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Jeanine Áñez

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Jeanine Áñez Chávez (* 13. August 1967 in San Joaquín[1], Beni, Bolivien) ist eine bolivianische Politikerin der kleinen liberalkonservativen Partei Movimiento Demócrata Social. Sie hat sich am 12. November 2019 zur bolivianischen Präsidentin pro tempore erklärt, um bis zum Abschluss der geplanten Neuwahlen innerhalb von 90 Tagen das entstandene Machtvakuum zu füllen.[2] Damit ist sie nach Lidia Gueiler Tejada die zweite Frau, die das Amt innehat.[1]

Werdegang

Áñez Chávez ist Juristin.[3] Seit 2010 vertritt sie in der Plurinationalen Legislativen Versammlung Boliviens das nordöstliche Departamento Beni, ursprünglich für die Partei Plan Progreso para Bolivia-Convergencia Nacional, die sich jedoch 2014 auflöste. Sie gilt als Kritikerin von Evo Morales.[3]

Am 10. November 2019 trat Morales unter dem Druck von Protesten zurück.[4] Da viele Gefolgsleute Morales’ ebenfalls zurückgetreten waren, wurde Áñez als zweite Vizepräsidentin des Senats Interimspräsidentin. Sie gedachte zunächst, nur für Neuwahlen zu sorgen, welche schließlich auf Anfang Mai 2020 festgelegt wurden, entschied sich aber später, auch selbst zu kandidieren.[5][6]

Áñez Chávez ist mit dem kolumbianischen Politiker Héctor Hernando Hincapié verheiratet.[3]

Vorgänge der Interims-Präsidentschaft

Nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl in Bolivien 2019 trat Morales zurück. Laut Artikel 169 der Verfassung hätte der Vizepräsident Álvaro García Linera nachfolgen müssen, der aber ebenfalls zurücktrat. Laut Verfassung hätte die Vorsitzende des Senats Adriana Salvatierra oder andernfalls der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses Víctor Borda übernehmen müssen. Doch auch sie traten zurück und die Verfassung lässt offen, was in diesem Fall zu geschehen sei. Sollte der Vorsitzende des Abgeordnetenhaus übernehmen, schreibt die Verfassung eine Neuwahl innerhalb von 90 Tagen vor.[7] Áñez Chávez sah sich als zweite Vizepräsidentin des Senates nach eigenen Angaben als die ranghöchste Politikerin, die zur Übernahme des Präsidentenamtes in Frage kam.[8] Sie erklärte sich am 11. November 2019 hierzu übergangsweise bereit[9] und gab an, als einziges Ziel die Neuwahlen anzustreben. Als Termin gab sie den 22. Januar 2020 an.[10] Dieser Termin wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Die Neuwahlen sollten danach am 3. Mai 2020 stattfinden,[11] aber aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde die Wahl auf den 18. Oktober 2020 verschoben.

Die Rücktritte und ihre Ernennung müssen laut Verfassung vom Parlament bestätigt werden. Eine parlamentarische Bestätigung war am ersten Sitzungstag nach dem Rücktritt, dem 11. November, nicht möglich, weil die Abgeordneten der MAS die Sitzung boykottierten, sodass das Parlament nicht beschlussfähig war. Doch weil Morales und Linera vorher das Land verlassen hatten und die erwähnten Adriana Salvatierra und Víctor Borda am besagten 11. November nicht anwesend waren, bestätigte der bolivianische Verfassungsgerichtshof innerhalb von zwei Stunden, dass die Rücktritte sowie die Ernennung Áñez’ aufgrund des gegebenen Machtvakuums nicht mehr vom Parlament bestätigt werden müssen. Das Gericht verwies auf eine analoge Entscheidung im Jahre 2001. Eine erneute Parlamentssitzung am 13. November mit den Abgeordneten der MAS wäre zwar wieder beschlussfähig gewesen, doch die Polizei verweigerte den Abgeordneten den Zugang zum Parlament. Dabei setzte die Polizei Schlagstöcke und Tränengas gegen die Parlamentarier ein.[12] Seitdem ist keine beschlussfähige Parlamentssitzung zustande gekommen. Für den 19. November rief Morales’ Movimiento al Socialismo zu einer gemeinsamen Sitzung beider Parlamentskammern auf, was die Partei der Übergangspräsidentin als unrechtmäßig ablehnte. Áñez kündigte stattdessen für die Zukunft „transparente Wahlen“ und eine „Wiederherstellung der demokratischen Glaubwürdigkeit“ des Landes an.[13]

Einige lateinamerikanische Politiker und einige europäische Medien bezeichneten die Ernennung Áñez’ zur Interimspräsidentin als Staatsstreich, da die Armeeführung Druck auf Morales ausgeübt hatte zurückzutreten. Dagegen wurde vorgebracht, dass das Militär durch seine Rücktrittsaufforderung an Morales die Verfassung beschützen wollte.[14] Über 20 Unterstützer von Morales wurden bei Protesten getötet.

Áñez ließ Che-Guevara-Porträts im Präsidentenpalast entfernen, nicht aber die Wiphala, die von Morales anstelle der Nationalflagge bevorzugte Fahne der Urbevölkerung.[15] Da die Wiphala primär als Symbol für die Völker des Andenhochlands wahrgenommen wird, ließ sie für offizielle Anlässe jedoch eine weitere Flagge anfertigen mit dem nationalen Symbol der amazonischen Patujúblüte, mit der sich die Tieflandbevölkerung eher identifizieren kann. Sie gedachte zunächst, nur für Neuwahlen Anfang Mai 2020 zu sorgen, entschied sich aber später, selber zu kandidieren.[16] Aufgrund der Verschiebung der Neuwahlen auf unbestimmte Zeit bleibt Áñez über Mai 2020 hinaus in ihrem Amt.[17] Im September 2020 erklärte sie den Rücktritt ihrer Kandidatur, sodass ihre Amtszeit nach der Präsidentschaftswahl in Bolivien 2020 endet.

Kritik

Die als rechtsorientiert geltende Politikerin stellte am 13./14. November ihr Kabinett vor, zu dem Kritiker erwähnten, ihm würde nur eine einzige Indigena angehören.[18]

Nach dem Regierungswechsel wurde von Morales’ Seite ein Tweet aus dem Jahren 2013 hervorgehoben; darin hatte die überzeugte Katholikin Áñez das Aymara-Neujahrsfest „satanisch“ genannt. Im Oktober 2019 hatte Áñez Evo Morales in einem Kommentar zu einer Karikatur einen „armen Indio“ genannt, der sich an der Macht festklammere. In einem weiteren Tweet bezweifelte Áñez, dass auf einem Foto abgebildete Personen tatsächlich Indios sind, und hob durch eine optische Markierung hervor, dass die Personen Schuhe und Jeans trugen. Die Echtheit eines ihr zugeschriebenen Tweets, in dem sie erklärt haben soll, sie träume von einem Bolivien, das frei von Indios sei, und Städte seien kein Ort für Indios, konnte nicht verifiziert werden. Áñez erklärte auf Nachfrage, sie habe keine schlecht gemeinten Tweets geschrieben, und beschuldigte Morales’ ehemalige Regierung, auf „Digitalkrieger“ zurückzugreifen, um Konten in sozialen Medien zu fälschen.[19]

Weblinks

 Commons: Jeanine Áñez – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Quién es Jeanine Áñez Chávez, la senadora que asumió la presidencia provisional de Bolivia. In: Diario el Deber. 13. November 2019, abgerufen am 13. November 2019 (español).
  2. Jeanine Añez erklärt sich zur Interimspräsidentin Boliviens. In: Spiegel Online. 13. November 2019, abgerufen am 13. November 2019.
  3. 3,0 3,1 3,2 Bolivia: quien es Jeanine Áñez Chávez. In: Cronista.com. 10. November 2019, abgerufen am 11. November 2019 (español).
  4. Boliviens Präsident Evo Morales tritt zurück, nachdem sich selbst Polizei und Militär von ihm abwenden, NZZ, 11. November 2019
  5. Bolivien sucht den Ausweg aus der Krise, NZZ, 16. November 2019
  6. Zurück zur Bibel, SZ, 10. Februar 2020
  7. Politische Verfassung – Plurinationaler Staat von Bolivien. Botschaft des Plurinationalen Staates von Bolivien, Berlin 2013-02, S. 74 (PDF).
  8. Jeanine Áñez Chávez. Cámara de Senadores, 16. Oktober 2015, abgerufen am 11. November 2019 (español).
  9. Evo Morales renuncia a la presidencia de Bolivia y denuncia un “golpe cívico, político y policial”. In: BBC.com. 10. November 2019, abgerufen am 11. November 2019 (español).
  10. Jeanine Añez afirma que reemplazará a Morales solo el tiempo necesario para llamar a elecciones en Bolivia. In: AméricaEconomía.com. 11. November 2019, abgerufen am 13. November 2019 (español).
  11. Bolivien wählt Anfang Mai neuen Präsidenten. Zeit Online, 4. Januar 2020, abgerufen am 29. Februar 2020.
  12. Así fue la agresión contra legisladores del MAS en Bolivia. 13. November 2019, abgerufen am 17. November 2019 (español).
  13. Kokabauern planen weitere Straßenblockaden. In: dw.com, 18. November 2019, abgerufen ebendann.
  14. Weshalb der Fall von Evo Morales kein wirklicher Militärputsch war
  15. Bolivien sucht den Ausweg aus der Krise, NZZ, 16. November 2019
  16. Zurück zur Bibel, SZ, 10. Februar 2020
  17. Interview von Marian Blasberg und Jens Glüsing: „Das Virus hat ein Gefühl der Gleichheit geschaffen“. Coronakrise in Lateinamerika. Der Spiegel, 4. April 2020, abgerufen am 30. April 2020.
  18. Dan Collyns: Bolivia president’s initial indigenous-free cabinet heightens polarization. In: theguardian.com, 14. November 2019, abgerufen am 17. November 2019.
  19. Valentina De Marval, Bruno Scelza: Did Bolivia’s interim president delete anti-indigenous tweets? In: AFP Fact Check. Agence France-Presse, 16. November 2019, abgerufen am 21. Oktober 2020 (english, übersetzt aus dem Spanischen von Louis Baudoin-Laarman).


Vorgänger Amt Nachfolger
Evo Morales Präsident von Bolivien (interim)
2019


Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Jeanine Áñez aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.