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Inge Meysel

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Inge Meysel

Inge Meysel (geb. 30. Mai 1910 in Rixdorf (heute Berlin-Neukölln); gest. 10. Juli 2004 in Seevetal-Bullenhausen; eigentlich Ingeborg Charlotte Meysel, vormals Hansen, geschiedene Rudolph, verehelichte Olden) war eine deutsche Schauspielerin.

Biografie

Schauspielerin in Theater und Fernsehen

Die Tochter des deutschen jüdischen Kaufmanns Julius Meysel und seiner dänischen Frau Margarete Hansen begann 1930 ihre Theaterkarriere in Zwickau, Berlin und Leipzig. Zum ersten Mal stand Inge Meysel im Alter von drei Jahren in der Oper Hänsel und Gretel als Engel auf der Bühne. Ihr Debüt gab sie 1930 in Zwickau in der Erstaufführung von Penzoldts Etienne und Luise.

In der Zeit von 1933 bis 1945 hatte Inge Meysel als „Halbjüdin“ Auftrittsverbot. Ein religiöses Bekenntnis der Schauspielerin ist jedoch nicht dokumentiert.[1] Meysel ging in die noch Freie Stadt Danzig und arbeitete als Telefonistin und technische Zeichnerin.

Inge Meysels Vater wurde enteignet und überlebte die Zeit bis 1945 in einem Kellerversteck, nachdem er durch Glück einem Deportationsversuch entgangen war: Reinhard Heydrich persönlich ordnete seine Freilassung als Kriegsversehrter des Ersten Weltkrieges an.

1945 kam die 35-Jährige zu Willy Maertens ans Thalia Theater in Hamburg.

Die Rolle, die ihr 1959 den Beinamen „Mutter der Nation“ einbrachte, sollte ursprünglich Grethe Weiser spielen: Fenster zum Flur hieß das Berliner Volksstück, in dessen Zentrum die Portierfrau Anni Wiesner stand[2] und das 1961 auch als Ihr schönster Tag mit Meysel verfilmt wurde. Ab den 1960er Jahren stand bei Inge Meysel das Fernsehen im Mittelpunkt. Bekannt wurde sie vor allem in der Rolle der Käthe Scholz in der Fernsehserie Die Unverbesserlichen (1965 bis 1971). Auch mit der Fernsehserie Gertrud Stranitzki (1965) wurde die Popularität der Schauspielerin Inge Meysel enorm gesteigert. In dieser Unterhaltungsserie aus der Feder von Curth Flatow spielte sie eine Schneidermeisterin, die sich nicht nur um ihren Ehemann, sondern auch um die Mitarbeiter und Kunden kümmert.

Gesellschaftspolitisches Engagement

Berlin-Schöneberg, Heylstraße 29. Inge Meysel hatte dort bis 1999 im Erdgeschoss eine Wohnung

Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte Inge Meysel 1925 mit einer Rede gegen die Todesstrafe auf einer Kundgebung der Berliner Jungdemokraten. Auch an Protesten gegen den Paragraphen 218 beteiligte sie sich bereits in dieser Zeit. Ende der zwanziger Jahre wechselte sie zu den Jungsozialisten. „Die Jungdemokraten, Burmeister, Lilo Linke und andere, das war mein Freundeskreis! Aber politisch gehörte ich zu den Jungsozialisten.“ (Inge Meysel[3]). Inge Meysel war eine „bekennende“ Naturistin.

1972 unterstützte sie den Wahlkampf von Willy Brandt und 1978 gehörte sie neben Alice Schwarzer und acht weiteren Frauen zu den Klägerinnen im sogenannten „Sexismus-Prozess“ gegen den Stern. 1981 lehnte sie das Bundesverdienstkreuz ab, weil es keinen Orden wert sei, dass jemand „sein Leben anständig gelebt hat“. Den Kampf gegen AIDS unterstützte sie durch mehrere Auftritte bei Benefizveranstaltungen. Das, wie auch ihre offene und direkte Art, machte sie bei Schwulen und Lesben beliebt.

Im Januar 1987 sprach sie in einem Interview in der Emma über ihre gleichgeschlechtliche Erfahrung: „Männer waren gestrichen, bis 21. Aber da hatte ich schon längst eine Liebesbeziehung zu einer Frau. […] Ich glaube, dass viele Frauen […] merken, dass ihr Zärtlichkeitsbedürfnis durch eine Frau besser ausgefüllt wird.“[1] Dies war jedoch nicht die erste Wortmeldung zu dem Thema, denn schon 1975 sprach sie in einer Theater-Talk-Show nach dem Format des „Heißen Stuhls“ im Hamburger Malersaal über ihr gleichgeschlechtliches Erlebnis.[4] In die Schlagzeilen und somit in eine breitere Öffentlichkeit kam es aber erst ab den 1990ern.[5] 1991 trat sie als prominentes Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben in Erscheinung. Politisch setzte sie sich jahrzehntelang für die SPD ein, später auch für die ehemalige Bundestagsabgeordnete Angela Marquardt (damaliges Mitglied der PDS, inzwischen SPD), die sie mit Geld für ein Studium unterstützte.

Letzte Jahre

Inge Meysel litt seit 2003 an Altersdemenz, spielte dennoch 2004 in einer Folge von Polizeiruf 110 mit – wo sie im 94. Lebensjahr die wehrhafte Greisin Oma Kampnagel darstellte. Ende April 2004 zog sie sich einen komplizierten Trümmerbruch des rechten Oberschenkels zu, der in einer Notoperation mit einem Hüftgelenksmarknagel stabilisiert wurde.

Inge Meysel starb an einem Herzstillstand in ihrem Haus im niedersächsischen Bullenhausen. Ihre Urne wurde am 23. Juli 2004 in Hamburg auf dem Friedhof Ohlsdorf im Grab neben ihrem verstorbenen Ehemann John Olden beigesetzt.[6]

Filmografie (Auswahl)

  • 1974: Orpheus in der Unterwelt; Regie: Joachim Hess
  • 1974: Eine geschiedene Frau; Regie: Claus Peter Witt
  • 1977: Endstation Paradies
  • 1979: St. Pauli-Landungsbrücken als Gretchen Ebelmann
  • 1980: Bühne frei für Kolowitz; Regie: Ralf Gregan
  • 1981: Die kluge Witwe; Regie: Wolf Dietrich
  • 1981: Der rote Strumpf; Regie: Wolfgang Tumler
  • 1982: Ein Kleid von Dior; Regie: Peter Weck
  • 1983: Wie war das damals?; Regie: Thomas Engel
  • 1984: Die Dame und die Unterwelt; Regie: Rainer Wolffhardt
  • 1984: Wassa Schelesnowa; Regie: Karl Paryla
  • 1984: Das Geschenk; Regie: Marcus Scholz
  • 1984: Mrs. Harris – Freund mit Rolls Royce; Regie: Georg Tressler
  • 1985: Grenzenloses Himmelblau; Regie: Marcus Scholz
  • 1985: Derrick (Episode: Schwester Hilde)
  • 1987: Mrs. Harris fährt nach Moskau; Regie: Franz Josef Gottlieb
  • 1988: Neapel sehen und erben; Regie: Marco Serafini
  • 1988: Spätes Glück nicht ausgeschlossen; Regie: Franz-Josef Gottlieb
  • 1989/1990: In inniger Feindschaft, Regie: Claude Faraldo franz. Film
  • 1990: Die Richterin; Regie: Jörg Grünler
  • 1990: Kein pflegeleichter Fall
  • 1995–2004: Polizeiruf 110
  • 1997: Guppies zum Tee
  • 1998: Das vergessene Leben
  • 1999: Die blauen und die grauen Tage
  • 1999: Großstadtrevier (Folge 135)
  • 2000: Oh Tannenbaum
  • 2000: Tatort – Blaues Blut
  • 2001: Die Liebenden vom Alexanderplatz; Regie: Detlef Rönfeldt
  • 2004: Polizeiruf 110: Mein letzter Wille (letzte Arbeit)

Auszeichnungen

Schriften

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Inge Meysel. Ein Interview von Alice Schwarzer. In: Emma, Januar 1987: „Das Absurde ist ja auch: Ich bin ja noch nicht einmal eine Jüdin.“
  2. stern.de
  3. Interview mit der Mainzer Jungdemokratenzeitung Zündstoff 1989
  4. Heißer Stuhl. In: Der Spiegel. Nr. 23, 1975, S. 138 (online).
  5. Bild, 24. Februar 1992: Mutiges Bekenntnis. Inge Meysel: Ich habe Frauen geliebt; dpa, 1992: „Ich war bisexuell, ich, die ‚Mutter der Nation‘; Bunte, 2001: „Wer nicht bisexuell ist, verpaßt doch das Beste.“
  6. knerger.de: Grab von Inge Meysel und John Olden
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Inge Meysel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.