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Project Coast
Project Coast (etwa: „Projekt Küste“) war der Deckname eines um 1981 begonnenen Projektes der südafrikanischen Apartheidsregierung. Ziel war die Aufrüstung des Landes mit chemischen und biologischen Waffen (CBW).[1]
Geschichte
In den späten 1970er Jahren wuchs in der südafrikanischen Regierung die Befürchtung, dass feindlich gesinnte Mächte das Land mit B- oder C-Waffen angreifen könnten. Gleichzeitig setzte es die bisherige Forschung im CBW-Bereich fort. Leiter des Projekts war der südafrikanische Kardiologe, Leibarzt Präsident Pieter Willem Bothas und Mitglied der SADF Wouter Basson.
Anfangs sollten dort Abwehrmaßnahmen gegen chemische und biologische Waffen entwickelt werden, später aber auch Angriffswaffen, darunter Gewehrkugeln mit Krankheitserregern, die als ethnische Waffen nur Schwarzafrikaner töten sollten.[2] Im Project Coast wurden zahlreiche Toxine entwickelt und erprobt. Das Tränengas CR, das ungleich stärker als übliches Tränengas wirkt, wurde in größeren Mengen hergestellt und eingesetzt.[3] Zu den erforschten Waffensystemen gehörten Chemikalien wie Methaqualon und MDMA, die in nicht-tödlichen Dosen zur Bekämpfung von Unruhen vorgesehen waren, sowie Pyridin, das nach Einsatz in den Townships die dortigen schwarzen Männer unfruchtbar machen sollte. Auch der Einsatz von unfruchtbar machenden Mitteln im Trinkwasser der Townships wurde erwogen.[3]
Zur Tarnung wurden vier Scheinfirmen gegründet, die auch kommerzielle Projekte durchführten. Die Delta G Scientific in Midrand war für die Erforschung und Produktion chemischer Waffen zuständig. 1985 hatte sie 165 Angestellte, darunter 20 Wissenschaftler.[4] In den Roodeplaat Research Laboratories wurde die Bekämpfung von biologischen Waffen erforscht, eine weitere Firma war Protechnik,[5] die ebenfalls chemische Waffen testete. Infladel war für die Verwaltung und Finanzierung des Projekts verantwortlich.[6]
1982 führten die Aktivitäten des Project Coast erstmals zu Opfern, als in der Operation Duel bzw. Operation Barnacle mehrere hundert gefangene Kämpfer der südwestafrikanischen Befreiungsorganisation SWAPO sowie unzuverlässige Informanten der SADF durch Chemikalien, die zur Muskellähmung führten, getötet wurden. Anschließend wurden ihre Leichen aus Flugzeugen in den Atlantik geworfen. 1983 wurden Demonstranten in Dukuduku gefesselt, mit einer giftigen Salbe beschmiert, die aber wider Erwarten nicht tödlich wirkte, und schließlich durch Einspritzen eines Muskelgifts getötet. 1985 wurden vier gefangengenommene SWAPO-Mitglieder zu Tode gespritzt, im Folgejahr wurde das ehemalige Mitglied der Special Forces, Victor de Fonseca, der an einem Hirntumor litt, als möglicher Verräter durch vergifteten Tee und Orangen getötet.[3] Ende der 1980er Jahre begann eine Zusammenarbeit mit der 1986 gegründeten geheimen Militäreinheit Civil Cooperation Bureau. Unter anderem arbeitete das Project Coast mit dem Polizeigeneral Lothar Neethling bei der Lieferung von Giften zusammen.[2] 1992 wurde das Project Jota zur weiteren Forschung im defensiven Bereich vom Project Coast abgespalten.[7]
1993 wurde das Projekt beendet; die Waffenbestände wurden vermutlich vernichtet.
Wie viele Menschen dem Project Coast zum Opfer gefallen sind, ist unbekannt.
Nachwirkungen
Das Project Coast wurde vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission behandelt. Basson sagte dort aus, bat aber nicht um Amnestie, da er sich unschuldig fühlte. Er war ab 1999 wegen vielfachen Mordes und weiterer im Zusammenhang mit seiner Projekttätigkeit begangener Taten vor dem High Court in Pretoria angeklagt. Einige ehemalige Mitarbeiter sagten umfangreich aus. Basson wurde jedoch 2002 von allen Anklagepunkten freigesprochen, da er als Soldat auf militärische Befehle gehandelt habe.
Adaptionen
Um das Projekt Coast geht es auch in dem 2014 erschienenen und von Jérôme Salle inszenierten Kinofilm Zulu, der auf dem gleichnamigen Roman von Caryl Férey basiert.
Literatur
- Chandré Gould, Peter Folb: Project Coast: Apartheid’s Chemical and Biological Warfare Programme. Project Coast: Apartheid’s Chemical and Biological Warfare Programme. UN-Report auf der Website der ETH Zürich (englisch, PDF zum Herunterladen), Digitalisat (Auszüge)
- Stephen Burgess, Helen Purkitt: The rollback of South Africa’s chemical and biological warfare program. Diane 2001. ISBN 978-142899045-6. Onlineversion (englisch, PDF)
- Bartholomäus Grill: Der Giftmischer der Apartheid, in: Die Zeit vom 10. Januar 2002
- Helen E. Purkitt, Stephen F. Burgess: South Africa’s Weapons of Mass Destruction. Indiana University Press, Bloomington 2005. ISBN 978-0253217301
Einzelnachweise
- ↑ Geschichte Südafrikas: Deckname „Project Coast“, abgerufen am 27. Dezember 2013
- ↑ 2,0 2,1 BBC-News am 12. Juni 1998 (englisch), abgerufen am 28. Dezember 2013
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Anklagen bei Stephen Burgess, Helen Purkitt: The rollback of South Africa’s chemical and biological warfare program. Indiana University Press. (englisch), abgerufen am 28. Dezember 2013
- ↑ Chandré Gould, Peter Folb: Project Coast: Apartheid’s Chemical and Biological Warfare Programme. S. 62. Digitalisat
- ↑ Stephen Burgess, Helen Purkitt: The rollback of South Africa’s chemical and biological warfare program. Indiana University Press, S. 153.Digitalisat
- ↑ Chandré Gould, Peter Folb: Project Coast: Apartheid’s Chemical and Biological Warfare Programme. S. 57. Digitalisat
- ↑ Bericht bei nti.org zu den Aktivitäten des Project Coast (englisch, PDF), abgerufen am 28. Dezember 2013
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Project Coast aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |