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Protisten

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Für die systematische Einteilung der Lebewesen existieren neben- und nacheinander verschiedene Vorschläge. Das hier behandelte Taxon ist veraltet oder entspricht nicht der gegenwärtig in der deutschsprachigen Wikipedia verwendeten Systematik.

Dysnectes brevis, Trophozoit (Fornicata)
(lichtmikroskopische Aufnahme, Differentialinterferenzkontrast)
Glaucocystis (Glaucocystaceae)
(lichtmikroskopische Aufnahme, Differentialinterferenzkontrast)
Thecamoeba striata (Flabellinea)
(lichtmikroskopische Aufnahme)
Gephyrocapsa oceanica (Haptophyta)
(sekundärelektronenmikroskopische Aufnahme, die Länge des weißen Striches entspricht 1 Mikrometer)

Die Protisten (griechisch Protista, „Urwesen“, „Erstlinge“[1]) sind eine Gruppe nicht näher verwandter mikroskopischer Lebewesen, die jedoch lange als Taxon (systematische Einheit) betrachtet wurde. Dazu gehören alle ein- bis wenigzelligen Eukaryoten, also Algen, Protozoen und einige Pilze.

Geschichte

Die ersten Protisten wurden 1675 von Antoni van Leeuwenhoek beobachtet.[2] 1866 dann wurden die Protista von Ernst Haeckel als Taxon eingeführt. Sie wurden als eigenes Reich innerhalb der Eukaryoten gefasst und den Pflanzen (Reich Plantae), Tieren (Reich Animalia) und Pilzen (Reich Fungi) gegenübergestellt. Man wollte damals Mikroorganismen, also ein- und wenigzellige Organismen, von den übrigen Lebewesen trennen und in zwei Reichen (Monera und Protista) zusammenfassen.

Diese Einteilung hielt sich zwar lange, entspricht jedoch nicht den natürlichen Verwandtschaftsverhältnissen. Da Pflanzen, Tiere und Pilze sich aus Protisten entwickelten und viele vielzellige Lebewesen mit ein- und wenigzelligen Protisten verwandt sind, ergab sich mit den Protista ein unnatürliches System. In modernen, auf Verwandtschaftsverhältnissen beruhenden Systematiken gibt es die Protisten deshalb nicht mehr. Die zu den Protisten zählenden Gruppen wurden entsprechend ihren Verwandtschaftsverhältnissen verschiedenen Evolutionslinien zugeteilt, darunter auch zwei Linien, die Pilze und vielzellige Tiere beziehungsweise höhere Pflanzen enthalten. Die zu den Protisten gehörenden Choanoflagellaten ergeben zusammen mit den Pilzen und Tieren die Opisthokonta. Die Rotalgen (Rhodoplantae), Grünalgen und höheren Pflanzen (Viridiplantae) bilden die systematische Gruppe der Pflanzen (Plantae).[3]

Trotzdem findet der Begriff Protisten noch bis in die Gegenwart Gebrauch als nicht-systematische Bezeichnung. Eine häufig zu findende Definition lautet „alle einzelligen Eukaryoten“. Dazu zählen sowohl einige Algen, einige Pilze und die Protozoen. Diese Definition bereitet allerdings bei Nesseltieren wie den Myxozoa ebenso Schwierigkeiten wie bei den Myxogastria. Heute werden unter der Bezeichnung Protisten meist „alle ein- bis wenigzelligen Eukaryoten“ verstanden.

Lebensweise

Protisten bewegen sich oft schwimmend mit Hilfe von Geißeln oder Wimpern oder kriechend, gleitend, fließend oder schreitend durch Ausbildung von Scheinfüßchen (Pseudopodien). Etliche Arten schweben auch einfach nur im Wasser, das Schweben wird oft unterstützt durch lange Zellfortsätze.

Die meisten Protisten leben im Meer, teils nahe der Oberfläche, teils schwebend im Wasser, teils auf dem Grund kriechend, teils an Steinen, Pflanzen und dergleichen festsitzend; andere findet man im Süßwasser, wenige auf dem Land. Es gibt heterotrophe, autotrophe, mixotrophe, aerobe und anaerobe Formen. Etliche Protisten leben auch parasitisch in Tieren.

Die Protisten pflanzen sich gewöhnlich durch Zweiteilung ungeschlechtlich fort. Bei einigen Arten gibt es aber auch Vielfachteilungen, bei einigen kommen geschlechtliche Vorgänge vor (siehe Isogamie, Konjugation).

Bedeutung

Viele Protisten treten in erstaunlicher Individuenzahl auf. Die unverweslichen Überreste abgestorbener Vertreter – wie die Kieselskelette der Radiolarien und Kieselalgen (Bacillariophyta) oder die Kalkschalen der Foraminiferen – sind gesteinsbildend: Sie sedimentieren auf den Grund des Gewässers und werden durch Diagenese zu Gesteinen, zum Beispiel Kieselschiefer und Kreide, aus denen sich oft ganze Gebirgsschichten zusammensetzen.

Aus urtümlichen Protisten sind im Laufe der Evolution alle höheren vielzelligen Organismen hervorgegangen, wahrscheinlich überwiegend über den Weg der Zellkoloniebildung, wie sie heute noch bei etlichen Algen zu beobachten ist.

Weil sich an ihnen die Zellbestandteile sowie die wichtigsten Lebensäußerungen, wie Bewegung, Reizbarkeit, Fortpflanzung, gut studieren lassen, sind Protisten ein beliebtes Objekt biologischer Forschung. Nur etwa 40 Arten rufen jedoch Protozoeninfektionen beim Menschen hervor und sind von medizinischem Interesse.

Literatur

  • Ernst Haeckel: Das Protistenreich. Eine populäre Übersicht über das Formengebiet der niedersten Lebewesen. Mit einem wissenschaftlichen Anhange: System der Protisten, E. Günther, Leipzig 1878 (online bei biodiversitylibrary.org)
  • Wilfried Westheide, Reinhard Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 3-8274-1575-6.
  • Robert H. Whittaker: New Concepts of Kingdoms. In: Science. Vol. 163, 1969, S. 150-160

Einzelnachweise

  1. Erwin J. Hentschel, Günther H. Wagner: Zoologisches Wörterbuch. 6. Auflage. Gustav Fischer Verlag Jena, Jena 1996, S. 497.
  2. Antony van Leewenhoeck: Observations, Communicated to the Publisher by Mr. Antony van Leewenhoeck, in a Dutch Letter of the 9th of Octob. 1676. Here English'd: Concerning little Animals by him observed in Rain- Well- Sea- and Snow Water; as also in water wherein Pepper had lain infused. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London"" Vol. 11, No. 133, 1677, S. 821-831. doi:10.1098/rstl.1677.0003 (Volltext)
  3. Saunders, G. W., Hommersand, M. (2004): Assessing red algal supraordinal diversity and taxonomy in the context of contemporary systematic data. American Journal of Botany 91: 1494–1507

Weblinks

 Commons: Protisten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Protisten aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.