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Initiative GG 5.3 Weltoffenheit
Die Initiative GG 5.3 Weltoffenheit ist eine Initiative zahlreicher öffentlicher Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen in Deutschland, die sich nach eigenem Bekunden für die Wahrung der Meinungsfreiheit (Art. 5 Grundgesetz) im Umgang mit der israelkritischen Boykottbewegung BDS ausspricht.
Hintergrund
Im Mai 2019 verabschiedete der Bundestag eine Resolution, die die israelkritische Boykottbewegung Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) als antisemitisch motiviert verurteilt und ihre finanzielle Förderung durch Bundesmittel verbietet. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, FDP und großen Teilen der Grünen angenommen. Ein Entwurf der AfD, der zusätzlich das Verbot der BDS-Bewegung forderte, wurde von den übrigen Parteien abgelehnt. Ebenso wenig fand ein Antrag der Linken Zustimmung, der sich auf eine Verurteilung des „Antisemitismus in BDS-Aufrufen“ beschränkte. Alle Fraktionen kritisierten, dass aus den Reihen der BDS-Bewegung dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen werde.[1]
Initiative GG 5.3 Weltoffenheit
Im Dezember 2020 veröffentlichen die Leiter zahlreicher bedeutender, staatlich finanzierter Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen die „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“. In dem einseitigen, zweisprachig verfassten Aufruf betonen die Unterzeichner, dass sie den Boykott Israels durch BDS ablehnten. Zugleich warnen sie vor einer Einschränkung der grundgesetzlich geschützten Kunst- und Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Absatz 3 GG) durch die „mißbräuchliche Verwendung des Antisemitismusvorwurfs“. Sie fordern, bei der Meinungsäußerung eine „Differenz“ zuzulassen und „einer Vielstimmigkeit Freiräume zu garantieren“.[2]
Kritik
Verschiedene Pressekommentatoren warfen den Initiatoren vor, ihr Plädoyer ignoriere, dass die BDS das Existenzrecht Israels verneine.[3][4]
Jüdische Interessenvertreter kritisierten ebenfalls die Initiative. Laut Remko Leemhuis, Direktor des American Jewish Committee in Berlin, sei es „schlicht grotesk“, dass die Funktionäre es als „Bedrohung ihrer Arbeit“ ansehen würden, dass BDS nicht mit Steuermitteln gefördert werden dürfe. Der Zentralrat der Juden verurteilte die Initiative, da diese suggeriere, dass in Deutschland ein kritischer Dialog unterdrückt würde.[5] Der Historiker Michael Wolffsohn warf den Initiatoren mangelnde Rücksichtnahme auf jüdische Befindlichkeiten vor. BDS sei eine „in ihrer Wirkung antisemitische und kritiklos propalästinensische“ Kampagne.[6] Samuel Salzborn, Antisemitismusbeauftragter des Landes Berlin, zeigte sich von der Initiative „irritiert und verstört“ und sieht sie als Versuch, die Diskussion über antisemitische Positionen abzuwürgen.[7]
Kulturstaatsministerin Monika Grütters unterstrich, dass aus Sicht der Bundesregierung auch für die kontroverse Themen „bestimmte Regeln“ gelten müssten. Dazu zähle in diesem Fall „die unmißverständliche Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel“. Grütters ist Dienstherrin der Kulturstiftung des Bundes, die aus dem Kulturetat des Bundes finanziert wird, und deren Leiterin Hortensia Völckers an der Resolution mitgewirkt hat.[6] Auch die übrigen Institutionen, die die Initiative mitgezeichnet haben, haben öffentlichen Charakter und beziehen öffentliche Mittel zur Finanzierung ihrer Tätigkeiten.
Nach dem umstrittenen Aufruf von Kulturschaffenden hat die Bundesregierung bekräftigt, ihre ablehnende Haltung zur BDS-Bewegung beizubehalten. „Ständige Boykottaufrufe sind ignorant und diffamierend“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz am 11. Dezember 2020 in Berlin. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, man habe jegliche Zusammenarbeit mit der BDS-Bewegung bereits vor der Resolution ausgeschlossen und keine Projekte gefördert, die der Unterstützung der Bewegung dienten.[8]
BDS
Zur BDS-Frage heißt es in der GG 5.3 Resolution:
„Da wir den kulturellen und wissenschaftlichen Austausch für grundlegend halten, lehnen wir den Boykott Israels durch den BDS ab. Gleichzeitig halten wir auch die Logik des Boykotts, die die BDS-Resolution des Bundestages ausgelöst hat, für gefährlich. Unter Berufung auf diese Resolution werden durch missbräuchliche Verwendungen des Antisemitismusvorwurfs wichtige Stimmen beiseitegedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt.“
Beteiligte Institutionen
Dem Arbeitskreis der Initiative gehören folgende, durch ihre Leiter vertretene öffentliche Einrichtungen an.[9]
Initiatoren
Unterzeichner
Zu den weiteren Unterzeichnern gehören nachstehende, durch ihre Leitung repräsentierte öffentliche Institutionen.[9]
Institution | Unterzeichner | Leitungsfunktion |
---|---|---|
Deutscher Bühnenverein | Carsten Brosda | Präsident |
DOK Leipzig | Christoph Terhechte | Künstlerischer Leiter |
Düsseldorfer Schauspielhaus | Wilfried Schulz | Generalintendant |
Forum Transregionale Studien | Andreas Eckert | Vorstandsvorsitzender |
Münchner Kammerspiele | Barbara Mundel | Intendant |
Nationaltheater Mannheim | Christian Holtzhauer | Schauspielintendant |
Schauspiel Köln | Stefan Bachmann | Intendant |
Staatsschauspiel Dresden | Joachim Klement | Intendant |
Theater Krefeld und Mönchengladbach | Michael Grosse | Generalintendant |
Thalia Theater | Joachim Lux | Intendant |
Völkerkundemuseen in Leipzig, Dresden und Herrnhut | Léontine Meijer-van Mensch | Leiter |
Württembergischer Kunstverein | Hans D. Christ und Iris Dressler | Direktoren |
Weitere Unterstützer
Die Initiative wird vom SPD-Politiker Thomas Krüger, Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung, unterstützt. Krüger warnte bei der Vorstellung in Berlin vor einer „Gesinnungsprüfung“, der Mitarbeiter seiner Behörde „in Reaktion“ auf die Bundestagsresolution bei der Prüfung von Förderungsanträgen ausgesetzt seien.[10] Die Bundeszentrale untersteht als Bundesbehörde dem Innenministerium und wird zur Gänze aus dem Bundeshaushalt finanziert.[11]
Einzelnachweise
- ↑ Deutscher Bundestag: Bundestag verurteilt Boykottaufrufe gegen Israel, 17. Mai 2019, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ Stiftung Humboldt Forum: Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ Jacques Schuster: Theater gegen BDS-Resolution: Ein klarer Fall von demokratischem Antisemitismus, in: Die Welt, 10. Dezember 2020, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ Andreas Kilb: Kritik an BDS-Beschluss: Diskursfeindliches Geraune, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Dezember 2020, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ "Antisemitismus ist keine Meinung". Jüdische Allgemeine, 13. Dezember 2020, abgerufen am 13. Dezember 2020.
- ↑ 6,0 6,1 Bild: Jüdische Verbände kritisieren Künstler-Initiative, 11. Dezember 2020, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ Tobias Rapp: Samuel Salzborn zur "Initiative GG 5.3 Weltoffenheit": "Es werden keine Freiheiten eingeschränkt". Der Spiegel, 12. Dezember 2020, abgerufen am 13. Dezember 2020.
- ↑ Bundesregierung bekräftigt Ablehnung von BDS, Jüdische Allgemeine, 12. Dezember 2020. Abgerufen am 14. Dezember 2020.
- ↑ 9,0 9,1 Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“
- ↑ Jüdische Allgemeine: BDS-Bewegung »Vorboten der Zensur«?, 10. Dezember 2020, abgerufen am 11. Dezember 2020
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Einnahmen und Ausgaben: Das Budget der Bundeszentrale für politische Bildung, 24. Juli 2019, abgerufen am 11. Dezember 2020
Weblinks
- Plädoyer der „Initiative GG 5.3 Weltoffenheit“, bei Humboldtforum (PDF)
- „Es entsteht ein Klima des Generalverdachts“ Hanno Loewy im Gespräch mit Christiane Habermalz
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Initiative GG 5.3 Weltoffenheit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |