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Kontraktion (Linguistik)
Mit Kontraktion (von lateinisch contrahere = „zusammenziehen“ → „Zusammenziehung“) wird die Zusammenziehung (Kontraktion) zweier verschiedener oder gleicher Laute ( und ) zu einem Laut () bezeichnet, wobei sich die Merkmale von sowie meist in vereinigen. Zum Teil ging diesem Schritt eine Elision voraus.
Alternative Namen sind Synizese, Synizesis, Synärese (Betonung auf dem ersten e) und Synäresis (Betonung auf dem ä), letztere beide von altgriechisch συναίρεσις synaíresis, deutsch ‚Zusammenziehung‘; das Gegenwort dazu ist Diärese.
Bedeutung
Kontraktion meint das lautliche Zusammenziehen zweier Wörter zu einem neuen ohne Veränderung der Bedeutung. Oft ergibt sich dies aus häufigem Gebrauch der Wendung oder schnellem Sprechen (vgl. Allegro-Sprechweise). Umgangssprachlich wird im Deutschen das Ergebnis einer Kontraktion bisweilen Schmelzwort genannt. Die Ergebnisse sind orthografisch statthaft.
Beispiele
- deutsch: für das → fürs; mit dem → mit’m
- englisch: do not → don’t; will not → won’t
- französisch: à le → au (wie zu dem / zum)
Kontraktionen im Deutschen
Kontraktionen kommen im Deutschen häufig in der Deklination vor. Betroffen sind z. B. die possessiven Artikelwörter unser und euer:
Kasus | Maskulin | Neutrum | Feminin | Plural |
---|---|---|---|---|
Nominativ | unser euer |
uns(e)re eu(e)re | ||
Akkusativ | uns(e)ren, unsern eu(e)ren, euern |
unser euer | ||
Genitiv | uns(e)res eu(e)res |
uns(e)rer eu(e)rer | ||
Dativ | uns(e)rem, unserm eu(e)rem, euerm |
uns(e)rer eu(e)rer |
uns(e)ren, unsern eu(e)ren, euern |
Die e-Tilgung betrifft auch die Flexion von Adjektiven auf -el, -er und -en:[1]
Endung | Weder e-Tilgung noch Suffixverkürzung | e-Tilgung | Suffixverkürzung |
---|---|---|---|
-el | Bei Adjektiven auf unbetontes -el wird das e vor anlautenden Suffixen meist getilgt:
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In seltenen Fällen bleibt das e erhalten, aber das Suffix -en wird verkürzt:
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-er | Bei Adjektiven deutscher Herkunft auf -er bleibt das e meist erhalten:
Auch bei Adjektiven aus nicht-romanischen Sprachen bleibt das e meist erhalten:
Bei Komparativen kann sich in Einzelfällen die Abfolge -ererer ergeben (ein saubererer Raum); solche Formen werden vermieden. |
Bei einigen Adjektiven kann der Stammausgang verkürzt werden:
Nach Diphthongen ist die Verkürzung sogar zwingend:
Das e wird oft auch bei Adjektiven aus dem Lateinischen oder anderen romanischen Sprachen getilgt:
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Bei einigen Adjektiven kann das Suffix -en zu -n verkürzt werden:
Vereinzelt kann auch das Suffix -em zu -m verkürzt werden:
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-en | Bei Adjektiven auf -en bleibt das e des Wortausgangs meist erhalten; eine Suffixverkürzung findet niemals statt:
Dies gilt auch für Partizipien (Partizip II):
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In poetischer Sprache wird das e gelegentlich getilgt:
Eine e-Tilgung kommt auch beim Partizip II vor:
Weiterhin kommt eine e-Tilgung auch beim Komparativ vor:
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Bedeutung in der Gräzistik
Eine speziellere Bedeutung erhält Kontraktion – oft dann mit dem Begriffsnamen Synärese – insbesondere in der Gräzistik: Dort wird damit die Kontraktion zweier Vokale zu einer Silbe bezeichnet, oft indem ein dazwischenliegender Konsonant wegfällt. Meist entsteht derart ein Diphthong. Im Altgriechischen treten zahlreiche kontrahierende Verben auf, sogenannte Verba contracta. Deren Formen werden in den Wörterbüchern aber meist unkontrahiert angegeben, während im Flusstext oft kontrahiert geschrieben wird. Die Kontraktion ist dabei bei wohl allen Formen der Konjugation möglich.
Tritt die Synärese in ostentativem (herausforderndem) Bruch mit Sprachkonventionen auf, handelt es sich um eine rhetorische Figur – nämlich um einen Metaplasmus.
Beispiele
- τιμάω timáō → τιμῶ timô (ich ehre)
- τιμῶ timô, τιμᾷς timâs, τιμᾷ timâ, τιμῶμεν timômen, τιμᾶτε timâte, τιμῶσι(ν) timôsi(n)
- ποιέομαι poiéomai → ποιοῦμαι poioûmai (ich mache für mich)
- ποιοῦμαι poioûmai, ποιῇ poiḗ [ποιέ-ει poié-ei → ποιεῖ poieî → ποιῇ poiḗ], ποιεῖται poieîtai, ποιούμεθα poioúmetha, ποιεῖσθε poieîsthe, ποιοῦνται poioûntai
Derartige Synärese kann bei schnellem Sprechen und Silbenverschlucken auch im Deutschen beobachtet werden, ohne jedoch schriftsprachlich gerechtfertigt zu sein:
- ideal (standardsprachlich: [ideˈʔaːl] oder [ideˈaːl]) kontrahiert zu [iˈde̯aːl] oder [iˈdjaːl]
Siehe auch
- Klitikon (Klitisierung)
Weblinks
- Verba contracta:
- Kurzübersicht zu Kontraktionsregeln (PDF, 36 kB; Klassische Philologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
- Konjugationstabellen bei Navicula Bacchi: Aktiv – Medium/Passiv
Literatur
- Jörg Schuster: Einführung in die Linguistik. (PDF-Datei, 2,22 MB) LMU München (Centrum für Informations- und Sprachverarbeitung – CIS), München 2003. Seite 48.
Einzelnachweise
- ↑ Duden-Redaktion: Die Grammatik. 8 Auflage. Dudenverlag, Mannheim, Wien, Zürich 2009, ISBN 978-3-411-04048-3, S. 365.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kontraktion (Linguistik) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |