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Margarete Mitscherlich

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Margarete Mitscherlich-Nielsen, geb. Nielsen (* 17. Juli 1917 in Gravenstein), ist eine Psychoanalytikerin, Medizinerin und die Autorin zahlreicher Bücher.

Die Tochter eines dänischen Arztes und einer deutschen Lehrerin studierte nach dem Abitur in Flensburg Medizin und Literatur in München und Heidelberg und promovierte 1950 in Tübingen zum Dr. med. 1947 traf sie in der Schweiz den Arzt und Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich (1908–1982), den sie 1955 heiratete. Bereits 1949 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Ab 1967 arbeitete sie vorrangig am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt.

Mitscherlich schrieb gemeinsam mit ihrem Mann Alexander Mitscherlich das bahnbrechende Buch Die Unfähigkeit zu trauern, das 1967 viele Diskussionen auslöste. Darin untersuchten sie am Beispiel der deutschen Nazi-Vergangenheit und ihrer unzulänglichen Bewältigung in der Adenauer-Ära die Abwehrhaltung des Einzelnen und der Masse gegenüber Schuld und Mitschuld an politischen Verbrechen.

Lebensweg

Ab 1951 arbeitete Margarete Nielsen zusammen mit dem Arzt, Psychoanalytiker und Sozialpsychologen Alexander Mitscherlich an der von ihm geleiteten psychosomatischen Klinik in Heidelberg. 1950 promovierte Margarete Nielsen in Tübingen zum Doktor der Medizin. In den 1950er Jahren erfolgte in Heidelberg, Stuttgart und London ihre psychoanalytische Ausbildung.

Margarete Nielsen und Alexander Mitscherlich haben 1955 geheiratet. Damals untersuchten beide gemeinsam den Massenwahn zur Zeit des Dritten Reiches. 1967 zog das Ehepaar nach Frankfurt am Main, wo Margarete Mitscherlich fortan am 1960 gegründeten Sigmund-Freud-Institut lehrte. Sie war - wie ihr Ehemann - auch in der Lehranalyse tätig. Das Forscherpaar verfasste das Buch Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens (1967). In diesem Werk fragten Alexander und Margarete Mitscherlich, ob der Mensch nicht „einen der folgenschwersten Fehlwege der Evolution“ darstelle, „durch den das Prinzip des Lebendigen seiner Aufhebung entgegenstrebt“. Die Reaktionen reichten von Empörung bis zur Nachdenklichkeit.

1972 folgte Margarete Mitscherlichs Publikation „Müssen wir hassen?“, in der sie ihre eigene Forschungsarbeit behandelte. Einige Jahre später setzte sie sich in ihrem Sammelband Das Ende der Vorbilder (1978) mit der Problematik der Idealisierung auseinander. Dabei vertrat sie die Ausgangsthese: „Wir alle brauchen Ideale, Vorbilder, Ziele, an denen wir uns orientieren, nach deren Verwirklichung wir streben können. Ohne sie sind wir einem Gefühl der Leere ausgesetzt, und das lebendige Interesse an den Dingen der Welt und an unseren Mitmenschen geht verloren.“

Unter Margarete Mitscherlichs zahlreichen weiteren Veröffentlichungen ragt das Buch Die friedfertige Frau (1985) heraus, in dem sie das Rollenverhalten der Frau in der Politik untersuchte. Als Fortsetzung erschien später das Werk Über die Mühsal der Emanzipation (1990).

Ab 1982 fungierte Margarete Mitscherlich als Herausgeberin der von ihrem Mann gegründeten Zeitschrift Psyche. In ihrer Praxis für Psychoanalyse im Frankfurter Westend behandelt sie sowohl Frauen wie Männer, die an Aufklärung über ihr Gefühlsleben, über die unbewussten Motive ihrer Verhaltensweisen, das heißt an ihrer individuellen Emanzipation interessiert sind. 1977 in der ersten Ausgabe der Frauenzeitschrift Emma hatte sie öffentlich erklärt : „Ich bin Feministin“. So definiert sie sich heute noch. Im Alter von 87 Jahren arbeitete sie zweimal wöchentlich am Sigmund-Freud Institut mit Patienten.[1]

Margarete Mitscherlich gehört der Deutschen und der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung an und ist Mitglied des P.E.N.-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland sowie zeitweise des Beirates des Hamburger Instituts für Sozialforschung. Unter anderem erhielt sie 1982 die Wilhelm-Leuschner-Medaille und 1983 den Kulturpreis der Stadt Flensburg sowie 1990 die Ehrenplakette der Stadt Frankfurt am Main. Im November 2005 wurde sie von der Stadt Frankfurt zum zweiten Mal geehrt, indem sie den mit 10.000 Euro dotierten Tony-Sender-Preis [2] für ihr jahrelanges frauenpolitisches Engagement und ihren Einsatz für die Gleichberechtigung erhielt. Die Verleihung erfolgte durch das Frauenreferat, die Laudatio sprach Alice Schwarzer [3][4]. Die Bundesrepublik Deutschland zeichnete Margarete Mitscherlich-Nielsen 2001 für ihre „Verdienste um das Allgemeinwohl“ mit dem Großen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus.[5]

Kritik

Ljiljana Radonic unterstellt Mitscherlich, dass sie Frauen in ihrem Buch Die friedfertige Frau einseitig als Opfer des Nationalsozialismus darstelle und ausgerechnet jene Schuldabwehr anwende, die sie in der Unfähigkeit zu trauern ausführlich reflektiert hatte. In ihrem Werk Die friedfertige Antisemitin „widerlegt Radonic Margarete Mitscherlichs Thesen vom Opfer-Mythos und der friedfertigen Natur "der Frau", welche als beispielhaft für den Umgang der Frauenbewegung mit der Rolle "der Frau" im NS und ihrem Antisemitismus gelten können...“[6] Radonic beweist in ihrer Studie außerdem, dass die autoritäre Persönlichkeit im Grunde geschlechtlich undefiniert gefasst werden muss, denn sowohl Männer als auch Frauen mit autoritärer Persönlichkeitsstruktur rebellierten konformistisch und projizierten verdrängte Regungen auf outgroups. So sei etwa auch die Funktionsweise des Antisemitismus bei Männern und Frauen grundsätzlich gleich. Der Soziologe Gerhard Amendt kritisierte den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis von Mitscherlichs Thesen und erklärte den Erfolg des Buches damit, es habe „dem inneren Wunsch der meisten Frauenbewegten, dass es doch so sein möge“ entsprochen.[7]

Auszeichnungen

Interviews

Werke

von ihr

  • zus. m. Alexander Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens; 1967
  • zus. m. Alexander Mitscherlich, Die Idee des Friedens und die menschliche Aggressivität; 1969
  • zus. m. Alexander Mitscherlich, Eine deutsche Art zu lieben; 1970
  • Müssen wir hassen?; 1972
  • Das Ende der Vorbilder; 1978
  • Die friedfertige Frau; 1985
  • Die Zukunft ist weiblich; 1987
  • Erinnerungsarbeit, 1987
  • Über die Mühsal der Emanzipation: 1990
  • Wir haben ein Berührungstabu: M.M. & Brigitte Burmeister, 1991, Hamburg, KleinVerlag, ISBN 3-922930-03-4
  • Das Ende der Vorbilder. Vom Nutzen und Nachteil der Idealisierung., Überarb. Neuausg. (Oktober 1990)
  • Erinnerungsarbeit – Zur Psychoanalyse der Unfähigkeit zu trauern. Frankfurt am Main 1993
  • Autobiografie und Lebenswerk einer Psychoanalytikerin, Picus Verlag, ISBN 3-85452-518-4, 2006
  • Eine unbeugsame Frau. Im Gespräch mit Kathrin Tsainis und Monika Held. Diana Verlag 2007
  • Die Radikalität des Alters. Einsichten einer Psychoanalytikerin. 5. Aufl., Fischer, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-10-049116-9.

über sie

  • Margarete Mitscherlich zum 70. Geburtstag. Befreiung zum Widerstand, hg. von Karola Brede u.a. Mit Texten von Ute und Jürgen Habermas, Maya Nadig, Paul Parin, Volkmar Sigusch, Thure von Uexküll u.a. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1987
  • Margarete Mitscherlich. Zwischen Psychoanalyse und Frauenbewegung, von Felizitas von Schönborn, 1995
  • Margarete Mitscherlich zum 80. Geburtstag. Ansprachen zur Festveranstaltung. Frankfurt/M.: Sigmund-Freud-Institut 1997 sowie Sonderheft der Zeitschrift "Psyche" mit Beiträgen von Jan Philipp Reemtsma, Volkmar Sigusch, Mario Erdheim und Reimut Reiche. Stuttgart: Klett-Cotta 1997

Literatur

  • Ilse Lenz: Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-531-14729-1.

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Margarete Mitscherlich aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.