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Essigsäure
Strukturformel | |||||||||||||
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Keile zur Verdeutlichung der Geometrie | |||||||||||||
Allgemeines | |||||||||||||
Name | Essigsäure | ||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C2H4O2 | ||||||||||||
CAS-Nummer | 64-19-7 | ||||||||||||
PubChem | 176 | ||||||||||||
ATC-Code | |||||||||||||
Kurzbeschreibung |
stechend riechende Flüssigkeit mit charakteristischem Geruch [1] | ||||||||||||
Eigenschaften | |||||||||||||
Molare Masse | 60,05 g·mol−1 | ||||||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | ||||||||||||
Dichte |
1,05 g·cm−3 [1] | ||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||
Siedepunkt |
118 °C [1] | ||||||||||||
Dampfdruck | |||||||||||||
pKs-Wert |
4,76 [2] | ||||||||||||
Löslichkeit |
vollständig mischbar mit Wasser (20 °C) [1] | ||||||||||||
Dipolmoment | |||||||||||||
Brechungsindex |
1,371 (20 °C)[4] | ||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||
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MAK |
10 ml·m−3; 25 mg·m−3 [1] | ||||||||||||
Toxikologische Daten | |||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C |
Essigsäure (systematisch Ethansäure, lateinisch acidum aceticum) ist eine farblose, flüssige, ätzende und typisch riechende Carbonsäure der Zusammensetzung C2H4O2 (Halbstrukturformel CH3COOH). Als Lebensmittelzusatzstoff hat sie die Bezeichnung E 260. Wässrige Lösungen der Essigsäure werden trivial nur Essig und reine Essigsäure Eisessig genannt. Die Salze und Ester der Essigsäure heißen Acetate oder (systematisch) Ethanoate.
Geschichte
Essig wurde historisch sowohl in Europa als auch in Asien als Würzmittel zur Säuerung und Konservierung von Lebensmitteln genutzt, in Europa geht die Verwendung bis in die Antike zurück. Dabei wurde Essig traditionell wie beim bekannten Aceto balsamico in der italienischen Region Modena vor allem aus Wein gewonnen, der offen stehengelassen und vergoren wurde. Das im Mittelalter in Frankreich entwickelte Orleans-Verfahren basierte ebenfalls auf diesem Prozess: Wein wurde in große und flache Bottiche gefüllt und offen hingestellt. Wahrscheinlich über Taufliegen (auch bekannt als Frucht- oder Essigfliegen) wurden Essigsäurebakterien eingetragen, die eine Kahmhaut auf der Weinoberfläche bildeten, die sogenannte Essigmutter.[8]
Eine Weiterentwicklung erfolgte im 19. Jahrhundert durch die ersten Oberflächenfermenter. Dabei wurde beim Fessel- oder Generatorverfahren die wein- bzw. alkoholhaltige Lösung durch große Holzgeneratoren gerieselt, die beispielsweise mit Buchenspänen gefüllt waren und als natürliche Träger für die Ansiedlung der Bakterien dienten. Der Sauerstoff wurde über eine Belüftung am Boden der Behälter gewährleistet und stieg, angezogen durch die Reaktionswärme, durch den Generator nach oben. Ähnliche Verfahren zur Herstellung von Essig sind bis in die heutige Zeit im Einsatz.[8]
1856 entdeckte der französische Wissenschaftler Louis Pasteur die Rolle der Bakterien bei der Essigherstellung. 1868 konnte er erstmals selektive Wachstumsbedingungen für die Essigsäurebakterien ausarbeiten und einsetzen. Er legte damit den Grundstein für die kontrollierte Herstellung von Essig in Form von Weinessig mit einem Essigsäureanteil von etwa sechs Prozent.[9][8] Dieses Verfahren und die Ausbeute wurden erst 1949 durch die Einführung eines Submers-Verfahrens in Form des Frings-Acetators (benannt nach dem Unternehmen Heinrich Frings GmbH & Co KG in Bonn, das maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war), verbessert und abgelöst. Heute stellt das Submers-Verfahren die häufigste Produktionsform für biogene Essigsäure dar.[8]
Die ersten Verfahren zur Herstellung synthetischer Essigsäure stammen aus dem Jahr 1913 von dem deutschen Unternehmen BASF. 1941 zeigte der BASF-Chemiker Walter Reppe die Wirksamkeit der Carbonyle der heute als Cobaltgruppe bezeichneten Metalle (früher Gruppe VIII) als Katalysatoren für die Herstellung von Carbonylverbindungen. Auf diesen Arbeiten basierend, wurde ein Prozess entwickelt, mit dem unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen Methanol und Kohlenmonoxid durch Cobaltdiiodid als Katalysator zu Essigsäure umgesetzt werden konnte. Das Methanol selbst stellte einen Rohstoff dar, der nicht primär auf Erdöl basiert, sondern über Synthesegas aus verschiedenen Rohstoffquellen wie Erdgas und Kohle gewonnen werden konnte. 1960 wurde der BASF-Prozess erstmals großtechnisch in einer Anlage in Ludwigshafen umgesetzt, die Kapazität wurde von anfänglich 3.600 t/a kontinuierlich auf 45.000 t/a im Jahr 1981 gesteigert. 1966 baute die amerikanische Borden Chemical Co. eine weitere Anlage auf der Basis des BASF-Prozesses mit einer Kapazität von 45.000 t/a in Geismar in Louisiana, die bis 1981 auf 64.000 t/a aufgestockt wurde.[10]
In den späten 1960er-Jahren entwickelte Monsanto einen Prozess auf der Basis von Rhodiumiodid als Katalysator, der die Herstellung von Essigsäure unter einem deutlich geringeren Druck und bei einer geringeren Temperatur (3 MPa = ca. 30 bar, 180 °C) bei einer höheren Ausbeute von bis zu 99 % bei Einsatz von Methanol und 90 % bei Einsatz von Kohlenstoffmonoxid ermöglicht (Monsanto-Prozess). 1970 baute Monsanto die erste Anlage in Texas City mit einer Startkapazität von 135.000 t/a, die bis 1975 auf 270.000 t/a erhöht wurde. Bereits kurze Zeit nach diesem Start wurde der BASF-Prozess im Vergleich unwirtschaftlicher und konnte nicht mehr konkurrieren. 1978 baute Celanese die Clear Lake Plant in Seabrook in Texas auf der Basis des Monsanto-Prozesses mit einer Startkapazität von 27.000 t/a, durch eine Verbesserung des Prozesses konnte die Kapazität auf 900.000 t/a gesteigert werden.[10]
1986 kaufte BP Chemicals die Rechte am Monsanto-Prozess, allerdings ohne die Modifikationen von Celanese und modifizierte ihn mit Iridiumiodid als Katalysator. Dieser als Cativa-Prozess bekannte Weg wurde in den frühen 1990er Jahren weiterentwickelt und soll den Rhodiumiodid-Prozess in der Monsanto-Fabrik in Texas-City ersetzen und verbessern.[10]
Vorkommen
Essigsäure ist ein Bestandteil von Pflanzensäften und ätherischen Ölen. Alkoholische Getränke, die für längere Zeit der Luft ausgesetzt sind, bilden durch Oxidation des Ethanols Essigsäure.
Essigsäure könnte auch im interstellaren Raum vorkommen, ein Prozess zu deren Entstehung wurde nachgewiesen.[11]
Gewinnung und Herstellung
Biotechnologische Herstellung
Die biotechnologische bzw. fermentative Herstellung von Essigsäure ist die Veratmung von Ethanol („Alkohol“) durch Bakterien der Gattungen Acetobacter oder Gluconobacter. Es handelt sich biochemisch betrachtet um eine unvollständige Atmung (nicht wie es irrtümlich oft beschrieben wird, um eine Gärungsform). Die Bakterien wandeln durch Gärungsprozesse entstandenes Ethanol durch eine sogenannte „subterminale Oxidation“ über Acetaldehyd (Ethanal) in Essigsäure um.[9]
Die Oxidation erfolgt durch membranständige Alkoholdehydrogenasen (ADH) und Aldehyddehydrogenasen (ALDH), die als prosthetische Gruppe Pyrrolochinolinchinon (PQQ) und bei den ADH zusätzlich Häm c enthalten. Die bei der Oxidation freiwerdenden Elektronen werden über Ubichinon auf eine ebenfalls membranständige Oxidase übertragen.[9]
Ausgangsprodukte für die Essigsäure-Bildung können z. B. Wein, Bier oder Malz sein. Dabei sind die Bakterien sehr stark von einer ausreichenden Sauerstoffversorgung abhängig und reagieren auf sauerstoffarme Lebensbedingungen sehr empfindlich. Bereits bei einer Unterbrechung der Sauerstoffversorgung von wenigen Minuten kommt es zu einer signifikanten Abnahme der Ethanoloxidation. Steht Ethanol als Substrat nicht zur Verfügung kommt es zu einem Abbau der Essigsäure zu CO2, ebenfalls durch Oxidation.[9] Die Bakterien bauen Kohlenhydrate sowohl über die Glykolyse wie über den Entner-Doudoroff-Weg zu Pyruvat ab, das dann in den Citratzyklus geht.[9]
Großtechnische chemische Herstellung
Weltweit bestehen Produktionskapazitäten für Essigsäure in Höhe von etwa 7 Mio. Tonnen pro Jahr.[12] Zwischen 1998 und 2006 gab es weltweit ein durchschnittliches Wachstum der Produktion von drei bis vier Prozent pro Jahr, wobei etwa 70 % der Jahresproduktion in den USA (1996: 36 %; 2006: 32 %), West-Europa (1996: 24 %; 2006: 17 %) und Japan (1996: 16 %; 2006: 11 %) stattfinden, die ostasiatische Produktion stieg im Vergleich zu diesen Regionen von 1996 mit 14 % auf etwa 18 % im Jahr 2006.[13] Nur etwa 190.000 Tonnen werden jährlich weltweit fermentativ hergestellt, wobei etwa 70 % des Weltbedarfs an Speiseessig im Submersverfahren in etwa 700 Bioreaktoren produziert wird.[8]
Die aktuell bedeutendste industrielle Synthese für Essigsäure ist die katalytische Umsetzung von Methanol mit Kohlenmonoxid unter Druck (Monsanto-Prozess).
Daneben kann Essigsäure auch synthetisch durch Oxidation von Acetaldehyd mit Luft oder Sauerstoff unter Verwendung von Mn(OAc)2 als Katalysator oder durch partielle Oxidation anderer Kohlenwasserstoffe hergestellt werden.
Technisch werden auch noch die Luftoxidation von n-Butan bei etwa 180 °C und 85 bar, die katalytische Oxidation von Leichtbenzin sowie die Rektifikation von Holzessig genutzt.[14]
Eigenschaften
Physikalische Eigenschaften
Essigsäure besitzt mit 118 °C eine relativ hohe Siedetemperatur gegenüber polaren Stoffen mit vergleichbarer molarer Masse (beispielsweise 1-Propanol: Siedepunkt 97 °C). Die Ursache dafür ist die Fähigkeit der Essigsäure-Moleküle, über ihre Carboxygruppen zwei „gegenseitige“ Wasserstoffbrückenbindungen auszubilden, so dass Dimere aus zwei Essigsäure-Molekülen entstehen, die sich wie ein Molekül doppelter molarer Masse verhalten. Daher wird für die Überleitung dieser Dimere in die Gasphase ein höherer Energiebetrag erforderlich, erkennbar an der „erhöhten“ Siedetemperatur.
Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach der Antoine-Gleichung entsprechend log10(P) = A−(B/(T+C)) (P in bar, T in K) mit A = 4,68206, B = 1642,540 und C = −39,764 im Temperaturbereich von 290,26 bis 391,01 K.[15]
Eigenschaft | Typ | Wert und Einheit | Bemerkungen |
---|---|---|---|
Standardbildungsenthalpie | ΔfH0liquid ΔfH0gas |
−484,5 kJ·mol−1 −433 kJ·mol−1 [16] |
|
Standardentropie | S0l, 1 bar S0g |
158,0 J·mol−1·K−1[17] 282,84 J·mol−1·K−1[18] |
als Flüssigkeit als Gas |
Verbrennungsenthalpie | ΔcH0liquid | −875,16 kJ·mol−1[19] | |
Wärmekapazität | cp | 123,1 J·mol−1·K−1 (25 °C)[17] 63,44 J·mol−1·K−1 (25 °C)[16] |
als Flüssigkeit als Gas |
Kritische Temperatur | Tc | 318,8 °C[20] | |
Kritischer Druck | pc | 57,86 bar[20] | |
Azentrischer Faktor | ωc | 0,46652[20] | |
Schmelzenthalpie | ΔfH0 | 11,72 kJ·mol−1 [17] | beim Schmelzpunkt |
Schmelzentropie | ΔfS0 | 40,5 kJ·mol−1 [17] | beim Schmelzpunkt |
Verdampfungsenthalpie | ΔVH0 | 23,7 kJ·mol−1 [21] | beim Normaldrucksiedepunkt |
Die Temperaturabhängigkeit der Verdampfungsenthalpie lässt sich entsprechend der Gleichung ΔVH0=Aexp(−αTr)(1−Tr)β (ΔVH0 in kJ/mol, Tr =(T/Tc) reduzierte Temperatur) mit A = 22,84 kJ/mol, α = 0,0184, β = −0,0454 und Tc = 592,7 K im Temperaturbereich zwischen 298 und 392 K beschreiben.[21] Reine Essigsäure hat als potentieller Elektrolyt eine, nur auf der Autoprotolyse beruhende, sehr geringe Leitfähigkeit für elektrischen Strom. Die Leitfähigkeit reiner Essigsäure beträgt bei 25 °C 6·10−7 S·m−1.[22] Erst durch Wasser tritt Dissoziation und die Erhöhung der Leitfähigkeit ein.
Chemische Eigenschaften
In wässriger Lösung reagiert Essigsäure als mittelstarke Säure. Der pKs-Wert der Essigsäure beträgt 4,75. In einer protolytischen Reaktion stellt sich ein Gleichgewicht zwischen der Essigsäure und dem Acetat-Ion ein, das stark auf Seiten der Säure liegt. Wie bei allen Carbonsäuren ist die Carboxylatgruppe des Acetat-Ions durch Mesomerie stabilisiert, was wesentlich zur sauren Reaktion der Carbonsäuren beiträgt:
- Protolyse von Essigsäure, mesomere Grenzstrukturen des Acetat-Ions
Der Dissoziationsgrad der Säure liegt in verdünnten Lösungen nur im Bereich einiger Prozente. In einer einmolaren Lösung liegt er nur bei etwa 0,5 %. Das dabei entstehende Oxoniumion (H3O+) führt zu einer sauren Lösung (pH-Wert < 7).
Wird der pH-Wert einer Essigsäurelösung durch Zusatz einer starken Base oder durch Zusatz von Acetaten erhöht, wird eine Pufferlösung gebildet. Ist der pH-Wert der Lösung gleich dem pKs-Wert der Essigsäure, liegen Essigsäure und Acetat-Ion in gleichen Konzentrationen vor. Dies ist der optimale Pufferpunkt des Essigsäure-Acetat-Puffers und federt die Änderung des pH-Werts beim Zusatz von Säuren oder Basen ab. Dieses Puffersystem ist bedeutend für biochemische Systeme im sauren Bereich, da es einen günstigen pKs-Wert hat und die beteiligten Komponenten die meisten Organismen und Biomoleküle nicht negativ beeinflussen. Er ist ein stabiles Puffersystem, das heißt, das konjugierte Säure-Base-Paar verbleibt in Lösung und kann nicht wie z. B. beim Hydrogencarbonatpuffer aus dem System entweichen.
Essigsäure oxidiert an der Luft vollständig unter Hitzeentwicklung zu Wasser und Kohlenstoffdioxid. Dies geschieht bei Raumtemperatur jedoch nur extrem langsam. Unedle Metalle wie Magnesium, Calcium, Zink oder Eisen lösen sich in verdünnter Essigsäure unter Bildung wasserlöslicher Acetate und Freisetzung von Wasserstoff auf. Mit Kupfer reagiert die Essigsäure in Gegenwart von Sauerstoff (Luft) zu Kupferacetat, einem grünen, gesundheitsschädlichen Salz, das besser unter dem Namen „Grünspan“ bekannt ist. Essigsäure reagiert mit Ethanol säurekatalysiert zu Essigsäureethylester, einem vielverwendeten Lösemittel. Wird 1-Pentanol statt Ethanol verwendet, erhält man Essigsäureamylester, einen stark riechenden Ester. Salicylsäure lässt sich ebenfalls mit Essigsäure verestern. Dabei entsteht Acetylsalicylsäure, ein Wirkstoff vieler Schmerzmittel. Essigsäure reagiert bei 800 °C unter Dehydratisierung zu Essigsäureanhydrid. Essigsäure wird in verdünnter Form auch zum Kalklösen verwendet gemäß folgender Reaktionsgleichung:
Die Salze der Essigsäure werden als Acetate bezeichnet. Es sind zumeist farblose kristalline Salze, die in ihren Kristallgittern (Ionengittern) das Acetat-Anion (CH3COO−) enthalten.
Verwendung
Ernährung
Essigsäure hat eine große Bedeutung als Geschmacksstoff. Essigsäure (E 260) und ihre Salze Kaliumacetat (E 261), Natriumacetat (E 262) und Calciumacetat (E 263) werden als Säuerungsmittel für Obst und Gemüse in Dosen und Gläsern (0,5–3 % Essigsäure), bei Fisch in allen Variationen, Konserven, verschiedenste Marinaden, Feinkostsalaten, Mayonnaisen, Salatsoßen zusammen mit Sorbinsäure (E 200) oder Benzoesäure (E 210) und für das Einlegen und Abwaschen von frischem Fleisch verwendet. Der bakterizide Effekt der Essigsäure besteht darin, dass durch den veränderten pH-Wert physiologische Prozesse unterbunden werden und auch Eiweiße denaturieren. Haushaltsessig besteht aus biogenem Essig und enthält 5 % Essigsäure. Essigessenz ist eine 25-prozentige Essigsäurelösung in Wasser, riecht stark stechend und darf nur verdünnt in Speisen verwendet werden.
Stoffliche Nutzung
Für die stoffliche Nutzung wird fast ausschließlich großtechnisch hergestellte Essigsäure genutzt. Dabei werden mehr als 65 % der Weltproduktion für Polymere auf der Basis von Vinylacetat (43 %) und Celluloseacetat (25 %) aufgewendet. Vinylacetat ist die Grundlage für Polyvinylacetat (PVAc), das unter anderem in Farben und Klebstoffen verwendet wird, in geringerem Umfang auch in Vinylacetat-Copolymeren (wie Ethylenvinylacetaten) und Polyvinylalkohol.[23] Celluloseacetat wird vor allem zur Produktion von Zigarettenfilter, Folien und Kunststoffprodukten verwendet.
Weitere Verwendungen umfassen verschiedene Ester wie Essigsäure-n-butylester und Essigsäureisopropylester (zusammen 11 %), die als Lösungsmittel für Kosmetika und Parfums verwendet werden. Weitere 10 % werden für die Herstellung von Essigsäureanhydrid, Acetanilid, Essigsäurechlorid und Ammoniumacetat genutzt.[23]
Fotografie
In der Fotolaborpraxis der "nassen" oder analogen Fotografie wird verdünnte Essigsäure (3-5 %) zur Neutralisation der Entwickler-Bäder als sogenanntes "Stoppbad" eingesetzt. Vielfach wird die Lösung mit einem Indikatorfarbstoff versetzt, die anzeigt, wann das Stoppbad alkalisch und somit unwirksam wird.
Gefahrenhinweise
Reine Essigsäure gilt als entzündliche Flüssigkeit. Oberhalb des Flammpunktes können sich entzündliche Dampf-Luft-Gemische bilden. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei 40 °C.[1] Der Explosionsbereich liegt zwischen 4 Vol% (100 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 17 Vol% (430 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[1] Die Zündtemperatur beträgt 485 °C.[24] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T1.
Die Einstufung und Kennzeichnung nach den Gefahrgutvorschriften hängt von der Konzentration ab.[1] Eisessig oder Lösungen mit mehr als 80 Masse-% Säure werden der Gefahrgutklasse 8 (Ätzende Stoffe) mit der Verpackungsgruppe II (mittlere Gefährlichkeit) zugeordnet. Als Nebengefahr muss die Gefahrgutklasse 3 (Entzündbare Flüssigkeiten) mit gekennzeichnet werden (Gefahrzettel 8/3). Lösungen mit mindestens 50 Masse-% und höchstens 80 Masse-% Säure werden nur noch der Klasse 8 (Ätzende Stoffe) mit der Verpackungsgruppe II (mittlere Gefährlichkeit) zugeordnet (Gefahrzettel 8). Für Lösungen mit mehr als 10 Masse-% und weniger als 50 Masse-% Säure gilt die Klasse 8 (Ätzende Stoffe) mit der Verpackungsgruppe III (geringe Gefährlichkeit) (Gefahrzettel: 8).
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 Eintrag zu Essigsäure in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 4. Februar 2008 (JavaScript erforderlich)
- ↑ pKa Data Compiled by R. Williams (PDF; 77 kB)
- ↑ David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press/Taylor and Francis, Boca Raton, FL, Dipole Moments, S. 9-52.
- ↑ Datenblatt Acetic acid bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 23. Juni 2011 (PDF).
- ↑ 5,0 5,1 Eintrag aus der CLP-Verordnung zu CAS-Nr. 64-19-7 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
- ↑ Seit dem 1. Dezember 2012 ist für Stoffe ausschließlich die GHS-Gefahrstoffkennzeichnung zulässig. Bis zum 1. Juni 2015 dürfen noch die R-Sätze dieses Stoffes für die Einstufung von Gemischen herangezogen werden, anschließend ist die EU-Gefahrstoffkennzeichnung von rein historischem Interesse.
- ↑ Eintrag zu Acetic acid in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM)
- ↑ 8,0 8,1 8,2 8,3 8,4 Christoph Syldatk: Organische Säuren. Essigsäure (Acetat). In: Garabed Antranikian: Angewandte Mikrobiologie. Springer, Berlin und Heidelberg, 2006; S. 344-347. ISBN 978-3-540-24083-9.
- ↑ 9,0 9,1 9,2 9,3 9,4 Rolf D. Schmid: Taschenatlas der Biotechnologie und Gentechnik. 2. Aufl. Wiley-VCH, Weinheim 2006, ISBN 978-3-527-31310-5, S. 18–19.
- ↑ 10,0 10,1 10,2 Hosea Cheung, Robin S. Tanke, G. Paul Torrence: Acetic Acid. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, S. 4–10, doi:10.1002/14356007.a01_045 (Abschnitt „Carbonylation of Methanol“).
- ↑ Chris J. Bennett, Ralf I. Kaiser: The Formation of Acetic Acid (CH3COOH) in Interstellar Ice Analogs. In: The Astrophysical Journal. 660, Nr. 2, 2007, S. 1289–1295, doi:10.1086/513267.
- ↑ Hosea Cheung, Robin S. Tanke, G. Paul Torrence: Acetic Acid. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, S. 1, doi:10.1002/14356007.a01_045 (Abschnitt „Introduction“)
- ↑ Hosea Cheung, Robin S. Tanke, G. Paul Torrence: Acetic Acid. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, S. 24–25, doi:10.1002/14356007.a01_045 (Abschnitt „Economic Aspects“).
- ↑ Essigsäure als Nebenprodukt der technischen Herstellung von Holzkohle
- ↑ R. A. McDonald, S. A. Shrader, D. R. Stull: Vapor Pressures and Freezing Points of 30 Organics. In: J. Chem. Eng. Data. 4, 1959, S. 311–313.
- ↑ 16,0 16,1 Eintrag zu Essigsäure. In: P. J. Linstrom, W. G. Mallard (Hrsg.): NIST Chemistry WebBook, NIST Standard Reference Database Number 69. National Institute of Standards and Technology, Gaithersburg MD, abgerufen am 20. Juli 2012.
- ↑ 17,0 17,1 17,2 17,3 J. F. Martin, R. J. L. Andon: Thermodynamic properties of organic oxygen compounds. Part LII. Molar heat capacity of ethanoic, propanoic, and butanoic acids. In J. Chem. Thermodynam. 14, 1982, S. 679–688.
- ↑ W. Weltner Jr.: The vibrational spectrum, associative and thermodynamic properties of acetic acid vapor. In: J. Am. Chem. Soc. 77, 1955, S. 3941–3950.
- ↑ W. V. Steele, R. D. Chirico, A. B. Cowell, S. E. Knipmeyer, A. Nguyen: Thermodynamic properties and ideal-gas enthalpies of formation for 2-aminoisobutyric acid (2-methylalanine), acetic acid, (4-methyl-3-penten-2-one), 4-methylpent-1-ene, 2,2'-bis(phenylthio)propane, and glycidyl phenyl ether (1,2-epoxy- 3-phenoxypropane). In: J. Chem. Eng. Data. 42, 1997, S. 1052–1066.
- ↑ 20,0 20,1 20,2 Schmidt, J.: Auslegung von Sicherheitsventilen für Mehrzweckanlagen nach ISO 4126-10 in Chem. Ing. Techn. 83 (2011) 796–812, doi:10.1002/cite.201000202.
- ↑ 21,0 21,1 V. Majer, V. Svoboda: Enthalpies of Vaporization of Organic Compounds: A Critical Review and Data Compilation. Blackwell Scientific Publications, Oxford, 1985.
- ↑ Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGR 132 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen, Jedermann-Verlag Heidelberg 2004.
- ↑ 23,0 23,1 Hosea Cheung, Robin S. Tanke, G. Paul Torrence: Acetic Acid. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, S. 19–20, doi:10.1002/14356007.a01_045 (Abschnitt „Uses“).
- ↑ E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenndaten – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
Literatur
- Hosea Cheung, Robin S. Tanke, G. Paul Torrence: Acetic Acid. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, Wiley-VCH, Weinheim 2005, doi:10.1002/14356007.a01_045.
Weblinks
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