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Ballaststoff

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Ballaststoffe sind weitgehend unverdauliche Nahrungsbestandteile, meist Polysaccharide, also Kohlenhydrate, die vorwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommen. Sie kommen unter anderem in Getreide, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und in geringen Mengen in Milch vor. Der Einfachheit wegen teilt man die Ballaststoffe in wasserlösliche (wie Johannisbrotkernmehl, Guar, Pektin und Dextrine) und wasserunlösliche (zum Beispiel Cellulose) ein. Ballaststoffe gelten mittlerweile, ganz anders als ihre Bezeichnung vermuten lässt, als wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Nicht alle Ballaststoffe führen im selben Maße zu Flatulenz.

Definition

Der in der Nährwertetabelle angegebene Ballaststoffgehalt eines Lebensmittels unterliegt gesetzlichen Bestimmungen.[1] § 2 der Nährwertkennzeichnungsverordnung (Begriffsbestimmungen) definiert u.a.:

  • Ballaststoffe = Kohlenhydratpolymere mit drei oder mehr Monomereinheiten, die im Dünndarm des Menschen weder verdaut noch absorbiert werden und zu folgenden Kategorien zählen:
    • a) essbare Kohlenhydratpolymere, die in Lebensmitteln, wenn diese verzehrt werden, auf natürliche Weise vorkommen;
    • b) essbare Kohlenhydratpolymere, die auf physikalische, enzymatische oder chemische Weise aus Lebensmittelrohstoffen gewonnen werden und nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen eine positive physiologische Wirkung besitzen;
    • c) essbare synthetische Kohlenhydratpolymere, die nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Nachweisen eine positive physiologische Wirkung besitzen;

Abgrenzung zu Rohfaser

Der Begriff Rohfaser wurde vor mehr als 100 Jahren in der Futtermittelanalytik geprägt. Da Ballaststoffe teilweise ebenfalls eine faserige Struktur haben, werden sie oft irrtümlich mit diesen gleichgesetzt. Auch im Englischen gibt es mehrere Begriffe wie „crude fiber“, „dietary fiber“, „non nutritive carbohydrates“. Der Ballaststoffgehalt übersteigt in jedem Falle den Rohfasergehalt, der fast ausschließlich aus Cellulose besteht. In der Literatur werden Umrechnungsfaktoren zwischen 2 und 6 angegeben, also z. B. Rohfasergehalt × 6 = Ballaststoffgehalt. Bei Getreide und Hülsenfrüchten gelten eher die höheren Umrechnungswerte (4–6), bei Obst und Gemüse etwa 2–3.

Arten und Vorkommen

Ballaststoffe kommen in verschiedenen pflanzlichen Nahrungsmitteln in unterschiedlicher Menge vor. Man teilt Ballaststoffe grob in wasserunlösliche und wasserlösliche ein; aufgrund ihrer Einsetzbarkeit als Verdickungsmittel (siehe auch Schleimstoffe) werden einige speziell für die Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff produziert (Alginate als Salze der Alginsäure aus verschiedenen Algen, Agar ebenfalls aus Algen, Xanthan usw.).

Nährstoff E-Nummer Vorkommen / Gewinnung
Wasserunlösliche Ballaststoffe
β-Glucane
   Cellulose E 460 Getreide, Obst, Gemüse (alle Pflanzen)
   Lichenin Hafer & Gerste = 6–8%; Weizen & Roggen < 2%
   Chitin in Pilzen, Exoskelett von Insekten und Krustentieren
Hemicellulosen Getreide, Kleie, Holz, Hülsenfrüchte
   Hexosane Weizen, Gerste
   Pentosane Roggen, Hafer
Lignin Obstkerne, Gemüse (Fäden bei grünen Bohnen), Getreide
Xanthan E 415 Gewinnung mit Xanthomonas-Bakterien aus zuckerhaltigen Substraten
Wasserlösliche Ballaststoffe
Fruktane ersetzen oder ergänzen in einigen Pflanzentaxa die Stärke als Speicherkohlenhydrat
   Inulin in verschiedenen Pflanzen, z.B. Topinambur, Chicoreé, etc.
Polyuronide
   Pektin E 440 in der Obstschale (besonders Äpfel, Quitten), Gemüse
   Alginsäure (Alginate) E 400–E 407 in Algen
      Natriumalginat E 401
      Kaliumalginat E 402
      Ammoniumalginat E 403
      Calciumalginat E 404
      Propylenglycolalginat (PGA) E 405
      Agar E 406
      Carrageen E 407 Rotalgen
Raffinose Hülsenfrüchte
Xylose Einfachzucker, Pentose
Polydextrose E 1200 synthetisches Polymer, ca. 1kcal/g
Lactulose synthetisches Disaccharid

Ballaststoffgehalte verschiedener Lebensmittel

Der Ballaststoffgehalt der Lebensmittel ist sehr verschieden. Die folgenden Tabellen geben wenige Beispiele an. Eine ausführlichere Tabelle ist in den Weblinks angegeben.[2] Nach der vom Max Rubner-Institut herausgegebenen Nationalen Verzehrsstudie II sind Getreideerzeugnisse mit 41 % die wichtigste Ballaststoffquelle der Deutschen, vor Obst (21 %) und Gemüse (16 %).[3] Alle deutschen Typenmehle können nach den restriktiven EU-Richtlinien als Ballaststoffquelle bezeichnet werden, da sie mehr als 3 % Ballaststoffe aufweisen.[4]

Ballaststoffe können bis zum 100fachen ihres Eigengewichtes an Wasser binden. Es ist daher vor allem bei separater Aufnahme von Ballaststoffen wie Leinsamen oder Weizenkleie sehr wichtig, ausreichend Flüssigkeit zu trinken, da der Verdauungsbrei im Darm sonst auf Grund von Wassermangel verhärtet und eine Verstopfung begünstigt statt ihr entgegenzuwirken. Aufgrund der unterschiedlichen Fermentierbarkeit der jeweiligen Ballaststoffe haben diese auch unterschiedliche Brennwerte zwischen 4 kcal/g und 0 kcal/g.

Ballaststoffgehalt einiger Lebensmittel
Ballaststoffgehalt Lebensmittel
> 10  % Roggen, Roggenknäckebrot, Roggenvollkornmehl/-schrot, Weizenspeisekleie
5  % … 10 % Datteln, Dinkel, Erdnüsse, Feigen, Gerste, Graupen, Hafer, entspelzt, Haferflocken, Haselnüsse, Holunderbeeren, Mais, Mandeln, Nüsse, Pumpernickel, Quitten, Roggenmehl: alle Mehltypen, Roggenmischbrot, Schwarze Johannisbeeren, Sultaninen, Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Walnüsse, Weizen, Weizengrieß, Weizenmehl Type 1050
2  % … 4,9  % Äpfel, Aprikosen, Artischocken, Avocados, Bananen, Birnen, Blumenkohl, Bohnen, Erbsen, Fenchel, Grünkohl, Heidelbeeren, Himbeeren, Kürbis, Linsen, Möhren/Karotten, Rosenkohl, Sauerkraut, Toastbrot, Weizenbrötchen, Weizenmischbrot, Weizenmehl: Type 405 und 550, Zwiebeln
< 2  % Ananas, Auberginen, Erdbeeren, Gurken, Kartoffeln, Kirschen, Kopfsalat, Mandarinen, Melonen, Pfirsiche, Pflaumen, Spargel, Spinat, Tomaten, Weintrauben, Zucchini



Gesamtballaststoffe in g je 100 g des jeweiligen Lebensmittels (alle Angaben beziehen sich auf das verzehrsfertige Frischgewicht, übliche Verzehrsform)
Getreide und Getreidenährmittel
Reis, poliert 2,1
Mais, Korn 7,7
Gerste, entspelzt 8,7
Hafer, entspelzt 9,3
Weizen 9,6
Dinkel, Grünkern 9,9
Roggen 13,4
Cornflakes 4,0
Gerstengraupen 4,6
Weizengrieß 7,1
Haferflocken 9,5
Weizenspeisekleie 49,3
Getreidemahlerzeugnisse, Brot, Kleingebäck
Weizenmehl Type 405 3,2
Weizenmehl Type 550 3,5
Weizenmehl Type 1050 5,2
Weizenvollkornmehl/-schrot 10,0
Roggenmehl Type 815 6,5
Roggenmehl Type 997 6,9
Roggenmehl Type 1150 7,7
Roggenvollkornmehl/-schrot 13,5
Weizenbrötchen 3,4
Toastbrot 3,8
Weizenmischbrot 4,8
Roggenmischbrot 6,0
Roggenknäckebrot 14,1
Gemüse und Salat
Gurke 0,9
Zucchini 1,1
Spinat 1,2
Tomaten 1,3
Spargel 1,4
Blattsalat 1,6
Kartoffel 1,9
Blumenkohl 2,9
Weißkohl 3,0
Rosenkohl 4,4
Obst
 
Wassermelone 0,2
Ananas 1,4
Weintrauben 1,6
Pflaume 1,7
Banane 2,0
Apfel 2,3
Kiwi 3,9
Heidelbeeren 4,9
Trockenobst, Nüsse
Sultaninen 5,4
Pflaumen 9,0
Datteln 9,2
Feigen 9,6
Walnüsse 4,6
Erdnüsse 7,1
Haselnüsse 7,4
Mandeln 9,8
Cashewnüsse 3,0

Eigenschaften und Wirkungen

Grund für die Unverdaulichkeit

Der Grund für die vollständige oder teilweise Unverdaulichkeit ist entweder ein fehlendes Enzym zur Spaltung der vorliegenden Bindung oder ein fehlendes Transportprotein für den aktiven Transport durch die Zellwand aus dem Darm in die Darmschleimhaut. Der Mensch beispielsweise besitzt Enzyme, um Glycosidische Bindungen vom Typ α-1→2 (Saccharose) oder α-1→4 (z.B. Maltose) zu spalten, aber keines für Verbindungen mit dem β-1→4-Typ (Cellulose). Ebenso besitzt der Mensch eine ganze Reihe von Glucosetransportern. Im Falle von Isomalt liegt eine Bindung vor, die gespalten werden kann; die Glucose, die 50 % ausmacht, wird durch die Darmwand resorbiert und in den Körperzellen metabolisiert, das Sorbitol und das Mannitol (je 25 % Anteil) hingegen kann nicht durch die Darmwand resorbiert werden.

Magen

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Ballaststoffe in der Nahrung vergrößern allein durch ihr Vorhandensein das Nahrungsvolumen, ohne dabei den Energiegehalt zu steigern. Einige Ballaststoffe haben darüber hinaus die Eigenschaft sehr viel Wasser zu binden, was dazu führt, dass sie, sofern sie nicht bereits vor der Nahrungsaufnahme in Wasser gelegen haben, im Magen aufquellen. Die daraus resultierende Volumenzunahme führt zu einer stärkeren Dehnung des Magensackes, dies wiederum führt zur Absenkung von Ghrelin was zu einem unmittelbar stärkeren Sättigungsgefühl führt.

Ballaststoffe wirken sich auf die Magenverweildauer aus, indem sie diese verlängern[5]. Das Aufquellen dauert eine gewisse Zeit[6] und verlangt entweder, dass Wasser getrunken wird, oder dass der Magen mehr Flüssigkeit sezerniert, denn der Chymus muss eine gewisse Mindestviskosität aufweisen.

Darm

Die im Speisebrei vorhandenen Ballaststoffe sorgen durch ihre Fähigkeit, Wasser zu binden, für eine stetige Zunahme seines Volumens; ballaststoffreicher Speisebrei übt also zusätzlichen Druck auf die Darmwand aus und regt dadurch die Peristaltik an, was die Verweildauer ballaststoffreicher Kost im Darm verkürzt.

Kein höheres Tier besitzt Enzyme um die wasserunlöslichen Ballaststoffe (insbesondere Cellulose) zu spalten (bei Wiederkäuern findet die enzymatische Spaltung dieser Stoffe durch Mikroorganismen statt, die sich in ihrem Pansen befinden). Weder im Dünn- noch im Dickdarm finden sich solche Bakterien. Wasserunlösliche Ballaststoffe passieren den Gastrointestinaltrakt also unverändert.

Ein Teil der wasserlöslichen Ballaststoffe hingegen wird im Dickdarm zum Teil durch die Darmflora fermentiert. Bei dieser Fermentation entstehen unterschiedliche Mengen an teils geruchlosen Gasen wie z.B. Kohlenstoffdioxid, Methan und Wasserstoff. Es entstehen auch kurzkettige Carbonsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat, die von der Dickdarmschleimhaut weitgehend resorbiert werden und zur Ernährung der Schleimhautzellen beitragen. Kurzkettige Fettsäuren (engl. SCFA (short chain fatty acids)) weisen gegenüber mittel- und langkettigen Fettsäuren Besonderheiten auf (siehe Fettverdauung).

Neben Wasser binden Ballaststoffe auch Mineralstoffe, Toxine, Gallensäuren sowie Mikroorganismen an sich. Diese werden folglich gemeinsam über den Stuhl ausgeschieden. Bei ausgewogener Mischkost stellt das kein Problem dar, bei separater Ballaststoffzufuhr kann längerfristig jedoch ein Mineralstoffmangel auftreten.[7]

Einige Ballaststoffe sind pflanzliche Substanzen, die aus einer ökologischen Sicht Fraßfeinde abwehren sollen. Aus schlecht verdauten Ballaststoffen könnten toxische Gärungsalkohole und biogene Amine entstehen, die die Darmschleimhaut und die Immunabwehr schädigen.[8]

Ernährungsphysiologische Einschätzung

Die Vorstellung, dass eine ballaststoffreiche Kost gesundheitsförderlich ist und der Vorbeugung gegen Zivilisationskrankheiten dient, wurde u. a. durch eine epidemiologische Studie von Burkitt und Trowell aus den 1970er Jahren ausgelöst,[9] die nahelegte, dass Afrikaner, die sich ballaststoffreich ernähren, erheblich seltener an manchen Zivilisationskrankheiten erkranken als Europäer und Amerikaner unter ballaststoffarmer Kost. Wegen methodischer Mängel gilt diese Studie heute jedoch nicht mehr als ein Beweis für die seinerzeit daraus abgeleitete „Ballaststoffhypothese“.

Die seither durchgeführten Kontrollstudien konnten die Hypothese in Teilen stützen, teils gibt es nach wie vor widersprüchliche Ergebnisse.

Cholesterin

Hauptartikel: Enterohepatischer Kreislauf

Eine ballaststoffreiche Ernährung hat möglicherweise einen cholesterinsenkenden Effekt.

Der Stuhl ist die einzige Möglichkeit des menschlichen Körpers Cholesterin auszuscheiden. Ballaststoffe erhöhen die Gallensäureausscheidung über den Stuhl, indem sie Gallensäuren bzw. Salze dieser binden und so ihre Rückresorbtion im Ileum verhindern.[10] Dies wiederum führt zu einer kompensatorisch gesteigerten Gallensäuresynthese, die Cholesterin verbraucht.

Es gibt auch Studien, die eine cholesterinsenkende Wirkung nicht bestätigen.[11][12]

Koronare Herzkrankheit

Mehrere Studien belegen, dass eine ballaststoffreiche Kost das Risiko, an der Koronaren Herzkrankheit zu erkranken, und somit das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, vermindert.[13][14][15][16][17]

Ein möglicher Mechanismus hierfür könnte der cholesterinsenkende Effekt der Ballaststoffe sein.

Cholezystolithiasis (Gallensteinleiden)

Es gibt Hinweise darauf, dass eine ballaststoffreiche Kost das Risiko, cholesterinhaltige Gallensteine zu bekommen, reduziert.[18][19] Dieser Umstand könnte generell auf die Erhöhung der Gallensäureausscheidung im Stuhl zurückzuführen sein.

Blutzuckerspiegel

Hauptartikel: Glykämische Last

Ballaststoffe senken die glykämische Last des Chymus.

Aus ballaststoffreicher Nahrung werden die Kohlenhydrate im Darm langsamer aufgenommen, dadurch kommt es zu einem langsameren, also weniger steilem Blutzuckeranstieg nach dem Essen und zu einem weniger steilen Blutzuckerabfall nach der Spaltung der Stärke. Deshalb wird Diabetikern empfohlen, sich ballaststoffreich zu ernähren.

Zahnkaries

Hauptartikel: Zahnbelag

Eine ballaststoffreiche Ernährung regt zum ausgiebigen Kauen an. Sie massiert und strafft das Zahnfleisch und reinigt mechanisch Teile der Zahnoberfläche.[20] Reichliches Kauen erhöht außerdem die Speichelmenge. Der Speichel wirkt als pH-Puffer und das im Speichel enthaltene Kalziumphosphat sorgt für eine Remineralisation des Zahnschmelzes.[21]

Divertikulose/Divertikulitis

Als gesichert gilt, dass eine ballaststoffarme Kost das Auftreten der Divertikulose und deren entzündlicher Form, der Divertikulitis begünstigt sowie dass die Divertikulose durch ballaststoffreiche Kost behandelt werden kann.[22] Dies konnte dadurch belegt werden, dass man bei Divertikulose-Patienten einen hohen Druck im Dickdarminneren fand, der sich durch Langzeitbehandlung mit Weizenkleie gegenüber Placebo signifikant senken ließ.[23] Dieser hohe Druck wird neben anderen Faktoren für die Entstehung der Dickdarm-Divertikel (Ausstülpungen) verantwortlich gemacht. Es gibt jedoch auch eine Studie[24], die zu dem Schluss kommt, dass ballaststoffreiche Kost das Risiko an Divertikulose/Divertikulitis zu erkranken sogar erhöht.

Darmkrebs

Hauptartikel: Kolorektales Karzinom

Es kann davon ausgegangen werden, dass das individuelle Darmkrebsrisiko von der genetischen Prädisposition, von der vorhandenen Belastung von Nahrungsmitteln mit Karzinogenen, von der Nahrungszusammensetzung und zusätzlich auch von der Ernährungsweise abhängig ist. Nach wie vor umstritten ist, wie stark einzelne Faktoren das Risiko erhöhen oder mindern. Es wird z.B. vermutet, dass die Beschleunigung der Darmpassage durch ballaststoffreiche Kost dazu führt, dass im Nahrungsbrei mehr oder weniger reichlich vorhandene Karzinogene nur kurz auf die Darmwand einwirken, und dass dadurch das Krebsrisiko sinkt.

Experimentelle Befunde in vitro belegen, dass das bei der Ballaststoff-Fermentation gebildete Butyrat (s. o.) einer gestörten Zellvermehrung vorbeugt und damit die Krebsentstehung hemmt.[25][26] Diese Befunde lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf das In-vivo-Milieu im Darm des Menschen übertragen.

Biopsien belegen, dass rund 90 Prozent aller Colonkrebsfälle sich entweder aus Dickdarmpolypen oder aus Adenomen entwickeln. Eine Vermeidung von Polypen oder Adenomen durch eine ballaststoffreiche Kost konnte durch eine Studie jedoch nicht belegt werden.[27] Ebenso wenig sind Studien bekannt, die unterlegen, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko der Entartung von benignen zu malignen Tumoren senken bzw. eine ballaststoffarme Ernährung dieses erhöhen.

Die Studienlage ist uneinheitlich: Eine Metaanalyse von fünf Interventionsstudien zeigte keinen vor Darmkrebs schützenden Effekt.[28] Dagegen belegt die EPIC-Studie[29], dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Darmkrebsrisiko um ca. 40 Prozent senkt. Der Grund für diese Diskrepanz könnte in den unterschiedlichen Studiendesigns liegen. So kann die EPIC-Studie z.B. Störfaktoren nicht ausschließen.

Aktuelle Empfehlungen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich mindestens 30 Gramm Ballaststoffe zu sich zu nehmen, am besten durch Vollkornprodukte, Gemüse, frisches oder getrocknetes Obst und Nüsse. Auf eine gleichzeitige ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten.[30] Die Nationale Verzehrsstudie II ergab allerdings, dass 68 % der Männer und 75 % der Frauen deutlich weniger Ballaststoffe zu sich nehmen.[31]

Der Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) empfiehlt daher die Ballaststoffzufuhr langsam anzuheben. Dies kann durch einen gesteigerten Verzehr von bissfest gegartem Gemüse und später eine langsame Einfuhr von Rohkost erfolgen. Auch kann Weißmehl schrittweise durch Vollkornmehl ersetzt werden.[32] Eine hohe Ballaststoffzufuhr wird durch Vollwerternährung erreicht.

Die FoodDrinkEurope (FDE) empfiehlt in ihren Guideline Daily Amounts 25 Gramm pro Tag.[33]

Die Harvard School of Public Health empfiehlt die tägliche Aufnahme von mindestens 20 Gramm, am besten in Form von Vollkornprodukten, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen.[34]

Die American Heart Association empfiehlt täglich 25 Gramm.[35]

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Ballaststoff – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Verordnung über nährwertbezogene Angaben bei Lebensmitteln und die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln
  2. Infos zu Ballaststoffen inkl. Tabelle Ballaststoffgehalt der Lebensmittel (PDF; 27 kB) Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung
  3. Nationale Verzehrsstudie II. (PDF) Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
  4. Pressemitteilung des VDM vom 16. August 2011
  5. Werner Baltes, Reinhard Matissek: Lebensmittelchemie. 7. Auflage, Springer 2011, ISBN 978-3-642-16538-2, S. 13.
  6. anybody?
  7. Gesundheitskost – gesunde Kost? Verbraucherzentrale NRW, 5. Aufl. 1996, S. 35
  8. Udo Pollmer, Susanne Warmuth: Lexikon der populären Ernährungsirrtümer. München 2006, S. 324
  9. DP. Burkitt, HC. Trowell: Dietary fibre and western diseases. In: Ir Med J., 1977 Jun 18, 70(9), S. 272–277.
  10. D.T. Forman et al.: Increased excretion of fecal bile acids by an oral hydrophilic colloid. In: Proc Soc Exper Biol Med., 127, 1968, S. 1060.
  11. Der Mythos von den Ballaststoffen. Odysso – Wissen entdecken, SWR Fernsehen, 11. Januar 2007
  12. L. Brown et al.: Cholesterol-lowering effects of dietary fiber - A meta-analysis. In: American Journal of Clinical Nutrition, 1999/69, S. 30.
  13. H. Wu et al.: Dietary fiber and progression of atherosclerosis: the Los Angeles Atherosclerosis Study. In: Am J Clin Nutr., 2003 Dec, 78(6), S. 1085–1091, PMID 14668268.
  14. AT. Erkkila et al.: Cereal fiber and whole-grain intake are associated with reduced progression of coronary-artery atherosclerosis in postmenopausal women with coronary artery disease. In: Am Heart J., 2005 Jul, 150(1), S. 94–101, PMID 16084154.
  15. LA. Bazzano et al.: Dietary fiber intake and reduced risk of coronary heart disease in US men and women: the National Health and Nutrition Examination Survey I Epidemiologic Follow-up Study. In: Arch Intern Med., 2003 Sep 8, 163(16), S. 1897–904, PMID 12963562.
  16. P. Pietinen et al.: Intake of dietary fiber and risk of coronary heart disease in a cohort of Finnish men. The Alpha-Tocopherol, Beta-Carotene Cancer Prevention Study. In: Circulation, 1996 Dec 1, 94(11), S. 2720–2727, PMID 8941095.
  17. D. Lairon et al.: Dietary fiber intake and risk factors for cardiovascular disease in French adults. In: Am J Clin Nutr., 2005 Dec, 82(6), S. 1185–1194, PMID 16332650.
  18. C.J. Tsai et al.: Long-term intake of dietary fiber and decreased risk of cholecystectomy in women. In: Am J Gastroenterol., 2004 Jul, 99(7), S. 1364–1370, PMID 15233680.
  19. S. Arffmann et al.: Effect of oat bran on lithogenic index of bile and bile acid metabolism. In: Digestion, 1983, 28(3), S. 197–200, PMID 6321282.
  20. C. Leitzmann et al: Karies. In: Ernährung in Prävention und Therapie. Hippokrates, Stuttgart 2001, S. 312–317.
  21. W. Holzinger: Prophylaxefibel. Grundlagen der Zahngesundheitsvorsorge. 5. Auflage. Hanser, München/Wien 1988.
  22. W.H. Aldoori: The protective role of dietary fiber in diverticular disease. In: Adv Exp Med Biol., 1997, 427, S. 291–308.
  23. J. Weinreich: Zur Therapie von Dickdarmerkrankungen mit pflanzenfasernballaststoffreicher Kost: Ergebnisse einer Studie. In: J. Rottka: Pflanzenfasern-Ballaststoffe in der menschlichen Ernährung. Thieme, Stuttgart 1980.
  24. Anne F. Peery, Patrick R. Barrett, Doyun Park, Albert J. Rogers, Joseph A. Galanko, Christopher F. Martin, Robert S. Sandler. A High-Fiber Diet Does Not Protect Against Asymptomatic Diverticulosis. Gastroenterology, February, 2012
  25. W. Scheppach et al.: Effect of short-chain fatty acids on the human colonic mucosa in vitro. In: J Parent Ent Nutr 16, 1992, S. 43–48
  26. W. Scheppach: Effects of short chain fatty acids on gut morphology and function. In: Gut, Suppl. 1, 1994, S. 35–38.
  27. Petra Meinert: In der Diskussion: Ballaststoffe. (PDF; 593 kB) In: Mitteilungen des Internat. Arbeitskreises für Kulturforschung des Essens, Heft 8, 2001, S. 44 f.
  28. TK. Asano, RS. McLeod: Dietary fibre for the prevention of colorectal adenomas and carcinomas. Cochrane Database of Systematic Reviews 2002, Issue 1. Art. No.: CD003430. doi:10.1002/14651858.CD003430
  29. EPIC-Studie.
  30. DGE: Müssen die Ernährungsempfehlungen für die Ballaststoffaufnahme geändert werden?.
  31. Nationale Verzehrsstudie II Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
  32. Wohl bekomm’s: Ballaststoffreich essen, abgerufen am 19. August 2013.
  33. Guidelines der FDE (fibre), abgerufen am 10. März 2013.
  34. Fiber: Start Roughing It! HSPH.
  35. American Heart Association: Whole Grains and Fiber, abgerufen am 20. Mai 2013.
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