des Reichskammergerichts war das Hofgericht massiven Angriffen der Reichsstände ausgesetzt, die die Möglichkeit zur Appellation an das neue Gericht nutzten, um Prozesse am Hofgericht zu unterbrechen und die Vorteile des Rottweiler Prozesses (geringere Kosten, schnellere Verfahren) zu untergraben. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war seine Autorität nachhaltig beschädigt, auch wenn es bis zum Ende des Alten Reiches 1806 nie formell aufgehoben wurde.
Landesherrliche Hofgerichte
Auch diese Gerichte traten nur im Bedarfsfall zusammen. Vorsitz hatte der Landesfürst oder ein von ihm bestimmter Stellvertreter. Als Urteilsfinder dienten üblicherweise Angehörige des Hofes, fürstliche Räte und andere Freie.
Zu einer festen Organisation kam es erst im 15. Jahrhundert, und im 16. Jahrhundert wurden die landesherrlichen Hofgerichte nach dem Muster des Reichskammergerichts vervollkommnet.
So wurden 1802 in Pfalz-Bayern Appellationsgerichte unter dem Namen Hofgericht eingerichtet.
Literatur
- Bernhard Kirchgässner und Hans-Peter Becht (Hrgg.): Residenzen des Rechts. Sigmaringen 1993, S. 19–35.
- Gerd Mentgen: Das kaiserliche Hofgericht Rottweil und seine Bedeutung für die Juden im Mittelalter am Beispiel des Elsaß, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 112=125, 1995, S. [396]-407.
- L. Müller: Aus fünf Jahrhunderten Beiträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinden im Ries, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg, Bd. 26 (1899), S. 116-120.
- Ordnung des Hofgerichts zu Rottweil, Handschrift um 1435, Württembergische Landesbibliothek, HB VI 110 (Digitalisat)
- Ordenung und sundere gesatz des heiligen römischen reichs hofgericht zu rotweil. Straßburg 1523 (Digitalisat)
- Paul Matthias Wehner: Alte vnd Ernewerte Ordnung vnd Reformation der Römischen Keyserlichen Majestät Keyserlichen Hoffgerichts zu Rotweil. Franckfurt 1610 (Digitalisat)
- Des Rheinischen Reichsvikariats-Hofgerichts Conclusa im Jahre 1790. München (Digitalisat)
- Peter Findeisen: Zur Stätte des Hofgerichts in Rottweil. In: Denkmalpflege in Baden-Württemberg, 19. Jg. 1990, Heft 3, S. 141–147. (PDF)
Weblinks
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