Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Neue Bremm

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gestapo-Lager Neue Bremm (von der gegenüberliegenden Straßenseite fotografiert, undatiert zwischen 1942 und 1944)

Das Lager Neue Bremm war ein Gestapo-Lager (ein „Erweitertes Polizeigefängnis“) an der Goldenen Bremm in Saarbrücken nahe der französischen Grenze. Da das Lager nicht von der SS, sondern von einer Polizeibehörde (Gestapo) betrieben wurde, handelte es sich nicht um ein Konzentrationslager im engeren Sinn. Auch wenn in der Bevölkerung die Bezeichnung KZ für das Lager Neue Bremm noch lange Zeit vorherrschte, so haben doch die bis heute anhaltenden Forschungsarbeiten zur Lagertypologie in der Zeit des Nationalsozialismus (vor allem von Elisabeth Thalhofer) und die sich daran anschließende Öffentlichkeitsarbeit der Initiative Neue Bremm den Begriff des Gestapo-Lagers in der öffentlichen Diskussion etabliert.

Geschichte

Gestapo-Lager Neue Bremm (Luftbild vom August 1944, mit Lageplan)

1940–43 wurde das Lager Neue Bremm zunächst als Arbeitslager für Fremd- und Zwangsarbeiter, dann für Kriegsgefangene genutzt; teilweise auch zur „Auslagerung“ von Gefangenen aus dem Saarbrücker Gefängnis Lerchesflur. Das Lager aus Baracken (ein Männer- und ein Frauenlager) war relativ klein. Von Februar 1944 bis November 1944 sprachen die Nazis von einem „Erweiterten Polizeigefängnis“. Es dient nun auch als Durchgangslager für die Konzentrationslager im Elsass (Natzweiler-Struthof), in Dachau, Mauthausen, Buchenwald, Ravensbrück u.a. Das Lager bestand bis zum Einmarsch der alliierten Truppen im Winter 1944/45. Die Häftlinge (unter anderem aus Frankreich, der Sowjetunion, Polen und England) wurden gequält, misshandelt und zum Teil getötet. Die meisten Gefangenen wurden anschließend in ein Konzentrationslager weitertransportiert. Die Zahl der Ermordeten wird auf einige Hundert geschätzt, die der Insassen insgesamt auf etwa 20.000 Häftlinge. Das deutsche Lagerpersonal (zum Teil SS-Chargen) wurde 1946 vor dem „Tribunal Général du Gouvernement Militaire de la Zone d’Occupation Française“ in Rastatt wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Diebstahl, Misshandlung Gefangener, Mord und Totschlag angeklagt und überwiegend verurteilt. Von den 36 Angeklagten wurden 14 zum Tod durch Erschießen verurteilt, unter ihnen der Lagerleiter, SS-Untersturmführer Fritz Schmoll und Karl Schmieden, der Führer der Wachmannschaft. Alle Todesurteile wurden vollstreckt[1].

Gedenkformen

Obelisk

Gedenkstätte mit Obelisk, Mauer und ehemaligem Löschwasserteich

1947 wurde ein Obelisk mit einer Gedenktafel aufgestellt; 1984 eine Dokumentation herausgebracht. Ein weiteres Denkmal wurde ab 1998 geplant und errichtet. Bis auf einen Löschwasserteich sind keine Bauwerke erhalten. Die Fundamente der Männerbaracken wurden und werden jährlich in ehrenamtlichen Aktionen freigelegt und gesäubert. Auf dem Gelände des Frauenlagers steht heute ein Hotel. Die Anlage wurde als „Hotel der Erinnerung“ nach Ideen von Nils Ballhausen und Roland Poppensieker neugestaltet und 2004 wieder als Gedenkstätte eröffnet.

Die französische Inschrift des Gedenksteins von 1947 lautet:

„Dans ce camp / sur des ordres venus d’outre-Rhin / furent traînés vers la mort / les défenseurs / de la dignité et la liberté humaines, / victimes de la barbarie nazie. / Monument / érigé par le comité de la Nouvelle Brème, / inauguré le 11 novembre 1947“ (Übersetzung: „In diesem Lager sind auf Befehle von jenseits des Rheins Verteidiger der menschlichen Würde und Freiheit in den Tod geschleppt worden, Opfer der nationalsozialistischen Barbarei. Denkmal, errichtet vom Lagerkomitee der Neuen Bremm, eingeweiht am 11. November 1947“)

Mauer

Mauer der Gedenkstätte mit Inschrift

Es erfolgte der Bau einer ca. 65 Meter langen und je nach Böschungshöhe 2,50 bis 3,00 Meter hohen Mauer aus anthrazitfarbenem Sichtbeton. Die zum Lagergelände liegende Seite dient als Informationsfläche. Die zur Straße gerichtete Seite trägt ein nachts elektrisch blau leuchtendes Schriftband, das auf die wechselvolle Geschichte des Ortes hinweist:

HOSTAL HOSTILE HOTEL HOSTAGE GOSTIN OSTILE HOSTEL HOSTIL HOST

Die Worte stehen für: HOSTAL = spanisch: Gasthaus, Hotel; HOSTILE = französisch: feindlich, englisch: feindlich gesinnt; HOTEL = deutsch, englisch, französisch; HOSTAGE = englisch: Geisel; GOSTIN = Stamm slawischer Worte, z. B. GOSTINICA, im Russischen gebräuchlich für Hotel; OSTILE = italienisch: feindlich, feindselig; HOSTEL = englisch: Herberge; HOSTIL = spanisch und portugiesisch: feindlich, feindselig; HOST = englisch: Gastgeber, Wirt, tschechisch: Gast.

Über dem Leuchtschriftband ist ein überdimensioniertes Familienfoto angebracht. Der Schnappschuss wurde im Jahr 1943 aufgenommen – er zeigt eine Frau, ein Kind und einen kleinen Hund an einem Sommertag, im Hintergrund sind die Häftlingsbaracken des Lagers Neue Bremm zu erkennen. Alltag und Terror waren während des Dritten Reiches eng miteinander verwoben. Der Zivilisationsbruch beschränkte sich nicht auf die Zentren exzessiver Gewalt und massenhaften Tötens, sondern ereignete sich vor aller Augen.

Mit der Einbeziehung des Hotelbereiches wird auch das Gelände des ehemaligen Frauenlagers wieder stärker ins Bewusstsein gerufen. Fichten, die früher die Sicht versperrten, wurden gerodet, so dass heute der Blick vom Gelände des ehemaligen Frauenlagers in das Männerlager frei ist. An der Hotelfassade wurde das Portrait von Yvonne Bermann, einer ehemaligen Gefangenen im Frauenlager Neue Bremm, angebracht. Eine Informationstafel berichtet über ihr Schicksal. Im Foyer des Hotels selbst wurde eine Tafel angebracht, die Informationen über die Geschichte dieses Ortes in den Jahren 1943 und 1944 bereithält.

Einzelnachweise

  1. Yvelines Pendaries (1995), S. 155-164

Literatur

  • Yveline Pendaries: Les Procès de Rastatt (1946-1954). Le jugement des crimes de guerre en zone française d´occupation en Allemagne (Collection Contacts. Série II - Gallo-Germanica, Vol. 16; in französischer Sprache). Peter Lang, Bern-Berlin-Frankfurt/M.-New York u.a. 1995. ISBN 3-906754-18-9
  • Elisabeth Thalhofer: Neue Bremm - Terrorstätte der Gestapo. Ein Erweitertes Polizeigefängnis und seine Täter 1943-1944. Röhrig Universitätsverlag, St. Ingbert 2002. ISBN 3-86110-320-6
  • Elisabeth Thalhofer: Dachau in Rastatt. Der Prozeß gegen das Personal des Gestapo-Lagers Neue Bremm vor dem Tribunal Général de la Zone Française in Rastatt, S. 192-209 in: Ludwig Eiber u. Robert Sigel (Hrsg.): Dachauer Prozesse. NS-Verbrechen vor amerikanischen Militärgerichten in Dachau 1945-1948. Verfahren, Ergebnisse, Nachwirkungen (Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte 7). Wallstein, Göttingen 2007. ISBN 978-3835301672 (Link zuletzt geprüft am 9. Oktober 2011)
  • Elisabeth Thalhofer: Entgrenzung der Gewalt. Gestapo-Lager in der Endphase des Dritten Reiches. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2010. ISBN 3-50676-849-2
  • Burkhard Jellonnek: Die Hölle von Saarbrücken. Geschichte des Gestapo-Lagers Neue Bremm an der deutsch-französischen Grenze (PDF; 1,3 MB). Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes (Schriftenreihe Nr. 1), Saarbrücken 2008 (Link zuletzt geprüft am 15. Oktober 2011)
  • Horst Bernard (Hrsg.): Neue Bremm... Eine höllische Adresse: Ehemalige Häftlinge des Gestapolagers Neue Bremm erinnern sich. Blattlaus, Saarbrücken 2010. ISBN 978-3930771615
  • Béatrice Fleury & Jacques Walter: Le camp de la Neue Bremm. Mémoire et médiation 1945–1947. in Patricia Oster & Hans-Jürgen Lüsebrink (Hg.): Am Wendepunkt. Deutschland und Frankreich um 1945. Zur Dynamik eines 'transnationalen' kulturellen Feldes - Dynamiques d'un champ culturel 'transnational', L'Allemagne et la France vers 1945. Jahrbuch des Frankreichzentrums der Universität des Saarlandes. Transkript, Bielefeld 2008 ISBN 9783899426687 S. 85 - 114 [N 1]

Notizen

  1. Die Neue Bremm als ein transnationaler, regionaler Erinnerungsort. Während es in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine intensive transnationale Kommunikation über die Neue Bremm gegeben hat, ist sie zwischen 1950 und den 1970er-Jahren weitgehend eingeschlafen. Erst seit den 1980er-Jahren belebte sich eine Diskussion zwischen Landesregierung, Regionalhistorikern und Zeitzeugen wieder. Dieser Essay in frz. Sprache

Weblinks

 Commons: Gestapo-Lager Neue Bremm – Sammlung von Bildern und/oder Videos und Audiodateien


49.2111111111116.9655555555556
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Neue Bremm aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.