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Kriegsopfer
Kriegsopfer sind Personen, die von organisierter Gewalt, die im Rahmen von bewaffneten Konflikten ausgeübt wird, betroffen sind. Unter diese Definition fallen im Krieg gestorbene Soldaten und Zivilisten, Opfer von Genoziden, Demoziden, Massenmorden, Hungersnot, Seuchen und Terrorismus. Als Kriegsopfer werden außer Toten (Kriegstote) auch Personen bezeichnet, deren weiteres Leben durch die Konsequenzen bewaffneter Konflikte beeinträchtigt wird (zum Beispiel Versehrte, Vertriebene, Flüchtlinge, Familienmitglieder Gefallener sowie Kriegstraumatisierte mit Spätfolgen[1]).
Kriege im 20. Jahrhundert
Abhängig von der Definition von „kriegerischer Handlung“ wird die Anzahl der Kriege im 20. Jahrhundert verschieden beziffert. Nach dem üblichen Begriff von internationale- und Bürgerkriege sind 54 Kriege zwischen 1900 und 1993 weltweit registriert worden.[2] Basierend auf eine erweiterte Definition ist aber die Zahl von 218 nur für den Zeitraum 1945–2000 angegeben worden.[3]
(…)
Kriegsopfer und Zivilopfer im 20. Jahrhundert
Zbigniew Brzeziński, ehemaliger Sicherheitsberater des früheren US-amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, hat die Anzahl der getöteten Kriegsopfer für das 20. Jahrhundert auf 187 Millionen geschätzt.[4]
Für denselben Zeitraum hat Charles S. Maier die Zahl von 100 Millionen Opfer angegeben (Zahlen in Millionen): 10, Konzentrations- und Arbeitslager; 10, „ethnische Säuberungen“; 50, internationale Konflikte; 10, Bürgerkriege; 7–8, Zivilopfer von Kriegshandlungen; 1.5, interethnische Gewalt; 0.2, Opfer von Terror-Gewalt.[5]
Es ist geschätzt worden, dass für die Zivilbevölkerung die Wahrscheinlichkeit, im Laufe eines Kriegs getötet zu werden, heute neunmal höher ist als für Angehörige der kämpfenden Armeen.[6] Nach Schätzungen des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz[7] ist der Anteil an Zivilopfern in der Gesamtzahl der Opfer im Laufe des 20. Jahrhunderts von 5 % im Ersten Weltkrieg auf 90–95 % in den Kriegen, die gegen Ende des 20. Jahrhunderts stattgefunden haben, gestiegen. Etwas abweichende Schätzungen geben das Verhältnis zwischen Zivilopfer und getöteten Soldaten mit 1 zu 8 im Ersten Weltkrieg und mit 8 zu 1 am Ende des 20. Jahrhunderts.[8]
Eine noch wenig beachtete Gruppe von Kriegsopfern sind die kriegstraumatisierten Kinder mit Spätfolgen, die noch die nachfolgende Generation belasten.[9]
(…)
Auch für die neuesten bewaffneten Konflikte finden sich Abweichungen in der Bezifferung der Opferzahl. So wird für Afghanistan (1980) mit etwa 2 Millionen Opfern gerechnet; im Sudan 1.5 Millionen; in Ruanda 800.000; in Angola 300.000; in Bosnien 230.000; in Guatemala 200.000; in Liberia 130.000; in Burundi 230.000; in Algerien 73.000; im Irakkrieg (1991) 35.000.[10] Der Anteil von Zivilopfern in den genannten Zahlen wird höher als 95 % geschätzt. (…)
Schutz der Kriegsopfer
Die Genfer Konventionen wurden 1949 zur Erweiterung des Rechtsschutzes an die Zivilbevölkerung modifiziert (siehe dazu Bestimmungen der Genfer Abkommen von 1949). 1977 wurde der Schutz auch auf Opfer nicht internationaler bewaffneter Konflikte erweitert (siehe dazu Bestimmungen der Zusatzprotokolle Genfer Abkommen von 1977).
In Deutschland ist die staatliche Versorgung von Kriegsopfern durch das Bundesversorgungsgesetz geregelt (zuständige Behörde die Versorgungsämter). In den Niederlanden wurde dafür das Informations- und Koordinations-Organ Dienstleistungen für Kriegsgeschädigte (ICODO; Informatie- en Coördinatie-Orgaan Dienstverlening Oorlogsgetroffene, Utrecht) errichtet.
Siehe auch
- Begleitschaden
- Bundesversorgungsgesetz
- Genozid
- Psychotraumatologie
- Posttraumatische Belastungsstörung
- Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung
Literatur
- Giovanni De Luna: Il corpo del nemico ucciso. Violenza e morte nella guerra contemporanea, Einaudi, Torino 2006
- Margarete Dörr: Der Krieg hat uns geprägt . Wie Kinder den Zweiten Weltkrieg erlebten, 2 Bände; Campus Verlag, Frankfurt am Main 2007
- Eric J. Hobsbawm: Age of extremes: the short twentieth century; 1914 – 1991, London 1994 (Dt.: Das Zeitalter der Extreme: Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, Hanser, München 1995)
- Charles S. Maier: Il Ventesimo secolo è stato peggiore degli altri? Un bilancio storico alla fine del Novecento, in „Il Mulino“, XLVIII (1999). Gekürzt erschienen in: „Eurisko“, n. 88 April 2000 – (PDF)
- Peter Strutynsky: Nichts Neues unter der Sonne? – Die Kriege des 21. Jahrhunderts, Vortrag auf einer Veranstaltung der Friedenswerkstatt Linz am 25. Okt. 2001. Gekürzt erschienen in: „Forum Wissenschaft“, Heft 4/2001
- Winterberg Yury und Sonya: „Kriegskinder, Begleitbuch zur gleichnamigen Dokumentationsreihe im ARD vom 16. März bis 6. April 2009,“ Rotbuch Verlag Berlin 2009, ISBN 978-3-86789-071-7
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Hartmut Radebold: Abwesende Väter und Kriegskindheit. Fortbestehende Folgen in Psychoanalysen. Vandenhoeck und Ruprecht Verlag Göttingen 2004, sowie Kindheiten im Zweiten Weltkrieg. Kriegserfahrungen und deren Folgen aus psychohistorischer Perspektive. Juventa-Verlag Weinheim/München 2006.
- ↑ G. De Luna, Il corpo del nemico ucciso, XVII.
- ↑ P. Strutynsky, Nichts Neues unter der Sonne?
- ↑ E.J. Hobsbawm, Age of extremes.
- ↑ C.S. Maier, Il Ventesimo secolo è stato peggiore degli altri?.
- ↑ M. Fortmann, Guerre, in: Th. de Montbrial, J. Klein (Hg.), Dictionnaire de stratégie, Paris 2000 (Zit. in G. De Luna, Il corpo del nemico ucciso, 229).
- ↑ „Revue ICR“, n. 789, Mai-Juni 1991, 327 (Zit. nach G. De Luna, Il corpo del nemico ucciso, 229).
- ↑ Mary Kaldor, Neue und alte Kriege, S. 18 (Zit. nach P. Strutynsky, Nichts Neues unter der Sonne?).
- ↑ Verein Kriegskinder eV. Kiel mit weiteren Anmerkungen.[1]
- ↑ Chris Hedges, War Is a Force That Gives Us Meaning, PublicAffairs, 2002 (Zit. nach G. De Luna, Il corpo del nemico ucciso, 278)
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