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Jüdischer Friedhof Bad Münder
Der Jüdische Friedhof Bad Münder war die Begräbnisstätte der jüdischen Gemeinde von Bad Münder am Deister im niedersächsischen Landkreis Hameln-Pyrmont.
Lage und Beschreibung
Der mit einem Zaun und durch Hecken eingefriedete Friedhof liegt an der Deisterallee in Bad Münder. Die repräsentativ wirkende innerörtliche Allee führt vom Ortszentrum hinauf zu Kurkliniken am Hang des Deisters. Der Friedhof hatte eine ursprüngliche Größe von fast 2500 m². Davon wurde bis in die 1930er Jahre nur der kleinere, östliche Teil des Geländes als Bestattungsplatz genutzt, während der weitläufige westliche Bereich als Gartenland verpachtet war. Heute umfasst der bei der Wiederherstellung in den 1960er Jahren stark verkleinerte Friedhof rund 650 m². Auf ihm stehen 28 Grabsteine aus den Jahren 1826 bis 1917, die aus einem ehemals größeren Bestand stammen.
Geschichte
Der ursprünglich außerhalb der Stadt angelegte Friedhof der jüdischen Gemeinde Bad Münder ist im Jahr 1782 erstmals bezeugt. Die letzte Beerdigung fand darauf 1937 statt. Während des Novemberpogroms von 1938 wurde die Synagoge in Bad Münder verwüstet und es wurden drei jüdische Männer in das Konzentrationslager Buchenwald verschleppt. Danach war die jüdische Gemeinde gezwungen, den unbelegten und als Garten genutzten westlichen Teil des Friedhofs abzugeben. Noch 1938 veräußerte ihn der Vorsitzende der örtlichen jüdischen Gemeinde an einen nichtjüdischen Bürger aus Bad Münder, der auch schon das bei dem Pogrom verwüstete Synagogengebäude erworben hatte. Auf dem Friedhof befanden sich im Jahr 1939 32 Einzel- und 7 Doppelgräber.
Anfang 1939 ersuchte der Bürgermeister von Bad Münder den Landrat des Kreises Springe Georg Mercker, den jüdischen Friedhof zu schließen und die Grabsteine abzuräumen zu lassen. Er begründete seine Forderung damit, dass der „Friedhof an hervorragender Stelle an der Allee nach dem Deister liegt“ und dass „jeder Spaziergänger, Kurgast an dem Friedhof vorbei muss und sich jedes Mal darüber ärgern muss, dass es ... möglich war, an einem solch schönen Platz einen Judenfriedhof einzurichten ...“[1]
Der Landrat schloss sich dieser Forderung an und leitete sie im Juni 1939, ohne die vorgeschriebene Anhörung der jüdischen Gemeinde, an den hannoverschen Regierungspräsidenten weiter, der kurze Zeit später die Schließung anordnete. Bereits durch Runderlass vom 27. Oktober 1938 wirkte der Regierungspräsident in Hannover darauf hin, jüdische Friedhöfe zu schließen und keine Bestattungen mehr zuzulassen. Die Einebnung der Gräber sollte aus hygienischen Gründen nach frühestens 30-jähriger Liegezeit ab der letzten Bestattung erfolgen. In Erfüllung des Erlasses wurden im Kreis Springe die zehn vorhandenen jüdischen Friedhöfe bis Mitte 1939 geschlossen, darunter auch der in Bad Münder. Danach fanden Beerdigungen auf dem jüdischen Friedhof Lauenau statt. Das Vorhaben des Bürgermeisters zur Einrichtung eines Kleinkaliber-Schießstandes auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs in Bad Münder lehnte der Regierungspräsident ab, weil die letzte Bestattung erst 1937 stattgefunden hatte.
1941 veräußerte die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland den noch mit Grabsteinen bestandenen östlichen Teil des jüdischen Friedhofs an einen Bürger aus Bad Münder, der bereits 1938 den westlichen Friedhofsteil erworben hatte. Der Erwerber verpflichtete sich im Kaufvertrag, den Friedhof während der verbleibenden Liegezeit (rund 25 Jahre) zu pflegen, Angehörigen den Zutritt zu gewähren und Beerdigungen zu gestatten. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem Kauf räumte der neue Eigentümer die Grabsteine ab und pflanzte auf dem früheren Friedhofsgelände Kartoffeln an. Die meisten Grabsteine verbaute er als Hangsicherung auf dem Grundstück und drei kleine Grabsteine im Fundament einer Gartenhütte. Sieben große Steine von Doppelgräbern wurden wegen ihrer Unhandlichkeit vermutlich zerschlagen. Das Vorgehen der Behörden und des neuen Grundstückseigentümers widersprechen dem jüdischen Verständnis eines Ewigkeitsbestehens von Friedhöfen und dem damit verbundenen Anspruch auf Unantastbarkeit der Totenruhe.
Laut dem Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom wurden die jüdischen Friedhöfe im Weserbergland bei Hameln in der Zeit des Nationalsozialismus zerstört, um die letzten Spuren jüdischen Lebens zu beseitigen.[2] Dies erfolgte meist während der Novemberpogrome 1938 durch örtliche SA-Mitglieder, die die Grabsteine umstürzten oder sie mit Spitzhacken beschädigten. Anschließend wurden die Steine, vor allem im ländlichen Raum, als Baumaterial verwendet, etwa als Treppenstufen, Trittsteine oder als Fundamentsteine.[3] Ob der jüdische Friedhof in Bad Münder wie an anderen Orten gewaltsam zerstört wurde, ist nicht bekannt. Zerstörungsspuren sind an den heute noch vorhandenen Grabsteinen nicht erkennbar. Sicher ist nur, dass nach dem Verkauf von 1941 der Erwerber die Grabsteine abräumte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen einen Teil des früheren Friedhofsgeländes zurück und ließ es im Jahr 1961 wieder herrichten. 28 noch vorhandene Grabsteine wurden wieder aufgestellt, jedoch nicht an ihren ursprünglichen Standorten, da diese nicht mehr bekannt waren.
Im Jahr 2008 wurden der Zaun und das Friedhofstor erneuert. Seit 2014 steht vor dem Friedhof eine Informationstafel, deren Text der Hamelner Historiker Bernhard Gelderblom verfasst hat. Der Friedhof ist neben dem ehemaligen Synagogengebäude das letzte bauliche Zeugnis jüdischen Lebens in Bad Münder.
Literatur
- Bernhard Gelderblom: Die Beseitigung der jüdischen Friedhöfe in der Kleinstadt Bad Münder (Landkreis Springe) und im Flecken Coppenbrügge (Landkreis Hameln-Pyrmont) – als Beispiele für das Zusammenspiel von behördlicher Willkür und persönlicher Habgier. In: Arbeitskreis Geschichte der Juden in der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen (Hrsg.): Juden in Niedersachsen 1938–1945. Forschungsansätze und Forschungsdesiderate. Tagung in Hannover 24.–25. März 2011. Hannover 2011, S. 62–64.
Weblinks
- Bad Münder. In: Übersicht über alle Projekte zur Dokumentation jüdischer Grabinschriften auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; hier: Niedersachsen
- Bernhard Gelderblom: Der jüdische Friedhof in Bad Münder.
Einzelnachweise
- ↑ Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden in Deutschland. Münder (Niedersachsen). und Bernhard Gelderblom: Die Beseitigung der jüdischen Friedhöfe in der Kleinstadt Bad Münder ...(siehe unter Literatur)
- ↑ Bernhard Gelderblom: Zur Geschichte der Juden in Hameln und in der Umgebung. Die jüdischen Friedhöfe.
- ↑ Bernhard Gelderblom: Die jüdischen Friedhöfe des Weserberglandes
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