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Kurt Bergel

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Kurt Bergel (geb. 22. August 1911 in Frankfurt am Main; gest. 19. März 2001 in Kalifornien) war ein aus dem Deutschen Reich emigrierter Lehrer, der nach einem Zwischenaufenthalt in England und weiteren Studien in den USA als Professor an der privaten Chapman University in Orange (Kalifornien) lehrte. Er war Experte für die Arbeit und das Leben von Albert Schweitzer und langjähriger Leiter des The Albert Schweitzer Institute an der Chapman University.

Herkunft und Ausbildung

Über Kurt Bergels Herkunft ist wenig bekannt. Ein Eintrag im Findbuch erzählter Frankfurter Geschichte legt nahe, dass er die Wöhlerschule, ein Frankfurter Gymnasium, besucht hat.[1] Er selber beschreibt seine ersten 22 Lebensjahre an anderer Stelle recht knapp: [1933] „Plötzlich daran gehindert, mein Doktorat an der Frankfurter Universität zu erlangen, bestand ich schnell mein Mittelschullehrerexamen, um damit eine Lehrerlaubnis zu bekommen.“[2] Vorausgegangen war dem ein Studium der deutschen Literatur, wie er an anderer Stelle anmerkt.

Jüdisches Landschulheim Herrlingen

Im August 1933 wurde im Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland Kurt Bergels Aufsatz Unsere rationale Erziehungsaufgabe veröffentlicht. „Dieser Aufsatz war eine Art Glaubensbekenntnis, eine Ablehnung der irrationalen Naziideologie und Gegenposition, wie sie mir für eine jüdische Erziehung vorschwebte. Unter dem Eindruck dieser Arbeit und auf Grund seiner persönlichen Bekanntschaft mit mir empfahl mich Martin Buber an Hugo Rosenthal, der zu dieser Zeit geeignete Lehrkräfte für das neue Landschulheim Herrlingen suchte.“[2]

Bergel unterrichtete von 1933 bis 1934 am Jüdischen Landschulheim. Er charakterisiert seine Arbeit dort als Beitrag zum „jüdischen Wiederaufbau“, der Erziehung der Kinder zum Stolz auf das Judentum. Das geschah vor dem Hintergrund, dass viele Lehrer und Schüler aus Familien kamen, „in denen das Jüdische unwewsentlich“ und „kein organisches Element in unserem Leben gewesen war“.[2] Hebräisch, die Bibel und Geschichte wurden so zu zentralen Bausteinen für den Wiederaufbau, und es ging darum, dafür die geeigneten Erziehungsmethoden zu entwickeln. „Aus meinen Ideen und Experimenten mit der Neugestaltung religiöser Feste entstanden einige Artikel, die ich damals veröffentlicht habe.“[2]

Zugleich betont Bergel die schwierige, aber auch befriedigende Doppelrolle, die die Lehrer am Landschulheim inne hatten: Sie waren Lehrende und mussten vielfach den Schülerinnen und Schülern gegenüber auch Elternersatz leisten. Vor dem Hintergrund lautet sein Resümee:

„Herrlingen war eine Lehrstätte, die von einem jungen Lehrer viel verlangte, aber ihm auch mehr Entfaltungsmöglichkeiten bot als nur die Absolvierung eines Lehrpensums. Hier wurde ein unternehmungswilliger Lehrer ermutigt, neue Ideen auszuprobieren. Das Landschulheim war bei weitem empfänglicher für neue Lehrmethoden als die älteren und mehr konventionellen jüdischen Schulen, die sich nicht so gut an die veränderten Verhältnisse anpassen konnten oder wollten. Und es war – wie das Wort Landschulheim so richtig versprach – uns allen eine Schule und ein Heim.[2]

Die Zeit bis zur Emigration

Es ist nicht überliefert, weshalb Bergel bereits 1935 das Jüdische Landschulheim wieder verlassen hat und nach Frankfurt zurückkehrte. Er arbeitete hier am Jüdischen Lehrhaus, bevor er von 1935 bis 1938 als Lehrer an einer jüdischen Schule in Düsseldorf unterrichtete[3] und parallel dazu in der Erwachsenenbildung tätig war.[4] In seinem Rückblick vergleicht Bergel noch einmal seine Arbeit in Herrlingen mit der an der jüdischen Schule in Düsseldorf. Ausgangspunkt für diesen Vergleich ist die erzieherische Funktion des Lehrers, die in Herrlingen oft darin kulminierte, Elternersatz zu sein, weil die Abwesenheit vom Elternhaus oder schwierige Verhältnisse im Elternhaus vielen Kindern Probleme bereiteten. „Wenn ich die jüdische Schule in Düsseldorf in dieser Hinsicht mit dem Landschulheim vergleiche, so würde ich sagen, daß in Herrlingen die Kinder mehr Familienprobleme hatten, aber wahrscheinlich auch, daß dort im engen Gemeinschaftsleben eine bessere Chance bestand, diese Probleme in ihrer seelischen Auswirkung zu mildern.“[2]

In Kurt Bergels Düsseldorfer Zeit bzw. deren Ende fällt 1938 seine Vermählung mit Alice R. Berger (* 15. Juni 1911 in Berlin – † 1998)[5], die seit Mai 1935 Lehrerin am Jüdischen Kinder- und Landschulheim Caputh war.[6]

Emigration nach England

Nach dem Novemberpogrom 1938, in dessen Verlauf auch die jüdische Schule in Düsseldorf zerstört worden war, emigrierten die Bergels 1939 nach England.

Alice Bergel habe in England zunächst an Synagogen unterrichtet, bevor auch sie an die Rowden Hall School kam, die von Kurt Bergel geleitet worden sei.[6] Nach einem Dokument im United States Holocaust Memorial Museum handelte es sich bei dieser Schule in Margate (Kent) um ein Durchgangslager („overflow hostel“) für jüdische Flüchtlingskinder, die im Zuge der KIndertransporte nach England gekomen waren. Auf einer Fotografie aus dieser Schule sind unter anderem die beiden Bergels bei einer Chanukka-Feier im Jahre 1939 in Rowden Hall zu sehen. Kurt Bergel wird in den Erläuterungen zu der Fotografie als Lehrer vorgestellt, der aus dem Internierungslager Kitchener Camp rekrutiert worden sei, ein Enemy Alien also.[7][8]

Auswanderung in die USA

Das Ehepaar Bergel, das sich in den Folgejahren auch beruflich eng verbunden blieb, übersiedelte 1940 in die USA. Alice Bergel soll zunächst Privatunterricht erteilt und dann wie ihr Mann eine Lehrtätigkeit an einer Ausbildungsstätte fur Hochbegabte in der kalifornischen Wüste, dem Deep Springs College, ausgeübt haben. Über die Dauer ihrer Mitarbeit dort gibt es unterschiedliche Angaben. Kurt Bergel soll in Deep Springs von 1941 bis 1947 mitgearbeitet haben[4], seine Frau ebenfalls bis 1947[6]. Im Archiv des Colleges befindet sich allerdings eine Fotogarfie von Alice Bergel, die sie im Jahre 1943 zeigt, und in deren Erläuterung es heißt, sie habe von 1943 bis 1949 dem Lehrkörper angehört.[9]

Ob die Tätigkeit in Deep Springs für Kurt Bergel ein Filltime-Job gewesen ist, bleibt unklar. Es gibt jedoch Hinweise auf parallele Betätigungen. So schreibt Schachne, er sei von 1943 bis 1944 an der Stanford University an der Vorbereitung amerikanischer Ofiziere auf ihren Einsatz in Deutschland beteiligt gewesen[4], während es in einem Nachruf auf ihn heißt: „Er lehrte am Deep Springs College und promovierte in Germanistik an der UC Berkeley.“[10] Schachne berichtet, er habe in Berkeley vergleichende Literaturwissenschaft studiert und darin auch promoviert[4], was zu seinem Eintrag in der Deutschen Nationalbibliothek passt, wo er als Professor für vergleichende Literaturwisenschaft vorgestellt wird.[11]

Nach dem Ende seines Studiums unterrichtete Kurt Bergel kurz an der University of California, Los Angeles, bevor er 1949 an das private Chapman College, die spätere Chapman University wechselte.[10][12] Während seiner ersten Jahre dort, nach Schachne seit 1951, organisierte er die Chapman College Tours, die 10 Jahre lang Studenten und Anderen im Sommer preiswerte Studienfahrten nach Europa ermöglichten. Bergel und seine Frau leiteten diese Touren. 1980 zog er sich aus dem Lehramt zurück, blieb aber der Universität weiter als emeritierter Professor verbunden.[10] 1980 trat er in den Ruhestand.

Alice Bergel hat nach ihrer Zeit in Deep Springs bis 1976 am East Los Angeles College unterrichtete[6] und kam danach auch an die Chapman University. Zusammen gründeten die Bergels das The Albert Schweitzer Institute of Chapman University.[10][13] Die Bergels knüpften damit an eine langjährige Beschäftigung mit dem Leben und Werk von Albert Schweitzer an. Bereits 1949 war das mehrfach neu aufgelegte Buch Albert Schweitzers Leben und Denken erschienen, eine von Kurt Bergel edierte Auswahl aus den autobiographischen Schriften Schweitzers.[14] Ob das Buch, wie auf der Webseite Galerie der Frauen in der Romanistik behauptet wird, eine gemeinsame Veröffentlichung der beiden ist[5], ist nicht zu verifizieren, doch ist sicher, dass die beiden, wie auch bei der Institutsgründung, bei anderen Publikationen über Albert Schweitzer zusammengearbeitet haben, so zum Beispiel bei dem 1997 veröffentlichten Buch „Liebes Cembalinchen--“: Albert Schweitzer, Alice Ehlers. Eine Freundschaft in Briefen.[15]

Alice Bergel ist 1998 verstorben. Kurt Bergel hat 1999 noch einmal geheiratet.[10]

Werke

  • Unsere rationale Erziehungsaufgabe, in: Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland, Jg. 9 (1933–1934), Heft 3 (August 1933), S. 208-211
  • Religiöse Jugenderziehung, in: Der Morgen. Monatsschrift der Juden in Deutschland, Jg. 10 (1934–1935), Heft 11 (Februar 1935), S. 502-507
    Die beiden Aufsätze befinden sich im Nachlass von Max Horkheimer und sind als pdf-Dokumente abrufbar.
  • Martin Buber: Das dialogische Prinzip in Philosophie, Theologie, Übersetzung, Erziehung, Politik und menschlichen Beziehungen, in: Kurt Bergel, Wolfgang Keim: Beiträge zur jüdischen Pädagogik, Verlag Klemm & Oelschläger, Ulm, 1999, ISBN 3-932577-18-3, S. 7-21.
  • Neben den oben zitierten Büchern über Albert Schweitzer ist Kurt Bergel auch hervorgetreten als Autor und Übersetzer von Büchern und Artikeln über Arthur Schnitzler, Georg Brandes, Ferdinand von Saar und Martin Buber.

Literatur

  • Lucie Schachne: Erziehung zum geistigen Widerstand: Das jüdische Landschulheim Herrlingen 1933–1939, dipa-Verlag, Frankfurt am Main 1986, ISBN 3-7638-0509-5.

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kurt Bergel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.