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Paul Niedermann

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Paul Niedermann (2008)

Paul Niedermann (geb. 1. November 1927 in Karlsruhe; gest. 10. Dezember 2018 in Paris) war als Überlebender des Holocaust ein deutscher Zeitzeuge der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland und Frankreich. Er lebte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Frankreich.

Leben

Am 22. Oktober 1940 wurde Niedermann als knapp Dreizehnjähriger mit seinen Familienangehörigen – Eltern, Großvater und dem vier Jahre jüngeren Bruder Arnold – im Rahmen der sogenannten Wagner-Bürckel-Aktion von Karlsruhe aus in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Nach acht Monaten wurde er in das Lager Rivesaltes am Mittelmeer verlegt.

1942 gelang ihm gemeinsam mit seinem Bruder Arnold die Flucht, die durch die jüdische Untergrundorganisation Œuvre de secours aux enfants (OSE) organisiert worden war. Zusammen mit anderen jüdischen Kindern, zu denen auch der 1928 geborene David Hirsch aus Dirmstein gehörte, wurden die Brüder Niedermann in der Folgezeit an verschiedenen Orten in Frankreich versteckt, unter anderem im illegalen Kinderheim von Izieu (Kinder von Izieu). Arnold Niedermann konnte von der OSE über Portugal nach Baltimore (USA) zur Schwester der Mutter geschleust werden. Paul Niedermann wurde, wie auch seine Schulfreundin Hanna Meyer-Moses (* 1927), Ende 1943 mit weiteren jüdischen Kindern über die Schweizer Grenze in Sicherheit gebracht.

Mit Ausnahme der beiden Brüder fielen alle anderen verschleppten Familienmitglieder dem Holocaust zum Opfer. Die Eltern wurden 1942 quer durch Europa in Vernichtungslager transportiert; der Vater starb in Majdanek, die Mutter in Auschwitz. Der Großvater war bereits vorher in Gurs gestorben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Paul Niedermann in Frankreich nieder. Er verbrachte sein Arbeitsleben, unter anderem als Journalist und Fotograf, in Paris, wo er auch im Ruhestand wohnte. Sein Bruder lebte in den USA und starb 2000 in Los Angeles.

Mit seinem Leidens- und Fluchtgefährten David Hirsch traf Niedermann öfter zusammen, so auch am 25. März 2009 in Dirmstein.[1] Damals war Hirsch, einziger noch Lebender von den deportierten Juden des Ortes, zur Stolpersteinverlegung für seine Familie aus Argentinien angereist.[2]

Bedeutung als Zeitzeuge

Bei seiner Aussage als Zeuge im Prozess gegen Klaus Barbie, der 1987 in Lyon wegen Kriegsverbrechen in Frankreich vor Gericht stand, sah sich Niedermann zum ersten Mal öffentlich mit seiner eigenen Geschichte konfrontiert. 1988 weilte er auf Einladung der Stadtverwaltung erstmals wieder offiziell in Karlsruhe, wo er über seine Erlebnisse berichtete. Seitdem wurde er deutschlandweit immer wieder zu Vorträgen eingeladen. Die Schilderungen seiner persönlichen Erfahrungen waren anschaulich und eindringlich, er sprach zwei bis drei Stunden frei ohne schriftliche Aufzeichnungen. Neben seiner Vortragstätigkeit nahm er auch aktiv an Führungen im Lager Gurs teil.[3] Besonders der Dialog mit Jugendlichen lag ihm am Herzen. Mit seinem Engagement wollte Niedermann bewirken, dass die Vergangenheit und die Shoah nicht aus dem öffentlichen und privaten Bewusstsein verschwinden. Deshalb betonte er in seinen Vorträgen:

„Solange ich noch lebe, kann ich gegen Ungerechtigkeit und Vergessen schreien. Aber wenn ich nicht mehr da bin und meine Generation, dann liegt es an euch aufzuschreien.“

Ehrungen

Literatur

  • Auf Hass lässt sich nicht bauen. Erinnerungen. Info Verlag, Karlsruhe 2011, ISBN 978-3-88190-643-2.
  • Un enfant juif, un homme libre. Mémoires. Info Verlag, Karlsruhe 2011, ISBN 978-3-88190-673-9.
  • Briefe – Gurs – lettres. Briefe einer badisch-jüdischen Familie aus französischen Internierungslagern. Paul Niedermann, Erinnerungen = Mémoires. Info Verlag, Karlsruhe 2011, ISBN 978-3-88190-619-7.
  • Gurs 1170 km. Zur Deportation der badischen und pfälzischen Jüdinnen und Juden nach Gurs. Ausstellungs- und Projektdokumentation der Gruppe „Souvenir de Gurs“, Mannheim 2006.

Weblinks

 Commons: Paul Niedermann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jürgen Bich (bjg): „Wir werden 120 Jahre alt“. In: Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Frankenthaler Zeitung. Ludwigshafen 2009-03-28.
  2. Gemeinde Dirmstein (Hrsg.), Albert H. Keil (Red.): „Dirmstein erinnert sich“. Tage des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Dirmstein 2009, S. 5 f. (online).
  3. Hildegard Janssen-Müller (hjm): Bewegender Gurs-Film im Casimirianum uraufgeführt. In: Die Rheinpfalz, Lokalausgabe Mittelhaardter Rundschau. Ludwigshafen 2009-01-31 (Uraufführung im Casimirianum Neustadt).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Paul Niedermann aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.