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Moral
Moral bezeichnet zumeist die faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien bestimmter Individuen, Gruppen oder Kulturen.
So verstanden, sind die Ausdrücke Moral, Ethos oder Sitte weitgehend gleichbedeutend und werden beschreibend (deskriptiv) gebraucht. Daneben wird mit der Rede von Moral auch ein Bereich von praktischen Urteilen, Handlungen oder deren Prinzipien (Werte, Güter, Pflichten, Rechte) verbunden. Eine so verstandene Unterscheidung von Moral und Unmoral ist nicht beschreibend, sondern bewertend (normativ). Eine moralische Bewertung kann als bloßer Ausdruck subjektiver Zustimmung oder Ablehnung verstanden werden (vergleichbar mit Applaus oder Buhrufen), vor allem bei der Beurteilung von Handlungen, deren Maximen oder sonstigen Prinzipien als moralisch gut oder moralisch schlecht gelten. Daher bezeichnet Moral im engeren Sinn die subjektive Neigung, der Sitte oder Moral im weiteren Sinn, oder davon abweichenden, jedoch als richtig angesehenen ethischen Maximen, zu folgen. In diesem Sinn wird auch Engagement oder besondere Disziplin innerhalb einer Gruppe als Moral bezeichnet.
Positionen, die einen metaethischen Realismus vertreten, gehen davon aus, dass der moralische Wert einer Handlung, eines Weltzustands oder eines Gegenstandes nicht auf ihre subjektive Bewertung reduziert werden kann. Die theoretische Ausarbeitung unterschiedlicher methodischer Vorgehensweisen und Kriterien moralischer Urteile und Gefühle sind Gegenstand der philosophischen Disziplin der Ethik.
Begriffsgeschichte
Der deutsche Ausdruck „Moral“ geht über das französische morale auf das lateinische moralis (die Sitte betreffend; lat: mos, mores Sitte, Sitten) zurück, das im von Cicero neugeprägten Ausdruck philosophia moralis als Übersetzung von êthikê (Ethik) verwendet wird.[1]
Moral beschrieb ursprünglich vor allem, wie Menschen faktisch handeln und welches Handeln in bestimmten Situationen erwartet wird bzw. für richtig gehalten wird. Dieser deskriptive Bedeutungsaspekt einer Moral wird auch als Sittlichkeit oder Ethos bezeichnet und umfasst „regulierende Urteile und geregelte Verhaltensweisen“, ohne dass die rationale oder moraltheoretische Rechtfertigung derselben beurteilt oder bewertet wird. Eine solche Beurteilung wird als „Reflexionstheorie der Moral“, oder „Ethik“ bezeichnet.[2]
Wissenschaften der Moral
Moral ist Gegenstand diverser Wissenschaften.
- Ethik ist eine Disziplin der Philosophie, die moralische Prinzipien, Werte, Tugenden, Geltungsansprüche, Forderungen, Begründungen etc. untersucht und oft auch formuliert und begründet.
- Metaethik untersucht die metaphysischen, erkenntnistheoretischen, semantischen und psychologischen Voraussetzungen und Implikationen moralischen Denkens, Sprechens und Handelns.[3]
- Moraltheologie und Theologische Ethik betrachten die Beziehungen zwischen Moral und Religion.
- Moralpsychologie untersucht, welche moralischen Meinungen, Handlungsweisen und Emotionen Individuen zeigen, Motivationspsychologie versucht, die Neigungen dazu zu erklären.
- Moral im Kontext sozialer Einheiten oder Organisationen ist einer der Gegenstände der Gesellschaftswissenschaften.
- auch Politikwissenschaft oder Ökonomie können normativ verstanden werden und so moralische Wissenschaften sein, die Handlungen intrinsischen Wert beimessen.
Moral und Recht
Es ist eine der Grundfragen der Rechtsphilosophie, in welchem Verhältnis Recht und Moral zueinander stehen. In vielerlei Hinsicht stimmen Moral und Recht (z. B. das Tötungsverbot) überein. Die Frage, wie es z. B. um moralisch verwerfliche Gesetze steht, wurde viel in der deutschen Nachkriegszeit diskutiert. Nennenswert sind hierbei insbesondere die Radbruchsche Formel zum Verhältnis von Recht und Ungerechtigkeit, die Gehorsamsverweigerung und die Frage, ob Deserteure amnestiert werden sollten (siehe Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege).
Deskriptiver Moralbegriff
In deskriptiver Verwendung beschreibt „Moral“ eine Handlungsregelung, die für eine Gesellschaft, soziale Gruppe oder ein Individuum leitend ist[4] oder „die in einer konkreten Gemeinschaft eingelebten oder von einer Person internalisierten Verhaltensregeln“.[5] Dies wird je nach Theorieansatz unterschiedlich präzisiert, etwa als „Gesamtheit der sozial repräsentierten und im Persönlichkeitssystem der Individuen verankerten regelbezogenen Handlungsorientierungen und wechselseitigen Verhaltenserwartungen oder als eine näher bestimmte Teilklasse“ derselben.[6] Luhmann definiert, „rein empirisch gemeint“: „Eine Kommunikation nimmt moralische Qualität an, wenn und soweit sie menschliche Achtung oder Missachtung zum Ausdruck bringt“.[7] In diesem deskriptiven Sinne werden auch „moralisch“ oder „sittlich“ schlicht deskriptiv im Sinne von „zur Moral gehörig“, nicht normativ im Sinne von „moralisch gut“ gebraucht.[8] „Moral“ bezeichnet dann etwa „ein Unternehmen der Gesellschaft“ zur „Lenkung des einzelnen und kleinerer Gruppen“.[8] Derartigen deskriptiven Redeweisen entsprechen alltagssprachliche Formeln wie „herrschende Moral“, „bürgerliche Moral“ oder „sozialistische Moral“.
Siehe auch
Literatur
- Rainer Erlinger: Moral. Wie man richtig gut lebt. S. Fischer, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-10-017021-7.
- Ludger Honnefelder: Was soll ich tun, wer will ich sein?. Vernunft und Verantwortung, Gewissen und Schuld. Berlin University Press, Berlin 2007, ISBN 978-3-940432-05-6.
- Rupert Lay, Ulf Posé: Die neue Redlichkeit. Werte für unsere Zukunft. Campus, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-593-37924-4.
- Robert Spaemann: Moralische Grundbegriffe. 8. Auflage. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59460-1.
- Patricia Churchland: Braintrust. What Neuroscience Tells Us About Morality. Princeton University Press, Princeton 2011, ISBN 978-0-691-13703-2.
- Jan Verplaetse: Der moralische Instinkt. Über den natürlichen Ursprung unserer Moral. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011 (Originaltitel: Het morele instinct, übersetzt von C.Kuby, H. Post), ISBN 978-3-525-40441-6.
Weblinks
- Bernard Gert: „The Definition of Morality“ in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben)
- D. D. Raphael: Moral Sense, in: Dictionary of the History of Ideas
- Micha H. Werner: Moral. In: Marcus Düwell, Christoph Hübenthal, Jean-Pierre Wils (Hrsg.): Handbuch Ethik. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage. Metzler, Stuttgart 2006, ISBN 978-3476021243, S. 239-248 (1. Auflage bei Metzler, Stuttgart/Weimar 2002)..
Einzelnachweise
- ↑ Cicero, De fato 1; Historisches Wörterbuch der Philosophie: Moral, moralisch, Moralphilosophie, Bd. 6, S. 149.
- ↑ So beispielsweise Dietmar Mieth: Was wollen wir können? Ethik im Zeitalter der Biotechnik, Freiburg i. Br. 2002, S. 55 und in vielen anderen Publikationen
- ↑ So die Kurzcharakteristik von Geoff Sayre-McCord: „Metaethics“ in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (englisch, inklusive Literaturangaben).
- ↑ Gert 2005
- ↑ Werner 2005
- ↑ Bernard Gert: Die moralischen Regeln: Eine neue rationale Begründung der Moral. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983/1966, S. 27 ff., hier zit. n. Werner 2005; ähnlich Martin Honecker: Einführung in die theologische Ethik, Berlin/New York 1990, 4: „die Gesamtheit akzeptierter und durch Tradition stabilisierter Verhaltensnormen einer Gesellschaft oder Gruppe“
- ↑ N. Luhmann: Ethik als Reflexionstheorie der Moral, in: Luhmann: Gesellschaftsstruktur und Semantik, Bd. 3, Frankfurt am Main 1993, S. 360 ff.
- ↑ 8,0 8,1 Vgl. William K. Frankena: Analytische Ethik, München 1994, S. 22 f.
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