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Jüdischer Friedhof (Oberwesel)

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Der Jüdische Friedhof Oberwesel ist eine vormalige, im 18. Jahrhundert angelegte jüdische Begräbnisstätte der Judenschaft in den Gemeinden Oberwesel und Perscheid. Er liegt heute im Rhein-Hunsrück-Kreis des Landes Rheinland-Pfalz. Die letzte Beisetzung auf dem Friedhof fand im Jahr 1942 statt, [1] [2]jedoch wäre es nach jüdischem Verständnis falsch, von einem aufgelassenen Friedhof zu sprechen.

Friedhofsgelände an der Grauen Lay

Lage und Beschaffenheit des neuzeitlichen Friedhofs

Gelände an der Grauen Lay

Der Friedhof liegt in der nordwestlichen Gemarkung oberhalb der Stadt, auf einem als „An der grauen Lay“ bezeichnetem Gelände. Mit diesem Flurstück erhielten die Juden einen landwirtschaftlich wenig nutzbaren Nordhang, der am Rand einer Hochfläche gelegen und wegen seiner spärlichen Sonneneinstrahlung auch nicht für den Weinbau geeignet war. Das über dem Rheintal gelegene Land, dessen Untergrund überwiegend steinig-felsig ist, hat hier nur eine dünne Erdkrume und wird von den alteingesessenen Bewohnern der Region auch „auf der Hardt“ genannt. Der den Friedhof bergende Landstreifen zieht sich als Brachland, teilweise auch mit Wald oder Buschwerk bestanden, als Hanglage entlang des nach Damscheid führenden Niederbachtales.

Die Friedhofsadresse lautet daher Damscheider Weg, Flur 8, Nr. 714/43. Es ist ein Feldweg, der lediglich landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen vorbehalten ist. Das stark abfallende Friedhofsareal mit lichtem Baumbestand hat eine Größe von 27,21 Ar [3] und ist von einem massiven Metallzaun in der Form eines Rechtecks umgebenen. Den Eingang bilden gemauerte Pfosten aus Bruchstein, die zwei eiserne Torfflügel erhielten und jeweils mit einem Davidstern, dem heutigen Symbol des Judentums und des Volkes Israel, verziert sind.

Geschichte

Jüdische Begräbniskultur

Es soll in biblischer Zeit noch keine jüdischen Friedhöfe gegeben haben, sondern nur Familiengräber, in denen sich die Angehörigen im Tode wiedervereint sahen.[4] Die Erdbestattung ist jedoch ein über Jahrtausende zu verfolgendes Ritual der Juden, ein Umstand, der auch in mittelalterlicher Zeit der mehrheitlich christlichen Bevölkerung in unseren Breiten bekannt war, und – wenn auch unter erheblichen Auflagen – respektiert wurde. So mussten wohl auch in der reichsstädtischen Zeit Oberwesels (1220–1309) die Bestattungen der nur geduldeten Mitbewohner vor den Toren der Stadt erfolgen. Dies jedoch nur dann, wenn die Finanzkraft der Juden ausgereicht hatte, ein Friedhofsgrundstück zu erwerben. Hatten jüdische Gemeinden keinen eigenen Friedhof, so leisteten andere Gemeinden Hilfe, sodass Verstorbene zwangsläufig zu weit entfernten Friedhöfen zu transportieren waren. Solche, sowie andere mit der Bestattung eines Gemeindemitgliedes zusammenhängende Aufgaben wurden von den Chewra Kadischa wahrgenommen. Dies war eine „heilige Gemeinschaft“, die sich als Bruder- oder Schwesternschaft in all jenen Gemeinden gebildet hatte, die über einen eigenen Friedhof verfügten und in diesen alle Aufgabe übernahmen, die für eine würdige Bestattung eines verstorbenen Gemeindemitgliedes erforderlich waren. Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen.

Anlage jüdischer Begräbnisstätten

Juden kamen wahrscheinlich mit den römischen Eroberern an den Rhein, an dem sie ansässig wurden, lebten, starben und beerdigt wurden. Ob Juden ebenfalls – möglicherweise als Soldaten – in den an Ausfallstraßen angelegten Nekropolen der Römer bestattet wurden, ist nicht bekannt. Aus dieser Zeit, aber auch aus den folgenden Jahrhunderten, sind diesseits der Alpen speziell jüdische Grabmale nicht überkommen. Zwischen dem 9. und dem 11. Jahrhundert sind 20 jüdische Gemeinden nachgewiesen, von deren Friedhöfen der größte Teil noch heute an Rhein, Mosel und Nahe zu finden ist.

In Deutschland befinden sich trotz der Jahre nationalsozialistischer Herrschaft über 2200 jüdische Friedhöfe. Ein eigenes Friedhofsgrundstück zu haben, setzte früher jedoch eine finanzkräftige Gemeinde voraus, die in der Lage war, ein adäquates Stück Land von der Kommune zu erwerben. Möglicherweise bestanden im Lauf der Jahrhunderte mehrere Anlagen dieser Art, die im Auf und Ab zwischen Duldung und Vertreibung jüdischer Gemeinden von der Zivilgemeinde aufgehoben, dann geplündert und veräußert wurden, aber irgendwann wieder neu entstanden. Als Beispiele hierfür wäre nicht nur die jüdische Geschichte in Köln mit dem alten Friedhof auf dem Judenbüchel zu nennen.

So ist bereits für 1452 eine jüdische Schule Oberwesels belegt. Dauerhaft nachgewiesen ist eine jüdische Gemeinde Oberwesels seit dem Ende des 17. Jahrhunderts, und erhaltene Grabsteine, die Todesdaten der Jahre 1718/1731 aufweisen, bestätigen dies und lassen den Schluss auf ein noch früheres Vorhandensein der Gemeinde mit einem Friedhof zu. [5]

Der Friedhof in preußischer Zeit

In preußischer Zeit tauchte nun häufig im Sprachgebrauch ein neues Verhalten auf. Es gab beispielsweise israelitische Schulen, und der israelitische Friedhof in Oberwesel wurde auch von der von den in Perscheid ansässigen Juden genutzt. Dieser war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts angelegt worden und wurde möglicherweise ein Jahrhundert später erweitert, verbunden mit der Anlage der beiden Hauptwege. In das späte 19. Jahrhundert datiert man die eiserne Einzäunung des Geländes. Sie ist als Staketenzaun angelegt, und die Torflügel des einzigen Einganges erhielten je einen eingearbeiteten Davidstern zur Zierde. Der Friedhof war nach einem Statut des Jahres 1888 Eigentum der Oberweseler Synagogengemeinde. [2]

Heutiger Zustand der Anlage

Das unregelmäßige Rechteck des Friedhofgeländes liegt quer hinter dem mittig installierten Toreingang. Der zu diesem führende unbefestigte Weg setzt sich dann in gleicher Art als schmaler Mittel- und Hauptweg fort. Aufgrund des wuchernden Grüns ist der weitere Weg kaum auszumachen. Die starke Hanglage erforderte diverse seitlich im felsigen Grund angelegte Treppenzugänge, die das Erreichen bergauf- oder abgelegener Grablagen ermöglichen.

Nach der traditionellen jüdischen Begräbniskultur wurden auch hier verstorbene Personen derart bestattet, dass sie mit den Füßen in Richtung der Stadt Jerusalem gebettet wurden. Auch die über ihren Häuptern errichteten Stelen weisen mit ihrer beschrifteten Seite in diese Richtung. Unter den Einzel- und Doppelgräbern, deren Errichtung in Hanglage häufig hohe Grabeinfassungen erforderlich machten, finden sich rein hebräisch beschriftete sowie solche Grabsteine (hebräisch Mazevot genannt), die in einer Mischung beider Sprachabschnitte mit Daten zur bestatteten Person versehen wurden. Dieser Brauch ist die Fortführung des Markierens einer Grabstätte in alter Zeit, der auf Gen 35,19–20 EU zurückgeführt wird. Die ältesten entzifferten Grabsteine entstammen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es ist der der „Breinle“, Tochter des „Awraham“, die am 11. Dezember 1718 (oder 1738) verstarb, sowie der Grabstein des „Meir“, dem Sohn des „Moshe“, der am 16. Dezember des Jahres 1731 verstarb. Charakteristisch ist bei den frühen Stelen ihre schlichte Form, die häufig der der biblischen Gesetzestafeln der Zehn Gebote nachempfunden wurde. [6]

Auffallend sind auch auf diesem Friedhof die teilweise umgestürzten Grabmale, jedoch ist für den ortsfremden Besucher nicht festzustellen, ob die Beschädigungen aus der NS-Zeit herrühren, oder ob es Schändungen heutiger Antisemiten sind.

Helden des 1. Weltkriegs auf der geretteten Tafel der geschändeten Synagoge

Das Friedhofsareal ist bestanden mit 66 Grabsteinen, davon sollen 9 aus dem 18. Jahrhundert und die restlichen überwiegend dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert entstammen. Etwa in der Mitte des Hauptweges wurde an einer der hohen Grabeinfassungen die 1938 aus der geschändeten Synagoge am Scharplatz des Ortes gerettete Tafel angebracht, auf der die Namen der jüdischen Gefallenen stehen, die ihr Leben im Ersten Weltkrieg für das Vaterland verloren. Die noch vorhandenen älteren Grabsteine sind teilweise fragmentiert, alle Bestattungen ab dem 18. Jahrhundert bis zur letzten Beerdigung eines Gemeindemitglieds im Jahr 1942 wurden in einer Dokumentation zwischen 2002 und 2003 durch Doris Spormann und Willi Wagner im Rahmen des Projektes Hunsrück (Belegungsplan, Belegungsliste) erfasst und veröffentlicht.[7] Die letzte Beisetzung auf dem Friedhof war die der Henriette Cahn geborene Schwarz. Sie fand im Januar 1942 zu einer Zeit statt, in der begonnen wurde die letzten noch in Oberwesel verbliebenen Juden aufzuspüren, um sie den von den Nationalsozialisten durchgeführten Deportationen in die Vernichtungslager zu zuführen. Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Denkmalschutz und Pflege

Der jüdische Friedhof des Ortes ist ein geschütztes Kulturdenkmal nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) und in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz eingetragen.

Schüler der Oberweseler „Heuss-Adenauer Mittelrhein-Realschule plus“ übernahmen offiziell die Pflege des jüdischen Friedhofs.

Literatur

  • Anton Schwarz: Eine Zeitreise durch Oberwesel, Bauverein Historische Stadt Oberwesel e. V. 2000 (Hrsg.), Druck: HVA Grafische Betriebe GmbH, Heidelberg
  • Konrad Schilling In: Monumenta Judaica. 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein. Handbuch zur Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum Okt. 1963 – Febr. 1964. Im Auftrag der Stadt Köln. Hrsg. Konrad Schilling. [Bd. 1:] – Köln 1963, Verlag Bachem
  • Doris Spormann und Willi Wagner: Die Synagogengemeinden in St. Goar und Oberwesel im 19. und 20. Jahrhundert. Spuren landjüdischen Gemeindelebens am Mittelrhein. In: Sachor, Beiträge zur jüdischen Geschichte in Rheinland-Pfalz s. Jg. 1992 Heft 3 S. 22-30.
  • Friedrich Wilhelm Bredt, Friedhof und Grabmal: „Die jüdischen Friedhöfe“ in Mitteilungen des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz, 10. Jg. (1916)
  • Christof Pies (u.a.): Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis. Hunsrücker Geschichtsverein e. V. (Hrsg.) Band 40, Argenthal 2004. ISBN 3-9807919-7-1

Anmerkungen

  1. Anton Schwarz, Eine Zeitreise durch Oberwesel, in: Bauverein Historische Stadt Oberwesel, S. 96 ff
  2. 2,0 2,1 Doris Spormann: Die Synagogengemeinden in St. Goar und Oberwesel im 19. und 20. Jahrhundert, Die Synagogengemeinde S.24
  3. Christof Pies, in: Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, Abschnitt Tod und Beerdigung, S.71, und Abschnitt Oberwesel S.148 ff
  4. Christof Pies, in: Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, S.98 ff
  5. Doris Spormann und Willi Wagner im: Christof Pies, Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, S. 148 ff
  6. Doris Spormann und Willi Wagner in: Christof Pies (u.a.): Jüdisches Leben im Rhein-Hunsrück-Kreis, S.151
  7. [http://www.zentralarchiv.uni-hd.de/FRIEDHOF/PFALZ/PROJEKTE/f-rlp-nz.htm#Oberwesel abgerufen 14. Januar 2014

Weblinks

 Commons: Jüdischer Friedhof (Oberwesel) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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