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Personifikation
Die Personifikation (Vermenschlichung einer Idee oder einer Sache), fictio personae oder Prosopopoiia (von griech. prosopōn poeìn „eine Maske aufsetzen“) ist eine rhetorische Figur, die Tieren, Pflanzen, Gegenständen, toten Personen oder abstrakten Wesenheiten eine Stimme gibt (Prosopopoiia) oder menschliche Züge verleiht (Personifikation). Im allgemeineren Sinne spricht man auch von Anthropomorphismus. Je nach Auffassung der strukturellen bzw. definitionsmäßigen Beziehungen zueinander wird auch entweder die Personifikation oder aber der Anthropomorphismus als Spezialfall der Metapher gesehen. Eine erweiterte Personifikation kann ebenso wie eine erweiterte Metapher auch als Allegorie betrachtet werden.
Personifikation ist zu unterscheiden von der Personifizierung als einem Prinzip der Geschichtsdidaktik.
Rhetorik
Personifikationen sind eines der häufigsten Stilmittel in Lyrik und Epik.
Beispiele:
- „Jetzt lacht das Glück uns an / bald donnern die Beschwerden.“ (Andreas Gryphius)
- „Der Garten trauert“
- „Natur schläft – ihr Odem steht,
- Ihre grünen Locken hangen schwer,
- Nur auf und nieder ihr Herzschlag geht
- Ungehemmt im heiligen Meer.“ (Annette von Droste-Hülshoff)
- Der schlaue Fuchs
Weitere Beispiele:
- „Der Dollarkurs liegt am Boden.“
- „Der Tag verabschiedet sich.“
- „Die Sonne lacht.“
- „Der Himmel weint.“
Ausdrücke wie „Vater Staat“, „Mutter Natur“ oder „Väterchen Frost“ gehören zu den abgesunkenen Personifikationen. Also sind Personifikationen abstrakte Gestalten: Tiere oder auch Pflanzen, die die Gaben eines Menschen übernehmen. Z. B. der Garten trauert, die Sonne lacht, usw.
Die Personifikation gilt als eine der am leichtesten zu erkennenden Stilfiguren.
Die Personifikation wird in einer Sprache dann besonders erleichtert, wenn die Wörter für Personen und für die personifizierten Gegenstände, Tiere, Symbole usw. die gleiche syntaktische bzw. grammatische Struktur aufweisen. So kann man beispielsweise in Deutsch den Begriff der Regen leicht personifizieren: „Der Regen griff nach mir.“ hat die gleiche Struktur wie: „Der Anton griff nach mir.“ Gäbe es regnen nur als Verb, so wäre eine Personifikation nicht so einfach möglich.
Bildende Kunst
In der Bildenden Kunst kommen Personifikationen in Malerei und Skulptur in allen Epochen vor. Sie bezeichnen Figuren, die einen abstrakten Inhalt allegorisch verkörpern: den Frühling, die christliche Kirche oder das Judentum, den Fluss Tiber, die Stadt Rom, den Gevatter Tod, die gute Regierung, die Tugenden oder Laster etc.
Ob eine Personifikation weiblich (femininum) oder männlich (masculinum) dargestellt wird, hängt vom Genus des Wortes ab, das der Personifikation zu Grunde liegt.
- Beispiel
Personifikationen von Sonne (sol, m. lat. = die Sonne) und Mond (luna, f. lat. = der Mond) am Haus zum Roten Ochsen in Erfurt.
Personifikationen sind oft mit spezifischen Attributen versehen, um vom Betrachter leichter identifiziert werden zu können.
Religion
In der Religion und im Mythos ist die Personifikation von Naturgewalten weit verbreitet und spielt daher vom Animismus an auch noch in der Geschichte der Weltreligionen eine beachtliche Rolle.
Personifikation könnte auf Grundstrukturen unseres Denkens hinweisen. Sinneseindrücke werden im Gehirn durch Zuordnung zu bekannten Erfahrungen interpretiert. In früher Kindheit erfahren wir uns selbst und andere, also Personen, als Ursachen von Veränderungen. Umgekehrt interpretieren Kinder Veränderungen intuitiv oft als Wirkung von Personen. So vermuten sie manchmal geisterhafte Wesen als Ursache von z. B. knarrenden Dachbalken. Personifizierende Interpretationsmuster stehen uns früher zur Verfügung als das abstrakte Denken. Für jüngere Kinder ist die Vorstellung einer personifizierten Sonne, die über den Himmel wandert, intuitiv leichter zu begreifen als etwa ein heliozentrisches Weltbild mit seinen abstrakteren Begriffen wie z. B. Schwerkraft.
Möglicherweise entstehen so zahlreiche Vorstellungen von personifizierten Naturkräften. Z. B. ist Poseidon im griechischen Mythos der Gott des Meeres; eine Vielzahl von Belegen aus der Bibel kann als Erinnerung an die Personifikation von Naturgewalten aus der Zeit vor der Verfestigung zum Monotheismus verstanden werden, so die folgende Stelle aus dem Buch Ijob: „Und der Herr antwortete Hiob aus dem Wettersturm und sprach.“ (Ijob 38,1).
Literatur
- Hans Bonnet: Personifikation. In: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Nikol Verlag, Hamburg 2000, ISBN 3-937872-08-6, S. 586–588.
- Stefan Hess: Herrscherideale und ideale Frauen. Tugendallegorien im frühneuzeitlichen Basel. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde 111 (2011), S. 115–154.
- Christoph Huber: Personifikation. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Bd. 3, Berlin/New York 2003, S. 53–55 ISBN 3-11-015664-4.
- Adolf Katzenellenbogen: Allegories of the Virtues and Vices in Medieval Art, Toronto u. a. 1989 (zuerst 1939).
- Christian Kiening: Personifikation. Begegnungen mit dem Fremd-Vertrauten in der mittelalterlichen Literatur. In: Personenbeziehungen in der mittelalterlichen Literatur. Hrsg. von Helmut Brall [u. a.], Düsseldorf 1994, S. 347–387 ISBN 3-7700-0830-8.
- Jennifer O’Reilly: Studies in the Iconography of the Virtues and Vices in the Middle Ages. New York/London 1988.
- Emma Stafford: Worshipping virtues. Personification and the Divine in Ancient Greece. London 2000.
- Emma Stafford, Judith Herrin (Hrsg.): Personification in the Greek world. From Antiquity to Byzantium. Aldershot/Hampshire 2005.
Weblinks
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