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Medizingenetik bei jüdischen Bevölkerungsgruppen
Die Medizingenetik bei jüdischen Bevölkerungsgruppen ist der Schwerpunkt einiger Forschungsinstitute im Bereich der Medizingenetik.
Gegenstand sind diejenigen vererbbare Erkrankungen, die bei verschiedenen ethnischen Gruppen im Judentum gegenüber dem weltweiten Durchschnitt signifikant häufiger auftreten. Die Ursache für die Häufung bestimmter genetischer Dispositionen sind unklar. Die Häufung scheint mit der Endogamie zusammen zu hängen. Vor diesem Hintergrund gibt es zur Aufklärung und Prävention verschiedene Forschungsvorhaben und genetische Massenscreenings in Israel und weltweit.
Krankheitsbilder
Im 19. Jahrhundert wurde Diabetes mellitus unter anderem von Jean Martin Charcot, Felix Theilhaber und Joseph Jacobs als spezifische und stigmatisierende „jüdische Krankheit“ angesehen.[1] Heute gilt es gesichert, dass das gehäufte Auftreten von Diabetes „vom Eintritt einer Gruppe in die durch eine Fülle glukosereicher Nahrung geprägte Welt“ verursacht wird.[1]
Dem gegenüber sind jedoch eine Reihe von Erbkrankheiten mit deutlich häufigerem Auftreten bekannt.
Für die Tay-Sachs-Krankheit ist eine Mutation auf dem Chromosom 15 verantwortlich. Sie ist bei aschkenasischen Juden osteuropäischer Herkunft auffällig erhöht. Sie kommt auch besonders häufig bei Französischen Kanadiern, Iren und Cajuns vor.[2][3]
Morbus Canavan tritt ebenfalls gehäuft bei aschkenasischen Juden auf.[4]
Die Familiäre Dysautonomie, auch Riley-Day-Syndrom genannt, betrifft fast ausschließlich aschkenasische Juden: Jeder 30. aschkenasische Jude ist Träger der Krankheit.[5]
Erkrankung | Modus der Wirksamkeit | Gen | Trägerhäufigkeit |
---|---|---|---|
Bloom-Syndrom | autosomal rezessiv | BLM | 1/100 |
Brustkrebs and Eierstockkrebs | autosomal dominant | BRCA1 oder BRCA2 | 1/100 und 1/75 |
Morbus Canavan | autosomal rezessiv | ASPA | 1/60 |
Gehörlosigkeit | autosomal rezessiv | GJB2 oder GJB6 | 1/25 |
Mukoviszidose | autosomal rezessiv | CFTR | 1/25 |
Hämophilie C | autosomal rezessiv | F11 | 1/12 |
Familiäre Dysautonomie | autosomal rezessiv | IKBKAP | 1/30 |
Familiäre Hypercholesterinämie | autosomal dominant | LDLR | 1/69 |
Kongenitaler Hyperinsulinismus | autosomal rezessiv | ABCC8 | 1/125–1/160 |
Fanconi-Anämie C | autosomal rezessiv | FACC | 1/100 |
Morbus Gaucher | autosomal rezessiv | GBA | 1/7–1/18 |
Von-Gierke-Krankheit Typ 1a | autosomal rezessiv | G6PC | 1/71 |
Mukolipidose IV | autosomal rezessiv | MCOLN1 | 1/110 |
Niemann-Pick-Krankheit Typ A | autosomal rezessiv | SMPD1 | 1/90 |
Kongenitale Nebennierenhyperplasie durch 21-Hydroxylase-Mangel | autosomal rezessiv | CPY21 | 1/6 |
Parkinsonkrankheit | autosomal dominant | LRRK2 | 1/42[7] |
Tay-Sachs-Krankheit | autosomal rezessiv | HEXA | 1/25–1/30 |
Ziehen-Oppenheim-Syndrom | autosomal dominant | DYT1 | 1/4000 |
Usher-Syndrom | autosomal rezessiv | PCDH15 | 1/72 |
Forschungen
Das Komitee zur Verhinderung von Erbkrankheiten Dor Yeshorim wurde zur Prävention von spezifischen Erkrankungen von orthodoxen Juden gegründet. Es bietet weltweit anonym durchgeführte genetische Tests für Braut und Bräutigam vor Abschluss des Ehevertrags an.[1]
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Sander Gilman: Die Gemeinschaft der genetischen Risikofälle. In: Die Welt, 13. Juni 2001
- ↑ Tay-Sachs and Canavan Diseases (engl.)
- ↑ Tay-Sachs Disease Society and Culture. Impact on Jewish communities.
- ↑ Interview mit Orly Elpeleg, Hadassah Medical Center.
- ↑ Noa Assmann: Familiäre Dysautonomie - eine aschkenasische Erbkrankheit. auf talmud.de
- ↑ G. Rosner, S. Rosner, A. Orr-Urtreger: Genetic testing in Israel: an overview. In: Annu Rev Genomics Hum Genet. 10, 2009, S. 175–92. doi:10.1146/annurev.genom.030308.111406. PMID 19453249.
- ↑ A. Orr-Urtreger, C. Shifrin, U. Rozovski et al.: The LRRK2 G2019S mutation in Ashkenazi Jews with Parkinson disease: is there a gender effect?. In: Neurology. 69, Nr. 16, Oktober 2007, S. 1595–602. doi:10.1212/01.wnl.0000277637.33328.d8. PMID 17938369.
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