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Nikolaus Schneider

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Nikolaus Schneider (Begriffsklärung) aufgeführt.
Nikolaus Schneider (2006)

Nikolaus Schneider (* 3. September 1947 in Duisburg) ist ein deutscher evangelischer Theologe. Er war von 2003 bis 2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Er schied altersbedingt aus dem Amt, sein gewählter Nachfolger Manfred Rekowski folgte ihm am 1. März 2013 nach.

Schneider ist seit 2003 auch Mitglied im Rat der EKD.[1] 2009 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt, übernahm nach dem Rücktritt von Margot Käßmann am 24. Februar 2010 kommissarisch den Vorsitz und wurde am 9. November 2010 auch offiziell in dieses Amt gewählt. Ratsvorsitzende werden für sechs Jahre gewählt; er übt das Amt daher bis 2015 aus.[2]

Leben

Nikolaus Schneider (2011)

Nikolaus Schneider machte 1966 sein Abitur am Steinbart-Gymnasium in Duisburg-Stadtmitte. Nach dem Studium der evangelischen Theologie an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal und den Universitäten in Göttingen und Münster wurde der Sohn eines Hochofenarbeiters aus Duisburg-Huckingen am 14. November 1976 ordiniert. Von 1977 bis 1984 war er Pfarrer in Rheinhausen, wo er sich für die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Kohle- und Stahlindustrie einsetzte. Von 1984 bis 1991 war Schneider Diakoniepfarrer des Kirchenkreises Moers. Zwischen 1987 und 1997 bekleidete er zudem das Amt des Superintendenten im Kirchenkreis Moers. 1997 wurde er Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland und 2003 zum Nachfolger von Manfred Kock als Präses der rheinischen Landeskirche gewählt sowie in der Friedhofskirche in Wuppertal-Elberfeld in sein Amt eingeführt. Die Landessynode bestätigte ihn im Januar 2005 für weitere acht Jahre in diesem Amt.

Nikolaus Schneider ist seit 1970 verheiratet und Vater dreier Töchter. Seine jüngste Tochter Meike starb im Februar 2005 an Leukämie. Sie hinterließ ein Tagebuch, in dem sie ihren Gefühlen während ihres Kampfes gegen den Krebs und ihrer unbändigen Freude am Leben Ausdruck gibt. Über das Leiden und den Tod seiner Tochter schrieb Schneider zusammen mit seiner Frau Anne ein Buch.

Schneider ist seit dem Rücktritt Margot Käßmanns am 24. Februar 2010 Vorsitzender des Rates der EKD. Er hat angekündigt, er werde das politische Engagement Käßmanns fortführen. So wolle er sich nicht nur auf kirchliche Angelegenheiten beschränken, sondern auch zu politischen Fragen Stellung beziehen.[3] Ans Ende seiner Amtszeit in Düsseldorf fällt ein Skandal um das kirchliche Beihilfe- und Bezüge-Zentrum (bbz) in Bad Dürkheim, das durch Spekulationen an den Rand des Ruins geraten war und durch die Landeskirche gerettet werden musste.[4]

Positionen

Nikolaus Schneider auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag 2007 in Köln

Politik und Ethik

Schneider gilt als Verfechter einer gerechten, solidarischen und liberalen Gesellschaft. Er betont in diesem Zusammenhang die Besinnung auf eine Sozial- und Wirtschaftsethik.[5][6] Wiederholt warnte er vor einem zu großen Einfluss multinationaler Unternehmen, was die demokratischen Strukturen gefährde; zudem kritisierte er ein nur auf Profit ausgerichtetes Handeln in der Wirtschaft und warnte vor „sozialer Kälte“.[7]

In einem Kirchenwort zu Afghanistan, das Schneider am 25. Januar 2010 mitveröffentlichte, warnt die EKD vor einem bloßen „Weiter so“ in der Afghanistanpolitik (Deutsche Beteiligung am Krieg in Afghanistan). Dies würde dem militärischen Einsatz die friedensethische Legitimation entziehen.[8]

Aus grundsätzlichen Überlegungen ist Schneider für einen Ausstieg aus der Atomtechnologie.[9] Mit seiner Befürwortung der Demonstrationen gegen die Castor-Transporte[10] vertrat er eine Position der politischen Linken und zog sich die Kritik vieler Mitglieder seiner Kirche zu, die dies als Solidarisierung mit undemokratischem Verhalten betrachten.

Medizinethisch tritt er für eine Lockerung bestehender Gesetze ein. Ihm missfalle in der Kirche, dass die gegenwärtige Diskussion über die Präimplantationsdiagnostik zu stark an Prinzipien und zu wenig an der Situation der Betroffenen ausgerichtet sei.[11]

Verhältnis zum Islam und Judentum

2007 rief er die Muslime dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass Christen in der Türkei Kirchen bauen, Land erwerben und Vereinigungen bilden dürfen.[12] Er hält das seiner Meinung nach rein taktische Verhältnis muslimischer Verbände gegenüber dem Grundgesetz und dem säkularen Staatswesen für problematisch. Den ersten Entwurf der Architekten für die DITIB-Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld kritisierte er als imperial und anmaßend.[13] Der Entwurf solle mehr den integrierenden, dienenden Charakter von Religion zum Ausdruck bringen. Es müsse auch nicht sein, dass die Minarette den Turm einer nahe gelegenen evangelischen Kirche überragten. Die Gestaltung solle sich danach ausrichten, was die Menschen in ihrer Mehrheit hinzunehmen bereit sind.[14]

Im September 2009 veröffentlichte der epd eine Klarstellung Schneiders, dass Judenmission für Christen unsachgemäß sei.[15]

Kreuzestheologie

Kurz vor Ostern 2009 beteiligte sich Schneider an der Debatte um die Bedeutung des Todes Jesu.[16][17] In dem Interview betonte Schneider: "Wir finden [in der Bibel] verschiedene Interpretationen des Kreuzes und des Zusammenhangs von Kreuz und Auferstehung."[17] Er lehnte dabei die Satisfaktionslehre ab, die betont, der Tod Jesu sei nötig gewesen, um eine angemessene Wiedergutmachung für die Verletzung der Ehre Gottes zu leisten. „Ich halte nichts von Interpretationen des Kreuzestodes, die sich im Leiden suhlen.“[17]

Auch eine Interpretation des Sterbens Jesu als Sühnopfer lehnte er entschieden ab. Er vertrat die Ansicht, dass Jesus unsere Schuld zwar „mitgetragen“, aber nicht an unserer Stelle getragen habe, das heißt „nicht im Sinne einer stellvertretenden Übernahme von Strafe“,[17] womit er der in weiten Teilen der Christenheit vertretenen Lehre vom stellvertretenden Tod widersprach.[18][19]

Ehrungen

Die Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel verlieh Schneider am 19. Oktober 2011 die theologische Ehrendoktorwürde.[20] 2012 erhielt er die Buber-Rosenzweig-Medaille. 2013 erhält Schneider den vom Zentralrat der Juden in Deutschland verliehenen Leo-Baeck-Preis.[21]

Schriften

  • als Herausgeber: „… weil ich gehalten werde“. Johannes Rau – Politiker und Christ, Hänssler, Holzgerlingen 2006
  • mit Anne Schneider: Wenn das Leid, das wir tragen, den Weg uns weist. Leben und Glauben mit dem Tod eines geliebten Menschen, Neukirchener Verlagsgesellschaft, Neukirchen-Vluyn 2006, ISBN 978-3-7975-0138-7
  • Von Erdenherzen und Himmelsschätzen, Neukirchener Aussaat, Neukirchen-Vluyn 2011, ISBN 978-3-7615-5843-0

Weblinks

 Commons: Nikolaus Schneider – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wahlergebnisse – Zehnter, elfter und zwölfter Wahlgang, Startseite > Synode 2009 Ulm > Ratswahl > Wahlergebnisse auf www.ekd.de, 2009
  2. K. Rüdiger Durth: Präses Nikolaus Schneider geht in den Ruhestand. general-anzeiger-bonn.de vom 9. Januar 2013; abgerufen am 21. Januar 2013
  3. Käßmann-Nachfolger will sich in die Politik einmischen; Zeit-Online, vom 25. Februar 2010
  4. Dorothea Hülsmeier: Präses Nikolaus Schneider verabschiedet sich mit Selbstkritik. saarbrücker-zeitung.de, abgerufen am 21. Januar 2013
  5. Schneider soll Käßmanns Nachfolger werden; Zeit-Online, vom 28. Februar 2010
  6. Reinhard Bingener: Im Porträt: Präses Nikolaus Schneider. Sozial und überzeugt; FAZ.net, vom 26. Februar 2010
  7. Ingo Lehnick: Kein Gewinn um jeden Preis. Rheinischer Präses Schneider mahnt christliche Unternehmer; epd-Interview; Domradio, 24. Februar 2009. Thomas Rünker: Präses Nikolaus Schneider fürchtet mehr soziale Kälte; Der Westen, vom 7. Oktober 2009
  8. EKD warnt vor „Weiter so“; Frankfurter Rundschau, 26. Januar 2010
  9. „Staatsleistungen sind kein Almosen“, Reinhard Bingener im Gespräch mit Nikolaus Schneider, 6. November 2010
  10. Atom: Kirche befürwortet Sitzblockaden der Castor-Gegner; dpa-Meldung auf Focus-Online, 9. November 2010
  11. Reinhard Bingener: Der neue EKD-Ratsvorsitzende: Nikolaus Schneider – ein Gestalter mit Geschick; Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 9. November 2010
  12. D: Muslime sollen Religionsfreiheit fördern; Radio Vatikan, 30. Mai 2007
  13. Joachim Frank: Kölner Moscheebau – „Die Architektur ist triumphierend angelegt“ (Interview mit Schneider), Kölner Stadtanzeiger, 30. August 2007
  14. D: Präses gegen hohe Minarette in Köln; Radio Vatikan, 31. August 2007.
  15. Präses Schneider: Judenmission ist der Kirche verboten, jesus.de, 18. September 2009
  16. Theologiestreit – Warum starb Jesus Christus am Kreuz? In: Die Welt, 23. März 2009, abgerufen am 19. September 2009
  17. 17,0 17,1 17,2 17,3 Wolfgang Beiderwieden, Volker Göttsche: Gott braucht kein Sühneopfer, denn er muss nicht besänftigt werden, sagt Nikolaus Schneider, Präses der rheinischen Kirche (pdf; 278 kB; Interview mit Schneider), karfreitag, chrismon plus rheinland 4/2009, S. 44–47
  18. Vgl. die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigung; 1999, Abschnitt 10.
  19. Zur Geschichte und Theorie der Interpretation des Sühnetodes Jesu siehe: Douglas Atchison Campbell: An Apocalyptic Rereading of Justification in Paul; Grand Rapids Mich. 2009; S. 11–221.
  20. Laudatio auf Präses Nikolaus Schneider (PDF-Datei; 183 kB); evangelisch-wuppertal.de, 20. Oktober 2011
  21. Zentralrat der Juden in Deutschland Presseerklärung vom 27. Mai 2013: EKD-Ratsvorsitzender Schneider erhält Leo-Baeck-Preis 2013, abgerufen am 28. Mai 2013
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