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Lucia Moholy
Lucia Moholy, auch Lucia Moholy-Nagy, geborene Schulz, Pseudonym: Ulrich Steffen (geboren 18. Januar 1894 in Prag, Österreich-Ungarn; gestorben 17. Mai 1989 in Zürich) war eine Fotografin. Sie war mit dem Bauhaus-Lehrer László Moholy-Nagy verheiratet und wurde insbesondere durch ihre Bauhaus-Fotografien bekannt.
Leben und Werk
Lucia Moholy wuchs als Tochter eines Rechtsanwalts im Prager Vorort Karolinenthal auf. Obgleich sie laut Geburtsurkunde mosaischen Glaubens war, wurde sie eher atheistisch erzogen. 1910 bestand sie die Matura und war nach einem Studium der Philosophie, Philologie und Kunstgeschichte in Prag als Redakteurin und Lektorin tätig. Ab 1918 arbeitete sie nacheinander für den Kurt Wolff Verlag, den Hyperion Verlag und den Rowohlt Verlag, in dem sie 1920 als Lektorin angestellt war. Die Sommer der Jahre 1918 und 1919 verbrachte sie auf Heinrich Vogelers „Barkenhoff“ in Worpswede, wo erste Fotografien entstanden. Unter dem Pseudonym Ulrich Steffen veröffentlichte sie expressionistische Literatur.[1]
1921 heiratete sie in Berlin den Maler und Fotografen László Moholy-Nagy, mit dem sie von 1923 bis 1928 am Bauhaus in Weimar und Dessau tätig war. 1923/1924 absolvierte sie ein Fotografie-Praktikum und nahm Fotografie-Unterricht in Leipzig.
Als László Moholy-Nagy 1923 als Nachfolger von Johannes Itten ans Bauhaus berufen wurde, konnte man in Weimar und später in Dessau nicht Fotografie studieren. Eine eigene Abteilung wurde erst 1929 eingerichtet. Dennoch waren die fünf Jahre, die Moholy-Nagy als Meister am Bauhaus tätig war, für die Entwicklung der fotografischen Moderne entscheidend. Während er Experimente mit der kameralosen Fotografie, den von ihm so benannten Fotogrammen machte, als Fotopublizist auftrat und mit Malerei Photographie Film 1925 ein Manifest des Neuen Sehens vorlegte, blieb Moholy als stillschweigende Mit-Autorin im Hintergrund. Mehrere Jahrzehnte später schrieb sie in einem kleinen Erinnerungsbuch von einer „symbiotischen Arbeitsgemeinschaft“. 1930 illustrierte Walter Gropius sein Buch Bauhausbauten in Dessau mit ihren Aufnahmen. Nach der 1938 von Gropius am New Yorker Museum of Modern Art kuratierten Ausstellung wurden ihre Bilder immer wieder gedruckt. Moholy konnte Gropius jedoch erst nach einer langwierigen juristischen Auseinandersetzung in den 1950er Jahren dazu bewegen, ihr einen Teil ihres Negativarchivs (500 bis 600 Glasnegative) zurückzugeben.[2][3]
Gemeinsam mit ihrem Mann ging Lucia Moholy 1928 nach Berlin. 1929 trennte sich das Ehepaar. Sie lebte danach mit Theodor Neubauer zusammen, einem kommunistischen Reichstagsabgeordneten und späteren Widerstandskämpfer im Nationalsozialismus. Von 1929 bis 1931 gab sie Unterricht in Fotografie an Johannes Ittens privater Kunstschule.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 emigrierte Lucia Moholy, da sie wegen ihrer jüdischen Abstammung bedroht war, über Paris nach London. Dort wurde sie als Fotografin und Dozentin für Fotografie tätig und arbeitete ab 1940 an wissenschaftlichen Dokumentationen. Nach dem Krieg arbeitete sie in Prag und bis 1957 in Nationalbibliotheken des Nahen und Mittleren Ostens im Auftrag der UNO.
Nach einjährigem Aufenthalt in Berlin ließ sich Lucia Moholy 1959 in Zollikon (Schweiz) nieder, wo sie biografische Sammlungen herausgab und als freie Korrespondentin für Kunstzeitschriften arbeitete. Die Wiederentdeckung des Bauhauses, über das sie ab 1946 regelmäßig berichtete, begleitete sie eher kritisch, was ihrer Wiederentdeckung als Fotografin, Theoretikerin und Zeitzeugin nicht förderlich war.
Ausstellung
Das Kölner Museum Ludwig würdigte Lucia Moholy 2019/2020 mit der Einzelausstellung „Lucia Moholy – Fotogeschichte schreiben“. Neben ihren fotografischen Werken wurden auch Briefe aus dem Archiv des Museum präsentiert, die einen regen Austausch zwischen Moholy und dem Fotosammler und -historiker Erich Stenger belegen.[4]
Schriften
- A Hundred Years of Photography 1839–1939 (= A pelican special. S35). Penguin Books, Harmondsworth, Middlesex 1939, OCLC 828405779.
- A hundred years of photography 1839–1939 = Hundert Jahre Fotografie 1839–1939 (= Bauhäusler. Dokumente aus dem Bauhaus-Archiv. Band 4). Übersetzung aus dem Englischen von Sonja Knecht. Bauhaus-Archiv, Museum für Gestaltung, Berlin 2016, ISBN 978-3-922613-58-9 (englisch, deutsch).
Literatur
- Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993, ISBN 3-499-16344-6.
- Jeannine Fiedler: Moholy, Lucia, geborene Schulz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, S. 701 (Onlinefassung).
- Rolf Sachsse: Lucia Moholy, Bauhaus-Fotografin. Mit Texten, Briefen und Dokumenten, bearbeitet von Rolf Sachsse und einem Verzeichnis der Fotografien, bearbeitet von Sabine Hartmann. Museumspädagogischer Dienst, Berlin 1995, ISBN 3-930929-01-5.
- Angela Thomas: Unser Bild vom Bauhaus geprägt. [Nachruf auf Lucia Moholy.] In: Tages-Anzeiger. 22. Mai 1989.
- Anja Baumhoff: Zwischen Kunst und Technik. Lucia Moholy und die Entwicklung der modernen Produktfotografie. In: Klassik und Avantgarde. Das Bauhaus in Weimar 1919–1925. Hrsg. von Hellmut Seemann und Thorsten Valk. Göttingen 2009, S. 169–184 (klassik-stiftung.de (Memento vom 23. April 2014 im Internet Archive) [PDF; 231 kB]).
- Lucia Moholy. In: Patrick Rössler, Elizabeth Otto: Frauen am Bauhaus. Wegweisende Künstlerinnen der Moderne. Übersetzung aus dem Englischen: Birgit van der Avoort. Knesebeck, München 2019, ISBN 978-3-95728-230-9, S. 62–67 (Originaltitel: Bauhaus women).
- Miriam Szwast: Lucia Moholy (1894–1989). Hundert Jahre Fotografie. In: K. Lee Chichester und Brigitte Sölch (Hrsg.): Kunsthistorikerinnen 1910–1980. Theorien, Methoden, Kritiken. Reimer, Berlin 2021, ISBN 978-3-496-03050-8, S. 188–205.
Weblinks
- Literatur von und über Lucia Moholy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lucia Moholy. In: bauhauskooperation.de (Biografie und Fotografien)
- aG: Selbstporträt. Lucia Moholy, 1930. In: bauhauskooperation.de, 2015 (kurze Bildanalyse)
- Annette Bußmann: Lucia Moholy. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung. (inkl. Literaturangaben und Zitaten)
- Fotografien von Lucia Moholy in der Sammlung der Harvard Art Museums
- Moholy-Nagy, Lucia in Sikart
Einzelnachweise
- ↑ Personen aus dem Umfeld des Bauhauses: Lucia Moholy. In: bauhauskooperation.de. Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar gGmbH, abgerufen am 10. Februar 2021 (Text: bauhaus-online.de).
- ↑ Steffen Siegel: Ausstellung im Museum Ludwig Köln: Ungenannte Urheberin. In: taz. 29. November 2019, abgerufen am 1. Dezember 2019.
- ↑ Georg Imdahl: Brutstätte des neuen Sehens. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 27. November 2019, abgerufen am 1. Dezember 2019.
- ↑ Miriam Szwast: Lucia Moholy – Fotogeschichte schreiben. In: museum-ludwig.de. Abgerufen am 1. Dezember 2019.
Personendaten | |
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NAME | Moholy, Lucia |
ALTERNATIVNAMEN | Schulz, Lucia (Geburtsname); Moholy-Nagy, Lucia; Steffen, Ulrich (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | tschechische Fotografin |
GEBURTSDATUM | 18. Januar 1894 |
GEBURTSORT | Prag |
STERBEDATUM | 17. Mai 1989 |
STERBEORT | Zürich |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Lucia Moholy aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |