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Nährwertkennzeichnung
Unter Nährwertkennzeichnung versteht man die Angabe des durchschnittlichen Nährwerts auf Lebensmittelverpackungen. Ihre Angabe erfolgt in den Mitgliedsstaaten der EU, und somit auch z. B. in Deutschland, in der Regel freiwillig; verpflichtend ist die standardisierte Kennzeichnung gemäß EG-Richtlinie 90/496/EWG allerdings immer dann, wenn das Produkt nährwertbezogene Angaben enthält oder Werbung damit gemacht wird.[1] Man findet sie inzwischen auf zahlreichen Lebensmitteln.
Gestaltung und Umfang der Nährwertkennzeichnung
Die Nährwertkennzeichnung ist bislang noch freiwillig. Nur wenn ein Hersteller darauf hinweist, dass sein Produkt besondere Nährwerteigenschaften hat, dann muss er auch angeben, welche Nährwerte im Produkt enthalten sind. Trotzdem werden auf vielen Lebensmitteln die sogenannten „Big Four“ angegeben. Darunter versteht man den
des Lebensmittels, bezogen auf 100 g oder 100 ml des Roh- oder Fertigprodukts. Die Angabe erfolgt dabei in dieser Reihenfolge. Ergänzend können Angaben zu
- Zucker, (siehe Zuckerart)
- gesättigten Fettsäuren,
- Ballaststoffen sowie
- Natrium
erfolgen („Big Eight“). Des Weiteren kann der Vitamin- und Mineralstoffgehalt angegeben werden.
In den USA müssen trans-Fettsäuren, welche unter anderen bei der Fetthärtung entstehen, gesondert gekennzeichnet werden, in einigen Staaten (z. B. Dänemark und Kalifornien) sind trans-Fettsäuren in Lebensmitteln verboten. Die Angaben der Nährwertkennzeichnung sind Durchschnittswerte und unterliegen gewissen natürlichen und produktionsbedingten Schwankungen.
Rechtliches zum Thema Nährwertkennzeichnung
In ganz Europa und damit auch in Deutschland ist die Nährwertkennzeichnung unter anderem auch durch die Verordnung EG Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlamentes und des Rates über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung) geregelt. Am 16. Mai 2006 hat das Europäische Parlament in zweiter Lesung dem Health-Claims-Verordnungsvorschlag zugestimmt. Sie wurde am 30. Dezember 2006 veröffentlicht und trat am 1. Juli 2007 in Kraft.[2]
In der Verordnung werden strenge Regeln für die Verwendung von nährwertbezogenen Angaben wie etwa „fettarm“, „hoher Ballaststoffgehalt“ oder „zuckerarm“ aufgestellt. Sie dürfen nur benutzt werden, wenn festgelegte Werte erfüllt sind. So muss ein Lebensmittel mindestens 6 g Ballaststoffe pro 100 g enthalten, um mit der Angabe „hoher Ballaststoffgehalt“ werben zu dürfen, und weniger als 0,12 g Natrium pro 100 g oder 100 ml bei der Angabe „natriumarm/kochsalzarm“. Eine nährwertbezogene Angabe darf nur noch gemacht werden, wenn das betreffende Lebensmittel ein bestimmtes Nährwertprofil (z. B. geringer Gehalt an Fett, Salz oder Zucker) aufweist. Diese Profile müssen von der Kommission und den Mitgliedsstaaten auf Grundlage eines Gutachtens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) noch festgelegt werden.
In Zusammenhang mit den gesundheitsbezogenen Angaben wird die Europäische Kommission eine Liste der anerkannten Angaben erstellen − beispielsweise „Kalzium ist gut für die Knochen“ −, die verwendet werden dürfen, sofern sie auf das jeweilige Lebensmittel zutreffen. Diese werden in einer Positivliste der EU gesammelt. Gesundheitsbezogene Angaben oder Angaben, die sich auf die Verminderung eines Krankheitsrisikos beziehen, beispielsweise „Kalzium vermindert das Osteoporose-Risiko“, bedürfen einer Sonderzulassung. Nachdem im Jahr 2008 der EU-Verordnungsentwurf für eine verpflichtende Lebensmittelkennzeichnung verfasst wurde, startete das Bundesverbraucherministerium eine Umfrage zu der Nährwert-Ampel, nach der achtzig Prozent der Befragten die Ampel für übersichtlich, informativ und verständlich hielten. Verbraucherminister Seehofer entschied sich daher anschließend für eine freiwillige farbliche Nährwertkennzeichnung, worauf eine kleine Zahl an Lebensmittelherstellern einen Teil ihrer Produkte mit der Nährwert-Ampel versah.
Die Verordnung gilt nicht nur für Aussagen, sondern auch für Produktnamen, Marken, Bilder, graphische Darstellungen, etc.
Im Juni 2010 stimmte das Europäische Parlament mit relativ knapper Mehrheit gegen die Ampel und für das GDA-System. Zusätzlich sollten andere verpflichtende Kennzeichnungssysteme verboten werden, sogar auf einzelstaatlicher Ebene. Die Regierung eines EU-Mitgliedsstaates könnte so die Ampelkennzeichnung nicht einmal zusätzlich zum EU-Standard national einführen. Eine endgültige Entscheidung wird nicht vor 2011 erwartet. Bevor die Verordnung verabschiedet ist, müssen sich Parlament und der Ministerrat, also die 27 zuständigen Fachminister der EU-Staaten, auf eine Kennzeichnung verständigen.
Künftige Kennzeichnung in der EU
Im November 2011 wurde die Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) im Amtsblatt veröffentlicht und damit offiziell verabschiedet.[3] Sie wird ab Dezember 2014 in Kraft treten und die bisherigen Kennzeichnungspflichten weitgehend ablösen. Demnach wird es in Europa künftig eine Nährwertkennzeichnung geben, die nach einer Übergangsfrist ab 2016 verpflichtend ist.[4][5] Zusätzlich zur Nährwertkennzeichnung soll es einfach verständlich Nährwertangaben auf der Vorderseite der Verpackung geben. Zum Einsatz kommen soll die GDA-Kennzeichnung, ein Modell, das ursprünglich von der Industrie entwickelt wurde. Dieses Modell wurde 2008 auch von der deutschen Bundesregierung vorgeschlagen. Verbraucherschützer hatten in einer regen Diskussion im Vorfeld ein vereinfachtes Modell favorisiert, wonach die Nährwertangaben in Ampelfarben angegeben werden sollten.[6] Die Lebensmittelhersteller haben schon vor einigen Jahren damit begonnen, dieses System auf vielen Verpackungen zu etablieren, wobei die Herausstellung der Kalorie gegenüber der SI-Einheit Joule ein Verstoß gegen die Richtlinie 80/181/EWG[7] und entsprechendes nationales Recht ist.
Modelle der erweiterten Nährwertkennzeichnung
Weitere Modelle der so genannten „erweiterten Nährwertkennzeichnung“ sind etwa die Ampel, die von der britischen Ernährungsbehörde Food Standard Agency (FSA) entwickelt wurde, das schwedische Keyholemodell (Schlüsselloch), das schon vor Jahren von der schwedischen Ernährungsbehörde, NFA erarbeitet wurde oder auch das Logo „Bewusst wählen“, das drei große Lebensmittelhersteller ins Leben gerufen haben und das mittlerweile in den Niederlanden unter dem Namen „Ik Kies Bewust“ (ich wähle bewusst) Verbreitung gefunden hat, aber auch in Deutschland auf einigen Produkten zu sehen ist.[8] Der Vergleich dieser Modelle zeigt, dass dahinter völlig unterschiedliche Bewertungskonzepte stecken. So werden bei der Ampelkennzeichnung immer 100 g eines Produktes bewertet, unabhängig davon, um welches Produkt es sich handelt. Für das Keyholemodell hingegen wurden für jede Produktkategorie andere Nährstoffgrenzen festgelegt. So werden Milchprodukte beispielsweise nach anderen Kriterien bewertet als Frühstückcerealien.[9] Das „sCALe“-Kennzeichnungsmodell[10] ist ein Kennzeichnungskonzept einer Gesundheitsberatungs-Agentur und wird bislang auf Lebensmitteln nicht eingesetzt.
Kritik
Für eine Änderung der Nährwertkennzeichnung von der Guideline Daily Amount (GDA) zur Ampel setzte sich 2008 besonders der Verein foodwatch ein. Nach einer foodwatch-Umfrage im September 2008 stimmten 84 % der Befragten für eine verbindliche Ampel- Kennzeichnung. foodwatch warb in seiner Kampagne für eine einfache und verständliche Information über Lebensmittel, die eine ausgewogene Ernährung für den Verbraucher erleichtern soll und die der zunehmenden Adipositas in der Bevölkerung entgegenwirken soll. Zudem kritisiert foodwatch an der GDA-Kennzeichnung, dass sie für den Verbraucher durch die Nährwertangaben auf unterschiedliche Mengenangaben des Produktes sehr unübersichtlich und verwirrend sei. Sie erklären, Verbrauchern müsse Orientierung geboten werden, vor allem hinsichtlich Zucker-, Fett- und Salzgehalt der Lebensmittel.
Quellen
- ↑ Richtlinie 90/496/EWG in der konsolidierten Fassung vom 9. Januar 2004 (PDF)
- ↑ Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 in der konsolidierten Fassung vom 29. November 2012 (PDF)
- ↑ Verordnung (EU) Nr. 1169/2011
- ↑ Verordnung (EU) Nr. 1169/2011. Artikel 54, Absatz 1
- ↑ Einheitliche Kennzeichnung von Lebensmitteln in der EU schafft mehr Transparenz für Verbraucher. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 17. Juli 2013, abgerufen am 31. Juli 2013.
- ↑ Leitfaden zur erweiterten Nährwertkennzeichnung vorgelegt, Pressemitteilung des Bundesverbraucherschutzministeriums vom 30. Mai 2008
- ↑ Richtlinie 80/181/EWG in der konsolidierten Fassung vom 27. Mai 2009 (PDF)
- ↑ aid infodienst e.V.: Nährwertkennzeichnung in Deutschland
- ↑ aid infodienst e.V.: Vier Modelle im Vergleich
- ↑ sCALe-Kennzeichnung
Literatur
- Friedrich Senser, Heimo Scherz, Eva Kirchhoff (Hrsg.): Der kleine 'Souci-Fachmann-Kraut'. Lebensmitteltabelle für die Praxis. Stuttgart, ISBN 3-8047-2037-4.
Weblinks
- Empfehlungen zu Toleranzen für Nährstoffschwankungen der Gesellschaft deutscher Chemiker
- Infodienst der Landwirtschaftsverwaltung Baden-Württemberg
- Nährwertkennzeichnung beim Portal der Europäischen Union
- Verordnung über nährwertbezogene Angaben bei Lebensmitteln
- Novelle 2009 zur Nährwertkennzeichnungsverordnung (PDF-Datei; 93 kB)
- Health-Claims-Verordnung
- Stellungnahmen aus Industrie und Handel zu den neuen Regeln für Nährwert-Infos
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Nährwertkennzeichnung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |