Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Marcus Behmer

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Marcus Michael Douglas Behmer (geb. 1. Oktober 1879 in Weimar; gest. 12. September 1958 in Berlin) war ein deutscher Schrift- und Buchkünstler, Illustrator, Graphiker und Maler.

Marcus Behmer 1947 (Zeichnung von Dorothea Werner)
Datei:Marcus Behmer - Ilsebill.jpg
Marcus Behmer - De Kaiser (Ilsebill als Kaiserin). Wachs- und Buntstift auf Pergament; 1914. Vorzeichnung für die Radierung zu Phillip Otto Runges „Von dem Fischer un syner Fru“

Genealogie

Marcus Behmer war ein Sohn des Kunstmalers Hermann Behmer (* 13. November 1831 in Merzien; † im Juli 1915 in Weimar) und ein Enkel des Merziener Oberamtmanns Friedrich Behmer und dessen Ehefrau Elise Behmer, jüngste Tochter der Dichterin Philippine Engelhard. Sein Onkel Rudolf Behmer (* 13. November 1831 in Merzien; † 12. Februar 1902 in Berlin) − bekannt geworden als Züchter des Merinofleischschafes − war der Zwillingsbruder seines Vaters. Deren Schwester Luise, die Tante von Marcus, war mit Heinrich von Nathusius (1824–1890) verheiratet. Sein Bruder Joachim Behmer war ebenfalls künstlerisch tätig.

Leben

Seine künstlerischen Anfänge lagen, wie er in einem Brief schreibt, um 1896, seinen ersten großen Erfolg hatte er mit den Illustrationen zu Wildes Salome im Insel-Verlag 1903. Die frühen Arbeiten zeugen vom Einfluss der Illustrationskunst Aubrey Beardsleys. In der historischen Rezeption wird ihm diese anfängliche Abhängigkeit in seiner Salome zum Verhängnis, denn zahlreiche Kunsthistoriker bezeichnen Behmer auch danach, aber je später desto unzutreffender, als Beardsley-Epigonen. Richtig ist, dass er sich schon bald von diesem Einfluss löste und parallel zum aufkommenden Expressionismus und den neuen Impulsen der Wiener Werkstätte eine nur ihm eigene Formensprache entwickelte.

Behmer trat am 1. Oktober 1903 in den Militärdienst ein, wurde am 10. Juni 1904 zum Gefreiten ernannt und am 22. September 1907 zum Unteroffizier befördert. Ab 1914 nahm er am Ersten Weltkrieg (in Flandern und in Polen) teil. Im Sommer 1917 erkrankte er „nach einer Operation im Felde“ schwer und lag sechs Wochen im Kriegslazarett von Jarny. Während seiner Zeit in der Armee entstanden viele sogenannte „Kameradenportraits“, meist reduzierte, wiewohl fein ausgearbeitete Profilansichten junger Soldaten.

Ab 1902 lieferte Behmer Illustrationen für Bücher, entwarf Initialen und Schriften und war für sorgsam geplante Buchausstattungen verantwortlich. Er arbeitete für die Cranach-Presse von Harry Graf Kessler und vor allem in zahlreichen Beiträgen für die Monatsschrift „Die Insel“, für den Insel-Verlag. Für diesen Verlag gestaltete er auch eine international besonders wahrgenommene Arbeit, die Illustrationsfolge zu Philipp Otto Runges: Von dem Fischer un syner Fru. Auch für andere Verlage arbeitete Behmer, so z. B. für den Paul-Cassirer-Verlag, in dem eines seiner Hauptwerke, die 40 im Jahr 1912 entstandenen Radierungen zu Voltaires Zadig erschien. Wie so viele Künstler der Buchkunstbewegung kam Behmer schon in den 1920er Jahren in finanzielle Engpässe, hielt aber dennoch am (in seinen Worten) „kleinen Format“ fest, statt wie etwa Alfred Kubin (mit dem sich Behmer in späten Jahren verglich) eine Karriere als Galerie-Künstler anzustreben.

Eng befreundet war Behmer u. a. mit der Familie des Schriftstellers Ernst Hardt, mit dem Maler Alexander Olbricht sowie auch mit der Bildhauerin und Malerin Dorothea Werner (geb. Leiding)[1] und ihrem Ehemann.

Behmer war bereits seit 1903 Mitglied in der ersten Homosexuellen-Organisation der Welt in Berlin. Bislang war kaum bekannt, dass Behmer im April 1937 von einem Gericht in Konstanz zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war und in Freiburg und anderen Orten in Süddeutschland inhaftiert wurde. Bisweilen erhielt er die Möglichkeit, im Gefängnis künstlerisch zu arbeiten. Die in dieser Zeit entstandenen Arbeiten sind meist kalligraphisch gestaltete Schrifttafeln mit griechischem Text (Gebete und Bibelzitate), daneben auch Zeichnungen voll von Bitterkeit und Ironie.

Ab 1943 lebte Behmer im Haus der Familie von Donata Helmrich, der Tochter von Ernst Hardt, in Berlin-Charlottenburg. Nachdem er Anfang 1944 in Berlin ausgebombt wurde, kam er bis zum Spätherbst gleichen Jahres auf dem Landgut der Familie Werner unter, der Domäne Groß Nuhnen bei Frankfurt/Oder. Den Rest seines Lebens verbrachte er in West-Berlin. Dorothea Werner pflegte ihn ab 1958 bis zu seinem Tod.

Renommierte Museen und Sammlungen wie die Graphische Sammlung des Städel-Museums in Frankfurt, das Klingspor-Museum für Schriftkunst und Typografie in Offenbach oder die Sammlung Sternweiler (Schwules Museum) in Berlin beherbergen heute Arbeiten von Marcus Behmer. Eine entscheidende Würdigung seines Schaffens und seiner kunsthistorischen Bedeutung steht aber bis heute aus.

Werke (Auswahl)

Graphik

  • Zahlreiche an Freunde versandte, zumeist radierte, Neujahrswünsche mit sowohl metaphorischen wie politischen Motiven (so entstehen zwischen 1931 - 1934 kritische Kommentare zur Machtergreifung der Nationalsozialisten).
  • Zahlreiche erotische Werke, oft Radierungen, mit so eindeutiger wie phantasievoller schwuler Symbolik.

Buchillustration

  • Annemarie von Nathusius: Freie Worte. Berlin, Eckstein, (1902).
  • Oscar Wilde: Salome. Leipzig, Insel, 1903.
  • H. de Balzac: Das Mädchen mit den Goldaugen. Dt. Übertragung von Ernst Hardt. Leipzig, Insel Verlag 1904.
  • Ernst Hardt: Ninon von Lenclos. Drama in einem Akt. Insel Verlag, Leipzig, 1905.
  • Ernst Hardt: Tantris der Narr. Drama in 5 Akten. Breitkopf & Härtel für den Insel Verlag, Leipzig, 1907.
  • Voltaire: Zadig. IX. Werk der Pan-Presse, verlegt bei Paul Cassirer, Berlin, 1912.
  • Brüder Grimm: Sechs Märchen. Brandus, Berlin, 1918.
  • Ecclesiastes oder der Prediger Salomo. Holten, Berlin, 1920.
  • Von dem Fischer un syner Fru. Leipzig, Insel Verlag, Leipzig 1920 (Insel-Bücherei Nr. 315), auch Handsatz von Behmer.
  • Euphorion Verlag: Verlagsbericht über das Gründungsjahr. Mit einer Originaltitelradierung von Marcus Behmer und einer Originallithographie von Hermann Struck. Berlin 1920.
  • Der Prophet Jona nach Luther. Insel Verlag, Leipzig, 1920-30, Nachdruck 1983: Insel-Bücherei Nr. 1018/2.
  • Johannes Secundus (d. i. J. N. Everaerts): Basia. Officina Serpentis, Berlin, 1921.

Werkausgaben

  • Fünf Briefe zum Effi-Briest Einband. (Berlin-Schöneberg, Labisch, o. J. (1927). - Privatdruck in Kleinstauflage (25 Ex.).)
  • Zehn Scherenschnitte von Marcus Behmer. Als Jahresgabe für den Freundeskreis der staatlichen Kunstbibliothek hergestellt von W. Büxenstein. Berlin 1930.

Musikalische Kompositionen/Lieder nach Gedichten von

  • Eduard Mörike: Denk' es o Seele! (Berlin, Birkholz, 1922; geschrieben 1917 im Feldlazarett von Jarny).
  • Paul Verlaine: Le ciel est, pardessus le toit... (Berlin, Birkholz, 1925).
  • Emil Kuh: Hirschlein ging im Wald spazieren. (Nach dem Kinderlied gesetzt für Singstimme und Klavier von Marcus Behmer). Zum '19.', 22. Juli 1943. (Privatdruck für Konstantin [Greiff-Helmrich] in Kleinstauflage).

Entwürfe für die Reichsdruckerei

  • Zehn-Mark-Banknote, 1919 (unter Verwendung eines Scherenschnitts).
  • Diverse Einladungs- und Programmkarten.

Ausstellungen (Auswahl)

Einzelausstellungen

  • 2009 (1. Oktober) Zum 130. Geburtstag - Galerie im Antiquariat Marcus Haucke, Berlin.
  • 2008 (24. Juli – 2. September) -Galerie Buchholz, Berlin.
  • 2008 - "Täfele". Antiquariat & Galerie Marcus Haucke, Berlin.
  • 2000 - Antiquariat & Galerie Marcus Haucke, Berlin.
  • 1979 - Stadtmuseum, Weimar
  • 1979 - Stadtbibliothek, Berlin-Ost.
  • 1979 - Klingspor-Museum, Offenbach.
  • 1978 - Galerie Werner Kunze, Berlin.
  • 1978 - 1979 - Kunstkreis Novo Industrie, Mainz.
  • 1958 - Klingspor-Museum, Offenbach.
  • 1958 - 1959 - Ehemals Staatliche Museen Berlin / Kunstbibliothek, Berlin
  • 1956 - Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main.
  • 1954 - Kunstamt Charlottenburg, Berlin.
  • 1952 - "Arbeiten aus 50 Jahren", Horst Stobbe Bücherstube, München.
  • 1951 - Galerie Springer, Berlin.
  • 1950 - Galerie Rosen, Berlin
  • 1947 - A. Wollbrück & Co. Buchhandlung und Antiquariat, Berlin.
  • 1927 - Kunstbibliothek, Berlin.
  • 1912 - "An exhibition of drawings, etchings and ex libris by Marcus Behmer", Berlin Photographic Company, New York.
  • 1910 - Ausstellung im Atelier von Alexander Olbricht, Weimar.
  • 1904 - "Marcus Behmer, Zeichnungen, Aquarelle, Holzschnitte", Kunstverein, Jena.

Gruppenausstellungen

  • 1997 - "Goodbye to Berlin. 100 Jahre Schwulenbewegung“, Schwules-Museum, Berlin
  • 1984 - "Eldorado", Berlin-Museum, Berlin
  • 1980 - "Der gekrümmte Horizont - Kunst in Berlin 1945-1967", Akademie der Künste, Berlin
  • 1929 - "Das deutsche illustrierte Buch von 1880 bis 1929", Horst Stobbe Bücherstube, München.
  • 1909 - "Winterausstellung der Sezession" (Graphik), Akademie der Künste, Berlin.
  • 1905 - "Alexander Olbricht, Marcus Behmer (Zeichnungen, Radierungen, Holzschnitte)", Kunstverein, Jena.
  • 1903 - Sezession, Berlin.
  • 1902 - "Wiener Secession 13. Ausstellung", Wien
  • 1900 - "Wiener Secession 8. Ausstellung", Wien

Literatur

  • Deutscher Wirtschaftsverlag, AG (Hg.): Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft, Band 1, Berlin, 1931
  • Birnbaum, Martin, Marcus Behmer. New York 1912.
  • Bucheinbände von Marcus Behmer. In: Stammtischblätter der Maximilian-Gesellschaft, Jg. 1927, S. 53-87
  • Vollmer, Künstlerlexikon, Bd. I, S. 155f.
  • Roditi, Edouard, Marcus Behmer, a Master of Art Nouveau. In: Arts in Society, 7, 1970, S. 268-275.
  • Halbey, Hans Adolf, Marcus Behmer als Illustrator./Handeinbände von Frieda Thiersch zu Drucken der Bremer Presse. Neu-Isenburg 1970 (mit Bibliographie der von Behmer illustrierten Werke; unvollständig).
  • Hans Adolf Halbey und Richard von Sichowsky: Marcus Behmer in seinen Briefen als Buchgestalter, Illustrator und Schriftzeichner. Von der Typographie zum West-östlichen Divan, den Radierungen zur Ilsebill, den Holzschnitten zum Petronius und der Hebräischen Schrift. Verlag Hans Christians, Hamburg 1974.
  • MARCUS BEHMER. (Katalog der Ausstellung & Versuch zu einem Catalogue raisonné). Mit Texten von Marcus Behmer, Benno Meyer-Wehlack u.a. Bearbeitet von Marcus Haucke. Berlin, Galerie im Antiquariat Haucke, (12. Sept.) 2000 bis (14. Febr.) 2001. Gr8°. Mit ca. 95 Abb., 80 S. OKtn. mit Abb. der Buchbinder-Stempel u. Porträt v. MB. - Inhalt: Lebensbeschreibung (Biographische Skizze), Texte von Marcus Behmer (Alexander Olbricht, Insel-Baedecker, Gedichte etc.), Blake, Goethe, Haucke, Graf Kessler, Benno Meyer-Wehlack. Mit einem Verzeichnis der Schriften (A1-A56 = 56 Eintragungen), der illustrierten Bücher und originalgraphischen Beiträge in Zeitschriften und Büchern (C1-88 = 88 Eintragungen), der Mappen (D89-D100 = 12 Eintragungen), der Neujahrswünsche (E181-E217 = 37 Eintragungen), zahlreiche Zeichnungen, das erotische bzw. orgiastische Werk" (in Übersicht), sog. Buchschmutz, Auswahl der Exlibris sowie mit einem Verzeichnis der Ausstellungen und einem Literaturverzeichnis. In einem kleinen Anschluss finden sich noch kleine biographische Skizzen zu Hermann Behmer (Vater), Alexander Olbricht und Benno Meyer-Wehlack (Freunde). Haucke ist der Inhaber der Folgerechte für Marcus Behmer und bearbeitet das Werkverzeichnis der Druckgraphik und Buchkunst.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Dorothea Werner war eine Nachfahrin des norddeutschen Komponisten Georg Dietrich Leyding (auch: Leiding)

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Marcus Behmer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.