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Lewy-Körper-Demenz

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Klassifikation nach ICD-10
G31.8 Lewy-Körper-Demenz
ICD-10 online (WHO-Version 2013)
Lewy-Körperchen

Die Lewy-Körper-Demenz oder Lewy-Körperchen-Demenz (engl.: Dementia with Lewy bodies, abgek. DLB) ist nach dem Morbus Alzheimer die zweithäufigste neurodegenerative Demenz im Alter und kann sowohl als eigenständige Erkrankung auftreten als auch sekundär, im Rahmen einer bereits bestehenden Parkinson-Krankheit. Die Lewy-Körper-Demenz macht bis zu zirka 20 % aller Demenzformen aus.

Geschichte

Benannt ist die Erkrankung nach Friedrich H. Lewy (1885–1950),[1] einem deutschen Neurologen. In seinem Buchkapitel über die „Paralysis agitans“ (heute Morbus Parkinson)[2] beschrieb er erstmals die später nach ihm benannten Lewy-Körperchen. Er fand, an der Berliner Klinik arbeitend, diese Veränderungen im Nucleus basalis Meynert und Nucleus dorsalis nervi vagi von Parkinson-Patienten.[3]

Einteilung

  • diffuse Lewy-Körperchen-Erkrankung bzw. Demenz mit Lewy-Körperchen
  • Morbus Parkinson mit begleitender Alzheimer-Pathologie
  • Lewy-Körperchen-Variante des Morbus Alzheimer

Eine klare Differenzierung kann allerdings oft erst post mortem mit der histologischen Untersuchung der Veränderungen im Gehirn getroffen werden.

Die Einteilung in die Gruppe Demenz mit Vorliegen diffuser kortikaler Lewy-Körperchen erfolgte längere Zeit nach den Konsensus-Kriterien für eine Lewy-Body-Erkrankung (McKeith et al. 1996),[4] die besagen, dass mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein müssen:

  • fluktuierende kognitive Defizite (besonders Aufmerksamkeit)
  • wiederholte detaillierte visuelle Halluzinationen
  • extrapyramidalmotorische Störungen (unwillkürliche motorische Störungen)

Pathogenese

Die Lewy-Körperchen, welche auch diese Erkrankung ausmachen, wurden zuerst bei der Parkinsonerkrankung entdeckt. Es handelt sich hierbei um eosinophile Einschlüsse im Zytoplasma von Nervenzellen (Neuronen) in der Großhirnrinde und im Hirnstamm. Diese Einschlüsse sind anormale Aggregate von Protein, die die Bildung des Botenstoffs (Neurotransmitter) Dopamin verringern, wodurch es unter anderem zu den typischen Parkinson-Symptomen kommt.

Nach der α-Synuclein-Pathologie ist heute post mortem ein neuropathologisches Staging in vier Stadien üblich.[5]

Klinik

Die Lewy-Body-Demenz zeichnet sich typischerweise durch starke Schwankungen der Symptomatik aus. Aufmerksamkeit, Konzentrationsvermögen, Wachheit (Vigilanz) und andere kognitive Leistungen können tagesformabhängig variieren. Insgesamt verläuft die Erkrankung aber progredient.

Weitere typische Symptome

Diagnose

Die klinische Diagnose erfolgt anhand der aktuellen Konsensuskriterien nach McKeith et al.[6] Kriterien zur klinischen Diagnose der Demenz mit Lewy-Körperchen (DLB; gekürzt nach McKeith et al.): sind zwei der Kernmerkmale erfüllt, spricht man von einer wahrscheinlichen DLB, bei einem Kernmerkmal von einer möglichen DLB.

Obligates Merkmal: Zunehmende kognitive Störungen, die mit Beeinträchtigungen im sozialen oder beruflichen Umfeld einhergehen.

Kernmerkmale: Kognitive Fluktuationen, vor allem der Aufmerksamkeit, wiederkehrende, meist detailreiche visuelle Halluzinationen, motorische Parkinson-Symptome

Hinweisende Merkmale: Stürze, Synkopen, vorübergehende Störungen des Bewusstseins, Halluzinationen in anderen Sinnesmodalitäten, Wahn, REM-Schlaf-Verhaltensstörungen, Neuroleptika-Sensitivität, mittels SPECT- oder PET-Bildgebung erfasste, verminderte Dopamin-Transporter-Aufnahme im Striatum (SPECT = Single photon emission computed tomography (Einzelphotonen-Emissions-Tomographie), PET = Positronen-Emissions-Tomographie, REM= Rapid eye movement).

Differentialdiagnose zum Morbus Alzheimer (AD): Visuelle Halluzinationen haben eine hohe Spezifität zur Unterscheidung zwischen DLB und AD (99 %), die visuokonstruktiven Einschränkungen eine hohe Sensitivität (74 %).[7] Auch kognitive Fluktuationen sprechen für DLB und gegen AD.[8]

Die häufigen Verhaltensstörungen bei Demenzkranken werden neuerdings BPSD (Abkürzung für „Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia“) genannt.[9] Darunter zählt man heute die Apathie (76,0 %), „abweichendes motorisches Verhalten“ (z.B. zielloses Herumirren) (64,5 %), Essstörung (Essen von Unessbarem) (63,7 %), Gereiztheit/Labilität (63,0 %), Agitation/Aggression (62,8 %), Schlafstörungen (53,8 %), Depression/Dysphorie (54,3 %), Angst (50,2 %), Wahn (49,5 %), Enthemmung (29,5 %), Halluzinationen (27,8 %), und Euphorie (16,6 %).

Therapie

Medikamentöse Therapie ist immer nur symptomatisch. Da davon ausgegangen wird, dass bei dementiellen Erkrankungen pathophysiologisch ein Mangel an Acetylcholin besteht, wird therapeutisch dagegen angegangen, indem man das Enzym hemmt, das Acetylcholin abbaut. Diese Acetylcholinesterase-Hemmstoffe wie z.B. Donepezil oder Galantamin, die in Deutschland allerdings nur für die Alzheimer-Demenz zugelassen sind, stellen eine mögliche Therapieform dar. Die Therapie sollte im Allgemeinen früh begonnen werden, da sie den Verlauf nur bremsen, aber nicht rückgängig machen kann. Die Wirkungen ließen sich bisher nur in Studien und aufwändigen Testsystemen nachweisen. Für den Patienten und dessen Angehörigen sind diese Wirkungen vermutlich nicht spürbar und haben vermutlich keinen Einfluss auf deren Alltag.

Neuroleptika sind eher ungeeignet, da die Patienten meist verstärkt mit Nebenwirkungen darauf reagieren. Wenn dennoch Neuroleptika indiziert sind, kann ein so genanntes atypisches Neuroleptikum versucht werden, die aber prinzipiell keine Vorteile aufweisen.

Neuerdings werden nicht-pharmakologische Interventionen bei Verhaltensstörungen von Demenzkranken favorisiert.[10] Erst wenn diese nicht ausreichen, soll auf medikamentöse Hilfe zurückgegriffen werden.

Prophylaxe

Sowohl körperliche als auch geistige Aktivität senken nachgewiesenermaßen signifikant das Risiko, an einem dementiellen Syndrom zu erkranken.

Literatur

  • Wolfgang Meins: Diagnose Lewy-Körper-Demenz. Drei Kernkriterien entscheiden, in: Geriatrie-Praxis. Journal für Alternsmedizin 11 (1999), S. 19–23.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Friedrich H. Lewy. Auf: www.whonamedit.com
  2. F. H. Lewy. „Paralysis agitans. I. Pathologische Anatomie“. In: M. Lewandowsky (Hrsg.): Handbuch der Neurologie. Berlin: Springer Verlag 1912, 920–933.
  3. Holdorff B. Friedrich Heinrich Lewy (1885-1950) and his work. J Hist Neurosci 2002;11(1):19–28.
  4. McKeith et al. Consensus guidelines for the clinical and pathologic diagnosis of dementia with Lewy bodies (DLB): report of the consortium on DLB international workshop. Neurology. 1996 Nov;47(5):1113–24.
  5. McKeith I et al. Diagnosis and management of dementia with Lewy bodies. Neurology 2005;65:1863–72
  6. McKeith et al.: Diagnosis and management of dementia with Lewy bodies. Neurology 2005; 65:1863–1872.
  7. P. Tiraboschi, D. P. Salmon, L. A. Hansen, R. C. Hofstetter, L. J. Thal, J. Corey-Bloom: What best differentiates Lewy body from Alzheimer's disease in early-stage dementia? Brain, März 2006, 129(3): 729-735, 2006; doi:10.1093/brain/awh725.
  8. Fermann TJ et al. DLB fluctuations. Neurology 2004; 62:181–187
  9. J. L. Cummings: The Neuropsychiatry of AD and Related Dementias. Taylor & Francis, London, 2003.
  10. Cohen-Mansfield J. Nonpharmacologic interventions for inappropriate behaviors in dementia: a review, summary, and critique. Am J Geriatr Psychiatry. 2001 Fall;9(4):361–381.
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