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Kenotaph
Ein Kenotaph (auch Zenotaph; altgr. κενοτάφιον kenotáphion ‚leeres Grab‘; aus κενός kenós ‚leer‘ und τάφος táphos ‚Grab‘),[1] auch Scheingrab genannt, ist ein Ehrenzeichen für einen oder mehrere Tote. Im Gegensatz zum Grab dient es ausschließlich der Erinnerung und enthält keine sterblichen Überreste. Mehrere Kenotaphe können in der Art einer Nekropole zusammengefasst sein. Aus gartenkünstlerischen Überlegungen angelegte Scheingräber werden als Scheinfriedhof bezeichnet. In der christlichen Kunst weit verbreitet sind Heilige Gräber, Nachbildungen des Grabes Christi.
Geschichte
Die ersten so bezeichneten Kenotaphe waren einfache Grabmale zum Andenken an Tote, deren Gebeine nicht aufgefunden werden konnten; der römische Glaube gebot, die Manen durch diese Fiktion zu besänftigen. Bei der Weihe eines solchen Mals wurde der Verstorbene dreimal mit Namen gerufen und eingeladen, in dem leeren Grab seine Wohnung zu nehmen. Dasselbe geschah auch, wenn ein geehrter Toter fern von der Heimat begraben lag. In einem solchen Fall errichteten ihm die Angehörigen oder Mitbürger der Vaterstadt ein bisweilen sehr prachtvolles Ehrenmal. Kenotaph nannte man auch die Grabstätte, welche man für sich und die Seinigen bei Lebzeiten erbauen und einrichten ließ.
Eine Sonderform des Kenotaphs ist das antike Heroon, ein häufig dem sagenhaften Gründer einer Stadt gewidmetes Heiligtum, das als Grabmal des Heros betrachtet wurde.
Auch Kenotaphe als reine Ehrenmale und Memorialbauten waren in der Antike verbreitet. Bekannte Beispiele sind:
- das Kenotaph des Dexileos im Kerameikos in Athen
- das Kenotaph des Teiresias in Theben
- das Kenotaph des Gaius Caesar in Limyra
- das Kenotaph des Drusus in Mainz
Kenotaph für Isaac Newton
Ein für die Architekturgeschichte bedeutsames Kenotaph für Isaac Newton wurde 1784 von dem französischen Architekten Étienne-Louis Boullée entworfen. Die 150 m hohe Kugel symbolisiert die Sphäre des Universums, im Inneren wird durch Perforation der Kugeloberfläche der Sternenhimmel dargestellt. Dieser Entwurf gilt als Höhepunkt der utopischen Revolutionsarchitektur, wurde aber nicht realisiert.
Londoner Kenotaph
Ein berühmtes Kenotaph (The Cenotaph) befindet sich in London im Stadtteil Westminster, dem Regierungsviertel, auf der Straßenmitte von Whitehall nahe der Kreuzung mit Downing Street (Amtssitz des Premierministers). Errichtet wurde es 1919 bis 1920 durch Sir Edwin Lutyens.
Es handelt sich um ein Denkmal aus Portland-Stein ohne Verzierungen. Auf beiden Seiten befindet sich ein eingemeißelter Siegeskranz mit den Worten The Glorious Dead („Den ruhmreichen Toten“). Der Ort wird durch die Flaggen des Vereinigten Königreiches, der Royal Navy, der British Army, der Royal Air Force und der Handelsflotte geschmückt. Der Monarch, der Premierminister, die Hochkommissare sowie Veteranen ehren jährlich an dem Sonntag, der dem 11. November am nächsten liegt, mit einer Kranzniederlegung um 11 Uhr die Gefallenen der Kriege.
„Kenotaphe“ in der Ur- und Frühgeschichte
Der Begriff wurde in der Ur- und Frühgeschichte auf grabartige Befunde ohne Skelettreste und Leichenbrand übertragen, die als leere Gräber eingeordnet wurden. Als „grabartig“ galten insbesondere Gruben oder Schächte mit Gegenständen innerhalb von Friedhöfen oder Gräberfeldern. Solche Befunde werden mittlerweile oft als Depotfunde eingestuft.[2]
- In einigen britischen Langbetten fand sich trotz bester Voraussetzungen für dessen Erhaltung keinerlei Skelettmaterial, wie in den Anlagen South Street und Beckhampton in Wiltshire.
- Im Gräberfeld von Warna wurden Deponierungen von Beigaben ohne Skelette als Kenotaphe gedeutet.[3]
- Auch die Elb-Havelgermanen der römischen Kaiserzeit und die Angelsachsen (Sutton Hoo, 625 n. Chr.) kannten Scheingräber; die Wikinger setzten diese Tradition fort.
- Eine Besonderheit sind irisch Leachtanna cuimhne genannte Kenotaphe, die nur auf der Aran-Insel Inishmore vorkommen und aus dem 17.–18. Jahrhundert stammen.[4]
Siehe auch
- Kriegerdenkmal, Grabmal des unbekannten Soldaten
- Triumphbogen (Paris), Neue Wache
- Epitaph
- Eigelstein
- Les Antiques von Glanum bei Saint-Rémy-de-Provence
Literatur
- Günter Behm-Blancke: Kultur und Stammesgeschichte der Elb-Havelgermanen des 3.–5. Jahrhunderts. Opfer und Magie im germanischen Dorf der römischen Kaiserzeit. (Neue Ausgrabungsergebnisse). Herausgegeben von Jan Bemmann, Morten Hegewisch. Beier & Beran Langenweissbach 2005, ISBN 3-937517-09-X (Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 38), (Zugleich: Berlin, Univ., Diss., 1938 und Jena, Univ., Habil.-Schr., 1949).
- Hans Bonnet: Kenotaph. In: Hans Bonnet: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3. unveränderte Auflage. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-937872-08-6, S. 374f.
- Gerald Görmer: Zum Problem der so genannten Grabdepots und Kenotaphe. In: Ethnographisch-archäologische Zeitschrift – EAZ. 48, 2007, ISSN 0012-7477, S. 419–423.
- Wolfgang Helck, Eberhard Otto: Kenotaph. In: Wolfgang Helck, Eberhard Otto: Kleines Lexikon der Ägyptologie. 4. überarbeitete Auflage. Harrassowitz, Verlag Wiesbaden 1999, ISBN 3-447-04027-0, S. 143.
Einzelnachweise
- ↑ Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
- ↑ Gerald Görmer, Ethnographisch Archäologische Zeitschrift, 2007, S. 419, 422
- ↑ Tom Higham, John Chapman, Vladimir Slavchev, Bisserka Gaydarska, Noah Honch, Yordan Yordanov,Branimira Dimitrov, New perspectives on the Varna cemetery (Bulgaria) – AMS dates and social implications. Antiquity 81 (Number 313), 640–654
- ↑ Paul Gosling: Archaeological Inventory of County Galway. Vol. 1: West Galway (including Connemara and the Aran Islands). Stationery Office, Dublin 1993, ISBN 0-7076-0322-6 S. 134ff
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kenotaph aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |