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Lydie Salvayre
Lydie Salvayre (geborene Arjona, * 1948 in Autainville, Département Loir-et-Cher) ist eine französische Medizinerin und Schriftstellerin. Ihre Werke sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden. Ihr Roman Pas pleurer wurde 2014 mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet.
Leben
Lydie Arjona wuchs als Tochter geflohener spanischer Republikaner in Auterive in der Nähe von Toulouse auf. Ihre Mutter war aus Katalonien, ihr Vater aus Andalusien.[1] Mit Spanisch als erster Sprache[2] lernte sie Französisch in der Crèche. Nach dem Bac studierte sie moderne Literatur und Spanisch an der Universität Toulouse.[3] Sie schloss 1969 ein Medizinstudium an und spezialisierte sich in Psychiatrie. In Marseille und in Bouc-Bel-Air war sie bis Ende 1970er Jahre in der Psychiatrie berufstätig. Nach ihrer Scheidung 1983 zog Lydie Salvayre nach Paris und arbeitete als Pädiaterin in einer Praxis in Argenteuil.[3]
Werk
Anfang der 1980er Jahre erschienen ihre ersten literarischen Arbeiten in regionalen Zeitschriften, ihr erster Roman La déclaration (1990) erhielt einen Debütantenpreis. Brigitte Louichon hat in ihrer Studie von 2002 herausgearbeitet, welcher Art die verschiedenen Formen von Subversion sind, mit denen Salvayre auf die Konventionen mündlicher Rede Druck ausübt („que Salvayre fair subir aux conventions des discours oraux“): Entweder baut sie in öffentliche Diskurse intime Aspekte aus einem Privatleben ein oder sie verwendet für mündliche Rede rhetorische Muster und Sprachregister, die der Schriftsprache oder sogar der literarischen Sprache zuzuordnen wären. Salvayres Absicht sei es, so Louichon, denjenigen eine Stimme zu geben, die der eigenen Stimme beraubt worden sind. Da es ihren Stimmen bei Salvayre dennoch an Glaubwürdigkeit mangele, statte die Autorin die Stimmen mit all der Macht aus, die der Literatur zur Verfügung steht.[4]
Salvayre hat seit 2002 außer Romanen auch Theaterstücke veröffentlicht. Der Roman Hymne (2011) basiert auf dem Leben von Jimi Hendrix.[5] 2014 wurde ihr Roman Pas pleurer über das Leben ihrer Mutter mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet.
Salvayres Werke sind in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt worden.[6]
la vie commune (1991)
Suzanne ist um die 60 und erzählt in einem Monolog, was ihr in der letzten Zeit bei der Arbeit passiert: Eine Neue, mit der sie nun ihr Büro teilen muss, raubt ihr den Nerv, weil sie anders ist. Und weil sie jünger ist und weiß, wie man einen Computer benutzt. In dieser quälenden Situation wird der Leser dazu gebracht, mit beiden Seiten zu sympatisieren.
Pas pleurer (2014)
In Pas pleurer werden historische Ereignisse aus dem spanischen Bürgerkrieg verflochten mit der außergewöhnlichen Geschichte der 15-jährigen Montse[2] während des anarchistischen Sommers 1936 in Barcelona[7]: Weil zwei junge Leute ihrer sozialen und politischen Herkunft nach verschieden sind, kommen sie in dieser Zeit trotz ihrer Liebe füreinander nicht zusammen.[8] Der Roman fußt auf persönlichen Erzählungen aus dem Leben der katalanischen Mutter der Autorin[7] sowie Augenzeugenberichten über die grausame Verfolgung der kommunistischen Bevölkerung mit voller Zustimmung der Kirchenvertreter, deren Verlauf Georges Bernanos in Die großen Friedhöfe unter dem Mond (1938) schildert.[2] Am Beispiel des Bruders von Montse, Josep, werden auch Lynchaktionen der Republikaner untereinander in Erinnerung gerufen.[7] Der Titel des Romans stammt aus einem Brief der russischen Lyrikerin Marina Zwetajewa.[2]
Stil und Leseerlebnis
Es sind zwei Perspektiven miteineinander verflochten zu hören: Den Zeitzeugen Bernanos ekelt es und er prangert an, wie die Nationalisten „die schlechten Armen“ („les mauvais pauvres“) terrorisieren, während die damals jugendliche Zeitzeugin Montse, selbst „mauvaise pauvre“, sich kaum mehr erinnert, außer dass diese begeisternden Erlebnisse am Beginn der Befreiungsbewegung zu den intensivsten ihres Lebens zählen. Zwei Redeweisen, zwei Visionen, die mit unserer Gegenwart auf merkwürdige Weise zusammenklingen, wodurch die Erzählkunst von Lydie Salvayre mit aller Kraft zum Ausdruck kommt: zwischen Heftigkeit und Leichtigkeit, zwischen Brutalität und Feingefühl.[6] Die Figuren des Romans wirken stark überzeichnet in ihrer Persönlichkeit, was die Autorin damit begründet, dass sich in einer Zeit des Bürgerkriegs persönliche Einstellungen radikalisieren, religiöse wie politische.[2] Salvayres Können ist getragen von einer Prosa, die einem einerseits makellos erscheint und einem andererseits in fröhlichem Ton hart zuzusetzen vermag.[6]
Auszeichnungen
- Prix Hermès du premier roman, 1990, La déclaration
- Prix Novembre, 1997, La Compagnie des spectres
- Prix François-Billetdoux, 2009, BW
- Prix Goncourt, 2014, Pas pleurer
Werke (Auswahl)
- Prosa
- La Déclaration : roman. Paris : Julliard 1990
- La vie commune. Paris : Julliard 1991
- La puissance des mouches. Paris : Editions du Seuil 1995
- Die Macht der Fliegen : Roman. Aus dem Franz. von Renate Nentwig. Stuttgart : Klett-Cotta 2001
- La compagnie des spectres : roman. Paris : Editions du Seuil 1997
- Das Gewicht der Erinnerung : Roman. Aus dem Franz. von Renate Nentwig. Stuttgart : Klett-Cotta 1999
- La conférence de Cintagabelle, 1999
- Les belles âmes. Paris : Editions du Seuil 2000
- Contre. Verticales 2002
- Et que les vers mangent le boeuf mort. Verticales 2002
- Passage à l'ennemie. Paris : Editions du Seuil 2003
- La méthode Mila. Paris : Editions du Seuil 2005
- Milas Methode : Roman. Aus dem Franz. von Claudia Kalscheuer. München : Dt. Taschenbuch-Verl. 2006
- Portrait de l'écrivain en animal domestique. Paris : Editions du Seuil 2007
- BW. Paris : Editions du Seuil 2009
- Petit traité d'éducation lubrique. Cadex 2010
- Hymne. roman. Paris : Editions du Seuil 2011, basiert auf dem Leben von Jimi Hendrix[5]
- 7 femmes. Inhaltsverzeichnis Paris: Perrin 2013
- Pas pleurer. Paris : Editions du Seuil 2014
- Theaterstücke
- La Compagnie des spectres, 2002 (gleichnamige eigene Romanvorlage 1997)
- La Puissance des mouches, 2005 (gleichnamige eigene Romanvorlage 1995)
- Les Belles âmes, 2008
- Quelques conseils aux élèves huissiers, 2011
Literatur
- Brigitte Louichon, „Lydie Salvayre. Parler au nom d'Olympe“, in: Nouvelles écrivaines : nouvelles voix?, sous la direction de Nathalie Morello et Catherine Rodgers. Inhaltsverzeichnis Rodopi, Amsterdam 2002, ISBN 90-420-1043-6, S. 309–325
Weblinks
- Commons: Lydie Salvayre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
- Literatur von und über Lydie Salvayre im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Lydie Salvayre in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Rezensionen zu Werken von Lydie Salvayre bei perlentaucher.de
- Lydie Salvayre in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Einzelnachweise
- ↑ La francesa d'origen català Lydie Salvayre guanya el premi Goncourt per un llibre sobre la Guerra Civil espanyola, vilaweb.cat, 5. November 2014
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Marianne Grosjean, Lydie Salvayre remporte le Prix Goncourt pour Pas pleurer (Interview mit der Autorin), Tribune de Genève, zuletzt aktualisiert am 5. November 2014
- ↑ 3,0 3,1 Lydie Salvayre, France Inter, Oktober 2014
- ↑ Brigitte Louichon, „Lydie Salvayre. Parler au nom d'Olympe“, in: Nouvelles écrivaines : nouvelles voix?, sous la direction de Nathalie Morello et Catherine Rodgers, Rodopi, Amsterdam 2002, S. 309–325
- ↑ 5,0 5,1 Florence Gould in conversation with Olivier Barrot: French Literature in the Making: Lydie Salvayre, La Maison Française/ New York University, 2012
- ↑ 6,0 6,1 6,2 Pas pleurer, babelio.com, Oktober/Dezember 2014
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Sebastien Lapaque, Lydie Salvayre remporte le prix Goncourt avec Pas pleurer, Le Figaro, 21. August 2014, Update vom 5. November 2014
- ↑ Wichtigster Literaturpreis Frankreichs: Prix Goncourt für Lydie Salvayre, Der Spiegel, 5. November 2014
Personendaten | |
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NAME | Salvayre, Lydie |
ALTERNATIVNAMEN | Arjona, Lydie (Geburtsname) |
KURZBESCHREIBUNG | französische Medizinerin und Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 1948 |
GEBURTSORT | Autainville, Frankreich |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Lydie Salvayre aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |